Weltraum. Die Kunst und ein Traum    

erstellt am
02. 03. 11

01.04.11 bis 15.08.11 » Kunsthalle Wien
Wien (kunsthalle) -
Das Weltall ist nicht nur eine physikalische Ausdehnung, sondern auch ein symbolischer Raum: Seit Jahrhunderten drehen sich Träume und Visionen der Menschen darum, die "extraterrestrische Zone" zu erobern, Welten jenseits der Erde kennenzulernen, und vielleicht sogar andere Planeten zu kolonisieren. "Space is the Place" verkündete der Musiker Sun Ra und hunderte von Science Fictionromanen und -filmen legen Zeugnis ab von der Sehnsucht nach dem Anderen, dem Unbekannten, dem Abgrund der Unendlichkeit, der so verführerisch wie bedrohlich erscheint.

Seit im 20. Jahrhundert durch die Produktion von Raketen erstmals die technischen Möglichkeiten gegeben waren, um tatsächlich die "High Frontier" (= die hohe Grenze) in Angriff nehmen zu können, wurde der Weltraum zu einem emotional aufgeladenen Schauplatz geopolitischer Strategie: Im Kalten Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion hatte der Kampf um die Vorherrschaft im All vor allem eine massenpsychologische und propagandistische Wirkung: Nach dem "Sputnik-Schock" im Jahr 1957, und der erste bemannte Weltraumflug durch den Astronauten Juri Gagarin im Jahr 1961 - das 50-jährige Jubiläum dieses Ereignisses ist der Anlass zur Ausstellung - investierten die Amerikaner ungeheure Summen in das Projekt, Menschen auf den Mond zu befördern, was im Jahr 1969 gelang und zu einem der größten Medienereignisse des 20. Jahrhunderts wurde.

Die Ausstellung spiegelt die Vielzahl der ästhetischen, metaphorischen und politischen Dimensionen, die sich mit der Vorstellung "Weltraum" verknüpfen - gebrochen durch das Prisma der Kunst, wider. Das All als Sehnsuchtsort und Projektionsfläche für Utopien, die im Anderen Möglichkeiten alternativer Lebensformen jenseits planetarer Beschränkungen sehen wollen, aber auch als Ort der Bedrohung und der Angst vor dem Unbekannten, von drohenden Meteoriteneinschlägen bis hin zu Invasionen außerirdischer Wesen.

Das Kaleidoskop künstlerischer Bearbeitungen des Themas Weltall reicht von figurativen Abbildungen des Firmaments, von Raketen und Satelliten bis zu realismuskritischen Arbeiten, die, - in der Tradition eines Kasimir Malewitsch (1878-1935) - nach einer Darstellungsmöglichkeit "kosmischer Empfindungen" suchen.

Die Schau zeigt mehr als 51 künstlerische Positionen aus 18 Nationen und 5 Jahrzehnten mit Schwerpunkt auf der Kunst der Gegenwart. Der Heterogenität des Themenfeldes entsprechen die unterschiedlichen verwendeten Medien: Malerei, 16mm-Video- und Animationsfilm über Zeichnung und Druckgrafik bis hin zur Fotografie und Multimediainstallation. Robert Rauschenberg gehörte 1969, wie später Lena Lapschina, Jane & Louise Wilson oder Markus Krottendorfer, zu den privilegierten KünstlerInnen, die einen Raketenstart live erleben konnten und diese Erfahrung in ihre Arbeit einfließen ließen. Die NASA (National Aeronautics and Space Administration) stellte Rauschenberg 1969/70 detaillierte Karten, Tabellen und Fotografien der Apollo 11-Mission zur Verfügung, welche die Basis für seine in Europa bisher selten ausgestellte Lithografie-Serie Stoned Moon bilden.

Andrei Sokolov wiederum war 1966 selbst Kosmonaut und macht diesen biographischen Hintergrund für seine Malerei produktiv.

Weltraum. Die Kunst und ein Traum präsentiert neben rund 80 Werken von etablierten Malern wie dem Turner Prize- Gewinner Keith Tyson und dem Vincent van Gogh Biennial Award-Preisträger Wilhelm Sasnal, Filmemachern wie Alexandra Mir, William Kentridge und Michael Snow sowie Installationskünstler wie Björn Dahlem und Interventionskünstler wie Gianni Motti, Tom Sachs und Rirkrit Tiravanija viele überraschende Positionen einer jüngeren Generation wie Julieta Aranda, Loris Gréaud, Jen Liu, Amalia Pica und Virginie Yassef.

Die kanadische Künstlerin Angela Bulloch berechnet in der Serie Night Sky (2007/08) mit Hilfe eines Computerprogramms Ansichten des Weltalls, die sich nicht am Standpunkt des Erdbewohners sondern an extraterrestrischen Perspektiven orientieren. Auch bei der Norwegerin Toril Johannessen stellen Sterne am nächtlichen Firmament das Arbeitsmaterial der Rauminstallation Variable Stars (2009) dar, ausgehend von dem großen Fotoplattenarchiv des Harvard College Observatory und der 1908 entwickelten Theorie über die Distanzberechnung zwischen Galaxien. Einen ganz anderen Blickwinkel nimmt die skulpturale Installation Global Globes (2010/11) von Nives Widauer ein. Aus über 160 unterschiedlichsten Weltgloben setzt die Künstlerin eine neue Weltkarte zusammen. Das Gesamtbild vermittelt sich dem Betrachter über einen Live-Stream, der in den Meteoritensaal des Naturhistorischen Museums blicken läßt.

Eine Kooperation mit dem Naturhistorischen Museum Wien ermöglicht es zudem, in der Nachbarinstitution zwei raumgreifende Arbeiten der Künstler Artsat, Pipilotti Rist und Sylvie Fleury in der Eingangshalle sowie im berühmten Meteoritensaal zu bewundern, wo eine der weltweit ältesten und größten Schausammlungen ihrer Art beherbergt ist. Zudem findet dort auch die Ausstellung Wind me up, Scotty! mit außergewöhnlichen Spacetoys aus der Sammlung Andreas Karl statt.

In der Ausstellung vertretene KünstlerInnen
Pawel Althamer, Eric Andersen, Julieta Aranda, Artsat, Angela Bulloch, Björn Dahlem, Vladimir Dubossarsky & Alexander Vinogradov, Charles and Ray Eames, Sylvie Fleury, Agnes Fuchs, Daniel & Geo Fuchs, Loris Gréaud, Judith Hopf, Dona Jalufka, Toril Johannessen, William Kentridge, Markus Krottendorfer, Lena Lapschina, Simone Leigh, Jen Liu, Basim Magdy, Mahony, Aleksandra Mir, Jyoti Mistry, monochrom, Mariko Mori, Gianni Motti, Deimantas Narkevicius, Katie Paterson, Simon Patterson, Amalia Pica, Christian Pußwald, Robert Rauschenberg, Pipilotti Rist, Thomas Ruff, Tom Sachs, Wilhelm Sasnal, Charles Schmidt, Michael Snow, Andrei Sokolov, Hildegard Spielhofer, Eve Sussman & Rufus Corporation, Rirkrit Tiravanija, Keith Tyson, Christian Waldvogel, Andy Warhol, Orson Welles, Nives Widauer, Jane & Louise Wilson, Virginie Yassef, Carey Young.
     
Informationen: http://www.kunsthallewien.at/    
     
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