Vorratsdatenspeicherung  

erstellt am
21. 02. 11

Reding: "Meine Geduld ist am Ende"
Österreich drohen EU-Verfahren
Wien (oe1.orf.at) - Die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Viviane Reding, drängt auf eine rasche Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung und droht sogar mit Geldbußen für Österreich. Reding war am 18.02. in Wien, um diesbezüglich Gespräche mit Justizministerin Claudia Bandion-Ortner zu führen, wie das ORF-Radio Ö1 berichtete. Auch bei anderen Themen erwartet Brüssel umgehend Gesetzesänderungen von Österreich.

"Geduld am Ende"
Für Kommissarin Reding ist klar, dass es in Österreich eine Diskussion über die Vorratsdatenspeicherung gibt. Doch sie bleibt hart: Österreich muss die Richtlinie Umsetzen, und zwar schnell. Ihre Geduld sei am Ende, so Reding in einem Pressegespräch. Und gegenüber Ö1 sagte sie: "Das neue Gesetz soll her. Ich weiß, da bestehen einige Auseinandersetzungen, aber das ist nicht mein Problem. Mein Problem: Ist Österreich fähig, dieses neue Gesetz vorzulegen, ja oder nein. Und übrigens: In der Richtlinie sind ja Möglichkeiten enthalten, um grundrechtsschonende Umsetzungen zu ermöglichen. Falls das nicht geschieht, glaube ich, schon, dass ein neues Vertragsverletzungsverfahren angestrengt werden wird, das dieses Mal auch auf eine Geldbuße für Österreich hinauslaufen würde. Das ist bestehendes Recht."

Ausweispflicht für EU-Bürger
Es gibt aber auch andere Bereiche, in denen Österreich nicht den EU-Richtlinien entspricht. Auch dort muss jetzt etwas getan werden, wie etwa bei den Gründen, warum ein EU-Bürger aus dem ausgewiesen werden kann. "Nicht, wenn er ein Brot gestohlen hat, das genügt nicht als Ausweisungsgrund." Ein anderes Thema, das Reding stört: Dass ein EU-Bürger in Österreich seine AUsweispapiere ständig bei sich tragen muss, ein Österreicher aber nicht. "Das ist eine klare Diskriminierung der europäischen Bürger in Österreich."

"Letzte Mahnung an Österreich"
Auch was diese Punkte betrifft, ist die Geduld von Viviane Reding am Ende: "Mit Österreich sind wir seit März 2010 in Verhandlungen. Es wurde ein neues österreichisches Gesetz versprochen, leider haben wir noch nichts Konkretes gesehen. Und deshalb ist das meine letzte Mahnung an Österreich. Österreich muss sein Gesetz den Regeln anpassen. Tut es das nicht sehr kurzfristig, dann kommt eine Mahnung aus Brüssel." Mit kurzfristig meint Reding in den nächsten Wochen. "Also ich meine, bis Ende dieses Monats."

 

Bures: Größtmöglicher Datenschutz muss gewährleistet sein
Infrastrukturministerin für Minimalvariante bei Vorratsdatenspeicherung
Wien (sk) - In der ORF-"Pressestunde" sprach sich Infrastrukturministerin Doris Bures am, 20.01. bezüglich der geplanten Vorratsdatenspeicherung erneut für eine Minimalvariante aus: "Wir müssen alle zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um den internationalen Terror zu bekämpfen. Klar muss aber auch sein, dass dabei größtmöglicher Datenschutz gewährleistet ist", betonte Bures. Die Ministerin ist zuversichtlich, dass der Ministerrat kommenden Dienstag einen Beschluss fassen wird, wie die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in Österreich am besten umzusetzen ist.

Erstmals würde es in Österreich darum gehen, persönliche Daten von allen Bürgerinnen und Bürgern systematisch zu speichern, verdeutlichte Bures die Bedeutung der umzusetzenden EU-Richtlinie. Klar sei, so die Ministerin, dass die Richtlinie umgesetzt werden müsse und auch, dass alle zur Verfügung stehenden Instrumente für die Bekämpfung des internationalen Terrorismus verfügbar gemacht werden müssen. Unabdingbar sei aber auch, dass das Grundrecht auf den Schutz der Privatsphäre gewährt wird. Es müsse alles getan werden, um einen möglichen Missbrauch der gespeicherten Daten zu verhindern. Zusammen mit dem Ludwig Boltzmann Institut habe man einen entsprechenden Vorschlag erarbeitet, der genau das zum Ziel hat, so Bures.

 

Stefan: Ein Schritt in Richtung totaler Überwachung
Auf Vorratsdatenspeicherung folgt Indect
Wien (fpd) - "Die EU kann nicht alle Österreicher unter Generalverdacht stellen", äußerte sich der freiheitliche Verfassungssprecher NAbg. Mag. Harald Stefan zu der vom Ministerrat behandelten Vorratsdatenspeicherung. Die Speicherung der Telefonie- und Internetdaten für mindestens sechs Monate hätte die EU in ihren Richtlinien verlangt, jetzt stehe die Umsetzung dieser demokratiepolitisch höchst bedenklichen Richtlinie vor der Tür. Damit stünden plötzlich Millionen unbescholtene Österreicher unter Generalverdacht.

Dabei bestehe die Gefahr, dass die Vorratsdatenspeicherung nur zur Datensammlung für ein anderes EU-Projekt diene, nämlich für das so genannte Forschungsprojekt "Indect", in dem alle verfügbaren Daten europäischer Bürger verknüpft werden sollten. In Zusammenhang mit einer Suchmaschine mit Bilderkennung wäre somit jeder Bürger jederzeit ausforsch- und verfolgbar. Das wäre der Anfang vom autoritären Superüberwachungsstaat.

Diesem Projekt kämen sensible Daten, wie sie bei der Vorratsspeicherung, oder auch jene, die für die Erfüllung des Swift-Abkommens gesammelt würden, und auf die die Behörden jederzeit Zugriff hätten, gerade recht. "Ein Nein zur Vorratsdatenspeicherung ist somit ein deutliches Ja zum Fortbestand der Bürgerrechte", schloss Stefan.

 

Stadler: Big sister Bures is watching you
BZÖ verlangt Boykott – SWIFT-Abkommen sollte ein warnendes Beispiel sein
Wien (bzö) - Der stellvertrettende Klubobmann des BZÖ, Justizsprecher Ewald Stadler fordert die rot-schwarze Bundesregierung auf, die Vorratsdaten-Richtlinie der EU zu boykottieren. "Big sister Bures is watching you. Es ist völlig unverantwortlich, dass SPÖ und ÖVP dem Brüsseller Überwachungswahnsinn zustimmen wollen. Mir ist immer noch lieber, wenn Österreich die Umsetzung der Richtlinie verweigert und ein paar Millionen Euro Strafe zahlen muss, anstatt dass Millionen unschuldige Österreicher von der Justiz bespitzelt werden und die Daten unkontrolliert im In- und Ausland landen. Das SWIFT-Abkommen - das den Amerikanern ohne richterliche Genehmigung den Zugriff auf Bankdaten von EU-Bürgern ermöglicht - sollte ein warnendes Beispiel sein", so Stadler, der auch Europasprecher des BZÖ ist.

Es sei völlig absurd, dass alle Verbindungsdaten von Telefon-, Internet- und Email-Benutzern ohne Tatverdacht gespeichert werden können. "Es geht niemanden etwas an, worüber und wie lange Frau Schmauswaberl mit Herrn Schmauswaberl telefoniert. Das ist schlicht und einfach Privatsache. Hier haben die staatlichen Datenschnüffler nichts verloren, egal ob sie in Brüssel oder Wien sitzen", erklärt Stadler. Dass SPÖ-Verkehrsministerin Bures, ÖVP-Justizministerin Bandion-Ortner und ÖVP-Innenministerin Fekter die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung vorantreiben, sei nur mehr das Spiegelbild der absoluten EU-Hörigkeit der Bundesregierung. "Rot und Schwarz erklären mit dieser Regelung über acht Millionen Österreicher generell zu potentiellen Terroristen. Diese Frechheit muss verhindert werden", bekräftigt Stadler abschließend.

 

 Moser: Die Stunde der Wahrheit
Es besteht kein Anlass für Kurzschluss-Handlungen
Wien (grüne) - Gabriela Moser, Verkehrssprecherin der Grünen, kritisiert Bures. "Auch beim Thema Vorratsdatenspeicherung ist die SPÖ dabei, in Richtung ÖVP umzufallen", bemängelt Moser in Reaktion auf die Ankündigung der Infrastrukturministerin, dass die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung am 22.02. den Ministerrat passieren werde. "Es besteht kein Anlass für Kurzschluss-Handlungen auf Kosten von Grund- und Menschenrechten. Angeblich binnen weniger Tage drohende EU-Strafzahlungen als Vorwand vorzuschützen ist besonders unseriös. Stattdessen müssen Bures und die SPÖ den Überwachungswahn von Polizei und Justiz jetzt wirksam in die Schranken weisen. Die Vorratsdatenspeicherung ist hier die Stunde der Wahrheit, ob Bures und Faymann auf der Seite von Fekter oder auf der Seite der Grundrechte der Menschen stehen", so Moser abschließend.
     

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