Bundesheer-Debatte I  

erstellt am
04. 02. 11

Darabos ruft zur Versachlichung der Debatte auf
Freiwilligenheer garantiert gleiche Leistung bei gleichen Kosten aber ohne Zwang - Mindestens 10.000 Mann für Katastrophenschutz, 1.000 für Auslandseinsätze
Wien (sk) - Verteidigungsminister Norbert Darabos hat am 04.02. bei einer Nationalratssondersitzung seine Präferenz für ein Freiwilligenheer bekräftigt. "Ich bin für ein modernes, verschlanktes Bundesheer ohne Wehrpflicht", so Darabos. Mit einem Freiwilligenheer könnten alle vorstellbaren Aufgaben - vom Katastrophenschutz, über Luftraumüberwachung und Auslandseinsätze bis hin zur sicherheitspolizeilichen Assistenz - gewährleistet werden. Darabos rief auch zu einer Versachlichung der Debatte auf.

"Ich kann mit dem Modell 'Freiwilligenheer' dafür garantieren, dass wir gleiche Leistung erbringen, bei gleichen Kosten, aber ohne Zwang", betonte Darabos. Für den Katastrophenschutz würden weiterhin mindestens 10.000 Soldatinnen und Soldaten, für Auslandseinsätze 1.000 Personen bereitstehen.

Auch die Rekrutierung für das Freiwilligenheer ist möglich. Bereits jetzt - also ohne Anreizsystem - gäbe es rund 3.500 freiwillige Meldungen für den Dienst im Bundesheer, so Darabos. In den ersten Jahren müssen für ein Freiwilligenheer 2.500 Personen jährlich eingestellt werden. Milizsoldaten sollen künftig 5.000 Euro jährlich als Prämie erhalten. Zeitsoldaten bekommen für ihre Bereitschaft zur Teilnahme an Auslandseinsätzen 7.200 Euro. "Mit diesem Anreizsystem ist die Rekrutierung logischerweise machbar", so Darabos.

Die vom Generalstab errechneten Wehrsystem-Modelle verteidigte der Minister als "seriös und plausibel". Zugrundegelegt wurden die außer Streit stehenden und fundierten Ausgangsdaten - Ergebnisse der Bundesheerreformkommission (Allparteieneinigung der ZILK-Kommission), die evaluiert wurden und deren Gültigkeit erst im Februar 2010 bestätigt wurde.

 

Kapeller: Formel "Wehrpflicht ja oder nein" greift zu kurz
ÖVP-Wehrsprecher fordert eine neue seriöse Debatte - dazu bedarf es neuer Sicherheitsstrategie für Österreich
Wien (övp-pk) - Sicher ist, die Formel "Wehrpflicht ja oder nein" greift einfach zu kurz und man würde mit dieser Debatte alleine das Kind mit dem Bade ausschütten. Das sagte ÖVP-Wehrsprecher Abg. Ing. Norbert Kapeller in der Sondersitzung des Nationalrats.

"Wir wollen eine neue seriöse Debatte und dazu bedürfte es einer neuen Sicherheitsstrategie für Österreich." Kapeller wies darauf hin, dass für Darabos die geltende Doktrin laut seinen gestrigen Aussagen keine Gültigkeit habe, da sie dereinst nicht mit den Stimmen der SPÖ beschlossen wurde. "Welche weiteren Gesetze gelten für die SPÖ in dieser Republik auch nicht, weil sie nicht mit ihrer Zustimmung zustande gekommen sind? Die Welt gerät aus den Fugen und Sie entwaffnen unser Bundesheer, weil Sie mit Ihrem Alleingang mit Ihrem Kanzler und einer Tageszeitung eine unseriöse Vorgangsweise wählen", so Kapeller zu Darabos. Der Minister habe daher sein, Kapellers, Vertrauen verwirkt. Schwerwiegender sei allerdings, dass der Minister auch seine Soldaten demotiviere und die Offiziere brüskiere. Österreich sei erschrocken über die beinharte Absetzung des Generalstabschefs.

Der ÖVP-Wehrsprecher erinnerte an eine frühere Aussage des Verteidigungsminister, als für ihn noch die "allgemeine Wehrpflicht in Stein gemeißelt und ein Fundament für Wohlstand und Stabilität in Österreich" gewesen sei. "Was ist Ihr gesprochenes Wort wert?", so der ÖVP-Abgeordnete in Richtung Darabos. Er erinnerte an das Schönrechnen der Modelle. Die von Darabos geplante Berufsarmee sei nicht nur teurer, sondern auch nicht so breit aufgestellt. Sie führe vielmehr früher oder später auch in Österreich in ein Militärbündnis und entledige uns der Neutralität. Es sei schwierig, gute nationale Soldaten zu rekrutieren, wie sich das auch an anderen Staaten zeige.

"Ihre Berufsarmee bedeutet auch sozialpolitischen Sprengstoff", verwies Kapeller darauf, dass sich beispielsweise mehr als 5.000 Bedienstete einen anderen Job suchen müssten. Zudem könne die Berufsarmee von Darabos auch zivile Katastrophen nicht meistern. "2002 waren 13.000 Grundwehrdiener zur Bewältigung des Hochwassers im Einsatz. Wer sollte diese ab 1. Jänner 2012 ersetzen? Wer soll in Zukunft retten und schützen, wenn Sie Ihre Reform durchführen wollen?", forderte der Abgeordnete den Minister auf, zu seiner ursprünglichen Auffassung und einer seriösen Debatte zurückzukehren. "Machen wir zuerst die neue Sicherheitsstrategie. Dann überlegen wir, was wir gemeinsam wollen - im Interesse der Bevölkerung, der Bediensteten und unserer Republik", schloss Kapeller.

 

Strache: Die FPÖ steht konsequent zur österreichischen Landesverteidigung…
… und zu unserer österreichischen Neutralität!
Wien (fpd) - Wir wollen keine fremde Armee in Österreich und wir wollen auch keiner fremden Armee dienen bzw. uns in allfällig zukünftig mögliche Konflikte und Kriege (wie z.B. im Nahen Osten) hineinziehen lassen, bei denen wir nichts verloren haben! Siehe auch den aktuellen EU-Verfassungsvertrag von Lissabon (wo die Möglichkeit eines präventiven Angriffskrieges im rechtlich verbindlichen Anhang vorgesehen ist und auch die militärische Beistandspflicht für nicht neutrale Länder verpflichtend vorgesehen ist), den wir Freiheitliche als einzige österreichische Partei vehement abgelehnt haben und über den wir eine Volksabstimmung einforderten, so FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache..

Alle anderen Parteien - ÖVP, SPÖ, Grüne und BZÖ - haben diesem EU-Diktat gegen die Stimmen der FPÖ zugestimmt und damit unsere österreichischen Interessen ein weiteres Mal verraten und verkauft!

Genauso war es beim EU-Beitritt und der Abschaffung unseres Schillings zugunsten des Euro, wo auch wir Freiheitliche als einzige Partei vor schlechten Verhandlungsergebnissen und negativen Entwicklungen (Inflation, Verteuerungen, Banken-Spekulation und Bankenrettungspakete) für Österreich gewarnt haben. Wie oft wurden die Österreicher nicht schon von SPÖ und ÖVP belogen und hinters Licht geführt, wo nur wir Freiheitliche von Beginn an mit Ehrlichkeit und mit Weitblick aufgetreten sind und auch immer Recht behalten haben!

Und wir wollen daher nicht die schrittweise Aufgabe unserer uns ans Herz gewachsenen Neutralität, die uns große internationale Akzeptanz, Frieden und Sicherheit gebracht hat. Wir wollen unsere Neutralität wieder stärker betonen und beleben!

Und wir wollen auch nicht, dass in Folge Kampfeinsätze mit österreichischen Soldaten unter dem Kommando der NATO stattfinden können! Diese Pläne haben Teile der SPÖ und der ÖVP (mit Unterstützung des BZÖ und der Grünen) jedoch seit längerer Zeit. Diese Wahrheit will man uns Österreichern verschweigen! Bis dato findet eine absolut unehrliche und sicherheitspolitisch schädliche Debatte statt, wo auch manche Medien im Lande leider eine sehr einseitige parteipolitische Rolle spielen.

Wir Freiheitliche wollen unsere Neutralität bewahren und schützen. Wir wollen eine umfassende Landesverteidigung mit einem schlanken Berufsheer, mit Wehrpflichtigen (Wehrpflicht-Neu, Optimierung der Ausbildung und Strukturen für die wehrpflichtigen männlichen Staatsbürger), mit einem positiven Milizsystem (die EV-Ausgebildeten Offiziere sind heute im Berufsleben in der Regel erfolgreiche Manager und Unternehmer), das sich bewährt hat, und mit einem Wehrersatzdienst im Bereich des Zivil-, Sozial- und Katastrophendienstes (auch für Untaugliche!), damit wir bei allfälligen Krisen und Katastrophen der eigenen Bevölkerung mit notwendiger Mobilisierung aller vorhandenen und gut ausgebildeten Kräfte hilfreich und effizient zur Hilfe kommen können! Das ist heute auch unsere verfassungsrechtliche Grundlage in Österreich! Sie hat sich bewährt!

Niemand würde für seinen Haushalt eine aufrechte Brandschutzversicherung kündigen, nur weil es zum Glück 30 Jahre nicht gebrannt hat. Genauso verhält es sich bei unserem Bundesheer, welches sich bewährt hat!

Nur wenn der Wehrdienst verfassungsrechtlich aufrecht bleibt, dürfen wir einen Wehrersatzdienst wie den positiven und bewährten Zivildienst oder in Zukunft auch einen möglichen Sozialdienst aufrechterhalten bzw. fortsetzen.

Alleine der Wegfall des heutigen Zivildiensts mit rund 13.000 Zivildienern würde jährlich zusätzliche Kosten von 350 Millionen Euro verursachen. Wenn die Wehrpflicht fällt, würde auch der Zivildienst durch EU-Gesetze (abseits der Wehrpflicht gibt es nämlich ein Verbot der allgemeinen Dienstpflicht) fallen. Die soziale und gesundheitspolitische Versorgung beim Roten Kreuz und anderen Einrichtungen wäre nicht mehr aufrecht zu erhalten und auch nicht finanzierbar. Geschweige denn erst bei möglichen Katastrophen! Ein enormer Schaden würde unserem Land entstehen, welcher durch Freiwilligkeit nicht zu kompensieren ist!

Glaubt man wirklich, alles den verantwortungsbewussten Freiwilligen in unserem Heimatland aufbürden und abverlangen zu können, und andere stehlen sich vor der Verantwortung bzw. ihrem notwendigen Beitrag für unsere Gemeinschaft? Wir alle haben Rechte und auch Pflichten! Und wir sollten nicht immer die Frage stellen, was kann das Land für uns tun, sondern wir sollten uns auch fragen, was können auch wir für unser Land und unsere Heimat tun, damit diese friedlich, sicher, demokratisch und lebenswert bleibt! Was können wir unserem Land auch zurückgeben?

Das ist unser Verständnis und unsere Aufgabe für unsere Heimat und auch unsere staatspolitische Verantwortung. Unsere Freiheit, unsere Demokratie und unsere Sicherheit sind zu wertvoll, um diese Errungenschaften aufs Spiel zu setzen für parteipolitisches ideologisches Geplänkel! Jeder Bürger, der unserem Land auch etwas zurückgibt und seinem Land eine befristete Zeit dient, verliert daher keine 6 Monate oder ein Jahr, sondern er erhält und stärkt dadurch auch unsere und seine persönliche Freiheit, den Frieden, Demokratie und Sicherheit! Errungenschaften, welche nicht immer selbstverständlich waren und welche wir tagtäglich auch zu verteidigen und zu bewahren haben!

 

Scheibner: Misstrauensantrag gegen die gesamte Bundesregierung
Künftig müssten die Anforderungen genau definiert werden.
Wien (bzö) - Ein "Mischsystem aus Berufssoldaten und freiwilliger Miliz" forderte der stellvertretende BZÖ-Klubobmann Abg. Herbert Scheibner in seinem Debattenbeitrag zum Dringlichen Antrag. Über diese Änderung des Systems beim Bundesheer müsse diskutiert werden - "aber mit dieser Regierung ist das nicht möglich", so Scheibner, der einen Misstrauensantrag gegen die gesamte Bundesregierung einbrachte, denn "wir brauchen eine andere Regierung, der die Sicherheit der Menschen wichtig ist!"

Es sei ein großes Problem, wenn die Regierung bei der Sicherheitspolitik nicht versuche, nach dem Grundsatz: "Was ist das Beste für die Sicherheit und die Bevölkerung?" zu entscheiden. Natürlich sei eine Volksbefragung zum Aussetzen der Wehrpflicht nötig, aber in erster Linie sei zu klären: "Was wollen die Regierung, der Nationalrat vom Bundesheer an Aufgabenerfüllung?", so Scheibner.

Als Basis dazu sei die Verteidigungsdoktrin aus 2001 geeignet. Scheibner: "Man braucht sie nicht neu zu schreiben, nur adaptieren!" Das System sei reformbedürftig, denn die derzeitige Wehrpflicht sei Geldverschwendung. "47.000 Grundwehrdiener werden verwaltet, nach Abzug der Untauglichen und Zivildiener bleiben zwei Drittel über, die werden Systemerhalter. Übrig bleiben 8.000, die nach der Ausbildung heimgeschickt werden", beschrieb Scheibner das derzeitige System.

Künftig müssten die Anforderungen genau definiert werden. "Für einen reinen Katastropheneinsatz und "a bisserl" UNO-Einsätze braucht man keine militärische Landesverteidigung", erklärte der stellvertretende BZÖ-Klubobmann. Nötig sei aber eine militärische Landesverteidigung, um auf Bedrohungen wie internationalen Terror reagieren zu können. "Derzeit ist es nicht möglich, mit der Exekutive allein die kritische Infrastruktur in Österreich zu sichern!", warnte Scheibner.

Kritik übte Scheibner am derzeitigen Dienstrecht. "3000 Soldaten im Ministerium sind ohne Job, aber man kriegt sie nicht weg. Deshalb muss ein modernes Dienstrecht geschaffen werden. Zur Vorbereitung auf ein Berufsheer müsse auch ein Anreizsystem für Freiwillige geschaffen werden - "Vor dem Aussetzen der allgemein Wehrpflicht!", erinnerte Scheibner.

 

 Pilz: Dringlicher Grünen-Antrag auf Volksbefragung
Die Grünen verlangen bei der von allen drei Oppositionsparteien gemeinsam beantragen Nationalratssitzung am Freitag eine Volksbefragung über die Wehrpflicht.
Wien (grüne) - Begründet wird dies in einem Dringlichen Antrag mit der "nicht zielführenden Vorgehensweise" von Verteidigungsminister Norbert Darabos. Nach dem bisherigen Verlauf der Debatte über die Abschaffung der Wehrpflicht scheine es nunmehr zweckmäßig, "ehestmöglich diese Volksbefragung durchzuführen, um der Politik die weitere Richtung der notwendigen Planungen vorzugeben", heißt es in dem Antrag.

Bevölkerung soll entscheiden
Da die von Darabos beauftragten Modellberechnungen "ministeriumsintern umstritten" seien und es wechselseitige Vorwürfe der Manipulation gebe, wollen wir zuerst die Bevölkerung entscheiden lassen.

Denn letztlich werde es bei der anstehenden Reform um eine Grundsatzentscheidung gehen: soll die allgemeine Wehrpflicht in Österreich beibehalten oder soll sie abgeschafft werden. Sobald diese Grundsatzfrage beantwortet sei, werde auch die Klärung weiterer organisatorischer Details leichter zu erzielen sein.
 
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