Österreich/Türkei: Gegenseitige Kandidatur bei Kammerwahlen  

erstellt am
09. 02. 11

 Jank: Wirtschaftsbund erreicht Gegenseitigkeit mit Türkei
Bilaterales Abkommen ermöglicht künftig österreichischen Unternehmern in der Türkei zu kandidieren und umgekehrt
Wien (wirtschaftsbund) - "Die konsequenten Dialoge mit der Türkei haben sich ausgezahlt. In Zukunft werden bei Wirtschaftskammerwahlen österreichische Unternehmer in der türkischen Wirtschaftskammer und türkische Unternehmer in der österreichischen Wirtschaftskammer kandidieren können" verkündete Brigitte Jank, Obfrau des Wiener Wirtschaftsbundes und Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien, am 08.02. die gelungene Vereinbarung zwischen der österreichischen und der türkischen Wirtschaftskammer zum passiven Wahlrecht. Vergangenen Donnerstag konnte dazu nach langjährigen Bemühungen ein entsprechendes Abkommen zwischen dem Dachverband der türkischen Handelskammern TOBB und der Wirtschaftskammer Österreich unterzeichnet werden.

"Die Gegenseitigkeit für das Kandidieren bei Wirtschaftskammerwahlen zu erreichen, ist uns seit Jahren ein wichtiges Anliegen", sagt Jank. "Davon profitieren die österreichischen Unternehmer mit türkischer Staatsbürgerschaft ebenso wie die Unternehmer mit österreichischer Staatsbürgerschaft in der Türkei, denen nun neue Mitgestaltungsmöglichkeiten eröffnet werden. Mit dem jetzt vorlegenden Abkommen kann die österreichische Wirtschaft in der Türkei noch besser Fuß fassen." Auch der Wirtschaftsbund profitiere von dieser Neuregelung, so Jank. "Bei den letzten Wahlen haben dutzende türkisch-stämmige UnternehmerInnen für den Wirtschaftsbund kandidiert, einige weitere wären gerne angetreten, konnten aufgrund ihrer türkischen Staatsbürgerschaft allerdings nicht", sagt Jank. Ihnen werde nun eine Kandidatur bei den nächsten Wirtschaftskammer-Wahlen im Jahr 2015 ermöglicht.

Für Wien besonders wichtig Weit mehr als die Hälfte der türkischen UnternehmerInnen in Österreich leben und arbeiten in Wien. Aufgrund ihrer oft jahrezehntelangen Ansässigkeit ist der Großteil der rund 3000 türkisch-stämmigen Wiener Unternehmer im Besitz einer österreichischen Staatsbürgerschaft und war damit auch schon bisher aktiv und passiv wahlberechtigt. Künftig werden nun auch die rund 900 türkische Unternehmerinnen und Unternehmer ohne österreichische Staatsbürgerschaft bei Wirtschaftskammer-Wahlen über dieselben Wahlrechte verfügen wie Unternehmer mit österreichischer Staatsbürgerschaft, Unternehmer aus anderen EU- und EWR-Ländern und Unternehmer aus Ländern, wo eine Gegenseitigkeit mit der jeweiligen Interessenvertretung des Landes bereits vereinbart ist - also Albanien, Chile, Kroatien, Mazedonien, Mexiko, Montenegro, Schweiz und Serbien.

Wirtschaftsbund International: Neue Plattform für Unternehmer aus aller Welt Jank kündigte weiters an, dass der Wirtschaftsbund Wien seine Aktivitäten für migrantische UnternehmerInnen künftig ausweiten werde und hierzu eine neue Informations- und Anlaufstelle eingerichtet wurde: der Wirtschaftsbund International. Hierbei geht es darum, auf die spezifischen Anforderungen von Unternehmern mit ausländischen Wurzeln mit gezielten Angeboten einzugehen: von Beratungen zu Fragen der Unternehmensfinanzierung und des österreichischen Steuerrechts bis hin zur Unterstützung beim erfolgreichen Netzwerken im österreichischen Geschäftsleben. "Wir werden den Wirtschaftsbund International zur ersten Adresse für Selbstständige aus aller Welt ausbauen", kündigt Jank an.

 

Strobl: Empörung über politische Niveaulosigkeit
Bei vergangenen Wirtschaftskammerwahlen wurde das politische Engagement vieler türkischer Kandidaten dadurch gestoppt, dass ihr Antreten nicht möglich war.
Wien (spw) - "Es ist absolut zu begrüßen, dass nunmehr türkische Unternehmer ohne österreichische Staatsbürgerschaft bei Wirtschaftskammerwahlen nicht nur wählen, sondern auch kandidieren dürfen. Dass sich aber ausgerechnet die Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien, Brigitte Jank, diese Neuerung auf die Fahnen heftet, ist absolut niveaulos", kritisierte der Präsident des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband Wien (SWV), Fritz Strobl, entsprechende Äußerungen Janks. Denn diese schmücke sich mit falschen Federn: "Der SWV hat sich für das passive Wahlrecht von türkischen Unternehmer schon lange eingesetzt. Seit über 10 Jahren wurden regelmäßig entsprechende Anträge gestellt, die vom VP-Wirtschaftsbund, dem Jank ebenfalls vorsteht, abgeschmettert wurden. Es ist daher eine Chuzpe der besonderen Art, wenn sich Jank für etwas feiert, dass sie selbst in der Vergangenheit immer wieder blockiert hat!"

Bei vergangenen Wirtschaftskammerwahlen wurde das politische Engagement vieler türkischer Kandidaten dadurch gestoppt, dass ihr Antreten nicht möglich war, so Strobl: "Das wurde vom VP-Wirtschaftsbund bewusst torpediert." Deswegen habe Jank auch nun jede Glaubwürdigkeit verspielt, unterstrich Strobl abschließend: "Spätestens bei den nächsten Wirtschaftskammerwahlen wird sich klar herausstellen, dass sich bloßer Opportunismus nicht bezahlt macht! Ganz im Gegenteil!"

 

Amann: Abkommen mit der türkischen Kammer ist entbehrlicher Kniefall des WB vor Grüner Wirtschaft und SWV
"Offensichtlich versucht der Wirtschaftsbund krampfhaft, sich neue Funktionärsschichten zu erschließen."
Wien (rfw) - "Dass der Wirtschaftsbund das Knie vor der Grünen Wirtschaft und dem SWV beugt, ist mehr als entbehrlich", so RfW-Bundesobmann Fritz Amann zum Abkommen der Wirtschaftskammer Österreich mit der türkischen Kammer, das Unternehmern, die türkische Staatsbürger sind, in Österreich bei den Kammerwahlen das passive Wahlrecht zugesteht. Umgekehrt gelte das zwar auch. Allerdings könne man die beiden Systeme nicht vergleichen: So gebe es zum Beispiel in der Türkei für Unternehmer keine Pflichtmitgliedschaft. "Und außer in der AK gab es bisher in Österreich in keiner anderen Kammer ein passives Wahlrecht für ausländische Staatsbürger", so Amann weiter.

"Offensichtlich versucht der Wirtschaftsbund krampfhaft, sich neue Funktionärsschichten zu erschließen. Viel wichtiger wäre es, dass die bereits vorhandenen Funktionäre sich für die Interessen der Wirtschaft einsetzen. Angesichts der Anti-Unternehmer-Politik des großkoalitionären Husch-Pfusch-Trios Pröll, Mitterlehner und Faymann gebe es da genug zu tun", so Amann. Der RfW-Bundesobmann erinnert an Maßnahmen wie die Abschaffung der Energieabgabenrückvergütung für Dienstleistungsunternehmen, die Kürzung bei der Lehrlingsförderung, die MöSt-Erhöhung, die "KMU-Steuer" Bankenabgabe, den Wegfall der Montageregelung oder die zusätzliche Belastung für Gewerbepensionisten.

"Inwiefern das passive Wahlrecht von Unternehmern mit türkischer Staatsbürgerschaft "für Wien besonders wichtig" sein soll - um WK Wien-Präsidentin Brigitte Jank und WB-Generalsekretär Peter Haubner zu zitieren - das müssen die beiden erst einmal erklären", so Amann. "Und was die Interessen und Marktchancen von österreichischen Unternehmen in der Türkei betrifft, so haben bisher die Außenhandelsstellen immer ausgezeichnete Arbeit geleistet", so Amann.

 

 Grüne Wirtschaft setzt sich durch
Passives Wahlrecht für türkische UnternehmerInnen bei der Kammerwahl – Verfassungsklage der Grünen Wirtschaft bringt Teilerfolg
Wien (grüne wirtschaft) - "Unser Gang vor den Verfassungsgerichthof hat den Wirtschaftsbund nach jahrelanger Blockade zum teilweisen Einlenken gebracht", freut sich Volker Plass, Bundessprecher der Grünen Wirtschaft. Dank eines bilateralen Abkommens dürfen türkische Unternehmen in Österreich künftig bei den Wirtschaftskammerwahlen kandidieren und umgekehrt.

"Dieses Abkommen hilft zwar den türkischen UnternehmerInnen, allerdings darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die gesamte Gegenseitigkeitsregelung unserer Ansicht nach absurd ist und ersatzlos gestrichen werden muss", gibt Plass zu bedenken. "Erst wenn alle Pflichtmitglieder ihr passives Wahlrecht ausüben dürfen, ist unserer Meinung nach ein rechtkonformer Zustand erreicht." Die Gegenseitigkeitsregelung besagt, dass ausländische Unternehmer nur dann bei der Wirtschaftskammerwahl kandidieren dürfen, wenn es in ihrem Heimatland eine ähnliche Interessenvertretung wie die Wirtschaftskammer gibt, in der auch österreichische Unternehmer kandidieren dürfen.

"Es ist schon bezeichnend, dass der Wirtschaftsbund jahrelang blockiert, nur auf Druck der Grünen Wirtschaft tätig wurde und nun ernsthaft behauptet, dass dies ihr jahreslanges Ansinnen war", sagt Volker Plass abschließend.
     

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