Der Kristall für die Elektronik der Zukunft   

erstellt am
04. 02. 11

Ein „Zauberkristall“ mit erstaunlichen Eigenschaften: Siliziumkarbid ist ein moderner Halbleiter und kann die Grundlage bilden für die Hochleistungselektronik der Zukunft.
Erlangen / Nürnberg (idw) - Als Verbindung aus den chemischen Elementen Silizium und Kohlenstoff ist das Material extrem hitzebeständig, hält hohe elektrische Spannungen aus und ist daher geeignet für Anwendungen beginnend von der Stromversorgung für Laptops über Hybridautos bis zum Einsatz in der Raumfahrt. Das Material steht jetzt im Mittelpunkt eines EU-weiten Forschungsvorhabens, an dem Wissenschaftler vom Lehrstuhl für Angewandte Physik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) beteiligt sind.

Gemeinsam mit acht weiteren Universitäten in verschiedenen Ländern Europas sowie Forschungsinstituten und Partnern aus der Industrie gelang es ihnen, eines der renommierten „Initial Training Networks“ der EU-Marie-Curie-Forschungsförderung einzuwerben. Mit rund 3,5 Millionen Euro finanziert die Europäische Kommission das Projekt, das über eine Dauer von vier Jahren läuft und den Titel „NetFISiC“ trägt. An die FAU fließen in diesem Rahmen rund 233.000 Euro, wovon eine Doktorandenstelle für drei Jahre finanziert wird.

Das Projekt ist aufgeteilt in drei Forschungsbereiche, in denen die Projektpartner jeweils unterschiedliche Teilaspekte erforschen: Die einen „züchten“ das Siliziumkarbid, die anderen untersuchen die gezüchteten Kristalle, zum Beispiel auf Defekte und auf ihre elektrischen Eigenschaften, und die Wissenschaftler des dritten Bereichs entwickeln Bauelemente, in denen das Material mit all seinen Eigenschaften optimal genutzt werden kann.

Die Forschung an der FAU
Am Lehrstuhl für Angewandte Physik der FAU sind Dr. Michael Krieger und Lehrstuhl­inhaber Prof. Dr. Heiko Weber in das Projekt NetFISiC involviert. Sie forschen im zweiten Bereich und untersuchen die Materialeigenschaften von Siliziumkarbid. „Es gibt viele unterschiedliche Möglichkeiten, das Material zu analysieren“, erläutert Dr. Krieger, „etwa durch die extrem starke Vergrößerung mit einem Elektronenmikroskop. Einige der Projektpartner können so Kristalldefekte aufspüren und untersuchen.“ Anders die Physiker an der FAU: Sie nutzen elektrische und optische Methoden, d. h. sie legen zum Beispiel an das Sili-
ziumkarbid elektrische Spannungen an oder beleuchten den Kristall mit einem Laser und messen die elektrische oder optische Antwort, um es auf seine elektronischen Eigenschaften zu testen.

Eigenschaften und Nutzung
„Siliziumkarbid eignet sich – im Gegensatz zum heute verwendeten Silizium – für Hochtemperatur- und Hochleistungsanwendungen auch in aggressiven Umgebungen wie etwa dem Weltraum“, erklärt Dr. Michael Krieger das Besondere an dem Material. „Außerdem steigert Siliziumkarbid die Energieeffizienz, zum Beispiel bei Geräten, die jeder von uns im Haushalt nutzt wie Netzteile, mit denen Handys aufgeladen oder die zwischen Laptop und Steckdose geschaltet werden.“ Herkömmliche Netzteile, in denen einfaches Silizium verbaut ist, können sehr warm werden, verlieren also viel Energie, die sie als Wärme ungenutzt nach außen abgeben. Anders wäre es, wenn in diese Netzteile Siliziumkarbid eingebaut würde. Die Solarindustrie beispielsweise nutzt bereits Bauteile aus Siliziumkarbid, um den durch die Solarpaneele erzeugten Gleichstrom umzuwandeln in Wechselstrom, wie er durch jedes Stromnetz fließt. Nur noch etwa ein Prozent Energie geben diese Solarwechselrichter mit Siliziumkarbid dann ungenutzt als Wärme an die Außenwelt ab, während etwa 99 Prozent der Solarenergie genutzt werden kann – eine enorme Leistungssteigerung und der Grund, warum das Material für die Industrie so interessant ist. „Die Technologie kann außerdem zukünftig beim Bau von Hybridautos eingesetzt werden“, sagt Krieger, „aber genauso sind unzählige andere Einsatzbereiche denkbar.“

EU-Initial Training Networks
Der Schwerpunkt des Projekts NetFISiC liegt in der Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlern auf internationaler Ebene und in einem aktuellen Forschungsgebiet. Die Doktoranden, die durch die Initial Training Networks gefördert werden, müssen aus dem Ausland kommen und sollen innerhalb des Projektes vernetzt arbeiten. Ermöglicht werden den Nachwuchswissenschaftlern unter anderem Forschungsaufenthalte an einem Partnerinstitut. Zudem sind gemeinsame Training-Events wie Workshops oder Konferenzen geplant sowie ein regelmäßiger Austausch zwischen den zwölf Projektpartnern mittels Video- und Telefonkonferenzen sowie persönlicher Treffen. Am Ende des Projekts ist ein Workshop mit Job-Börse geplant, der von den beteiligten Partnern aus der Industrie organisiert wird.

Ziel der EU-Marie-Curie-Forschungsförderung ist es, die europäische Spitzenforschung in der Welt zu stärken. Startschuss für das Projekt NetFISiC ist offiziell am 1. Februar 2011.
     
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