Überwälzung von Erhaltungspflichten auf MieterInnen ist gröblich benachteiligend und daher unwirksam   

erstellt am
01. 02. 11

Wien (bmask) - In einem Verbandsklagsverfahren, das der Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums geführt hat, hat der Oberste Gerichtshof (OGH) ein weiteres richtungsweisendes Urteil gefällt. Bei Mietverträgen im sogenannten Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes, dabei handelt es sich um vor 1953 gebaute Mietwohnungen, vor 1945 gebaute Eigentumswohnungen und nach diesem Zeitpunkt geförderte Mietwohnungen sowie Genossenschaftswohnungen, können MieterInnen nicht vertraglich zur Übernahme von Erhaltungspflichten verpflichtet werden. Eine weitere Klarstellung durch den OGH erfolgte bei der Haltung von Tieren in Wohnungen: MieterInnen kann die Haltung von Tieren im Mietvertrag nicht generell und schlechthin verboten werden.

Der OGH bestätigte seine bisherige Judikatur, wonach es für Erhaltungspflichten einen sogenannten gesetzlichen Graubereich gibt. Betroffen sind davon vor allem Reparaturarbeiten an Gasthermen, Boilern und sogenannte Endausmalklauseln, die MieterInnen verpflichten, die Wohnung unabhängig vom Grad der Abnützung neu ausgemalt zurückzustellen. In diesem Graubereich sind weder VermieterInnen noch MieterInnen gesetzlich zur Erhaltung verpflichtet. MieterInnen haben beispielsweise bei defekter Therme zwar ein Mietzinsminderungsrecht, solange der Defekt besteht, können jedoch die Behebung durch den Vermieter nicht fordern. In seinem jüngsten nimmt der OGH ausführlich zur Frage Stellung, ob eine vertragliche Regelung den MieterInnen zur Übernahme dieser Erhaltungspflichten verpflichten kann. Die klare Antwort des OGH dazu: Derartige Klauseln sind gröblich benachteiligend und daher unwirksam.

Ebenso wurde eine Klausel als gröblich benachteiligend gewertet, die MieterInnen zu Pflege- und Servicemaßnahmen im Zusammenhang mit der gesamten Wohnungsausstattung und der somit auch der Therme verpflichtet, worunter beispielsweise die Verpflichtung zur Reinigung der Wohnung und Fenster, zur fachgerechten Behandlung der Böden und Fliesen sowie die Verpflichtung zur Beseitigung geringfügiger Gebrauchsschäden (z.B. gesprungene Fliesen, defekte Sesselleisten, defekte und undichte Armaturen, undichte Silikonfugen)fällt.

Erhaltungspflichten müssen neu geregelt werden
Mit dieser wichtigen und mieterfreundlichen Klarstellung wird aber gesetzlicher Handlungsbedarf neuerlich deutlich: Die gesetzliche Lücke im Mietrechtsgesetz im Graubereich zu den Erhaltungspflichten muss dringend geschlossen werden. Denn nach geltender Rechtslage sind weder VermieterInnen noch MieterInnen zur Erhaltung verpflichtet. Gleichwohl werden MieterInnen faktisch derartige Erhaltungsarbeiten teilweise durchführen, um z.B. über Heizung und Warmwasser zu verfügen. Damit wird durch die Macht des Faktischen ein Zustand herbeigeführt, der gesetzlich nicht vorgesehen ist und auch vertraglich zulasten der MieterInnen nicht vorgesehen werden kann.

Rückgabe wie "bei Mietbeginn"

Als unzulässig wurde vom Obersten Gerichtshof auch eine Klausel gewertet, die den/die MieterIn verpflichtet die Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses im ordnungsgemäßen Zustand wie bei Mietbeginn übernommen, zurückzustellen. Den Einwand des Vermieters, dass das Mietobjekt in ausgezeichnet renovierten Zustand übergeben wird, ließ der OGH nicht gelten. Diese Tatsache rechtfertige es - so der OGH - nicht, dass der/die MieterIn zur Beseitigung jeglicher Gebrauchsspuren verpflichtet wird. Vielmehr hat der/die MieterIn die gewöhnliche Abnützung, die durch seinen/ihren ordentlichen Gebrauch bewirkt wurde, nicht rückgängig zu machen. Dafür, dass MieterInnen das Mietobjekt entsprechend benützen darf, zahlen sie doch den Mietzins.

Tierhaltung kann nicht generell verboten werden
Der Oberste Gerichtshof stellte auch klar, dass MieterInnen die Haltung von Tieren im Mietvertrag nicht generell und schlechthin verboten werden kann. Durch ein allgemeines Tierhalteverbot in einem Mietvertragsformular wird der/die MieterIn gröblich benachteiligt. Die Haltung von artgerecht in Behältnissen gehaltenen Kleintieren wie z.B. Ziervögel, Zierfische, Hamster oder kleine Schildkröten kann MieterInnen nicht wirksam untersagt werden.
     
Informationen: http://www.bmask.gv.at    
     
zurück