Wehrpflicht  

erstellt am
18. 01. 11

Darabos: "Freiwilligenheer ist Modell der Zukunft"
"Das Bundesheer wird und muss reformiert werden" - konstruktives Gesprächsklima mit Koalitionspartner - Bevölkerung soll in Entscheidung eingebunden werden
Wien (sk) - Verteidigungsminister Norbert Darabos hat am 17.01. im Zuge einer Pressekonferenz sieben Alternativmodelle zur Allgemeinen Wehrpflicht präsentiert. "Das Bundesheer wird und muss reformiert werden", so Darabos, der den Generalstab des Österreichischen Bundesheeres damit beauftragte, Modelle auszuarbeiten. Für Darabos wäre ein "Freiwilligenheer das Modell der Zukunft" - dadurch würden auch keine zusätzlichen Kosten entstehen. Noch vor der Präsentation führte der Verteidigungsminister ein "konstruktives" Gespräch mit dem Koalitionspartner. Die Reform des Wehrsystems sei eine "wichtige und historische Aufgabe", zumal sich auch die sicherheitspolitische Lage nach dem Fall des Eisernen Vorhangs entschieden verändert hat und "von einem Panzerkrieg im Marchfeld nicht mehr auszugehen ist". Mittlerweile sei Österreich ausschließlich von "befreundeten und friedlichen Nachbarn umgeben".

Darabos skizzierte überdies den weiteren Fahrplan. Nach der internationalen Enquete zu Wehrsystem-Modellen im Vorjahr, einem heeresinternen Diskussionsprozess und der heutigen Präsentation möchte Darabos die verschiedenen Modelle ein halbes Jahr lang zur Debatte stellen. "Am Ende des Diskussionsprozess soll auch die Bevölkerung eingebunden werden", so Darabos.

Rund zwei Drittel der Österreicher sprechen sich einer Umfrage zufolge für eine Aussetzung der Wehrpflicht aus. Der Verteidigungsminister sieht sich damit "im Einklang mit der Bevölkerung". Die Experten des Generalstabs hätten die verschiedenen Modelle "schonungslos und durchdacht" sowie auf eine Perspektive von zehn Jahren errechnet. Ein Freiwilligenheer könne am effizientesten neue Herausforderungen, wie etwa "Cyber-War und terroristische Bedrohungen" bewältigen. Die drei Säulen des Bundesheeres - Katastrophenschutz, Auslandseinsätze und Landesverteidung - wären durch eine Freiwilligenarmee ebenfalls bestens gewährleistet. Für Darabos steht weiters "außer Streit, dass die Ergebnisse der Bundesheer-Reformkommission mit den vorgestellten Modellen kompatibel sind".

Eine Freiwilligenarmee brächte eine "ausgewogene Mischform zwischen Zeit- und Berufssoldaten, Zivilbediensteten sowie Soldatinnen und Soldaten der Freiwilligenmiliz". Die personelle Zusammensetzung stellt sich Darabos wie folgt vor: rund 9.500 Berufssoldaten, etwa 5.500 Zeitsoldaten, ca. 7.000 Zivilbedienstete, etwa 10.000 Freiwilligenmilizionäre und beorderte und nicht mehr übende Milizionäre. Rund 1.000 Soldatinnen und Soldaten sollen weiterhin für Auslandseinsätze zur Verfügung stehen. Mit 2,18 Milliarden Euro würde diese Variante exakt soviel kosten wie das derzeitige Modell der Allgemeinen Wehrpflicht.

 

Spindelegger: "Schutz der Zivilbevölkerung weiterhin Schwerpunkt"
Diskussionsveranstaltung mit dem Roten Kreuz zum Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten
Wien (bmeia) - "Es ist traurige Tatsache, dass die Zivilbevölkerung in heutigen Konflikten mehr denn je direkten Angriffen ausgesetzt ist. Sexuelle Gewalt, Rekrutierung von Kindersoldaten, sowie Vertreibungen gehören zum Alltag, der durch Konflikt und Gewalt betroffenen Zivilbevölkerung. Ihr Schutz muss uns allen ein Anliegen sein", so Außenminister Michael Spindelegger am 17.01. in seiner Eröffnungsrede im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung gemeinsam mit dem Österreichischen Roten Kreuz zum Thema "Der Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten".

Der Schutz der Zivilbevölkerung war auch einer der Schwerpunkte der österreichischen Mitgliedschaft im UNO-Sicherheitsrat, die mit dem Jahreswechsel zu Ende ging: "Wir sind froh, dass wir mit unserer Arbeit konkrete Fortschritte für die Betroffenen erzielen konnten", so der Minister weiter. Einen Höhepunkt stellte dabei zweifellos die einstimmige Annahme der Resolution 1894 zum Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten während des österreichischen Vorsitzes im Sicherheitsrat im November 2009 dar. "Wir setzen auf die Nachhaltigkeit unseres Engagements", betonte Spindelegger. "Der Schutz der Zivilbevölkerung und die Umsetzung von Resolution 1894 werden auch nach unserer Zeit im UNO-Sicherheitsrat einen klaren Schwerpunkt unserer Arbeit in den Vereinten Nationen darstellen. Die Kandidatur Österreichs für einen Sitz im UNO-Menschenrechtsrat ist auch in diesem Zusammenhang zu sehen", so der Minister.

Angesichts der aktuellen Diskussion rund um die Wehrpflicht nützte Spindelegger die Gelegenheit, um die hohe Bedeutung des Zivildienstes für das Sozial- und Gesundheitssystem in Österreich zu unterstreichen: "Eine Reform der Wehrpflicht darf nicht zu Lasten jener Menschen gehen, die auf die Leistungen der Zivildiener angewiesen sind. Ein Blick nach Deutschland verrät, dass die Lücke an Zivildienern, die durch die Abschaffung der Wehrpflicht entsteht, nicht so einfach durch Freiwillige geschlossen werden kann."

Die vom Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten und dem Österreichischen Roten Kreuz (ÖRK) gemeinsam organisierte Diskussionsveranstaltung dient dazu, ein besseres Verständnis für das humanitäre Völkerrecht zu schaffen, indem der Schutz der Zivilbevölkerung aus drei verschiedenen Blickwinkeln betrachtet wird: aus der Rolle der Diplomatie, des Militärs und aus der Sicht humanitärer Organisationen. Unter den Teilnehmern befanden sich neben Außenminister Michael Spindelegger und dem Präsidenten des ÖRK, Fredy Mayer, zahlreiche Militärexperten, MitarbeiterInnen des Roten Kreuzes, StudentInnen, MedienvertreterInnen und VertreterInnen von NGOs.

 

Dörfler: Ja zur Bundesheerreform - Nein zur Abschaffung der Wehrpflicht
Derzeitige Vorschläge sind lediglich halbfertige Konzepte
Klagenfurt (lpd) - Für Landeshauptmann Gerhard Dörfler ist die aktuelle Diskussion um das Bundesheer in Österreich und die von Verteidigungsminister Norbert Darabos geplante Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht ein erneutes Beispiel für die Orientierungslosigkeit der Bundesregierung. "Die handelnden Personen sind sich der Tragweite dieser, durch den Wiener Gemeinderatswahlkampf, angeheizten Thematik in keinster Weise bewusst. Statt der derzeit stattfindenden Diskussion muss eine Bundesheerreform sachlich und fachlich fundiert durchgeführt werden", appellierte er heute, Dienstag, an die zuständigen Politiker auf Bundesebene.

Die derzeitigen Vorschläge von Bundesminister Darabos sind laut Dörfler als halbfertige Konzepte zu bewerten und könnten maximal als Eckpfeiler einer Diskussion um die Wehrpflicht angesehen werden. Hinzu komme eine Vielzahl an Unklarheiten und offenen Punkten. Weiters dürfe man die verfassungsrechtliche Verpflichtung zur Wehrpflicht im Rahmen der österreichischen Bundesverfassung sowie die Bedeutung des Zivildienstes nicht außer Acht lassen.

"Die Bundesregierung macht es sich mit Darabos' Vorschlägen, bei denen er sich teils an anderen Staaten in Europa orientiert, definitiv zu einfach. Nur weil ein anderes Land eine bestimmte Heeresform gewählt hat, bedeutet das noch lange nicht, dass diese auch gut ist", so Dörfler, der davor warnt, das Bundesheer und die allgemeine Wehrpflicht leichtfertig zu zerschlagen. Zwar sieht der Kärntner Landeshauptmann selbst einen dringenden Reformbedarf im österreichischen Bundesheer und stellt diesen außer Streit, dennoch bedarf es bei diesem wichtigen sicherheitspolitischen Thema einer fundierten Ausarbeitung von Konzepten und nicht überhasteter Schnellschüsse.

"Dass wir ein funktionierendes Bundesheer benötigen, hat sich in der jüngsten Geschichte während des Jugoslawien-Konfliktes im Jahr 1991 gezeigt. Der schnelle und beispiellose Einsatz des Bundesheeres konnte die Grenzen Österreichs zu seinem südlichen Nachbarn sichern und ein Übergreifen des Konfliktes verhindern", ruft der Landeshauptmann in Erinnerung. Er erwartet sich von der österreichischen Bundesregierung, und damit von beiden Koalitionspartnern gemeinsam, eine ausgearbeitete Reform des Bundesheeres und keine überhasteten Alleingänge von Alleinspielern.
     

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