Mit Musik gegen Borderline Syndrom   

erstellt am
17. 12. 10

Musiktherapie ist ein Baustein des integrativen Behandlungsprogramms für Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörung
Heidelberg (idw) - Die Universitätsklinik für Allgemeine Psychiatrie Heidelberg gehört zu den wenigen Kliniken in Deutschland, in denen Persönlichkeitsstörungen sowohl einen Behandlungsschwerpunkt ausmachen als auch intensiv erforscht werden. Die Ergebnisse dieser Forschung fließen frühzeitig in die Therapie ein, z.B. bei Borderline-Patienten.

Die Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ geht mit starken Stimmungsschwankungen, Impulsivität und konflikthaften Beziehungen einher. Die Betroffenen geraten im Alltag in quälende Anspannungszustände, die sie nicht zu lösen wissen; in dieser Verfassung neigen viele Borderline-Patienten zu Selbstverletzungen und anderen selbstschädigenden Verhaltensweisen, z.B. auch Drogen- und Alkoholmissbrauch. Borderline bricht meist in der Jugend oder im jungen Erwachsenalter auf und stellt eine der wichtigsten stress-assoziierten psychischen Erkrankungen dar. Experten schätzen, dass etwa sechs Prozent der Jugendlichen beziehungsweise ein bis zwei Prozent der Gesamtbevölkerung in Deutschland darunter leiden.

Integrativer Therapieansatz für die ambulante und stationäre Behandlung
Unter der Leitung von Professor Dr. Sabine Herpertz, seit Ende 2009 Ärztliche Direktorin der Klinik, bietet das interdisziplinäre Team aus Ärzten, Psychologen, Therapeuten und Pflegekräften – auch überregional – eine genau auf die Probleme dieser Patientengruppe abgestimmtes integratives Behandlungsprogramm an. Bausteine dieses integrativen Therapieansatzes sind themenspezifische Gesprächsgruppen, Kunst-, Musik- und Körpertherapie, gegebenenfalls kombiniert mit einer psychopharmakologischen Behandlung. Nachstationär können die Patienten weiterhin an Therapiegruppen teilnehmen.

In einer Spezialambulanz für Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung erfolgen Diagnose, Therapieplanung, individuelle Beratung, Abklärung der Medikation sowie wenn nötig die Vermittlung einer stationären Behandlung. Für schwer Erkrankte bietet die Klinik eine hochfrequentierte ambulante Behandlung im multiprofessionellen Team.

Die Auswahl der therapeutischen Angebote erfolgt nicht allein anhand der Diagnose sondern sondern auch der individuellen, v.a. zwischenmenschlichen Probleme der Patienten. Entsprechend der gemeinsam erarbeiteten Therapieziele wird das Behandlungsprogramm für jeden Patienten in Form von Modulen zusammengestellt.

Zu den angebotenen Gruppen gehört die Skillsgruppe für Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung nach dem so genannten dialektisch behavioralen Therapieprogramm (DBT). Diese Gruppe soll Betroffene dabei unterstützen, destruktive Verhaltensweisen durch positive Fertigkeiten (Skills) zu ersetzen. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf Achtsamkeitsübungen, Stresstoleranz, Umgang mit Gefühlen und zwischenmenschlichen Beziehungen. Zudem nehmen die Patienten an einer Themenzentrierten Gesprächsgruppe zur intensivierten Bearbeitung einzelner Problemstellungen für Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung teil und an einer Gruppe, die sich mit dem Selbstbild und dem Selbstwert beschäftigt. Ebenfalls indikativ verordnet werden für diese Patienten oft besonders förderliche non-verbale Therapien mit Körper-, Musik-, und Gestaltungstherapiegruppen sowie Ergotherapie und Bewegungstherapie. Fachkräfte beraten Patienten in beruflichen und anderen sozialen Fragen sowie im Kontakt mit Ämtern und Behörden.

Wie wirken sich Gefühle auf soziale Beziehungen aus?
Der Forschungsschwerpunkt von Professor Sabine Herpertz und ihrem Team der Arbeitsgruppe Persönlichkeitsstörungen liegt vor allem auf dem Gebiet der Affektregulation und sozialen Interaktion. Bei Menschen mit depressiven Erkrankungen, Zwangs- und Persönlichkeitsstörungen, wie dem Borderline-Syndrom, sowie Autismus untersuchen die Wissenschaftler die enge Verflechtung von Emotion, Kognition und sozialer Wahrnehmung. Zudem interessiert sie, wie sich Gefühle auf soziale Beziehungen auswirken.

„Das beginnt schon mit der ersten Kontaktaufnahme: Schaue ich dem anderen offen ins Gesicht oder meide ich den Blickkontakt? Erkenne ich, was mein Gegenüber gerade denkt, fühlt und beabsichtigt? Wir wollen verstehen, wie diese Informationen im Gehirn verarbeitet werden und zu welchen Abweichungen es bei psychischen Erkrankungen kommt“, erklärt die Wissenschaftlerin. Dazu möchte sie in Heidelberg u.a. die funktionelle Bildgebung wie die Kernspintomographie in enger Kooperation mit den radiologischen und neurowissenschaftlichen Fächern nutzen.
     
Informationen: http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/    
     
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