Haushalte setzen verstärkt auf gemanagte Finanzprodukte   

erstellt am
14. 04. 11

Finanzverhalten privater Haushalte 2010
Wien (oenb) - Fast jeder zweite Euro, den Haushalte 2010 in Geldanlagen steckten, wurde in Investmentzertifikaten, Lebensversicherungen oder Pensionskassenansprüchen und damit in gemanagten Finanzprodukten veranlagt. Mit 5,9 Mrd Euro war der Transaktionswert so hoch wie in den letzten vier Jahren nicht mehr. Zeitgleich bauten die Haushalte ihre Bankeinlagen weit zurückhaltender auf, die Spareinlagen wurden netto sogar reduziert.

Gemäß den Daten der Gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung veranlagten private Haushalte 2010 12,0 Mrd Euro in Finanzanlagen. Dies bedeutet einen Rückgang von 2,4 Mrd Euro gegenüber dem Vorjahr und spiegelt eine gemäß den Daten der Statistik Austria gesunkene Sparquote von 11,1 % (2009) auf 9,1 % (2010) wider.

In einem Umfeld teilweise historisch niedriger Kundenzinssätze der Banken, einem auf Jahresbasis betrachteten Anstieg der Aktienindizes, der Aussicht auf eine Änderung der Besteuerung von Bewertungsgewinnen von Aktien im vierten Quartal 2010 und einem Anspringen der Inflation veranlagten private Haushalte 2010 12,0 Mrd Euro in Finanzanlagen.

5,9 Mrd Euro – und damit fast die Hälfte des Vermögensaufbaus im Jahr 2010 – entfielen auf gemanagte Finanzprodukte wie Investmentzertifikate, Lebensversicherungs- und Pensionskassenansprüche. Haushalte erwarben im abgelaufenen Jahr vor allem Investmentzertifikate und zwar in Höhe von 2,3 Mrd Euro, nachdem die Käufe 2009 nur 0,9 Mrd Euro ausgemacht hatten und 2008 sogar Nettoverkäufe in Höhe von fast 4 Mrd Euro zu beobachten gewesen waren. Zweite wichtige Kategorie innerhalb der gemanagten Finanzprodukte waren, wie schon in den Vorjahren, die Lebensversicherungsansprüche. Haushalte nützten diese Veranlagungsform sowohl als Sparprodukt als auch als Tilgungsträger für endfällige Kredite, die vornehmlich in Fremdwährungen denominiert waren. 2010 betrug der Zuwachs an Lebensversicherungsansprüchen 2,9 Mrd Euro bzw. 24 % der gesamten Geldvermögensbildung. Auf Pensionskassenansprüche entfielen 0,7 Mrd Euro.

Wenn Haushalte ihr Vermögen hingegen selbst direkt bei Banken oder am Kapitalmarkt veranlagten, so entschieden sie sich wertmäßig vor allem für verzinsliche Wertpapiere (1,1 Mrd Euro) bzw. nicht zuletzt aufgrund der anstehenden Änderung in der Besteuerung für börsennotierte Aktien (1,4 Mrd Euro). Waren im ersten Fall inländische Banken die erste Adresse, so wurden im Fall der Aktien ausländische Emittenten bevorzugt.

Österreichs traditionell beliebteste Vermögensaufbauform – die Spareinlagen – wurde im Jahr 2010 allerdings eher gemieden. Erstmals seit fünf Jahren gingen die Spareinlagen um 2,2 Mrd Euro auf knapp unter 150 Mrd Euro zurück. Teilweise wurden die Gelder im Jahr 2010 auch zu anderen Einlageprodukten umgeschichtet. Täglich fällige Einlagen – meist in Form von Sichteinlagen – legten nämlich deutlich zu. Per saldo erhöhten Haushalte ihre Einlagenbestände um 1,1 Mrd Euro, um rund 6,2 Mrd Euro weniger als noch 2009.

Das gesamte Geldvermögen der privaten Haushalte (dazu zählen Bargeld, Einlagen, verzinsliche Wertpapiere, Aktien und sonstige Beteiligungen, Investmentzertifikate, Ansprüche gegenüber Versicherungen, Pensionskassen und betrieblichen Vorsorgekassen sowie sonstige finanzielle Aktiva, aber ausgenommen Liegenschaftsbesitz im Inland) erreichte zum Jahresende 2010 einen Wert von 460,8 Mrd Euro, um rund 21 Mrd Euro mehr als noch zum Jahresultimo des Vorjahres. Wesentlicher Grund für den Vermögenszuwachs war neben den Neuveranlagungen der bewertungsbedingte Anstieg der Wertpapierportefeuilles. Die Indizes der für inländische Anleger wichtigen österreichischen, deutschen und amerikanischen Aktienmärkte erhöhten sich im Gesamtjahr 2010 zwischen 11 % und 16 %. Erstmals lag der Marktwert des Wertpapierbestands über der 100-Milliarden-Euro-Grenze.

Weiterhin relativ zurückhaltend waren private Haushalte bei der Schuldenaufnahme. Wie 2009 betrug die Neuverschuldung im Jahr 2010 1,3 Mrd Euro. Der stärkste Impuls ging dabei von Krediten für Wohnraumbeschaffung bzw. -sanierung aus. Netto getilgt wurden hingegen – wie schon in den Vorjahren – die Konsumkredite.

Dass der aushaftende Schuldenstand trotz verhaltener Neuverschuldung dennoch um 5 % auf 161,1 Mrd Euro anstieg, wurde wesentlich durch den 19-prozentigen Anstieg des Wechselkurses des Schweizer Franken gegenüber dem Euro verursacht. Zum Jahresultimo 2010 waren Fremdwährungsverbindlichkeiten in Höhe von 38,7 Mrd Euro ausstehend, 28,7 Mrd Euro davon waren endfällige Kredite mit Tilgungsträgerfinanzierung.
     
zurück