Aufschwung setzt sich fort, Risiken bleiben bestehen   

erstellt am
17. 12. 10

Prognose für 2011 und 2012
Wien (wifo) - Der exportgetriebene Aufschwung der österreichischen Wirtschaft hält an. Das Wachstum wird sich jedoch in der ersten Jahreshälfte 2011 merklich verlangsamen, da der Welthandel und das Wirtschaftswachstum in Asien, Lateinamerika und den USA an Schwung verlieren und die geplanten Konsolidierungsmaßnahmen im Euro- Raum sowie die geringe Wettbewerbsfähigkeit der südeuropäischen Länder die Nachfrage zusätzlich dämpfen. Während sich die Expansion weltweit in der zweiten Jahreshälfte und 2012 wieder beschleunigen dürfte, bleibt sie im Euro-Raum verhalten. Für Österreich erwartet das WIFO 2011 ein Wirtschaftswachstum von 2,2% und 2012 von 2,0%. Hauptantrieb der Konjunktur sind die Exporte; davon profitiert insbesondere die Sachgütererzeugung. Der Aufschwung greift nur zögerlich auf die Investitionen über. Die Konjunkturbelebung trägt zu einer Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt und in den öffentlichen Haushalten bei. Mit knapp unter 7% der unselbständigen Erwerbstätigen dürfte die Arbeitslosenquote hoch bleiben. 2011 sinkt das Budgetdefizit voraussichtlich auf 3,1% und 2012 auf 2,7% des BIP.

Das Wachstum des Welthandels und der Weltindustrieproduktion verlangsamte sich im Jahresverlauf 2010 merklich. Insbesondere in Asien, dem bisherigen Motor der weltweiten Konjunkturerholung, flacht die Expansion seit Jahresbeginn deutlich ab. Der Grund dafür ist einerseits, dass der starke Lageraufbau nach der Krise beendet sein dürfte. Andererseits versucht vor allem China wie auch andere Schwellenländer eine Überhitzung der Konjunktur zu vermeiden und das Wachstum etwas zu drosseln. Die Wirtschaft wird in Asien und Lateinamerika allerdings auch 2011 und 2012 weiter kräftig wachsen und damit der Weltkonjunktur starke Impulse geben.

In den USA nimmt das BIP hingegen weiter mäßig zu. Industrie- und Exportkonjunktur bleiben expansiv. Die privaten Konsumausgaben entwickeln sich bislang angesichts der schwierigen Lage auf dem Arbeitsmarkt und der gedämpften Aussichten für den Immobilien- und Bausektor überraschend gut. Das Wachstum dürfte aber in den nächsten Jahren die Raten vor der Wirtschaftskrise nicht wieder erreichen. Die Entschuldungsbestrebungen der privaten Haushalte halten die Sparquote hoch; ein neuerlicher Konsum- und Immobilienboom ist daher nicht in Sicht.

Im Euro-Raum bildet sich eine Konjunkturerholung mit zwei Geschwindigkeiten heraus: Deutschland und andere eng mit der deutschen Wirtschaft verflochtene Volkswirtschaften profitierten vom weltweiten Aufschwung und werden weiter merklich expandieren. In Südeuropa und Irland dämpfen hingegen die drastischen Sparmaßnahmen der öffentlichen Haushalte und die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit die Aussichten. Dies drückt das Wachstum im gesamten Euro-Raum. Der Aufschwung wird daher in den kommenden Jahren we- sentlich weniger dynamisch verlaufen als in der übrigen Weltwirtschaft. In den ostmitteleuropäischen EU-Ländern dürfte die Expansion hingegen neuerlich an Dynamik gewinnen

Aufgrund der kräftigen Konjunkturbelebung insbesondere in Deutschland expandierte die Wirtschaft in Österreich im Jahresverlauf 2010 deutlich. Im III. Quartal nahm das BIP gegenüber dem Vorquartal real um 0,9% zu. Der Aufschwung stützte sich bislang vor allem auf das lebhafte Exportwachstum, von dem in erster Linie die Sachgütererzeugung profitierte. Nur zögerlich greift der Aufschwung auf die Ausrüstungsinvestitionen über. In den nächsten Monaten ist eine Fortsetzung der Aufwärtstendenz zu erwarten. Bis Mitte 2011 dürfte sich die Konjunktur jedoch parallel zur internationalen Entwicklung abschwächen. Das Abflauen des Welthandelswachstums und die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte im Euro-Raum dämpfen die Exportentwicklung und damit den Konjunkturaufschwung. Die Ausrüstungsinvestitionen dürften sich zwar beleben, die Abschwächung der Konjunktur verhindert aber einen kräftigen Investitionsaufschwung. In der zweiten Jahreshälfte 2011 dürfte sich das Wachstum wieder beschleunigen und 2012 weiter an Schwung gewinnen. Aufgrund eines hohen Wachstumsüberhangs aus dem Jahr 2010 fällt jedoch die Jahresrate 2011 höher aus als 20121). 2010 dürfte das Wirtschaftswachstum 2,0% betragen, 2011 rechnet das WIFO mit einer Rate von +2,2%, 2012 mit +2,0%.

Die Bauwirtschaft verharrt in der Krise und wächst im Prognosezeitraum nur geringfügig. Die Konsumausgaben der privaten Haushalte waren während der Wirtschaftskrise ein stabilisierender Faktor und nehmen auch im Prognosezeitraum zu. Ihre Dynamik bleibt allerdings in Relation zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung verhalten. Dies liegt insbesondere an einer mäßigen Steigerung der Einkommen, die erst 2012 an Schwung gewinnt. Das geringe Konsumwachstum spiegelt sich 2011 und 2012 in einer schwachen Expansion des Handels.

Das geringe Wachstum schlägt sich auf dem Arbeitsmarkt nieder. Die Beschäftigung weitet sich zwar kontinuierlich aus, die Zunahme verlangsamt sich jedoch. Da auch das Arbeitskräfteangebot weiterhin zunimmt, dürfte die Zahl der Arbeitslosen nicht sinken. Die Arbeitslosenquote wird 2012 nach nationaler Berechnungsmethode bei 6,9% bzw. laut Eurostat bei 4,5% liegen.

Die Inflationsrate (VPI) wird sich 2010 auf 1,8% und 2011 auf 2,1% erhöhen. Angetrieben wird die Teuerung durch den Anstieg der Energiepreise und die Anhebung einiger indirekter Steuern. Die Kerninflation beschleunigt sich hingegen vor allem wegen der verhaltenen Lohnstückkostenentwicklung nur mäßig. 2012 verringert sich die Wirkung der Energie- und Nahrungsmittelverteuerung wieder. Der einmalige Effekt durch die Anhebung der indirekten Steuern fällt weg. Der Verbraucherpreisanstieg dürfte daher wieder auf 1,8% zurückgehen. Wegen der raschen Konjunkturbelebung fällt das Budgetdefizit 2010 mit 4,1% des BIP niedriger aus als im Herbst vom Finanzministerium notifiziert. Die beschlossenen Konsolidierungsmaßnahmen werden es 2011 auf 3,1% und 2012 auf 2,7% verringern.

Die vorliegende Prognose unterliegt einer Reihe von Risiken: Wenn sich der jüngste Anstieg der Zinssätze auf Staatsanleihen in einer Reihe von Ländern des Euro-Raumes fortsetzt, könnte das die Situation der öffentlichen Haushalte in diesen Ländern verschärfen. Noch drastischere Sparmaßnahmen sind daher nicht ausgeschlossen. Dies könnte die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Euro-Raum zusätzlich drücken und die Stabilität der Wirtschafts- und Währungsunion gefährden. Ein weiteres Risiko besteht in einer deutlichen Abschwächung der Konjunktur in den USA. Sollten sich die Finanzierungsbedingungen für die privaten Haushalte und den Staat verschlechtern, könnte das die Nachfrage merklich beeinträchtigen und das Wachstum bremsen.
     
Informationen: http://www.wifo.ac.at    
     
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