18. Klangspuren Schwaz Tirol   

erstellt am
12. 05. 11

Festival zeitgenössischer Musik Schwerpunkt Spanien - 08.09.-24.09.2011
Schwaz (klangspuren) - Ein spanischer Deklamator jagt eine moldawische Geigerin vor sich her und beide queren dabei die grandiosen Orchesterklanglandschaften des Komponisten Mauricio Sotelo, der mit einem neuen Stück für eben diese Besetzung mit dem Tiroler Symphonieorchester Innsbruck die 18. Ausgabe der "Klangspuren" eröffnet. Der junge Tiroler Thomas Amann fordert dasselbe Orchester mit seinen rhythmisch vertrackten Figuren heraus und der Brite George Benjamin lässt es in seinen Dance Figures auftanzen.

Regional verankert, international konzipiert und einer sinnlichen, ja ab und an plakativen Vermittlung Neuer Musik nicht abgeneigt: die "Klangspuren" Schwaz, das Tiroler Festival zeitgenössischer Musik, stehen für die Vielfalt gültiger Positionen im gegenwärtigen Neue-Musik-Betrieb. Die aktuelle Ausgabe konzentriert sich vor allem auf Aspekte des zeitgenössischen Musikschaffens Spaniens, ein vielschichtiges Porträt des Komponisten und Dirigenten George Benjamin sowie neue Kooperationen mit dem Kunsthistorischen Museum Wien und dem ebenfalls in Wien beheimateten und weiblicher Kreativität geltenden Festival e_may.

Spaniens Szene Neuer Musik erlebte mit dem wirtschaftlichen Aufschwung vor der aktuellen Krise einen immensen Schub und begann sich auch dank des Engagements der österreichischen CDProduktionsfirma Kairos nachhaltig mit der europäischen Szene Neuer Musik zu vernetzen: neue Festivals und Ensembles sind entstanden, die den zahlreichen Komponisten zum ersten Mal seit vielen Jahrzehnten auch in Spanien selbst Sichtbarkeit und Arbeit verschafft haben. Die "Klangspuren" Schwaz werden neben der Präsentation der Ensembles Trio Arbos, Plural und Residencias bereits etablierten Persönlichkeiten wie Mauricio Sotelo vor allem jungen Komponisten eine Plattform sein. Interpreten wie Komponisten sind dabei auch Zeugen einer hochbrisanten kulturpolitischen Situation.

Gewissermaßen vor der spanisch-kolonialen Folie kann man das neue Programm des bolivianischen Orquesta Experimental de Instrumentos Nativos unter der Leitung von Cergio Prudencio hören. Bereits 2009 bei den Klangspuren zu Gast präsentiert sich diese Formation nun mit neuen Kompositionsaufträgen. Komponisten wie Beat Furrer und der in Freiburg wirkende Mesias Meiguashca und Alejandro Cardona haben in Workshops in La Paz dieses inkaische Instrumentarium eingehend studiert und die Erfahrungen in neue Kompositionen gefasst - kultureller Dialog und Austausch einmal anders gesetzt.

Die abwechslungsreiche Verschränkung von etablierten und aufstrebenden Kreativen der österreichischen Szene Neuer Musik bestimmt auch 2011 die Programmphilosophie der "Klangspuren". Thomas Amann, Hannes Strobl, Christian Reimeir, Manu Delago, Thomas Eisl und Elisabeth Schimana stellen dabei einen wiederum neuen und dabei ganz eigenen Querschnitt durch das aktuelle Musikschaffen dar, das im übertragenen oder zumindest biografischen Sinne mit Tirol zu tun hat. Neben Programmen mit zwei unterschiedlichen Formationen des Klangforum Wien können wir dank einer direkten Kooperation mit dem in Wien beheimateten Festival e_may Aspekte einer bewusst auf weibliche Kreativität setzenden Arbeit präsentieren, die in ihrem experimentellen Charakter (Oboe da caccia, Stimme, Elektronik, Sprechmaschine) für das "Klangspuren"-Publikum ein Novum darstellen.

Die Achse Wien - Tirol wird in diesem Jahr auch durch die besondere Kooperation zwischen dem Kunsthistorischen Museum Wien und dem Ensemble Phace verstärkt: die Uraufführung des kompletten fünfteiligen Tintoretto-Zyklus von Wolfram Schurig wird auf Schloss Ambras im Spanischen Saal im stimmigen Rahmen (als interessanter Kontrapunkt zur Alten Musik, die ansonsten das musikalische Geschehen auf Schloss Ambras bestimmt) einer der diesjährigen "Klangspuren"-Höhepunkte und als Botschafter unserer Arbeit für die Neue Musik am Folgetag auch im Kunsthistorischen Museum von Wien in einem besonderen "Installationskonzert" zu erleben sein.

Erweitert wird diese Arbeit durch eine Kooperation mit dem Institut für Musikwissenschaft der Universität Innsbruck, deren Schwerpunkt die Forschung zum Binom Bild und Musik ist; damit kommen kunsthistorische, wissenschaftliche und zeitgenössisch kreative Aspekte zueinander, die das elfenbeinerne Verständnis von Kultur weit hinter sich lassen.

Die Programmachsen der Klangspuren führen in zahlreiche geographische wie ästhetische Himmelsrichtungen; eine sollte dabei besonders hervorgehoben werden. Gemeinsam mit dem Partnerfestival Transart wird die bei den Klangspuren mittlerweile zur Tradition gewordene Pilgerwanderung auch den Brenner queren: dem wandernden Publikum wird dabei an spirituell bedeutungsvollen Positionen historischer Kirchenarchitektur ein anspruchsvolles wie abwechslungsreiches Programm Neuer Musik näher gebracht. Die musikalische Pilgerschaft der Klangspuren stößt beim Publikum alle Jahre wieder auf große Begeisterung, wird doch der konzertritualbefreite Umgang mit Neuer Musik als besonders erfrischend empfunden. Der Aspekt von Vermittlung und Weiterbildung wird bei den "Klangspuren" exemplarisch durch die bereits vieljährige Kooperation mit dem Ensemble Modern aus Frankfurt verdeutlicht. Der große Zuspruch für die Internationale Ensemble Modern Akademie aus allen Teilen der Welt mit weit über 100 Anmeldungen jährlich zeigt wie notwendig die Vermittlung von Wissen, Spieltechniken und die Begegnung mit den großen Komponistenpersönlichkeiten für die jungen aufstrebenden Talente ist, die ihre Begabung in den Dienst der Neuen Musik stellen wollen. George Benjamin wird als einer der rigorosesten Persönlichkeiten des derzeitigen Musiklebens sowohl als Dirigent denn auch als composer in residence dieser achten Ausgabe der Internationalen Ensemble Modern Akademie, die wieder am Grillhof bei Innsbruck stattfindet, einen starken wie unverwechselbaren Charakter verleihen. Mit einem Publikumstag am 11.09.2011 laden die "Klangspuren" am Grillhof zu einem facettenreichen Programm für Menschen jeden Alters, um im Rahmen der Akademie Einblicke in die Arbeit von Instrumentalisten, Komponisten und Dirigenten zu erhalten.

Eines sei hier vorweggenommen: die "Klangspuren" erzwingen nichts; sie ermöglichen aber die unterschiedlichsten wie spannendsten - so glauben wir zumindest - Begegnungen mit geisteswachen wie hörsensiblen Zeitgenossen unserer Gegenwart.
     
Informationen: http://www.klangspuren.at    
     
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