Brauner: Wiener Rechnungsabschluss 2010 im Zeichen der Krisenfolgen   

erstellt am
07. 06. 11

"Volkswirtschaftliche Lage spiegelt sich im Rechnungsabschluss wider" Investitionshöchststände 2010 erreicht - Einstieg in Konsolidierung 2011 gelungen
Wien (rk) - "Der Rechnungsabschluss 2010 folgt dem Muster aus 2009: Der Kampf gegen die Krise hatte Vorrang. Und der Kampf gegen die Krise war erfolgreich. Jetzt ernten wir steigende Beschäftigtenzahlen, eine sich langsam erholende Auftragslage und besonders gute Werte etwa im Tourismus", so Vizebürgermeisterin Finanzstadträtin Mag.a Renate Brauner bei der Vorlage der "Stadtbilanz" für 2010. Die konjunkturelle Situation sei 2010 noch äußerst volatil gewesen, mittlerweile zeichne sich eine gewisse Stabilisierung ab, allerdings sei die Krise - etwa mit Blick auf den Arbeitsmarkt - noch nicht vorüber. "Wir haben die Talsohle durchschritten - jetzt kommt es darauf an, mit der notwendigen Sorgfalt Schwerpunkte für mehr Wachstum zu setzen und einen maßvollen Konsolidierungskurs voranzubringen, womit wir mit dem Voranschlag 2011 begonnen haben", unterstrich Brauner.

Krisenbekämpfung: "Eingreifen der Stadt hat Arbeitsplätze gesichert"
"Wir haben uns mit aller Kraft gemeinsam mit den Sozialpartnern von Anfang an gegen die Auswirkungen der Krise gewehrt. Ob mit den Maßnahmen in der Jugendausbildung, der Einführung des Gratiskindergartens, den Konjunkturmaßnahmen bei den Unternehmen der Stadt oder den zusätzlichen Mitteln gerade im Wohnbau: Das Ergebnis ist die höchste Investitionsrate seit vielen Jahren", so Brauner. Gleichzeitig habe Wien in der Krise bislang über eine Milliarde Euro an Einnahmen alleine aus den Bundesertragsanteilen verloren. "Die negative Entwicklung bei den Ertragsanteilen verbunden mit dem starken Engagement der Stadt in der Krise ergeben einen krisenverursachten Schuldenstand von 3,07 Mrd. Euro. Das ist der Preis für den Kampf gegen die Krise und spiegelt die volkswirtschaftliche Entwicklung seit Herbst 2008 wider", unterstreicht Brauner. "Ich bekenne mich zu diesen krisenbedingten Schulden, denn ohne zusätzliche Fremdmittelaufnahmen hätten wir zehntausende Arbeitsplätze und die Existenz unzähliger Klein- und Mittelunternehmen aufs Spiel gesetzt. Wirtschaftspolitik ist dazu da, um den Menschen dann zu helfen, wenn diese Hilfe nötig ist. In der größten Weltwirtschaftskrise seit 1945 war diese Hilfe durch die Stadt und durch die öffentliche Hand bitter nötig", so Brauner.

Der Vergleich macht deutlich: Weiterhin geringe Pro-Kopf-Verschuldung
Während der Bund 2010 eine Pro-Kopf-Verschuldung von 22.296 Euro aufwies, erreicht die Pro-Kopf-Verschuldung in Wien 2010 in absoluten Zahlen einen Wert von 1.807 Euro. "Wien ist nach wie vor gemeinsam mit Tirol das Bundesland mit der geringsten Pro-Kopf-Verschuldung in ganz Österreich. Der Vergleich mit dem Bund macht deutlich, dass die Staatsschulden zu über 90 Prozent auf Bundesebene angesiedelt sind", so Brauner. Nach den letztverfügbaren Rechnungsabschluss-Daten aller Länder und ihrer Gemeinden für das Jahr 2009 hat Wien überhaupt den geringsten Pro-Kopf-Schuldenstand aller Länder inkl. Gemeinden (1.111 Euro Wien; Stadt und Land), verglichen mit etwa 1.815 Euro in Oberösterreich oder 4.316 Euro in Niederösterreich.

Auch bei der Betrachtung des Bruttoinlandsprodukts - die Referenzgröße für die Schuldenbewertung auf internationaler Ebene bzw. auch für den Bund - zeigt sich, dass Wien im Bundesländervergleich gute Referenzwerte hat. "Dieser Vergleich zeigt die Stärke Wiens. Auch hier schneidet Wien im Vergleich mit anderen Bundesländern sehr gut ab", so Brauner.

Es sei aber in Wien auch völlig klar, dass mit der Konjunkturbelebung der Einstieg in eine Konsolidierungsphase absolute Priorität hat. "Wir haben den Einstieg in die Konsolidierung mit dem Voranschlag 2011 geschafft und sind auf gutem Wege, intelligent einzusparen und gleichzeitig wichtige Investitionsimpulse für die Zukunft des Standortes Wien zu geben. Das ist zugegebenermaßen eine Gratwanderung", erklärte Brauner. Wien habe immer betont, dass man auf den Weg der Schuldenreduktion zurückkehren werde, aber erst dann, wenn der Arbeitsmarkt und die Auftragslage der Unternehmen wieder auf Vorkrisenniveau seien. Zur Erinnerung: Wien hat seinen Schuldenstand von über 2 Milliarden - im Gegensatz zu anderen Gebietskörperschaften - von 2000 bis 2007 auf einen Wert von 1,4 Mrd. Euro gedrückt, der Ausbruch der Krise hat die Stadt dann zur Trendwende gezwungen.

Fast 5 Milliarden Euro für nachfragewirksame Ausgaben
Im Jahr 2010 erreichte der Wiener Rechnungsabschluss fast den Wert von 12 Milliarden Euro. Der Rechnungsabschluss weist für 2010 bei einem Ausgabenvolumen von 11,882 Euro Einnahmen in der gleichen Höhe aus. Das Maastricht-Ergebnis erreicht einen Wert von minus 672,48 Mio. Euro.

Nicht zuletzt durch das starke Engagement im Baubereich erreichten die Ausgaben für das Bau- und Baunebengewerbe in Wien einen Wert von 1,91 Mrd. Euro - das entspricht einem Plus gegenüber dem Voranschlag von 11,07 Prozent. Die nachfragewirksamen Ausgaben der Stadt haben 2010 mit 4,88 Mrd. Euro einen Top-Wert erreicht. "Beinahe schon 5 Milliarden Euro an nachfragewirksamen Ausgaben lösen eine entsprechende Wertschöpfungskette in der ganzen Ost-Region aus. Der U-Bahn-Bau mit 7.000 gesicherten Arbeitsplätzen - viele ArbeitnehmerInnen im U-Bahn-Bau kommen übrigens aus anderen Bundesländern - ist ein gutes Beispiel dafür", unterstrich Brauner. Zu den nachfragewirksamen Ausgaben zählen z.B. die Gebäudeerrichtung, deren Möblierung und Innenausstattung, der Einkauf von Verbrauchsmaterialien bis hin zu Instandhaltungen der städtischen Infrastruktur (z.B. Straßen).

Die Investitionen des Kernbereichs der Stadt und der städtischen Unternehmen lagen 2010 bei hohen 2,798 Milliarden Euro. Insgesamt waren 2010 57.385 Personen MitarbeiterInnen der Stadt der Wien. Gegenüber dem Rechnungsabschluss 2009 hat sich ihre Anzahl leicht erhöht, was auf den Ausbau des Gratiskindergartens in Wien zurückgeht.

2,95 Mrd. Euro für Gesundheit und Soziales
Wien ist stolz auf ein dichtes soziales Netzwerk und ein umfassendes System an Gesundheitseinrichtungen. Mit 2,95 Mrd. Euro erreichen die Ausgaben für die Bereiche Gesundheit und Soziales 2010 wiederum fast die 3-Milliarden-Marke und befinden sich somit auf dem Niveau des Vorjahres. So entfallen im Bereich Soziales auf den Fonds Soziales Wien 666 Mio. Euro, auf die Allgemeine Sozialhilfe 396,7 Mio. Euro. Im Gesundheitsbereich entfällt der größte Ausgabeposten strukturell auf den Wiener Krankenanstaltenverbund mit 1,562 Mrd. Euro. Die zentralen Projekte des Jahres 2010 waren der Baubeginn des Krankenhauses Nord, die Eröffnung einer neuen Palliativstation für die Betreuung schwerstkranker Menschen im AKH sowie die Fortsetzung der Umsetzung des Wiener Geriatriekonzepts. So wurde 2010 das Pflegewohnhaus Leopoldstadt seiner Bestimmung übergeben und die Bauarbeiten für die Pflegehäuser Döbling und Hietzing begonnen. Im Sozialbereich stellt das Wiener Mindestsicherungsgesetz einen Meilenstein dar.

Wien bekennt sich zum Gratiskindergarten
Wien hat 2010 ganz besonders die Mittel für die Zukunftsaufgaben Bildung und Kinderbetreuung angehoben, was nicht zuletzt mit der Einführung des Gratiskindergartens im Herbst 2009 zusammenhängt. "Der Gratiskindergarten ist ein Meilenstein. Wir stehen als Stadtregierung voll und ganz hinter diesem Wiener Erfolgsprojekt. Der Gratiskindergarten bringt mehr Beschäftigung, trägt entscheidend zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei, entlastet den Mittelstand und bringt vor allem unseren Kindern bessere Zukunftschancen", betonte Brauner. Insgesamt flossen im vergangenen Jahr 566,1 Mio. Euro in eine moderne und pädagogisch wertvolle Kinderbetreuung in Wien. Im Bildungsbereich (Schulen/Büchereien/ Volksbildung) standen 2010 Mittel in Höhe von 1,17 Mrd. Euro zur Verfügung.

Wien fördert maßgeschneidert - von der Wirtschaft bis zur Kultur
Wien verfügt über maßgeschneiderte und vor allem effiziente Förderschienen, sei es für Klein- und Mittelbetriebe, sei es im Kulturbereich oder auch in der ArbeitnehmerInnen-Förderung. In der Wirtschaftsförderung hat starke Signale gesetzt und die Unterstützung gerade in der Krise 2009-2010 hochgehalten. 205,2 Mio. Euro wurden 2010 für aktive Wirtschaftsförderungsmaßnahmen und eine weitere Attraktivierung des Standortes Wien bereitgestellt. So ist es trotz weiterhin erkennbarer Auswirkungen der Finanzkrise 2010 gelungen 113 internationale Unternehmen nach Wien zu holen, um 15 Prozent mehr als 2009. Im Segment Forschung und Innovation wurden 2010 85 Mio. Euro investiert. Im Arbeitsmarktbereich hat Wien für aktive Maßnahmen Mitteldotierungen etwa im Zuge der Unterstützung für die überbetriebliche Lehre, für das Nachholen von Abschlüssen oder Weiterbildungsangebote vorgenommen. Insgesamt standen dem waff (Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds) 2010 aus Mitteln der Gemeinde Wien 58 Mio. Euro für Arbeitsmarkt- und Qualifizierungsmaßnahmen zur Verfügung.

Das Bekenntnis zur Stärke Wiens als Kultur- und Kunstmetropole in Mitteleuropa spiegelt sich auch im Rechnungsabschluss wider. 2010 wurden dafür Mittel in Höhe von 246,6 Mio. Euro ausgeschüttet. Bedingt durch die Dotierung der sogenannten Wohnbauanleihe 2009/2010 ist die Wohnbauförderung auf einen Wert von 819 Mio. Euro angestiegen.

Wien bei Gender Budgeting europaweit führend
Seit 2005 werden alle 200 Budgetansätze der Stadt Wien einem durchgängigen umfassenden "Gender Check" unterzogen. Alle relevanten Ansätze aller Geschäftsgruppen des Magistrats werden seither in einem eigenen Kapitel erläutert. Wien ist mit diesem Projekt europaweites Vorbild, so gab es zuletzt Kontakte und Austausch mit Belgien, Albanien, der Türkei, Deutschland, Frankreich, Weißrussland und Moldawien. Ein Beispiel für das Gender Budgeting im Rechnungsabschluss 2010 ist die Wiener Fachhochschulförderung, mit der es gelungen ist, die Zahl der Studentinnen in den vergangenen Jahren in den technischen Studienrichtungen zu erhöhen und Genderwissen in den Fachhochschulen auch institutionell zu verankern. Auch bei den Wirtschaftsförderungen zeigen sich die Auswirkungen der Bemühungen der Stadt in diesem Bereich: 30 von 41 geförderten Betrieben im Förderwettbewerb Sachgüter verfügen über Frauen in leitenden Positionen.

Eckdaten Rechnungsabschluss Stadt Wien 2010
(Beiträge gerundet)
Gesamtausgaben 11,882 Mrd. Euro
Gesamteinnahmen 11,882 Mrd. Euro
Schuldenstand mit 31.12.2010 3,070 Mrd. Euro
Maastricht-Ergebnis 2010 -672,48 Mio. Euro
Investitionen Stadt gesamt 2,798 Mrd. Euro
Investitionen Kernbereich Magistrat Wien 1,988 Mrd. Euro
Investquote Kernbereich Magistrat Wien 16,73 Prozent
Bauinvestsumme 1,909 Mrd. Euro
Nachfragewirksame Ausgaben 4,877 Mrd. Euro
Sachbudget für Gesundheit/Pflege/Soziales 2,946 Mrd. Euro
Sachbudget für Schulen/Bildung/Kindergärten 1,740 Mrd. Euro
Sachbudget für Arbeitsmarkt/Qualifizierung 58 Mio. Euro
Sachbudget für Forschung, Technologie und Innovation 85 Mio. Euro
Sachbudget für Kunst und Kultur 247 Mio. Euro
Personalstand 2010 57.385
     
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