Kunstwerke in Scheiben   

erstellt am
07. 03. 11

Brennpunkt Bildgebung einmal anders: Ein CT verrät antike Geheimnisse
Wien (myESR) - Das bekannteste Einsatzgebiet der Radiologie ist sicherlich das der Medizin; dass auch Kunstwerke mittels bildgebender Methoden untersucht werden können, dessen sind sich wahrscheinlich wenige bewusst. Genauso wie der menschliche Körper mittels Strahlung durchleuchtet werden kann, so kann man auch Kunstwerke unterschiedlichster Art auf ihre Geschichte und Herkunft bzw. auf ihre Echtheit untersuchen.

Vom Durchleuchten des Menschen zu dem seines Abbilds Laut Dr. Marc Ghysels, der sich auf radiologische Untersuchungen von Kunstwerken spezialisiert hat, ist es gar nicht so unverständlich, dass eine CT-Untersuchung auch an einem Kunstwerk vorgenommen wird: "Schließlich verwendet man die Computer-Tomographie seit den späten 1970er Jahren zur Untersuchung des menschlichen Körpers, da erscheint es doch naheliegend, dass man auch künstliche Abbilder des Menschen wie z.B. Skulpturen, die auf Grund dieser Ähnlichkeit auch sehr gut in jedes CT passen, mit der gleichen Methode untersucht". Dr. Ghysels ist ein ehemaliger interventioneller Radiologe, der nun sein Können außerhalb der Medizin anwendet und seine Fähigkeiten einsetzt, um Antiquitäten und Kunstwerke aus der ganzen Welt zu untersuchen. Heute Nachmittag wird er am Europäischen Radiologenkongress, der seit 3. März im Austria Center Vienna stattfindet, den Gastvortrag "Slicing through antiques and works of art" halten.

Das Innere sichtbar machen - auch in der Kunst "Dass es sich hierbei um eine per se medizinische Untersuchung handelt, lässt sich auch bei der Untersuchung von Kunstwerken nicht ganz verstecken. Ähnlich wie in der Humanmedizin verwendet man hier Strahlung, um durch die äußere Hülle hindurchzublicken und darunter liegende Strukturen sichtbar zu machen. Medizinische Kenntnisse sind hier allerdings nicht unbedingt von Nöten", erklärt Ghysels. Die radiologische Analyse dieser internen Strukturen gibt vor allem wichtige Aufschlüsse darüber, wie das Kunstwerk hergestellt wurde, welche Schäden es über die Jahrzehnte oder Jahrhunderte erlitten hat und welche restauratorischen Maßnahmen in Folge dessen von Nöten sind.

Der Radiologe als Detektiv - Original oder Fälschung? Aber auch bei der Unterscheidung von Original und Fälschung kann die Radiologie behilflich sein, so Ghysels: "Die Tricks der Kunstfälscher können auch das geschulte Auge eines Museumsdirektors oder eines Sammlers täuschen. Aber auch herkömmliche wissenschaftliche Methoden haben oft Schwierigkeiten das Original von der Kopie zu unterscheiden." In seinem Vortrag wird Ghysels acht ausgewählte CT-Scans von antiken Kunstwerken präsentieren und damit eindrucksvoll demonstrieren, wie diese, ursprünglich für die Medizin erfundene, Methode auch in der Kunstwelt zum Einsatz kommen kann. Die Möglichkeiten der CT-Bildgebung sind auf beiden Gebieten beeindruckend. "Jeder Radiologe mit einer gewissen Neugier und Zugang zu einem Multidetector CT Scanner kann seine radiologischen Fähigkeiten einsetzen, um unser technisches und kulturelles Wissen über Kunst und Antiquitäten zu erweitern, im speziellen bei Terrakotta-, Holz- und Steinstatuen. Das ist zugegebenermaßen eine untypische Anwendung der Radiologie, die allerdings, obwohl nicht neu, großes Entwicklungspotenzial hat, da die Zahl der authentischen Kunstwerke, die man noch findet, abnimmt und nahezu täglich Kopien oder Fälschungen den Kunstmarkt überschwemmen, sei es bei chinesischen Antiquitäten, Kunst aus Afrika oder präkolumbianischen Terrakotta-Statuen", erläutert Ghysels.

Beim 23. Europäischen Radiologenkongress (European Congress of Radiology/ECR) vom 3. bis 7. März 2011 im Austria Center in Wien wurden auch heuer wieder Spezialisten aus dem Bereich der medizinischen Bildgebung ihr Fachwissen auf den verschiedensten Gebieten ausgetauscht und die neuesten Erkenntnisse der Forschung präsentiert.

Der ECR ist die Jahrestagung der Europäischen Gesellschaft für Radiologie (European Society of Radiology/ESR), welche weltweit über 50.000 Radiologen vertritt. Mit mehr als 19.000 Teilnehmern aus der ganzen Welt ist der ECR einer der größten medizinischen Kongresse weltweit; zusätzlich bietet er die größte Industrieausstellung in Europa, bei der auf über 26.000 m2 mehr als 300 internationale Firmen die neuesten Produkte der Medizintechnik anbieten.
     
Informationen: http://www.myESR.org    
     
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