Wiener Stadthallenbad: Umbau läuft auf Hochtouren   

erstellt am
11. 03. 11

Zahlreiche Maßnahmen zur Erhaltung für Rainers Architektur-Juwel - 17 Millionen Euro für Generalsanierung und Modernisierung
Wien (rk) - Das 1974 eröffnete Stadthallenbad wird derzeit generalsaniert. Seit Mai 2010 wird mit Hochdruck daran gearbeitet das Architekturdenkmal Roland Rainers in ein hochleistungsfähiges Schwimmzentrum mit modernster Technik zu verwandeln.

"Mit der Generalsanierung sichern wir langfristig den Fortbestand des Wiener Stadthallenbades als Leistungszentrum mit optimalen Rahmenbedingungen für den heimischen Schwimmsport. Wir steigern aber auch die Attraktivität des Bades, das sich mit rund 400.000 BesucherInnen im Jahr großer Beliebtheit bei BreitensportlerInnen und Schulen erfreut. Insgesamt werden rund 17 Millionen Euro investiert, um das Stadthallenbad wieder zu einem der modernsten Hallenbäder in Österreich zu machen", erklärte Wiens Sportstadtrat Christian Oxonitsch bei der Besichtigung der Baustelle am 09.03. Bei der Tour über die Baustelle begleitet wurde Oxonitsch von Wien Holding Geschäftsführer Komm.-Rat Peter Hanke und Arch. Mag. arch. Georg Driendl, vom Architekturbüro "driendl*architects”, das mit der Generalplanung beauftragt wurde.

"Nachdem wir auf dem Stadthallen-Areal vor fünf Jahren mit der neuen Halle F eine der modernsten Showbühnen Europas für internationale Tourneeproduktionen geschaffen haben, ist nun die Generalsanierung des Wiener Stadthallenbades der nächste Schritt zur konsequenten Erneuerung dieses auch international einzigartigen innerstädtischen Veranstaltungskomplexes am Vogelweidplatz. Sport, Show, Entertainment und Kultur in all seinen Facetten, das ist der erfolgreiche Mix an Veranstaltungen, den wir hier bieten. Die Generalsanierung des Stadthallenbades ist ein weiterer wichtiger Beitrag zur Attraktivierung dieses Standortes", so Wien Holding Geschäftsführer Peter Hanke.

Im Rahmen der Generalsanierung werden die Garderoben- und Wellnessbereiche sowie die Gastronomie neu organisiert und modernisiert. Weiters werden die haustechnischen Anlagen erneuert. Die wassertechnischen Anlagen werden auf den letzten Stand der Bäderhygiene gebracht. Ebenfalls neu ausgestattet wird das Bad mit sporttechnischen Einrichtungen. Auch die Zugangssituation für BesucherInnen wird maßgeblich verbessert. Der derzeitige Nebeneingang in der Hütteldorferstraße wird zum neuen Haupteingang.

Größter Respekt vor Rainers Erbe
Besonders wichtig bei der Sanierung des Stadthallenbades ist die Erhaltung des Architektur-Juwels von Roland Rainer. Denn immerhin steht das Wiener Stadthallenbad seit März 2010 auch unter Denkmalschutz. Die große Herausforderung besteht darin, das Stadthallenbad im Einklang mit der Architektur Roland Rainers auf den neuesten Stand der Technik zu bringen.

"Ganz im Sinne Roland Rainers führen wir die Generalsanierung mit größtem Respekt gegenüber der historischen Gebäudesubstanz durch. Mit wenigen gezielten Maßnahmen ist die Realisierung einer modernen Spitzen- und Freizeitsportstätte im bestehenden Gebäude möglich, da die Konzeption Roland Rainers bereits damals so fortgeschritten war, dass nunmehr lediglich Adaptionen nötig sind, um sowohl heutigen internationalen Standards als auch der mutigen Konzeption des Stadthallenbads zu entsprechen," erklärt Arch. Mag. arch. Georg Driendl, Generalplaner für die Umbauarbeiten.

Enge Zusammenarbeit mit Bundesdenkmalamt
Der Generalplaner begleitet die Generalsanierung auch wissenschaftlich. Die mit dem Bundesdenkmalamt abgestimmten Arbeiten dazu haben bereits im März 2010 begonnnen. Noch vor den ersten baulichen Maßnahmen wurde eine detaillierte Bestandsaufnahme aller Räume, Installationen und Einrichtungen abgeschlossen. Zahlreiche architekturwissenschaftliche und bauhistorische Analysen wurden vorgenommen sowie restauratorische und bauphysikalische Befunde erstellt. Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse sind die Entscheidungsgrundlage für Detailfragen, zum Beispiel in welcher Form bei der Generalsanierung die Boden- und Wandbeläge gestaltet werden müssen, welche Farben gewählt werden können oder wie die Brüstungen ausgeführt sein müssen.

So entsteht nicht nur eine umfassende Dokumentation der Generalsanierung vom Beginn des Umbaus bis zur Eröffnung des neuen Stadthallenbades, sondern auch eine Bestandaufnahme des Originalbaus von 1974.


Alle Auflagen werden erfüllt
Das Bundesdenkmalamt hat gemeinsam mit dem Generalplaner einen umfangreichen Katalog mit Auflagen erstellt. Dabei wird nicht nur Rainers Architektur, wie sie sich heute zeigt, erhalten, sondern teilweise wird sogar wieder der ursprüngliche Zustand aus den 1970er Jahren wieder hergestellt. Insgesamt wurden vom Bundesdenkmalamt 24 Auflagen erteilt. Wie penibel die Erhaltung von Rainers Erbe erfolgt, zeigt die folgende Auswahl an Beispielen:

So werden einzelne Bauteile im Bereich der Fassaden, Treppen, Stahlstützen, Tribünen, Wandflächen, Säulen sowie der Beckenaußenwände rekonstruiert. Denn im Laufe der Jahrzehnte wurden bauliche Eingriffe getätigt, die dem ursprünglichen Gestaltungskonzept widersprechen. Selbstverständlich wird auch Rainers Farb- und Materialkonzept konsequent beibehalten.

Auch die historischen Lüftungsleitungen werden restauriert. Und es wird ein ausgeklügeltes innen liegendes Reinigungssystem in die Lüftungskanäle über dem Sportbecken eingebaut. Durch ein Seilsystem mit Reinigungsdüsen können künftig die Leitungen auch ohne den Aufbau eines riesigen Gerüsts und der damit verbundenen Sperre des Bades gereinigt werden. Wo Lüftungsleitungen ergänzt werden müssen, werden sie gemäß dem historischen Bestand in ovaler Form ausgeführt.

Nur noch wenige Originalflächen der 1974 verlegten sogenannten Quadratnoppen-Bodenfliesen waren noch erhalten. Obwohl dieses Produkt heute nicht mehr erzeugt wird, konnte ein gleichartiges Produkt auf dem Markt gefunden werden, das auch vom Bundesdenkmalamt freigegeben wurde. Nun werden die Bodenflächen gemäß dem ursprünglichen Rainer-Konzept mit den Quadratnoppen-Fliesen komplett wieder hergestellt.

Auch die Erhaltung der Kleinmosaik-Fliesen an den Wänden wird als wesentliches denkmalgerechtes Anliegen betrachtet. Dazu wurden im ersten Schritt Angebote über die restauratorisch-wissenschaftliche Analyse und Rekonstruktion der Fliesen eingeholt. Schließlich konnten auch Original-Fliesen bzw. gleichartige Fliesen gefunden werden. Damit können schadhafte Fliesen oder fehlende Fliesen ersetzt bzw. neue Flächen angelegt werden. Die noch an den Wänden vorhandenen Fliesen werden gereinigt und bei Bedarf ergänzt.

Neuer Haupteingang in der Hütteldorfer Straße
Künftig wird im neuen Wiener Stadthallenbad der gesamte Bade- und Normalbetrieb über den neuen Haupteingang in der Hütteldorfer Straße abgewickelt. Der bisherige Haupteingang am Vogelweidplatz wird nach der Generalsanierung zum exklusiven Eingang für Sportler, Presse und Sportbetreuung umfunktioniert. Der neue Haupteingang in der Hütteldorfer Straße liegt innerhalb des vorhandenen Gebäudeumrisses, wobei die bestehende statische Struktur beibehalten wird. Die Gestaltung betont die Charakteristik des skulpturalen Gebäudes und bindet es auf besondere Art und Weise neu und dynamisch in den Straßenraum ein.

Die Verkehrssituation und die Verkehrssicherheit werden damit enorm verbessert. Ein breiter Gehsteig sorgt dafür, dass die Besucher sicher in das Bad gelangen können. Vor dem neuen Eingang wird auch genügend Platz geschaffen, dass Besucher, die mit Bussen anreisen, sicher ein- und aussteigen können.

Das Foyer mit dem Kassenbereich und den Info-Desks wird loungeartig gestaltet. Die neuen Garderoben sind teilweise von hellem Tageslicht durchflutet, leicht zugänglich und übersichtlich angeordnet. Durch den neuen Haupteingang sind der Wellnessbereich und das Restaurant unabhängig vom Badebetrieb getrennt begehbar. Damit wird das Restaurant öffentlich zugänglich und kann sich als attraktiver Treffpunkt im Grätzel rund um die Stadthalle positionieren.


Schwimmsportzentrum der Spitzenklasse
Das Wiener Stadthallenbad ist nicht nur eines der beliebtesten Bäder in Wien, sondern auch eines der wichtigsten Zentren für den Schwimmsport in Österreich. Hier trainieren österreichische Top-SchwimmerInnen genauso wie der Schwimm-Nachwuchs. Im Stadthallenbad finden auch Wettkämpfe wie die Österreichischen Meisterschaften oder das Ströck-Meeting statt. Mit der Generalsanierung werden die Rahmenbedingungen für Training und Wettkampf auf das international übliche hohe Niveau gehoben. Dringend notwendige Nachrüstungen vor allem für internationale Wettbewerbe im Turmspringen oder Synchronschwimmen werden vorgenommen.

Zu den konkreten Maßnahmen in diesem Bereich zählen zum Beispiel der Einbau moderner Absprungsockel an den Beckenrändern oder Adaptionen am Sprungturm in Hinblick auf internationale Wettkampfnormen. Weiters werden neue Garderoben, Duschen, Ruhe- und Nebenräume, Backstage- und Pressebereiche entstehen. Der separate Eingang, die darauf abgestimmte Infrastruktur und das professionelles Ambiente garantieren beste Voraussetzungen auch für die Abwicklung von Großveranstaltungen auf internationalem Niveau.

Modernste Hallenbadtechnik
Die Technik im Wiener Stadthallenbad wird komplett erneuert. Die Schwimmbecken werden nach aktuellen hygienischen Ansprüchen in Sachen Durchströmung und Wasserhydraulik adaptiert. Die Idee der sogenannten "finnischen Rinne" wird beibehalten. Sie sichert als eine das Becken einfassende Überlaufrinne eine optimale Durchströmung. Der große Vorteil liegt darin, dass nun der Wasserspiegel im Becken - wie von Rainer ursprünglich konzipiert - dem Niveau des Fliesenbodens angeglichen ist.

Auch die haustechnischen Anlage wird erneuert und die Bädertechnik optimiert. Dadurch werden der Energieeinsatz für Strom und Wärme maßgeblich reduziert und der Wasserverbrauch verringert. Künftig wird auch die Abwärme, die durch die Eisanlage in der Eislaufhalle am Vogelweidplatz entsteht, zur Erwärmung des Beckenwassers im Stadthallenbad genutzt. Der positive Effekt dieser Maßnahmen: Der jährliche Wasserverbrauch wird um 25 Prozent, der Verbrauch an Fernwärme um 60 Prozent und der Stromverbrauch um 20 Prozent gesenkt. Das spart auch bis zu 800 Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid pro Jahr. Zum Vergleich: Die eingesparte CO2-Menge entspricht den Emissionen eines PKW (120g/km), der sechs Millionen Kilometer zurücklegt.

Komplette Barrierefreiheit
Das generalsanierte Stadthallenbad wird sich auch durch komplette Barrierefreiheit auszeichnen. Eine Maßnahme dazu ist der Einbau zweier behindertengerechter Liftanlagen. Dazu kommen auch behindertengerechte Duschen, WC-Anlagen und Garderoben. Um eine bestmögliche Orientierung im komplexen Raumprogramm des Stadthallenbades zu gewährleisten, werden vorhandene Sicherheitseinrichtungen und bestehende Fluchtwege optimiert.
     
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