Papierindustrie: Krise gemeistert, Ausblick nicht ohne Sorgen   

erstellt am
06. 04. 11

Erhöhung der Produktionsmenge um 9% prägte Aufschwung 2010 - Nachhaltigkeitsbericht bestätigt Fortschritte bei sozialen und ökologischen Themen
Wien (pwk) - Die Konjunkturerholung gewinnt auch in der Zellstoff- und Papierindustrie an Breite. "Dank einer sehr guten Mengenentwicklung konnte die in Österreich traditionell starke Papierbranche nach dem Einbruch im Jahr 2009 im Sog der wirtschaftlichen Aufholjagd im Vorjahr die höchsten Zuwächse seit zwei Jahrzehnten verbuchen und die Krise einigermaßen unbeschadet meistern", betont Wolfgang Pfarl, Präsident der Austropapier - Vereinigung der Österreichischen Papierindustrie. Die gute Nachfrage, so Pfarl, war in allen Sortenbereichen zu spüren, was 2010 zu einem Zuwachs der Jahresproduktionsmenge um 9% auf knapp über fünf Millionen Tonnen Papier, Karton und Pappe führte. Der Branchenumsatz stieg um 17% auf 3,8 Milliarden Euro und blieb somit nur geringfügig unter dem Wert des Jahres 2008.

Die deutlichste Steigerung verzeichnete mit über 35% die Produktion von Zeitungsdruckpapier, das in der Rezession besonders stark zurückgegangen war. Die Herstellung von Kraftpapieren wuchs mit einem Plus von 10%, Dünn- und Spezialpapiere mit 6,4%, sowie Druck- und Schreibpapiere mit 5,3%. Faltschachtelkarton kletterte mit einem kräftigen Plus von 14% auf die neue Rekordproduktionsmenge von 555.000 Tonnen. "Auch die Erzeugung von Zellstoff konnte um 9% auf 2 Millionen Tonnen gesteigert werden, womit der bisherige Höchstwert von 2008 knapp übertroffen werden konnte", bestätigt Alfred Heinzel von der Heinzel Holding die erfreuliche Tendenz. Im Hinblick auf die gesamteuropäische Situation weist Max Oberhumer, Geschäftsführer der Sappi Austria GmbH, darauf hin, dass sich Österreichs Papierbranche leicht überdurchschnittlich entwickelte: "Portugal, Ungarn, Finnland und Deutschland konnten ihre Produktion 2010 am deutlichsten steigern, während die Slowakei und Tschechien hinter ihre Produktionsmenge von 2009 zurückfielen. Im weltweiten Vergleich wuchs die Branche in Europa 2010 mit 8,3% stärker als in den USA, Kanada und Brasilien, und wurde nur von Asien übertroffen."

Aktuell werden jedoch die Ergebnisse der Unternehmen durch das sehr hohe Kostenniveau bei Rohstoffen, vor allem Zellstoff und Altpapier, belastet. Bei Holz kommt erschwerend noch die Herausforderung der nachhaltigen Versorgungssicherheit dazu. "Im Rahmen von FHP, der Kooperationsplattform Forst Holz Papier, arbeiten wir gemeinsam mit der Forstwirtschaft und der Holzindustrie an Lösungsansätzen, wie etwa der Forcierung der Bewirtschaftung durch hofferne Waldbesitzer, und dem Anbau von schnell wachsenden Energiehölzern, wie Pappel und Weide. Die Frage nach der gesicherten langfristigen Verfügbarkeit von Holz zur stofflichen und energetischen Verwertung können wir nur gemeinsam beantworten", zeigt sich Austropapier-Präsident Pfarl überzeugt. Ein anderes Schlüsselthema von FHP sind die, nach exzessiven Erhöhungen außerordentlich schwierig gewordenen, Tarifverhandlungen mit der Rail Cargo Austria (RCA). "Der Anteil von Holz und Holzprodukten am gesamten Gütertransport der Bahn beträgt mehr als 10% - die Bundesregierung ist gefordert, ein klares Bekenntnis zum Holztransport auf der Schiene abzugeben. Gelingt keine Einigung, könnten durch Verlagerung auf die Straße nicht nur bis zu 200.000 LKW-Fahrten zusätzlich notwendig werden, es wäre damit seitens der Politik auch ein umwelt- und klimapolitischer Rückschritt zu verantworten", hält Pfarl fest.

"Die aktuelle Auslastung der Produktionskapazitäten wird von den Unternehmen als sehr unterschiedlich, von gut bis unbefriedigend, berichtet. Durchgängig wirkt sich der steile Anstieg der Rohstoffkosten für Frischfaser und Altpapier als ergebniskritisch aus und kann auch nur punktuell weitergegeben werden. Wir rechnen heuer mit keinen nennenswerten zusätzlichen Nachfrageimpulsen, die Wachstumsraten werden bestenfalls wieder auf normales Niveau einschwenken", schätzt Pfarl die Gesamtsituation eher vorsichtig ein. Die Investitionskurve der österreichischen Zellstoff- und Papierindustrie zeigt seit mehreren Jahren erstmals wieder leicht nach oben, allerdings auf sehr tiefem Niveau. Die Investitionstätigkeit der Unternehmen konzentriert sich auf notwendige Ersatzinvestitionen und Ausgaben zur weiteren Verbesserung der Energieeffizienz. "Kapazitätserweiterungen, die auch kräftige Effizienz- und Technologieschübe geben können, sind derzeit nicht in Sicht", so Pfarl, der auch den weiteren Rückgang der Arbeitsplätze kommentierte: "Die Auswirkungen der Krise sind in unserer Branche weiterhin stark spürbar. Die Betriebe sind auf rigoroses Kostenmanagement angewiesen und benötigen möglichst flexible Arbeitszeitmodelle - andererseits musste in Österreich kein Unternehmen der Branche krisenbedingt geschlossen werden, was uns positiv von allen anderen Ländern unterscheidet und ein Beweis für die hervorragende Wettbewerbsposition der heimischen Standorte ist", resümiert Pfarl.

Klare Worte gab es auch zum heißen Thema Energie. "Austropapier hat sich unter der Prämisse der Kosten- und Ressourceneffizienz stets zum Ausbau der Erneuerbaren Energien bekannt", betont Oberhumer. Gerade vor dem Hintergrund der Katastrophe in Japan und der intensiven Diskussionen über die Zukunftsfähigkeit der Nuklearenergie müssen auch die Potenziale der Industrie zur Erzeugung von Bioenergie stärker berücksichtigt werden. "Wir sprechen uns für einen einheitlichen europäischen Energieraum aus, in dem Wettbewerbsverzerrungen durch stark unterschiedliche nationale Förderbedingungen, wie wir sie heute hinnehmen müssen, vermieden werden. Das neue Ökostromgesetz ist aus unserer Sicht eine Übergangslösung - es muss einerseits die bereits lange versprochene Kostendeckelung für die energieintensive Industrie EU-konform umsetzen, andererseits klare Impulse für noch mehr Kosten- und Energieeffizienz im Fördersystem geben. Der Vorrang der stofflichen vor der energetischen Verwertung bei fester Biomasse im Sinne einer kaskadischen Wertschöpfung ist ja bereits klar verankert", erläutert Oberhumer.

Mit dem achten Austropapier-Nachhaltigkeitsbericht dokumentiert die Branche ihre Fortschritte, Herausforderungen und Beiträge zur nachhaltigen Entwicklung. "Papier ist ein Evergreen, dessen Erzeugung, Nutzung und Wiederverwertung von Kreisläufen geprägt ist", beschreibt Austropapier-Geschäftsführer Oliver Dworak die Erfolgsfaktoren der Branche. "Unser Nachhaltigkeitsbericht, der von plenum , der Gesellschaft für ganzheitlich nachhaltige Entwicklung gemäß den Kriterien der Global Reporting Initiative (GRI) geprüft wurde, fasst die Entwicklungen der Branche in den drei Dimensionen Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft kompakt zusammen und verknüpft sie mit unserem Branchenleitbild. Darüber hinaus sprechen wir im Bericht auch neue Themen an und laden unsere Stakeholder aktiv zum Dialog ein", so Dworak abschließend.
     
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