Die Vermessung Wiens   

erstellt am
14. 01. 11

Lehmanns Adressbücher 1859 -1942
Wien (wienbibliothek) - Seit 1859 erschien "Lehmann's Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger" als voluminöses Auskunftsorgan über Wien, in dem nicht nur Daten über Haushaltsvorstände und Branchen, sondern vielerlei andere Informationen enthalten waren. Es wurde zu einer Art "Basisbuch" der sich rasch entwickelnden Stadt, zum Spiegel der Stadterweiterung, zum Kaleidoskop der wirtschaftlichen Prosperität und der neuen organisatorischen und technischen Erfindungen (Bankkonto, Telefon, Öffentlicher Verkehr), auch zum Abbild der kulturellen und sportlichen Infrastruktur in der Stadt.

Der Lehmann war eine Wiener Institution, die auch durch den Ersten Weltkrieg nicht ins Wanken geriet und auch von den Nationalsozialisten fortgeführt und genutzt wurde. Im Lehmann konnte nachgelesen werden, welche Folgen die Arisierung Wiens, die Vertreibung der jüdischen Bevölkerung, in den einzelnen Berufen, Gewerben und Häusern hatte. Erst der Totale Krieg stoppte das Unternehmen, 1942 erschien der Lehmann zum letzten Mal. 1948 setzte der Wiener Adressenverlag Herold den Lehmann als "Herold Adressbuch von Wien früher Lehmann" fort. Ab 21. Jänner 2011 stehen sämtliche Lehmannschen Adressbücher - rund 200.000 Seiten aus den Jahrgängen 1859 bis 1942 - online zur Recherche bereit: http://www.digital.wienbibliothek.at.

Die Ausstellung in der Wienbibliothek im Rathaus zeigt auch die Vorläufer und Konkurrenten des Lehmann, geht auf internationale Vorbilder, frühe Stadtbeschreibungen sowie Reiseführer und die Anfänge des Meldewesens ein. Die Entwicklung immer exakterer Kartenwerke war in der Vermessung Wiens das graphische Pendant zum Lehmann. Im Begleitbuch wird aus sehr unterschiedlichen Perspektiven das Thema der "Vermessung Wiens" angegangen. (Sylvia Mattl-Wurm / Alfred Pfoser: Die Vermessung Wiens. Lehmanns Adressbücher 1859 - 1942. Wien: Metroverlag 2011. 344 S.)

Ein Parallel-Projekt der Handschriftensammlung widmet sich einem heute aussterbenden Medium, das aber ein herausragendes Erinnerungsvehikel und ein bedeutendes autobiographisches Dokument bleibt: dem privaten Adressbuch. Vorgestellt werden Exemplare aus dem Besitz von Felix Braun, Franz Theodor Csokor, Franz Lehár, Victor Léon, Max Reinhardt, Roda Roda, Herta Staub und Hans Weigel u. a. Diese handschriftlichen Devotionalien, deren Anblick oft ein ungeahnter ästhetischer Genuß ist, beleuchten Lebensgeschichten, Freundschaften und Netzwerke sowohl der Adressbuchinhaber als auch der darin Verzeichneten. (Marcel Atze/ Kyra Waldner: Andere Seiten. Private Adressbücher prominenter Zeitgenossen aus zwei Jahrhunderten Kunst, Literatur und Musik. Wien: Metroverlag 2011. 168 S.)

Bei der Tagung "Mapping Vienna" im IFK am 20/21.1.2011 diskutieren Forscher/-innen die Vermessung der urbanen Gesellschaft seit dem 18. Jahrhundert.
     
Informationen:
http://www.wienbibliothek.at
http://www.ifk.ac.at
   
     
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