Spindelegger: "Ausdruck späten Bekenntnisses einer moralischen Verantwortung"   

erstellt am
17. 01. 11

Außenminister zum zehnjährigen Bestehen des Washingtoner Abkommens
Wien (bmeia) - „Für das durch das NS-Regime gesetzte Unrecht kann es keine Wiedergutmachung geben. Mit dem Washingtoner Abkommen hat Österreich aber eine sichtbare Geste gegenüber den überlebenden Opfern gesetzt. Das Vertragswerk und seine Umsetzung sind auch Ausdruck unseres Bekenntnisses zu einer moralischen Verantwortung für die Versäumnisse bei den vorherigen Restitutionen und Entschädigungen“, sagte Außenminister Michael Spindelegger aus Anlass des 10-jährigen Bestehens des sogenannten Washingtoner Abkommens.

Am 17. Jänner 2001 wurde das Washingtoner Abkommen von Österreich, den USA und unter anderen auch von Vertretern der „Conference on Jewish Material Claims Against Germany“, einschließlich des Zentralkomitees der Juden Österreichs in Israel und des „American Council for Equal Compensation of Nazi Victims from Austria“ unterzeichnet.Mit dem Übereinkommen wurde eine abschließende Klärung der diesbezüglichen Rechts- und Entschädigungsfragen erreicht.

Durch das Abkommen wurde der mit 210 Mio. US-Dollar dotierte Allgemeine Entschädigungsfonds eingerichtet. Aufgabe dieses Fonds ist es, die moralische Verantwortung für Vermögensverluste, die Opfer des NS-Regimes in Österreich im Zeitraum von 1938 bis 1945 erlitten haben, durch freiwillige Leistungen anzuerkennen. Bis zum Ende der Antragsfrist am 28. Mai 2003 sind über 20.000 Anträge beim Entschädigungsfonds eingelangt. Nach Abweisung der letzten Sammelklage in den USA und Bekanntmachung des Rechtsfriedens durch die österreichische Bundesregierung am 13. Dezember 2005 hat der Entschädigungsfonds mit den ersten Vorauszahlungen begonnen. Bis Dezember 2010 wurden rund 202 Mio. US-Dollar zur Auszahlung angewiesen.

Weitere 150 Mio. US-Dollar wurden zur Entschädigung für entzogene Mietrechte, Hausrat und persönliche Wertgegenstände zur Verfügung gestellt. Neben diesen, heute so gut wie abgeschlossenen finanziellen Leistungen, hat die beim Allgemeinen Entschädigungsfonds eingerichtete Schiedsinstanz bisher die Rückgabe von Liegenschaften an 81 Antragsteller im geschätzten Gesamtwert von rund 40 Mio. US-Dollar empfohlen. Zusätzlich zu den Leistungen des Allgemeinen Entschädigungsfonds wurden von Österreich zahlreiche Sozialmaßnahmen zugunsten der NS-Opfer getroffen, wie die Möglichkeit im Ausland Pflegegeld zu beziehen und Leistungen der Pensionsversicherung begünstigt nachzukaufen.

Zuletzt wurde im November des vergangenen Jahres die Einrichtung eines Fonds zur Instandsetzung jüdischer Friedhöfe in Österreich vom Nationalrat beschlossen. „Mit der Erfüllung der Bestimmung, Unterstützung für die Restaurierung und Erhaltung jüdischer Friedhöfe zu leisten, hat Österreich den letzten Schritt zur Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Washingtoner Abkommen gesetzt“, unterstrich Spindelegger.

Das mit dem Washingtoner Abkommen erzielte Verhandlungsergebnis brachte Österreich letztendlich die „legal closure“, den sogenannten Rechtsfrieden gegenüber anhängigen und zukünftigen Sammelklagen. „Das darf keinesfalls mit einer ‚moral closure’ verwechselt werden. Eine solche darf und wird es niemals geben. Das bedeutet für mich nicht etwa, die Fortschreibung einer kollektiven Schuld, sondern vielmehr die Verpflichtung aus den Ereignissen der Vergangenheit zu lernen und in der Zukunft alles zu unternehmen, damit sich derartige Verbrechen niemals wiederholen“, so der Außenminister abschließend.
     
zurück