Parlamentsumbau  

erstellt am
23. 02. 11

 Strache warnt vor über 500 Millionen Euro Kosten
Rechnungshof muss bereits vor Beginn des Umbaus kontrollieren
Wien (fpd) - FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache nahm am 22.02.in seiner Pressekonferenz, die er gemeinsam mit dem Dritten Nationalratspräsidenten Dr. Martin Graf abhielt, Stellung zum Parlamentsumbau. Meist würden dabei rund 312 Millionen Euro an Kosten genannt. Von dieser Zahl spreche auch Präsidentin Prammer. Doch um hier wirklich eine Entscheidung treffen zu können, sei es nötig, sich die Zahlen und die dahinter stehenden Maßnahmen etwas genauer anzusehen, so der FPÖ-Obmann.

Zunächst einmal gehe es um die Frage, was die unbedingt nötigen Sanierungsmaßnahmen seien, erklärte Strache. "Wenn es darum geht, gesetzliche Vorschriften wie etwa den Brandschutz, den Arbeitnehmerschutz und die Barrierefreiheit einzuhalten, sind wir natürlich voll dafür. Diese notwendigen Arbeiten, so steht es im Gutachten, verursachen Baukosten von rund 130 Millionen Euro." Wenn man genauer hinschaue, seien dabei aber auch Umbaukosten für den Plenarsaal hineingerechnet worden. Dieser Umbau sei sicherlich bis zu einem gewissen Grad zweckmäßig, aber keinesfalls notwendig, um den gesetzlichen Bestimmungen Genüge zu tun. Leider sei dies der Ausgangspunkt für die Kosten, die sich schnell in schwindelnde Höhen schrauben würden. Dazu kämen:

  • Aufschläge für nicht Erfasstes und nicht Erfassbares: Damit ist man bei 167,1 Millionen.
  • Kosten für Planung und Nebenleistungen Gesamtsumme jetzt 207,9 Millionen
  • Reserven Gesamtsumme 259,8 Millionen
  • Toleranz Gesamtsumme 311,8 Millionen


Es sei vernünftig, vorausschauend zu planen, aber die Sicherheitsreserven, die hier eingeplant würden, seien eindeutig zu hoch, so Strache. Selbst wenn man die Planungskosten und Nebenleistungen dazurechne, würden die erwarteten Baukosten nur 54,7 Prozent der Gesamtsumme ausmachen. Die restlichen 45,3 Prozent seien Reserven und Sicherheiten.

Dass hier unseriös gearbeitet wurde, verdeutliche dieses Beispiel: "Im Gutachten ist ausgewiesen, dass die Reserven 25 Prozent der Projektsumme betragen", erläuterte Strache. "Tatsächlich wurde diese Reserve aber auch auf die Kosten für nicht Erfasstes oder nicht Erfassbares draufgeschlagen - also eine Reserve von der Reserve sozusagen. Alleine hier verstecken sich mehr als 9 Millionen Euro."

"Oder der schon angesprochene Plenarsaal. Da finden sich unter dem Titel "Denkmalschutz" rund zehn Millionen im Projektplan. Es findet sich aber nirgends die technische Ausstattung für den Plenarsaal, die mindesten 40 Prozent dieser Summe ausmacht. Außerdem sei daran erinnert, dass für den Plenarsaalumbau schon im Jahr 2007 21 Millionen Euro veranschlagt wurden, im Jahr 2010 schließlich sogar 70 Millionen. Wo sind also diese Kosten in der Projektplanung? Und vor allem: Brauchen wir wirklich einen nagelneu und mit allen technischen Finessen ausgestatteten Nationalrats-Sitzungssaal? Fällt das unter die unbedingt nötigen Sanierungsmaßnahmen?", fragte Strache.

"Hier reden wir über Dinge, die in der Grundplanung vorhanden sind, die also außer Frage stehen für die Nationalratspräsidentin und viele andere", so der FPÖ-Chef. Aber damit sei man längst noch nicht am Ende mit den Kosten, denn auf diese bis hier errechneten 311,8 Millionen komme noch einiges drauf:

  • 62,4 Millionen Euro: Umsatzsteuer
  • 47,1 Millionen Euro: Valorisierung nach dem Baukostenindex, weil der Baubeginn ja erst 2014 ist
  • 55,8 Millionen Euro: für die Übersiedlung in ein Ausweichquartier
  • 64,3 Millionen Euro: für die Effizienzsteigerung, also zum Beispiel für zusätzliche Büroräume


"In Summe reden wir dann von 541,4 Millionen Euro - und das ist bei weitem mehr, als man in Zeiten von familienfeindlichen Sparpaketen den Bürgern für die Renovierung des Parlaments anknöpfen kann", so Strache.

Daher fordern die Freiheitlichen folgendes:

  1. Die Baukosten müssen noch einmal genau kontrolliert werden, und es dürfen nur die wirklich nötigen Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden, die es braucht, um den gesetzlichen Zustand wieder herzustellen.
  2. Bevor mit dem Umbau begonnen wird, muss man auch nach Einsparungsmöglichkeiten im parlamentarischen Ablauf suchen. Wir haben z.B. mehr als dreißig Ausschüsse - so viel wie kaum ein anderes Parlament in Europa. Wenn wir die Zahl der Ausschüsse reduzieren, brauchen wir auch weniger Räume. Genauso ist zu hinterfragen, wie viele Veranstaltungsräume ein Parlament benötigt. Wir sind ja kein Kongresszentrum.
  3. Der Rechnungshof muss schon jetzt kontrollieren und nicht erst, wenn das Umbauprojekt startet. Wir wollen größtmögliche Transparenz. Wenn das mit dem derzeitigen gesetzlichen Prüfungsauftrag des Rechnungshofes nicht gedeckt ist, dann muss das Gesetz eben geändert werden. Der Rechnungshof ist ein Hilfsorgan des Parlaments. Wenn das Parlament also will, dass der Rechnungshof prüft, dann hat er auch zu prüfen.
  4. Wir bestehen auf einer Gegenfinanzierung in Form einer Verwaltungsreform. Präsidentin Prammer soll mit dem Finanzminister ausloten, welche Einsparungen in der Verwaltung und in der Bürokratie rasch umgesetzt werden können. Es liegen seit Jahren Hunderte Einsparungsvorschläge des Rechnungshofs auf dem Tisch und vergammeln in den Schubladen der Ministerialbeamten. Raus mit diesen Vorschlägen - auf den Tisch mit ihnen - und Verwaltungsreform jetzt. Die gestaltende Kraft in einer Demokratie ist und bleibt das Parlament. Zeigen wir Stärke und beauftragen wir die Regierung, die Verwaltungsreform auszuarbeiten. Es ist nicht zumutbar, den Bürgern wieder in die Tasche zu greifen, ihnen vielleicht mehr als eine halbe Milliarde aus der Tasche zu ziehen, für den Umbau eines Parlaments, das nicht einmal eine Verwaltungsreform zustande bringt.

 

Stellungnahme des Generalkonsulenten Frank
Wien (pk) – In Reaktion auf die Aussagen zur Parlamentssanierung, die im Rahmen einer FPÖ-Pressekonferenz gemacht wurden, wurde der Parlamentskorresondenz eine Stellungnahme der mit der Erstellung des Gesamtsanierungskonzepts für das Parlamentsgebäude betrauten Arbeitsgemeinschaft (Architekten Frank + Partner Ziviltechniker GmbH und Ingenieurkonsulenten Werner Consult Ziviltechniker GmbH) übermittelt. Architekt Prof. Dr. Sepp Frank nimmt darin einige grundsätzliche Klarstellungen vor.

So betonte Frank, dass die Berechnung des Kostenrahmens für die Sanierung auf Basis der in der Regel für solche Projekte vorgeschriebenen ÖNORM vorgenommen wurde.

Wie in der Baubranche üblich, wurden bei der Berechnung des Kostenrahmens aufgrund der frühen Projektphase Ansätze für "nicht Erfasstes" und "nicht Erfassbares" berücksichtigt. Dabei beziehen sich die Kostenansätze für "nicht Erfasstes" auf den derzeitigen Planungsumfang in der Projektentwicklungsphase und jene für "nicht Erfassbares" auf den derzeitigen Informationsstand über das Gebäude. Diese Berechnungsmethode stellt keine zusätzliche Reserve dar, sondern ist ein baubranchenüblicher Bestandteil der prognostizierten Kosten.

"Die ÖNORM sieht aus guten Gründen entsprechende Sicherheitsreserven vor ­ dass diese ausgewiesen wurden, sollte nicht Anlass für Kritik sein, sondern als Beleg dafür herangezogen werden, dass gewissenhaft und seriös gerechnet wurde.", so Frank.

Die Kostenschätzung zur Sanierung des Parlamentsgebäudes wurde bereits vor rund einem Monat, am 18. Jänner 2011, präsentiert und wird seither auch auf der Website des Parlaments zur Verfügung gestellt. "Jede andere Form der Darstellung ist aus fachlicher Sicht schwer nachvollziehbar und erschwert eine sachliche Auseinandersetzung mit diesem komplexen Projekt.", so Frank abschließend.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament vertretenen Parteien –
sofern vorhanden! Die Reihenfolge der Beiträge richtet sich in der Regel nach deren
Mandatsstärke im Parlament bzw. nach der Hierarchie der Personen. Die Redaktion

 
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