Bundeskanzler Faymann in der ORF-"Pressestunde"  

erstellt am
20. 12. 10

Faymann: Steuerreform noch in dieser Legislaturperiode
Vermögenssteuer und Reform der Gruppenbesteuerung - Mit Budget ist "Richtungswechsel zu vermögensbezogenen Steuern gelungen"
Wien (sk) - Bundeskanzler Werner Faymann bekräftigte am 19.12. in der ORF-"Pressestunde" seine Forderung nach einer Steuerreform 2013. Dabei sollen vor allem Maßnahmen wie etwa eine Steuer auf Vermögen über einer Million Euro und eine Reform der Gruppenbesteuerung im Vordergrund stehen. "Wenn die öffentliche Meinung stark genug ist und die Bevölkerung mehr Gerechtigkeit will, dann werden wir mehr Gerechtigkeit schaffen", so Faymann. Sogar Raiffeisen-Manager Ludwig Scharinger habe vorgeschlagen, die Gruppenbesteuerung zu reformieren und "Verluste im Ausland nicht länger als drei Jahre gegenzurechnen".

Kritik an bereits ausgearbeiteten vermögensbezogenen Budgetmaßnahmen lässt Faymann nicht gelten: "Wir können nicht einem Arbeiter Auge in Auge gegenüberstehen und sagen: Bei dir kürzen wir, aber bei den Banken fällt uns nichts ein." Mit dem Budget sei hinsichtlich vermögensbezogener Steuern bereits ein "entscheidender Richtungswechsel" gelungen - dazu zählen etwa die Bankenabgabe, die Vermögenszuwachssteuer (Wertpapier-KESt), höhere Konzern- und Stiftungssteuern sowie intensivere Betrugsbekämpfung. "Unter den letzten drei Bundeskanzlern wurden vermögensbezogene Steuern abgeschafft" und somit das Ungleichgewicht zwischen Arbeits- und Kapitalsteuern verschärft, stellte der Kanzler klar.

"Mittlerweile haben sich auch Bankenvertreter zu Wort gemeldet und gesagt, dass sie die Mehrkosten im Sinne des Wettbewerbs nicht den Kunden überlassen wollen", so Faymann über Befürchtungen, die Bankenabgabe könnte auf die Kunden abgewälzt werden. 10 Prozent der Österreicher besitzen einen Großteil des Immobilien- und Geldvermögens. Das hat der Sozialbericht gezeigt. Faymann weiter: "Es ist daher richtig, auf vermögensbezogene Steuern zu setzen. Wir dürfen aber nie den Eindruck erzeugen, es trifft Häuslbauer oder kleine Landwirte" - wie das immer wieder versucht wird.

Grundsätzlich habe die Regierung ein Budget zustande gebracht, für das Faymann von anderen EU-Regierungschefs beneidet werde. "Wir haben ein stabiles Budget vorgelegt, das unser Defizit unter drei Prozent bringt." Die Ausgabenkürzungen im Ausmaß von 1,7 Prozent sind im europäischen Vergleich besonders niedrig. Durchschnittlich müssen die EU-Staaten rund fünf Prozent einsparen. Dass die Hacklerregelung, wie versprochen, bis Ende 2013 bleibt, wertet der Bundeskanzler als positives Signal an Arbeitnehmer mit 40 oder mehr Beitragsjahren.

Plus bei Steuereinnahmen für Verdoppelung der Neuen Mittelschul-Plätze
Faymann hat sich für die Verdoppelung der Neuen Mittelschul-Plätze ausgesprochen. Dies sei auch finanzierbar. "Eine Verdoppelung kostet 50 Millionen Euro. Beim prognostizierten Wirtschaftswachstum ist das machbar", so Faymann. Weiters bekräftigte Faymann das Bekenntnis der SPÖ zum freien Hochschulzugang.

Derzeit besuchen 16 Prozent der Schüler der betroffenen Jahrgänge eine Neue Mittelschule. Die Nachfrage nach Neuen Mittelschul-Plätzen ist doppelt so hoch. "Fragen Sie Lehrer, Eltern und Schüler, alle sind zufrieden", so Faymann über den Erfolg der Neuen Mittelschule. Als weitere wichtige Bildungsreformen nannte der Bundeskanzler den Ausbau von Ganztagsschulplätzen, die gemeinsame Lehrerausbildung und ein neues Lehrerdienstrecht.

Bezüglich des vorausgesagten Ansturms deutscher Studenten auf heimische Universitäten im kommenden Jahr strebt Faymann eine Lösung auf europäischer Ebene an. "Wenn tatsächlich ein derartiger Ansturm kommt, müssen wir prüfen was möglich ist, um sich dagegen zu wehren", so Faymann. Als mögliche Lösung nannte er eine Regelung ähnlich der Quotenregelung bei Medizinstudenten. Der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes prüft derartige Regelungen gegenwärtig.

Sein Nein zu Studiengebühren bleibe aufrecht, so Faymann. Er sprach sich für Verbesserungen im Stipendiensystems aus. Bis 2014 bekommen die österreichischen Universitäten das durch die Abschaffung der Studiengebühren fehlende Geld erstattet. Für die Zeit danach kann sich Faymann einen Beitrag aus vermögensbezogenen Steuern vorstellen. "Wir wollen Bildung ohne Zugangsschwellen und ein gerechtes Steuersystem", so der Kanzler. In Sachen Zugangsregelungen sprach sich Faymann für Eingangsphasen zur Orientierung und gegen Knock-Out-Prüfungen aus.

In Sachen Wehrpflicht verwies Faymann auf die Modelle, die derzeit im Auftrag von Verteidigungsminister Norbert Darabos ausgearbeitet werden. "Zuerst analysieren, dann entscheiden und dann hart dafür kämpfen", so Faymann. Das zukünftige Wehrsystem müsse auf jeden Fall die verfassungsmäßig geregelten Aufgaben Katastrophenschutz, Auslandseinsätze, Assistenzeinsatz und Landesverteidigung gewährleisten.

"Lasse mir nicht von Brüssel sagen, welche Steuern wir einführen sollen"
Der Bundeskanzler hat auch seine Bedenken gegenüber der Idee einer europäischen Wirtschaftsregierung geäußert. "Ich lasse mir doch nicht von Brüssel sagen, welche Steuern wir in Österreich einführen oder wie lange die Österreicher arbeiten sollen", so Faymann. Die EU-Mitgliedsstaaten sollen aber "nach bestimmten Kriterien selbst dafür Sorge tragen, Schattenwirtschaft und Korruption zu bekämpfen". Spekulationen und Banken besser zu kontrollieren, die Finanzmarktaufsicht zu stärken und Frühwarnsysteme nannte der Bundeskanzler als Beispiele für sinnvolle gemeinsame Kriterien.

Das Beispiel Irland habe überdies gezeigt, wohin Steuerdumping und unkontrollierte Bankenspekulationen führen können. Die EU-Vertragsveränderung für den permanenten Euro-Krisenmechanismus wäre aus österreichischer Sicht nicht notwendig gewesen. "Das war ein Wunsch der Deutschen, weil sie aus rechtlichen Gründen sonst nicht mitmachen könnten", so Faymann. Da damit aber die wesentlichen Interessen Österreichs ohnehin nicht betroffen sind - wie das bei einem Türkei-EU-Beitritt der Fall wäre - sei keine Volksbefragung notwendig. Der Euro-Schutzschirm sei eine notwendige Maßnahme, um die gemeinsame Währung zu stabilisieren und zu verteidigen. "Das Thema wird aber auf der Tagesordnung bleiben: Wir werden in den nächsten Monaten und Jahren noch heftige Diskussionen führen müssen, wie wir in der Union die gemeinsame Währung vertreten können", stellte der Kanzler klar.

Den Euro in eine Nord- und eine Südwährung aufzuteilen, ginge für Faymann "in die falsche Richtung". Das würde Staaten wieder dazu animieren, ihre Währung systematisch auf- oder abzuwerten und das "gemeinsame Projekt Europa gefährden". Im Zuge der Einführung des Euro sei von den maßgeblichen Befürwortern übersehen worden, wie groß die Unterschiede in den einzelnen Mitgliedsstaaten sind. "Diese Unterschiede gilt es daher langsam zu beseitigen, damit ein gemeinsames Europa Zukunft hat", so der Kanzler.

Die Analyse, wonach die Staatenkrisen in Griechenland oder Irland entstanden sind, weil die Menschen dort "über ihren Verhältnissen gelebt hätten", wies Faymann entschieden zurück. "Das lag an den politischen Rahmenbedingungen, falscher Steuerpolitik und Schattenwirtschaft", so der Kanzler.

 

Kaltenegger: Zur Sachlichkeit zurückkehren
2011 warten große Aufgaben auf uns – Arbeiten wir gemeinsam an Lösungen und Ergebnissen
Wien (övp-pd) - "Im kommenden Jahr 2011 warten große Aufgaben auf uns", kommentiert ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger den Auftritt von Kanzler Faymann in der ORF- "Pressestunde". "Wir brauchen 2011 Ergebnisse und Lösungen in wichtigen Zukunftsbereichen wie Bildung, an den Universitäten, bei der sparsamen Budgetpolitik, die vor allem an die Leistungsträger und den Mittelstand denkt. Was wir nicht brauchen, ist eine ideologische Fundamentalposition, die solche Lösungen und Ergebnisse verhindern. Wir müssen daher wieder zurückkehren zu einer Sachlichkeit – und zu dieser Sachlichkeit lade ich den Koalitionspartner und alle verantwortungsvollen Politiker ein", so Kaltenegger.

Um sich diesen kommenden Aufgaben gemeinsam zu stellen sowie Ergebnisse und Lösungen zu erarbeiten, braucht es aber auch Leadership, denn Politiker dürfen sich in schwierigen Situation einfach wegdrücken, so der ÖVP-General weiter. "Die Leute wünschen und erwarten sich, dass ihnen von Politikern konkrete Lösungen angeboten werden. Stellen wir uns gemeinsam den Problemen und erarbeiten wir gemeinsam an der positiven Entwicklung unseres Landes", so Kaltenegger abschließend.

 

Strache: Faymann ist fatale Fehlbesetzung
Euro-Rettungsschirm sehr wohl Fall für Volksabstimmung - Rot-schwarzes Budget plündert Österreicher aus - Klares FPÖ-Bekenntnis zu Wehrpflicht
Wien (fpd) - Im Gegensatz zu den frechen Behauptungen von Bundeskanzler Faymann in der ORF-"Pressestunde" handle es sich beim Euro-Rettungsschirm sehr wohl um eine massive Vertragsänderung und damit ganz klar um einen Fall für eine Volksabstimmung, stellte FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache klar.

Schließlich gehe es dabei nicht um die Änderung eines Beistrichs in einer Fußnote, sondern um die Institutionalisierung des Euro-Rettungsschirms über das Jahr 2013 hinaus, erklärte Strache. Der dauerhafte Einsatz von 750 Milliarden Euro führe endgültig in die Transfer- und Umverteilungsunion zu Lasten der Nettozahler und verändere damit die EU auf gravierende Weise. "Wenn das kein Fall für die einst von Faymann vollmundig in einem Brief an die größte österreichische Tageszeitung versprochene Volksabstimmung ist, was dann?", fragte Strache.

In der Pressestunde habe sich ohnehin wieder einmal gezeigt, dass Faymann eine fatale Fehlbesetzung sei, meinte Strache. Dem Bundeskanzler fehle jeglicher Gestaltungswille, er sehe seine Aufgabe einzig und allein in der Verwaltung des Elends. Das zeige sich auch beim Budget, wo er gemeinsam mit seinem Finanzminister Pröll wieder einmal den Weg des Ausplünderns der Österreicherinnen und Österreicher beschritten habe. Dass Österreich in der EU beneidet werde, glaube Faymann ja wohl nicht einmal selber. Anstatt eine vernünftige Verwaltungs- und Strukturreform auf Schiene zu bringen, habe die Bundesregierung wieder einmal die Familien, den Mittelstand und die Autofahrer zu Opfern ihrer letztklassigen Budgetpolitik auserkoren.

Strache sprach sich auch entschieden gegen Faymanns Aussagen zu einer Abschaffung der Wehrpflicht aus. Die FPÖ bekenne sich zur Aufrechterhaltung der Wehrfähigkeit unserer Heimat. Bei einer Abschaffung der Wehrpflicht sei dies nicht mehr gegeben. Auch Rettungsorganisationen, Pflegeeinrichtungen und sozialen Einrichtungen drohe damit der Kollaps. Ebenso gebe es dann auch keine effektive Katastrophenhilfe mehr. Die rot-schwarzen Pläne seien daher gemeingefährlich für unser Land und unsere Gesellschaft.

 

Ebner: Steuererhöhungen sind nicht die Lösung sondern das Problem
Faymann spiele in Österreich den starken Mann und unterschreibe gleichzeitig in Brüssel, "dass wir für alle maroden Staaten zahlen müssen."
Wien (bzö) -
"Faymann hat seine völlige Ahnungslosigkeit in Bezug auf wirtschaftliche Zusammenhänge in der Pressestunde unter Beweis gestellt", erklärt BZÖ-Generalsekretär Mag. Christian Ebner und legt dem Kanzler nahe: "Er soll sich von Parteikollegen die wesentlichen Zusammenhänge erklären lassen. Wenn Faymann den Oppositionsparteien schon nicht glaubt, kann er ja bei Androsch und Lacina Nachhilfestunden nehmen." Zum Budget für 2011 merkte Ebner an: "Neue Steuern killen das Wirtschaftswachstum. Die Steuererhöhungen sind nicht die Lösung, sondern das Problem!"

Doch Faymann spiele in Österreich den starken Mann und unterschreibe gleichzeitig in Brüssel, "dass wir für alle maroden Staaten zahlen müssen." Kritik übt der BZÖ-Generalsekretär auch an Faymanns Einstellung zur Mitbestimmung der Österreicher. Zwar hatte der Kanzler seinerzeit angekündigt, bei Entscheidungen, die wirtschaftliche Bereiche des Landes betreffen, eine Volksbefragung abhalten zu wollen, "kaum will Brüssel mehr Geld, fällt aber Faymann um und hält seine Versprechen nicht ein!", so Ebner.

 

Kogler: Von Steuergerechtigkeit reden, ist nicht gleich Steuergerechtigkeit
Faymann erklärt weiter Vorhaben, die nicht statt finden
Wien (grüne) - "Von Steuergerechtigkeit zu reden, sie zu plakatieren und zu inserieren, schafft noch keine Steuergerechtigkeit", erklärte der stellvertetende Klubobmann der Grünen, Werner Kogler, zu den Aussagen von Bundeskanzler Werner Faymann in der ORF-"Pressestunde" fest. "Faymann predigt etwas, das es nicht gibt - nicht in diesem Budget und auch nicht in der weiteren Vorgangsweise dieser Regierung", sagte Kogler. "Das Sparbudget ist zutiefst ungerecht." Das fange bei der Bildung an, gehe über die Familienbeihilfe und Ende beim Pflegegeld. "Ärgerlich ist, dass Faymann weiter den Unfug von 80 Millionen Euro mehr für die Schulen erzählt. Es gibt keine 80 Millionen mehr gegenüber 2010. Und Faymann kann weiterhin nicht erklären, warum nur in Österreich Millionenerben von der Steuer völlig unbehelligt bleiben", sagte Kogler.

"Wir werden dafür sorgen, dass Faymann, Pröll und ihre Abgeordneten viel Zeit zum Nachdenken haben werden", verwies Kogler auf die von den Grünen angekündigten Protestmaßnahmen nächste Woche im Nationalrat. "Dazu werden wir mehr als 20 Abänderungsanträge allein am Montag einbringen, die wir namentlich abstimmen lassen. Wir verlangen die ersatzlose Rücknahme der Senkung der Bezugsdauer der Familienbeihilfe von 26 auf 24 Jahre, die Rücknahme des erschwerten Zugangs zu Pflegestufe 1 und 2. Dazu brauchen wir echte, je 80 Mio. Euro für die Schulen und Universitäten im Jahr 2011.

"Das ist eine Aktion für Gerechtigkeit und Erneuerung, die dem Widerstand gegen eine verfassungsbrecherische Regierung und einen organisierten Reformstau und Zukunftsklau dient. Die Regierungsparteien haben eine letzte Chance, die schlimmsten Ungerechtigkeiten im Budget noch zu ändern. Denn es ist inakzeptabel, dass jetzt Studierende, Familien, Pflegebedürftige und deren Angehörige zur Kasse gebeten werden, während etwa Stiftungsmilliardäre weitgehend ungeschoren bleiben. Und es ist ein Verbrechen an der jungen Generation, bei der Bildung zu sparen. Sparen mit Herz - investieren mit Hirn, muss das Motto lauten", sagte Kogler.
 
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