Ministerrat beschließt Fremdenrechtspaket  

erstellt am
22. 02. 11

Faymann: Sicherheit bedeutet klare Regeln und Schutz für jene, die ihn brauchen
Lueger: Kinder bleiben bei ihren Eltern
Wien (bpd) - "Die Regierung hat sich nach eingehenden Beratungen auf die Novellierung des Fremdenrechts geeinigt", berichtete Bundeskanzler Werner Faymann beim Pressefoyer nach dem Ministerrat. … "Im Asylverfahren haben wir uns auf eine klare Definition der Mitwirkungspflichten der Asylwerbenden geeinigt", berichtete der Kanzler weiter. Für die Mitwirkung im Erstaufnahmeverfahren im Sinne einer raschen Entscheidungsfindung müssen Asylwerber künftig zur Feststellung der Zuständigkeit sich längstens 120 Stunden in Erstaufnahmezentren zur Verfügung halten. Ausnahmen wie der Bedarf medizinischer Versorgung oder Behördenwege werden ebenfalls per Gesetz geregelt. Wichtig dabei: Wie lange ein Verfahren dauert, hängt vom Einzelfall ab. Eine weitere Verlängerung um 48 Stunden ist im Einzelfall möglich, ein Abschluss am Wochenende wird gewährleistet. Die vorgesehene Einzelfallprüfung ist wesentlich für die Verfassungskonformität der lange verhandelten Regelung, die nun auch eine weitere Effizienzsteigerung im Verfahren mit sich bringt

Umsetzung entspricht EU-Richtlinie
SPÖ-Kinder- und Jugendsprecherin Angela Lueger ist mit den erreichten Einigungen beim Fremdenrechtspaket und bei der Rot-Weiß-Rot-Karte zufrieden. "Für uns war entscheidend, dass Kinder im Falle einer Abschiebung bei ihren Eltern bleiben können. Hier haben wir uns klar durchgesetzt", so Lueger. Bei Familien mit Kindern wird im Falle einer Abschiebung das gelindere Mittel angewendet, sie werden in einer kindgerechten Privatunterkunft untergebracht. Mit dieser Regelung wird exakt den Bestimmungen einer EU-Richtlinie entsprochen.

 

Fekter: Wichtiger Baustein zu geordnetem Fremdenrecht
EU-Rückführungsrichtlinie optimal umgesetzt
Wien (övp-pk) - "Das heute beschlossene Fremdenrechtspaket ist ein weiterer wichtiger Baustein für mein Ziel ein geordnetes Fremdenrecht zu schaffen", hält Innenministerin Dr. Maria Fekter anlässlich des Ministerrates fest. "Mit diesem Paket setzen wir die EU-Rückführungsrichtlinie optimal um und schaffen damit klare Rahmenbedingungen für einen geordneten Vollzug im Fremdenbereich", so Fekter weiter.

Fremde mit durchsetzbarer Rückkehrentscheidung sind zur unverzüglichen Ausreise verpflichtet. Zuvor wird allerdings der freiwilligen Ausreise Vorrang gegeben. Dazu wird eine Frist von sieben bis 30 Tagen eingeführt. Erst danach ist eine zwangsweise Außerlandesbringung möglich.

Neu eingeführt wird auch die amtswegige Rechtsberatung. Fremde erhalten dadurch kostenlose Rechtsberatung und Rechtsvertretung.

Ausdrücklich gesetzlich festgelegt wird nun auch, dass Kinder bis 14 Jahre nicht in Schubhaft genommen werden. Kinder bleiben grundsätzlich bei ihren Eltern und werden im Bedarfsfall so kurz wie möglich in familien- und kindgerechten Unterkünften untergebracht.

Die Richtlinie verfolgt auch das Ziel der Harmonisierung der fremdenpolizeilichen Systeme innerhalb der EU-Mitgliedstaaten.

Die Effizienz von Rückführungen von Personen, die sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, wird dadurch gesteigert, und ist eine entscheidende Maßnahme zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung.

 

Vilimsky: Zuwanderung geht munter weiter
FPÖ weiterhin für Zuwanderungsstopp - Integrationsdefizite ufern aus
Wien (fpd) - Die gravierenden Integrationsdefizite der bisherigen Zuwanderungspolitik sind noch nicht einmal im Ansatz gelöst, da beschließt die Bundesregierung mit ihrem Fremdenrechtspaket weitere Zuwanderungswellen, welche die Situation der angestammten Bevölkerung weiter verschärfen wird, so der FPÖ-Sprecher für Innere Angelegenheiten, Generalsekretär NAbg. Harald Vilimsky.

Mit der sogenannten "Rot-weiß-rot"-Karte werde der Bevölkerung bloß Sand in die Augen gestreut. Bis 2030 sei mit mindestens 100.000 Neuzuwanderern zu rechnen, der Familiennachzug sei dabei noch nicht einmal berücksichtigt. Faktum sei, dass auch mit der "RWR-Karte" vermehrte Massenzuwanderung aus Drittstaaten erfolgen werde. Aufgrund ihrer Durchlässigkeit handle es sich um eine Einwanderungskarte in unser Sozialsystem, die zum Missbrauch regelrecht einlade. Anstatt weitere Zuwanderung auf unseren Arbeitsmarkt und in unser Sozialsystem zu forcieren, müssten die innerösterreichischen Probleme gelöst werden, so Vilimsky, der sich erneut für einen Zuwanderungsstopp aussprach.

Dies alles sei vor dem Hintergrund der Öffnung des Arbeitsmarktes für die neuen EU-Länder ab 1. Mai 2011 zu sehen, welche Österreich zusätzlich extrem belasten werde. Eine Verschiebung der Öffnung des Arbeitsmarktes bis zu einem Zeitpunkt, wo Lohnniveau und Wirtschaftskraft in den neuen EU-Ländern zumindest annähernd das österreichische Niveau erreicht haben, sei die einzig effektive Schutzmaßnahme, gegen die Bedrohungen des heimischen Arbeitsmarktes durch billige Arbeitskräfte. Österreich habe einen Mangel an Arbeitsplätzen nicht an Arbeitskräften. Arbeitnehmer sollen nur dann zuwandern dürfen, wenn es tatsächlich keinen für die benötigte Arbeit qualifizierten Österreicher (oder EU-Bürger) gibt. Das jetzt präsentierte System wird hingegen die Zuwanderung aus Drittstaaten im Interesse der Großkonzerne fördern.

Schon heute habe Österreich das Problem, dass in den Ballungszentren aufgrund der Mehrheit von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache der Unterricht zum Problem werde. Die Arbeitslosenquote sei zudem derart hoch, dass auch aus diesem Aspekt keine Zuwanderung möglich sei. Und schließlich seien die österreichischen Kassen und Systeme derart angespannt, dass auch eine weitere Negativbelastung des Sozial-, Gesundheits- und Pensionswesens nicht verkraftet werden könne. Statt einer rot-weiß-rot-Karte der weiteren Massenzuwanderung solle besser eine rot-weiß-rot-Politik erfolgen. Dies bedeute in erster Linie Zuwanderungsstopp sowie Vorrang für österreichische Arbeitskräfte am österreichischen Arbeitsmarkt, so Vilimsky.

 

 Glawischnig: Ganz massives Verschärfungspaket
Im Fremdenrecht gebe es "Verschärfungen am laufenden Band"
Wien (grüne) - "Warum lässt sich die SPÖ am Nasenring von der Innenministerin Fekter durchs Parlament jagen und treiben?", kritisierte unsere Bundessprecherin Eva Glawischnig am 22.02. bei einer Pressekonferenz. Dass die Regierung nun doch nicht alles so beschließt, wie es die Innenministerin geplant hat, reicht uns Grünen nicht: Übrig bleibe trotzdem ein "ganz massives Verschärfungspaket", meinte Menschenrechtssprecherin Alev Korun.

"Herzlos, hirnlos und wirtschaftsschädlich"
Im Fremdenrecht gebe es "Verschärfungen am laufenden Band", so Glawischnig. Selbst wenn nun nicht mehr geplant ist, dass Eltern selbst entscheiden müssen, ob sie ihre Kinder mit in Schubhaft nehmen oder sie den Behörden übergeben - von Verbesserungen zu sprechen, sei "falsch". Die Novelle sei "menschenrechtswidrig" und Kinderrechtskonventions-widrig. Fekter sei "herzlos und hirnlos" und "wirtschaftsschädlich".

Sie frage sich, warum die SPÖ hier nicht blockiere wie bei anderen Fragen, so Glawischnig. Man wolle Antworten von der SPÖ, auf welcher Seite des Koalitionsabkommens die ständigen Verschärfungen im Fremdenrecht stehen, welche Antwort sie der nächsten Familie Komani gebe und wie die SPÖ die Zustimmung zu weiteren Verschärfungen rechtfertige.

Antworten wolle man vor allem von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und SPÖ-Klubobmann Josef Cap - gerade diese hätten in den vergangenen Monaten immer wieder "mit großem Gefühlsaufwand" beteuert, dass sie Verbesserungen haben wollen. Gefragt, ob sie den beiden Heuchelei vorwerfe, meinte Glawischnig, Heuchelei sei "vielleicht noch gelinde ausgedrückt".

"Grab der Integration gegraben"
Ein gültiges Visum könne weggenommen werden, wenn jemand etwa vorübergehend arbeitslos werde, kritisierte Korun die Pläne der Regierung. Es werde normal werden, dass 16- bis 18-Jährige in Schubhaft kommen, auch 14- bis 16-Jährige könnten künftig in Schubhaft genommen werden. Die "Kasernierungspflicht", wonach Flüchtlinge nach ihrer Ankunft im Erstaufnahmezentrum dieses bis zu sieben Tage nicht verlassen dürfen, sei sogar an der Begutachtung "vorbeigeschmuggelt" worden, meinte Korun, wiewohl die Vorlage bereits vergangenen Herbst in Begutachtung war. Aufgrund der Verschärfungen bei den Deutschkenntnissen werde es in Zukunft für Bildungsferne "unmöglich" sein, ein unbefristetes Visum zu bekommen.

Wer diesem "Unrechtspaket" zustimme, "gräbt eigentlich das Grab der Integration". Man werde sich die "Entschärfungen" ganz genau anschauen, ob sie verfassungs- und EU-Rechtskonform seien, kündigte Korun an.

 

Landau sagt "Ja, aber" zur Entschärfung des Fremdenrechtspakets
Wiener Caritasdirektor fordert auch rasche und menschliche Lösung für in Österreich gut integrierte Familien
Wien (kap) - Das umstrittene Fremdenrechtspaket ist am Abend des 21.02. leicht entschärft worden; die Regierungsmitglieder von SPÖ und ÖVP zeigten sich am 22.02. vor der Ministerratssitzung über die Einigung zufrieden. Entgegen dem ursprünglichen Plan, dass Eltern selbst entscheiden müssen, ob sie Kinder mit in die Schubhaft nehmen oder den Behörden übergeben, sollen die Kinder nun grundsätzlich bei den Eltern bleiben. Erleichtert über zumindest diese und andere leichte Entschärfungen zeigte sich der Wiener Caritasdirektor Michael Landau.

Allerdings merkte Landau im "Kathpress"-Gespräch diesbezüglich auch kritische Punkte an. Es sei sehr zu begrüßen, dass bei Kindern nun "gelindere Mittel" absoluten Vorrang vor Schubhaft hätten und Kinder auch nicht von Eltern getrennt werden, denn "Kinder gehören nicht ins Gefängnis." Auch wenn klar sei, dass nicht alle Asylwerber Asyl bekommen werden, sei Flucht kein Verbrechen und Schubhaft dürfe nur das allerletzte Mittel sein, stellte Landau klar. Zugleich halte er es aber für falsch, so der Caritasdirektor, wenn unbescholtene 16-Jährige in Schubhaft genommen werden können.

Landau sprach sich weiters für eine rasche Lösung für in Österreich gut integrierte Familien aus. Für die Eltern, auf alle Fälle aber für die Kinder, sei Österreich zur Heimat geworden. Hier brauche es - vor allem auch im Blick auf das Kindeswohl - eine rasche menschliche und dem Rechtsstaat gerechte Lösung, so Landau.

Der Caritasdirektor verwies in diesem Zusammenhang auf das "Bosnier-Gesetz" aus dem Jahr 1998. Eine ähnliche Regelung wäre auch jetzt anzustreben, forderte Landau.

 

Kinderfreunde: Fremdenrechtsnovelle ist in Gesetz gegossenes Unrecht
Kinderrechte werden mit Füßen getreten
Wien (kinderfreunde) - Die Österreichischen Kinderfreunde kritisieren scharf, dass unter dem Mäntelchen der Rot-Weiß-Rot-Card erneut fremdenrechtliche Verschärfungen durchgesetzt werden sollen. Die geplante Novelle zeuge von einer brutalen Anti-Ausländer-Haltung, die mit Humanität, Gerechtigkeit und Kinderrechten nichts zu tun hat, erklärt Gernot Rammer, Bundesgeschäftsführer der Österreichischen Kinderfreunde.

Das geplante Fremdenrechtspaket sieht unter anderem Verschärfungen im Bereich der Schubhaft vor: In Zukunft sollen bis zu 18 Monate Schubhaft verhängt werden können, derzeit sind es maximal 10 Monate. Das sogenannte "Gelindere Mittel" soll für Kinder und Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren nicht mehr vorrangig angewendet werden. "Mit dieser Regelung werden vermehrt Kinder in Schubhaft kommen, Kinder die kein Verbrechen begangen haben. Wenn hier Schutzbestimmungen für Flüchtlingskinder abgeschafft werden, steht das diametral gegen die Intentionen der UN Kinderrechte. Wir bleiben dabei, dass Kinder nicht ins Gefängnis gehören", so Rammer. Den Kinderfreunden stößt besonders jener Paragraph auf, der die Schubhaft von Familien mit Kindern regelt: "Es zeugt von unglaublichem Zynismus der Ministerin Fekter, dass Eltern wählen sollen, ob sie ihre Kinder mit ins Gefängnis nehmen oder ob sie sich von ihren Kindern trennen und diese ins Heim kommen. Wie kann man Eltern vor so eine Wahl stellen?", fragt Rammer.

Ebenfalls "hochproblematisch" ist in diesem Zusammenhang, dass Eltern, die nicht ausdrücklich darauf bestehen, ihre Kinder mit in Schubhaft zu nehmen, sozusagen automatisch das Sorgerecht entzogen wird.

Rammer abschließend: "Das Paket muss nochmals aufgeschnürt werden. Wir fordern vehement, dass diese Verschärfungen nicht beschlossen werden. Wir rufen alle ParlamentarierInnen, die eben erst ein Verfassungsgesetz für Kinderrechte beschlossen haben auf, ihre Zustimmung zu diesem Gesetz zu verweigern.  
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament vertretenen Parteien –
sofern vorhanden! Die Reihenfolge der Beiträge richtet sich in der Regel nach deren
Mandatsstärke im Parlament bzw. nach der Hierarchie der Personen. Die Redaktion

 
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