"Kleist in meiner Küche"    

erstellt am
21. 02. 11

Ein Monolog für zwei Personen und einen Fernseher Uraufführung
Wien (theater-ja) - Anlässlich des 200-Jahr-Jubiläums veröffentlichte das Kleist Archiv Sembdner einen zeitgenössischen Roman von Miriam Sachs über den Schriftsteller Heinrich von Kleist. Die Geschichte handelt vom Blick einer Studentin des 21. Jh. auf Kleist und dessen Stücke. ...Der Klassiker kann ganz schön nerven - vor allem wenn er eines Morgens unaufgefordert in deiner Küche sitzt und dein MacBook missbraucht…

"Ganz normaler Alltag im Leben einer Literaturstudentin: Zweifel an der Studienwahl, Geldnöte, Nächte mit Filmriß, eine verflossene Liebe und die notgedrungene Lektüre von Kleists "Penthesilea". Eines Morgen trifft sie unerklärlicherweise in ihrer eigenen Küche auf den vor 200 Jahren verstorbenen Dichter. Der bleibt, raucht, blockiert das Badezimmer, zahlt keine Miete und ist selbst in Sachen Seminararbeit keine wirkliche Hilfe. Immerhin schreibt er, paßt sich erstaunlich gut dem Leben in der heutigen Zeit an und arbeitet an einem geheimnisvollen "Projekt". Die Protagonistin wiederum entdeckt die Besonderheit und Zeitlosigkeit von Kleists Werken, wobei das WG-Leben mit ihm diese Erkenntnis nicht unbedingt leichter macht.

Die Romanvorlage zu "Kleist in meiner Küche" erschien im Herbst 2010 im Kleist Archiv Sembdner, Heilbronn. Die Autorin und Schauspielerin Miriam Sachs (Berlin) schrieb auch die Bühnenfassung, die nun von der Regisseurin Eva Jankovsky (Wien) als Monolog für zwei Personen und einen Fernseher auf die Bühne gebracht wird.

Szenischer Bestandteil sind Trickelmelemente, die den Dichter Heinrich von Kleist auch auf visuelle Weise in die heutige Zeit und ein ganz neues Medium versetzen. Bühnengeschehen und Trickfilm-Projektionen verschmelzen miteinander zu einer Geschichte über Lebenspläne, unvorhergesehene Schwangerschaften, Lebensplanabbrüche, Fernsichten und Fernsehsucht - und andere zeitlose Themen, die Kleists Texte auch heute noch brisant und aktuell erscheinen lassen.

Regie: Eva Jankovsky Darsteller: Miriam Sachs und Leo Solter Trickfilme/Bühnenprojektion: Miriam Sachs
Die Inszenierung entstand in Koproduktion zwischen theater-JA.KOMM, "NeunmalKleist" und der Theaterkapelle 10245 Berlin und wurde gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes und dem Bezirk Josefstadt Wien. Im September 2011 wird die Produktion in Berlin im Rahmen der interdisziplinären Reihe "NeunmalKleist" gezeigt.


Textbeispiel
"Daß Mütter immer so ehrgeizig sind. Achill. Gleich den unbesiegbaren Super-Macho. Hätte es nicht ein anderer sein dürfen. Odysseus oder Diomedes oder auch einer von den Troern, schließlich wurscht welche Partei. Paris, zum Beispiel, dieser Feigling Orlando Bloom! Hätte sie sich in den verliebt wie so viele blöde Teenie-Tussen, wenn ihre Mutter den angesagt hätte? Den hätte sie mit einem einzigen Karate-Griff umgehauen, abgeschleppt und gut. Das ist schon seltsam, das spielt so weit weg, das ist so lange her, aber es ergreift mich, dieser Kleist muß ein sehr leidenschaftlicher Typ gewesen sein. Und: ein Typ! Ein Mann, der eine Frau so schreibt. Weiß gar nichts über ihn (nur dass e r sich am Ende wohl umgebracht hat). Das hat einen Sog, das überrollt einen und schleift einem mit. Ich meine: Hallo? Ich sitz in einer Kneipe und lese so ein altes Stück. Und kanns nicht weglegen."
(...)

Wie ich in meiner Küche auf KLEIST treffe
"Erst sag ich nichts, weil zu schreien hab ich verpasst. Ich denke so sehr darüber nach, wer da sitzt und wie das geht und eh ich Angst hab und schreien will, ist der Zeitpunkt überschritten. Aufstehen (frei gesprochen) Ich gehe stattdessen ins Bad und sehe in den Spiegel. Ich frage mich, wer ich eigentlich bin. Ich vermeide gerade extra eine Frage wie Spinn ich? Oder Träum ich? Ich habe nur in den Spiegel gesehen und eigentlich nichts gedacht. Ich bin da. Ich gehe in die Küche zurück. Setzen Kleist ist auch da. Das ist Kleist, eindeutig, so hab ich ihn gesehen auf dem Band der Gesamtausgabe, nun sitzt er da, aber in echt, ungezeichnet, real. In weißem etwas schmuddeligen Hemd, engen Hosen und Stiefeln, die mich daran erinnern, daß ich meine Küche eh hab wischen wollen. Er ist verlegen und pfriemelt mit seinen Händen an meiner Tischkante herum. Ich sage: Guten Morgen. Er sagt auch Guten Morgen. Ich sage: das ist meine Wohnung. Er sagt, das wüsste er, er sähe sich ungern in der Lage eines Eindringlings. Es sei nun aber einmal so. Ob er gehen solle. Nein... Neinnein. Das ist das seltsame: Siehst du einen fremden Typen, den du nicht eingeladen hast morgens in deiner Küche, sonst niemand da weit und breit, der ihn eingelassen hätte haben können, dann sagst du natürlich Raus, verschwinde! Logisch! Ist dieser Typ aber zufällig K l e i s t, dann hörst du dich plötzlich höflich fragen: Magst du Kaffee? -Mit Milch? -Ja. Danke -Ich kann sie auch aufschäumen. -Ja?"

WANN: 24.(Premiere) weitere Vorstellungen: 25./ 26.Februar 2011 - Beginn: 20 Uhr
     
Informationen: http://www.theater-ja.com    
     
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