Wahlrechtsänderung  

erstellt am
02. 05. 11

Gesetzentwurf wird in Begutachtung gezogen
Koalitionsparteien und BZÖ legen gemeinsamen Initiativantrag vor
Wien (pk) - Der am 29.04. gemeinsam von den Koalitionsparteien und dem BZÖ eingebrachte Gesetzesantrag zur Änderung des Wahlrechts wird einer Begutachtung unterzogen. Ein entsprechender Beschluss wurde vom Verfassungsausschuss des Nationalrats in einer kurzfristig einberufenen Sitzung einstimmig gefasst. Zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme sind neben dem Bundeskanzleramt und drei weiteren Ministerien auch die Ämter der Landesregierung, der Städtebund, der Gemeindebund, der Weltbund der Auslandsösterreicher und der Verein Neustart eingeladen.

Ziel des Wahlrechtsänderungsgesetzes 2011 ist es, Missbrauch bei der Briefwahl zu verhindern. Außerdem will man die Bestimmungen über die Wahlausschließungsgründe im Hinblick auf ein Urteil des Europäischen Menschengerichtshofs adaptieren und Mitgliedern des Hauses Habsburg die Kandidatur bei Bundespräsidentenwahlen gestatten.

In einer ersten kurzen Debatte zeigte sich Abgeordnete Daniela Musiol (G) über die Initiative erfreut und wies darauf hin, dass sich im Antrag auch einige Gesetzesvorschläge der Grünen wiederfinden, etwa was die Briefwahl und den Habsburger-Passus betrifft. Skeptisch äußerte sie sich hingegen zu den Bestimmungen über das Wahlrecht von Strafgefangenen. SPÖ-Klubobmann Josef Cap hob eine im Gesetzesantrag enthaltene Verfassungsbestimmung hervor, wonach die Zuerkennung des passiven Wahlrechts für die Familie Habsburg bei Bundespräsidentschaftswahlen keine Auswirkungen auf die erfolgte staatliche Übernahme des Vermögens des Hauses Habsburg-Lothringen habe.

Ausschussobmann Peter Wittmann will nach Vorliegen der angeforderten Stellungnahmen mit den Fraktionen die weitere Vorgangsweise in Bezug auf die parlamentarischen Beratungen über den Antrag abstimmen.

 

Molterer und Wittmann: Einigung auf Reform der Briefwahl
Wegfall des Wahlausschließungsgrundes "Mitglied regierender Häuser oder solcher Familien, die ehemals regiert haben" bei Bundespräsidentenwahlen
Wien (övp-pk) - Die Koalitionsparteien ÖVP und SPÖ haben sich auf eine Reform der Briefwahl geeinigt. Mit den Änderungen sollen die jüngst aufgetretenen Probleme bei der Durchführung der Briefwahl beseitigt werden, berichteten die Verfassungssprecher der Koalitionspartner, Abg. Mag. Wilhelm Molterer von der ÖVP und Abg. Dr. Peter Wittmann von der SPÖ am 29.04. Ein entsprechender Antrag wurde am selben Tag in der Sitzung des Nationalrates eingebracht. "Diese Einigung der Koalition wird Missbrauch künftig besser verhindern und strategisches Wählen verunmöglichen", so Wittmann und Molterer. Die Änderungen im Detail:

  1. Änderung der Regelungen für die Beantragung einer Wahlkarte bzw. Stimmkarte mit dem Ziel, eine missbräuchliche Beantragung zu verhindern: Prinzipiell muss sich künftig der Antragsteller ein Mal ausweisen, entweder bei der persönlichen Beantragung der Briefwahlkarten oder im Fall der schriftlichen Beantragung (und der damit verbundenen Glaubhaftmachung der Identität mit der Kopie eines Dokuments) bei der Übernahme der Briefwahlunterlagen mittels eingeschriebener Zusendung. In Heil- und Pflegeanstalten soll überdies nur mehr eine persönliche Zustellung möglich sein. Die Beantragung und Ausstellung der Wahlkarten wird protokolliert und dem Wahlakt angeschlossen. Damit wird dieser Vorgang für die Wahlbehörden überprüfbar.
  2. Änderung der Frist für das Rücklangen der Wahlkarten oder Stimmkarten, mit dem Ziel, dass eine Stimmabgabe nach Schließen des letzten Wahllokals und somit nach Veröffentlichung der ersten Hochrechnungen in den Massenmedien mit hundertprozentiger Sicherheit verhindert wird: Künftig wird die Nachfrist völlig gestrichen, die Briefwahlkarten müssen am Wahltag bis 17.00 Uhr bei einer Wahlbehörde eingelangt sein. Die Summe der eingelangten Briefwahlkarten wird protokolliert. Die Auszählung erfolgt am darauffolgenden Montag ab 9.00 Uhr durch die Bezirkswahlbehörden. Ein missbräuchliches Miteinbeziehen verspätet eingelangter Wahlkarten wird somit verhindert.
  3. Damit Auslandsösterreichern auch weiterhin die Teilnahme an der Wahl möglich bleibt, werden die Fristenläufe um eine Woche vorverlegt: Somit erhalten Auslandsösterreicher um eine Woche früher die Briefwahlunterlagen, welche zukünftig ebenfalls spätestens zum Wahlschluss bei den Wahlbehörden einlangen müssen und nicht mehr bis zum 8. Tag nach dem Wahltag wie bisher.
  4. Änderung der Gründe für einen Ausschluss vom Wahlrecht in Reaktion auf das Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Sache "Frodl gegen Österreich": Der pauschale Ausschluss vom aktiven Wahlrecht wird dahingehend umgeändert, dass der Ausschluss zukünftig als Einzelfallentscheidung anhand eines Katalogs von Strafdaten bzw. wegen einer Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren durch ein Gericht erfolgt. Die Wahlausschließungsgründe für das passive Wahlrecht bleiben aufrecht.
  5. Wegfall des Wahlausschließungsgrundes "Mitglied regierender Häuser oder solcher Familien, die ehemals regiert haben" bei Bundespräsidentenwahlen durch Änderung des Bundesverfassungsgesetzes und des Bundespräsidentenwahlgesetzes 1971.

 

 Musiol: Rotschwarzer Wahlrechts-Antrag folgt Grünen Forderungen
Briefwahl wird auf Basis Grüner Anträge reformiert
Wien (grüne) - "Es ist keine Selbstverständlichkeit des parlamentarischen Alltags, dass sinnvolle Vorschläge der Opposition aufgenommen werden. Umso mehr freuen wir uns, dass SPÖ und ÖVP in ihrem Antrag zum Wahlrecht Grüne Forderungen übernommen haben", reagiert die Grüne Verfassungssprecherin Daniela Musiol erfreut. Der vorliegende Antrag, der nun in Begutachtung geschickt wird, ist ein wichtiger erster Schritt und eine Antwort auf diverse Grüne Anträge, die die Verfassungssprecherin eingebracht hat. Musiol: "Das ist ein Grüner Erfolg. Einigen Grünen Forderungen wurde allerdings noch nicht Rechnung getragen. Hier werden wir uns weiter einsetzen." Die Grünen Anträge bezogen sich auf die Reform des Briefwahlrechts, Strafgefangenen grundsätzlich ein Wahlrecht zu geben und das Verbot des passiven Wahlrechts für Habsburger bei Bundespräsidentenwahlen zu beseitigen.

 

Em: Können bei einigen Punkten nicht ohne weiteres zustimmen
Der Vizepräsident des Auslandsösterreicher-Weltbundes (AÖWB) sieht vor allem die neuen Fristen als prblematisch.
Wien (aöwb) - Die Österreicher im Ausland, die das Briefwahlrecht für sich und auch die Inlandsösterreicher erkämpft haben, begrüßen Reformen, die einem Missbrauch dieses Rechts vorbeugen und unterstützen dies, so Dr. Jürgen Em, Vizepräsident des Auslandsösterreicher- Weltbundes (AÖWB) und Präsident der Österreichischen Gesellschaft Bonn e. V. Für die Auslandsösterreicher ist die Teilhabe an österreichischen Wahlen, von denen sie bis 1989 ausgeschlossen waren und erst durch Verfassungsgerichtsbescheid die Teilnahme ermöglicht worden ist, ein wesentlicher Bestandteil der demokratischen Mitwirkung in ihrem Heimatland und die vor kurzem eingeführte echte Briefwahl zur erleichterten Teilnahme an den Wahlen ein Anliegen, welches nicht missbraucht werden darf.

Gleichwohl ergeben sich für die Auslandösterreicher durch die vorgesehene Änderung des Wahlrechts einige Punkte, denen sie nicht ohne weiteres zustimmen können und auf die sie die Politiker aufmerksam machen wollen. Dies betrifft vor allem die neuen Fristen der Einlangung der Wahlkarten bis 17:00 Uhr am Wahltag. (Bisher am 8. Tag danach ) Hier muss auf die längeren Postwegzeiten vor allem aus den außereuropäischen Ländern aufmerksam gemacht werden. Bisher galt eine Frist von insgesamt 28 Tagen, die sich auf 20 Tage für die Versendung der Wahlunterlagen an die Wähler und 8 Tage für die Einlangung der Wahlkarten nach der Wahl verteilten. Wenngleich einzusehen ist, dass von Seiten der Politik, um "taktisches Wählen" auszuschließen vorgesehen ist diese Nachfrist aufzuheben, dafür zwar im Vorfeld eine Woche für die Einbringung von Wahlvorschlägen vorzuverlegen, also insgesamt wieder 28 Tage, ergibt sich jedoch eine faktische Verkürzung um 3 Tage auf nur 25 Tage, da in Österreich Samstag und Wahlsonntag vor Ende der Wahl um 17:00 keine Post mehr ausgetragen werden kann und somit am Freitag eingeworfene Wahlbriefpost nicht mehr rechtzeitig ankommt und damit ungültig ist. Falls von einigen Auslandsösterreichern die Stimmabgabe in konsularischen Vertretungen bevorzugt wird, erhöht sich diese Verkürzung der effektiven Zeit noch auf ca. 1 Woche, sodass statt 28 Tage nur etwa 21 Tage zur Verfügung stehen - Zeitverschiebungen noch nicht eingerechnet -, was für Zu- und Rücksendung der Wahlunterlagen vor allem im außereuropäischen Raum eine Teilnahme an österreichischen Wahlen sehr erschwert bzw. eventuell sogar unmöglich macht und viele Österreicher im Ausland auf "kaltem Weg" von den Wahlen ausschließt. Um diesen Notstand bei den Fristen zu beheben gäbe es zwei Möglichkeiten: Einerseits den Rücklauf der Wahlkarten bis Dienstag nach der Wahl zu ermöglichen, was zugegebener Maßen ein "taktisches Wählen" nicht vollkommen ausschließt, oder andererseits eine Verlängerung der gesamten Frist von 28 Tagen auf 31 Tage, (noch besser auf 35 Tage wie z. B. in Deutschland), was einer zeitliche Gleichstellung der bisherigen Usance gleichkommen würde. (Eine Verlängerung der Fristen auf mehr als 28 Tage würde auch für die Österreicher im Ausland eine bessere Möglichkeit der Verfolgung der Argumente der Parteien im Wahlkampf bedeuten um diese in ihre Wahlentscheidung einzubeziehen.

Für die Zukunft wäre eine Einführung von e-voting, natürlich nach Lösung aller sicherheitstechnischen Problemen, eine moderne Möglichkeit des Wählens und eine Erleichterung der demokratischen Ausübung des Wahlrechts für die Österreicher im Ausland. Andere Länder wie z. B. Estland machen es schon vor und bei Banken kann man weltweit sicher Geld auf elektronische Weise abheben. Man muss nur von Seiten der Politik wollen und sich den derzeit noch bestehenden Problemen stellen und nach Lösungen suchen.

http://www.weltbund.at
     

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