Gemeindefinanzbericht 2010   

erstellt am
20. 12. 10

Wachsende Ausgaben im Bereich Soziales und Gesundheit - Zunehmend strukturelles Defizit – Freie Finanzspitze dreht erstmals ins Minus (EUR - 7 Mio.)
Wien (kommunalnet) - Die Kommunalkredit Austria präsentierte am 20.12. den Gemeindefinanzbericht 2010, der nicht nur die Finanzsituation aller 2.357 österreichischen Gemeinden und Städte umfassend analysiert, sondern erstmals auch einen detaillierten Überblick über die Dynamik der einzelnen Einnahmen- und Ausgabenpositionen der laufenden Gebarung, der Vermögensgebarung und der Finanzgebarung enthält. Zudem werden ausgewählte Bestandsdaten wie Schuldenstand und Rücklagen analysiert; erstmals ist eine Schätzung über kommunale Haftungen enthalten.

Dieses Standard-Nachschlagewerk wird von der Kommunalkredit gemeinsam mit dem Österreichischen Gemeindebund und dem Österreichischen Städtebund mittlerweile zum sechsten Mal herausgegeben.

Freie Finanzspitze dreht erstmals ins Minus
Der diesjährige Gemeindefinanzbericht bestätigt die, auch in der öffentlichen Diskussion erörterte, angespannte finanzielle Lage der Kommunen. "Die freie Finanzspitze - das ist der Saldo der laufenden Gebarung nach Tilgungen - drehte entgegen unserer ursprünglichen Prognose rascher als erwartet ins Negative und zeigt bereits für 2009 ein Minus von EUR 7 Mio.", erläutert Mag. Alois Steinbichler, Vorstandsvorsitzender der Kommunalkredit Austria. Die Prognosen für 2010 und 2011 liegen im negativen Bereich bei EUR - 260 Mio. bzw. EUR - 178 Mio. Ausschlaggebend dafür sind neben gesunkenen Einnahmen vor allem steigende Ausgaben insbesondere in den Bereichen soziale Wohlfahrt und Gesundheit. Für diese beiden Komponenten stiegen die Nettoausgaben überproportional um 8,8 % bzw. 6,6 % auf insgesamt EUR 2,3 Mrd. und umfassen 31 % der gesamten Nettoausgaben. Damit öffnet sich deutlich eine Schere im Bereich der Einnahmen und Ausgaben.

Insgesamt reduzierten sich die Gesamteinnahmen der Städte und Gemeinden abzüglich Schuldenaufnahmen leicht um 1,1 % oder EUR 166 Mio. auf EUR 15,6 Mrd., während die Gesamtausgaben abzüglich Tilgungen weiter um EUR 131 Mio. auf EUR 16,1 Mrd. gestiegen sind. Nach einem Abgang von EUR 205 Mio. im letzten Jahr liegen die Gesamtausgaben nunmehr um EUR 502 Mio. über den Gesamteinnahmen. Dies stellt ein strukturelles Defizit dar, welches gemäß Berechnungen der Kommunalkredit im Jahr 2010 EUR 705 Mio. betragen wird.

Entlastung aus niedrigem Zinsniveau
Infolge des niedrigen Zinsniveaus lagen die Zinsausgaben der Gemeinden und Städte 2009 trotz leicht gestiegener Finanzschuld von EUR 11,5 Mrd. um EUR 147 Mio. unter dem Niveau von 2008. Diese Zinsersparnis wird im Jahr 2010 auf EUR 220 Mio. steigen. Der in Zukunft zu erwartende Anstieg des Zinsniveaus wird jedoch diese positiven Effekte rasch reduzieren und stellt daher ein beträchtliches Bedrohungspotenzial in der kommunalen Finanzstruktur dar und verdient entsprechende Beachtung. Die Kommunalkredit verfügt über entsprechende Zinsabsicherungsinstrumente, welche das gegenwärtig günstige Zinsniveau für die Kommunen auch in Zukunft sicherstellen.

Prognose 2010
Für 2010 wird insgesamt mit einer weiteren Reduktion der Ertragsanteile der Gemeinden ohne Wien um 1,4 % (nach einem Rückgang 2009 um - 5,6 %) gerechnet, wobei in der zweiten Jahreshälfte eine Trendwende verzeichnet werden konnte; (so stiegen die Ertragsanteilsvorschüsse der Gemeinden ohne Wien im August 2010 um 7,3 % gegenüber August 2009). Die Kommunalsteuer wird mit 2,2 % leicht steigen. Die freie Finanzspitze wird jedoch im Jahr 2010 mit etwa EUR - 260 Mio. deutlich negativ bleiben; für 2011 wird eine negative freie Finanzspitze von EUR - 178 Mio. erwartet.

Lösungsansätze
Um die Leistungsfähigkeit der Kommunen und das bestehende hohe Serviceniveau abzusichern, gebührt den aufgezeigten Herausforderungen entsprechende Beachtung. Die Kommunalkredit als Kompetenzzentrum für das Kommunale verfolgt diese Entwicklungen mit großer Aufmerksamkeit und ist bemüht, ein vertieftes Verständnis der gegebenen Themenstellungen zu unterstützen. Für die Finanzierung öffentlicher Aufgaben, auch aufgrund der Verschuldungsgrenzen öffentlicher Haushalte, sind neue Lösungsansätze erforderlich. Die Kommunalkredit verfolgt insbesondere projektmäßig strukturierte Lösungen, wodurch die Finanzierungsbasis für öffentliche Infrastruktur verbreitert wird und die öffentlichen Haushalte entlastet werden können. Zudem werden neue Technologien und Verfahren die öffentliche Kostenstruktur entlasten; die Initiative "Licht" der Kommunalkredit im Jahr 2010 ist ein konkretes Beispiel: Der Einsatz moderner Lichttechnologien in der öffentlichen Beleuchtung ermöglicht Energieeinsparungen von über 50 % und damit eine Amortisation der Investitionskosten über einen Zeitraum von vier bis fünf Jahren aus diesen Einsparungen.

Ertragsanteils-Prognose 2011 bis 2014 für Gemeinden auf kommunalnet.at
Um den Kommunen im gegebenen budgetären Umfeld die Finanzplanung und Budgetierung zu erleichtern, steht jeder Gemeinde auf Kommunalnet (https://www.kommunalnet.at) eine Ertragsanteilsprognose zur Verfügung. Diese kann erstmals für mehrere Jahre, i. e. 2011, 2012, 2013 und 2014, abgerufen werden. Das Berechnungsmodell wurde in Kooperation mit dem Österreichischen Gemeindebund, dem Bundesministerium für Finanzen und der Kommunalkredit spezifisch für diesen Zweck entwickelt. Damit ist ein wichtiger "Blick in die Zukunft" möglich.
Kommunalnet, Österreichs Intranetplattform für Gemeinden, steht zu je 50 % im Eigentum der Kommunalkredit und des Gemeindebundes mit seinen Landesverbänden. Schon seit mehreren Jahren bietet kommunalnet.at den Gemeinden ein Finanz-Benchmarking-System an. Jede Gemeinde kann dabei Vergleichswerte mit den durchschnittlichen Gemeindefinanzen im Bezirk, im Bundesland und im österreichweiten Durchschnitt erstellen. Zudem bietet kommunalnet.at eine breite Servicepalette für E-Government, elektronische Beschaffung und kommunalen Informationsaustausch.
     
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