Debatte um Sonntagsöffnung  

erstellt am
21. 06. 11

Mitterlehner spricht sich für Sonntagsöffnung aus
"An einigen wenigen Wochenenden, wo viel los ist, macht eine Sonntagsöffnung durchaus Sinn"
Wien (oe24) - In die Diskussion um die Sonntagsöffnung kommt nun neuer Schwung: Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner spricht sich im Interview mit der Tageszeitung "Österreich" für eine Sonntagsöffnung an bestimmten Wochenenden aus: "An einigen wenigen Wochenenden, wo viel los ist, macht eine Sonntagsöffnung durchaus Sinn. Das zeigen Städte wie Berlin, wo es bestens funktioniert." Mitterlehner sieht nun aber die Landeshauptleute in der Pflicht, bei der Sonntagsöffnung aktiv zu werden: "Der Ball liegt aber bei den Landeshauptleuten, sie haben die Verordnungskompetenz. In Wien wäre der Bedarf an den Tourismuspunkten sicher da, hier ist Bürgermeister Häupl am Wort." Konkret kann sich Mitterlehner eine Sonntagsöffnung auch in Shoppingcentern vorstellen: "Es macht sicher Sinn für Shoppingcenter, wo es entsprechende Frequenz am Wochenende gibt."

"Ich verstehe aber auch die Einwände von kleinen Geschäften und der Gewerkschaft, dass Sonntag ein Ruhetag ist. Das ist ein Thema, das sehr emotionalisiert. Und man muss sich im Klaren sein, dass die Sonntagsöffnung nicht mehr Kaufkraft bringt, sondern nur eine Verschiebung", so Mitterlehner. Zur Klage von Richard Lugner beim Verfassungsgerichtshof meint Mitterlehner: "Wir warten jetzt die Entscheidung ab. Wenn der VfGH dafür entscheidet, wird das Thema auch bundespolitisch relevant. Dann muss man über ein bundesweites Gesetz nachdenken, das die Sonntagsöffnung regelt."  

 

Mitterlehner: Anregungen zur Sonntagsöffnung richten sich ausschließlich an Wien
Wirtschaftsminister hat nie von einer generellen Öffnung gesprochen - Die meisten Bundesländer haben bereits längere Öffnungszeiten in Tourismusgebieten ermöglicht
Wien (bmwfj) - Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner legt Wert auf die Feststellung, dass weder in der Sendung "Im Zentrum" noch sonst seinerseits von einer generellen Sonntagsöffnung die Rede war. Die Anregung, eine Öffnung an einigen Sonntagen, wie beispielsweise in Berlin, vorzunehmen, bezieht sich ausschließlich auf Wien. Wien hat von seiner Verordnungskompetenz im Rahmen des geltenden Ladenöffnungsgesetzes nicht Gebrauch gemacht. Die meisten Bundesländer haben ohnedies bereits im Rahmen dieser Verordnungskompetenz längere Öffnungszeiten in Tourismusgebieten ermöglicht.

 

Kickl strikt gegen Sonntagsöffnung
Es gibt höhere Werte in unserer Gesellschaft als den Gewinn
Wien (fpd) - FPÖ-Sozialsprecher NAbg. Herbert Kickl spricht sich strikt gegen die Sonntagsöffnung von Geschäften aus: "Es gibt in unserer Gesellschaft höhere Werte als den Gewinn von Unternehmen. Menschen haben das Recht, den Sonntag im Kreise ihrer Familie zu verbringen oder auch einfach ihre verdiente Freizeit zu genießen. Ohnehin gibt es schon genug Beschäftigte, denen das aufgrund dienstlicher Notwendigkeiten auch am Sonntag nicht vergönnt ist", hält Kickl fest. Die FPÖ stehe hier als soziale Heimatpartei klar n der Seite der Dienstnehmer.

"Das krampfhafte Bestreben einiger weniger Unternehmer, den Gewinn durch die weitere Liberalisierung der Öffnungszeiten bis zum letzten Cent auszureizen, ist ein Symptom jenes Turbokapitalismus, der die Welt gerade erst in eine der tiefsten finanziellen Krisen aller Zeiten gestürzt hat. Da machen wir nicht mit", stellt Kickl fest. Darüber hinaus sei es fraglich, ob sich die Sonntagsöffnung überhaupt auszahlt: "Untersuchungen über den Nutzen der Öffnung am 8. Dezember zeigen, dass der Umsatz an diesem Feiertag zwar groß ist, dafür aber an den Tagen rundherum geringer als sonst. Für viele Betriebe wäre die Sonntagsöffnung so wie die Öffnung am 8. Dezember wohl ein Nullsummenspiel", erklärt der freiheitliche Sozialsprecher.

 

Bucher präsentiert "Goldenen Mittelweg"
Ex-REWE-Chef Veit Schalle für verbesserte Öffnungszeiten
Wien (bzö) - BZÖ-Chef Klubobmann Josef Bucher hat in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ehemaligen REWE-Generaldirektor Veit Schalle das BZÖ-Modell der Ladenöffnungszeiten präsentiert. Kernstücke des BZÖ-Modells sind eine Ausweitung der Öffnungszeiten von Montag bis Samstag auf 6.00 bis 22.00 Uhr, also 96 Stunden Wochenöffnungszeit; das Bekenntnis zum arbeitsfreien Sonntag, aber die freiwillige Möglichkeit, sechs Sonntage oder Feiertage im Jahr aufzusperren und die Möglichkeit der generellen Sonntagsöffnung in Tourismusgebieten wie der Wiener Innenstadt. "Der BZÖ-Vorschlag ist der goldene Mittelweg zwischen den Interessen der Wirtschaft, der Arbeitnehmer und der Konsumenten. Wir wollen so wenige Regelungen wie nötig und soviel Markt wie möglich", betonte Bucher.

Bucher unterstrich die Bedeutung des Handels für die österreichische Wirtschaft; Zwölf Prozent des BIP und 223 Milliarden Umsatz im Jahr 2008 seien beeindruckende Zahlen. Der BZÖ-Chef rechnet bei der Umsetzung des BZÖ-Modells mit 20.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen im Handel und einem Stopp des bisherigen Kaufkraftabflusses in den grenznahen Regionen. Schon derzeit würden 680.000 Österreicherinnen und Österreicher regelmäßig am Sonntag arbeiten, übers Jahr gesehen sogar über eine Million. Auch im Handel müsse es eine zeitgemäße Regelung geben. Bucher: "Das BZÖ hat mit seinem Modell versucht, den maximalen Nenner aller Interessen zu finden".

Konkret will Bucher erstens eine Ausweitung der Öffnungszeiten von Montag bis Samstag auf 6.00 bis 22.00 Uhr, das sind künftig 96 Stunden, statt der bisherigen 72 Stunden Öffnungsmöglichkeit. Zweitens bekennt sich das BZÖ zum arbeitsfreien Sonntag, aber schlägt die Einrichtung von pro Jahr sechs frei wählbaren Sonn- oder Feiertagen vor, an denen geöffnet werden darf. Diese Sonntagsöffnung soll in einer dreijährigen Testphase erprobt und dann evaluiert werden. Drittens soll die Möglichkeit einer generellen Sonntagsöffnung in Tourismusgebieten in der Zeit von 14.00 bis 19.00 Uhr bestehen - also beispielsweise in der Wiener Innenstadt.

Als Ausgleich für die Arbeitnehmer verlangt Bucher die gesetzliche Festschreibung eines hundertprozentigen Sonntagszuschlages und an Feiertagen 100 Prozent Lohnzuschlag und hundert Prozent Zeitausgleich. "Das ist ein goldener Mittelweg und die Zusammenführung aller Interessen", so der BZÖ-Chef.

Veit Schalle verlangte zusätzlich die Sortimentsfreigabe für Flughafen- und Bahnhofsshops, die schon bisher an Sonntagen offen halten konnten, aber nur Reiseproviant verkaufen durften. Schalle unterstütze das BZÖ-Modell und sprach sich gegen eine völlige Freigabe der Öffnungszeiten aus. Seine Erfahrungen als REWE-Generaldirektor hätten gezeigt, dass sich beispielsweise in den benachbarten Ostländern die 24-Stunden-Öffnungszeiten einfach nicht rechnen würden. Gleichzeitig wies Schalle darauf hin, dass es mit den Onlinehändlern wo man als Konsument schon jetzt 24 Stunden sieben Tage die Woche einkaufen könne, eine immer stärkere Konkurrenz für den herkömmlichen Handel gebe. Dieser internationalen Konkurrenz könne man nur mit einer vernünftigen Ausweitung der Öffnungszeiten kontern. "Wenn wir jetzt nicht handeln, dann werden gerade viele kleine Geschäfte sterben", so Schalle.

 

 Schatz: Sonntagsöffnung schadet ArbeitnehmerInnen und KMU
Konsumfreier Tag für alle sinnvoll
Wien (grüne) - "Durch die Sonntagsöffnung würden die Handelsangestellten und deren Familien einen bisher geschützten Tag verlieren. Das ist für uns Grüne inakzeptabel", kommentiert die ArbeitnehmerInnensprecherin der Grünen, Birgit Schatz, die derzeitige Diskussion zur Sonntagsöffnung.

"Wir wollen eine gute work-life-balance für jede/r ArbeitnehmerIn. Die Zeit, die alle Familienmitglieder gleichzeitig zur Verfügung haben, ist da besonders wertvoll. Wir dürfen diesen Freiraum nicht weiter beschneiden", meint Schatz weiter. Das in der Diskussion vorgeschobene Argument, dass Sonntagsarbeit ja freiwillig gemacht würde, zählt für Schatz nicht: "Die wenigsten ArbeitnehmerInnen können es sich erlauben, dem ausdrücklichen Wunsch des Chefs nicht Folge zu leisten." "Auch einem großen Teil der Wirtschaft ist mit der Sonntagsöffnung nicht geholfen", meint Schatz weiter: "Kleine Geschäfte können es sich nicht leisten, am Sonntag offen zu halten und verlieren damit weiter Kundschaft an die großen Ketten und Einkaufszentren. Mehr denn je ist daher ein Gesetz notwendig, dass den Sonntag als Tag der Erholung und der Familie schützt," betont Schatz.

 

 Brantner: Mit vereinten Kräften für den arbeitsfreien Sonntag in Europa
Mehr als 50 Organisationen gründen "European Sunday Alliance"
Wien (gpa/ögb) - "Der Erhalt des arbeitsfreien Sonntags ist nicht nur in Österreich ein Thema. In Brüssel haben heute VertreterInnen von 50 Mitgliedsorganisationen aus ganz Europa die Europäische Sonntagsallianz offiziell gegründet", berichtet der Vorsitzende des Wirtschaftsbereichs Handels in der GPA-djp, Franz Georg Brantner, der vom ÖGB nach Brüssel delegiert wurde, um den Pakt als gewerkschaftlicher Sprecher der Allianz zum freien Sonntag in Österreich zu unterzeichnen: "Wir werden uns ab sofort mit vereinten Kräften für angemessene Arbeitszeiten einsetzen, weil wir der Meinung sind, dass alle EU-BürgerInnen das Recht darauf haben, dass Nächte, Feier- und Sonntage von der Regelarbeitszeit ausgenommen bleiben."

Es gehe nicht nur darum, eine Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten zu verhindern, sondern auch darum, diese in jenen Ländern zu reduzieren, in denen die Geschäfte am Sonntag offen haben, so Brantner weiter: "Es wird ja niemand glauben, dass dort mehr eingekauft wird. Es bedeutet nur, dass die Menschen mehr Gelegenheit haben, ihr Geld auszugeben - zu Lasten der Beschäftigten." Außerdem müsse man natürlich die Folgewirkungen einer generellen Sonntagsöffnung bedenken, so Brantner: Was für eine Branche gelte, sei dann auch für andere leichter durchzusetzen.

"Die GPA-djp unterstützt die Allianz zum freien Sonntag in Österreich seit Jahren. Umso mehr freut es uns, dass die vielen Initiativen, die sich mittlerweile auch jenseits unserer Landesgrenzen entwickelt haben, sich jetzt gemeinsam für den freien Sonntag in Europa einsetzen", so Brantner abschließend: "Die Europäische Sonntagsallianz fordert alle demokratischen Parteien auf, diese Aktion zu unterstützen, und die notwendigen Schritte in den demokratischen Institutionen einzuleiten, die dem Schutz arbeitsfreier Sonntage und angemessener Arbeitszeiten dienen."
     

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