Ministerrat beschließt "Oberstufe Neu"  

erstellt am
28. 06. 11

Faymann: Einigung bei "Oberstufe Neu" ist weiterer Schritt zu einer leistungsorientierten, motivierenden Schule
Regelung auch eine Möglichkeit, die hohen Kosten der Eltern für Nachhilfe zu senken
Wien (sk) - Nach dem Beschluss des Ausbaus der ganztägigen Schulformen und der flächendeckenden Umwandlung der Hauptschulen in Neue Mittelschulen konnte mit der Reform der Oberstufe, die jetzt in Begutachtung geht, ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung einer leistungsorientierten, motivierenden Schule gesetzt worden. Das betonte Bundeskanzler Werner Faymann am 27.06. im Pressefoyer nach dem Ministerrat. Die beiden Hauptverhandler Bildungsministerin Claudia Schmied und ÖVP-Bildungssprecher Werner Amon schlagen gemeinsam vor, dass der Aufstieg in die nächste Klasse Oberstufe künftig mit zwei Fünfern und mit Beschluss der Klassenkonferenz auch mit drei Fünfern möglich sein wird. "Das bedeutet aber nicht, dass jemandem etwas geschenkt wird. Nein, ganz im Gegenteil. Man gibt der Schülerin oder dem Schüler damit nur die Möglichkeit, die Prüfungen im folgenden oder spätestens übernächsten Semester zu wiederholen", so der Bundeskanzler.

Faymann erklärte, dass man mit dieser Regelung den Schülerinnen und Schülern die Chance eröffne, in ihrem gewohnten Klassenverband zu verbleiben und die positiven Leistungen nachträglich zu erbringen. Bei drei Fünfern werde künftig die Klassenlehrerkonferenz über einen Aufstieg, unter besonderer Berücksichtigung von Ausnahmesituationen wie Krankheit oder starker psychischer Belastung des Schülers, beispielsweise durch Scheidung der Eltern, entscheiden. Diese Regelung sei auch eine Möglichkeit, die hohen Kosten der Eltern für Nachhilfe zu senken, da die Kinder und Jugendlichen in der Schule individuell betreut und gefördert werden. "Wir haben die Bildung in den Mittelpunkt der zweiten Halbzeit dieser Regierungsperiode gestellt. Wir werden die am Semmering beschlossenen Reformen der Bildung und Ausbildung in unserem Land Punkt für Punkt, von der Schule, über die Universitäten, die Kinderbetreuung bis zu den Vorschulen vorantreiben", so der Kanzler, der weiter ausführte, dass der nächste Schritt die Reform der Pädagogenausbildung sein werde.

Zur Finanzhilfe für Griechenland betonte Faymann, dass Finanzministerin Maria Fekter heute vom Ministerrat die Ermächtigung für weitere Vorgangsweisen betreffend den Euro-Schutzschirm und die kommende Kredit-Tranche für Griechenland beim Treffen der EU-Finanzminister erhalten habe. "Es ist durchaus denkbar, dass am Sonntag bereits eine wichtige Entscheidung fällt", so der Kanzler, der klarstellte, dass es wichtig sei, dass Griechenland jetzt alle Bedingungen erfülle und strukturelle Veränderungen herbeiführe. Konkursszenarien zu spinnen sei derzeit unangebracht, das helfe weder der Eurozone noch den Griechen.

Zum Thema zweisprachige Ortstafeln in Kärnten betonte der Kanzler, dass der vereinbarten Lösung ein schwieriger, aber wichtiger und gut ausbalancierter Verhandlungsprozess unter der Führung von Staatssekretär Josef Ostermayer vorangegangen sei. Faymann stellte klar, dass es nie möglich sei, alle Beteiligten zufriedenzustellen. Es sei aber eine sehr gute Lösung gefunden worden, die auf breite Zustimmung trifft.

 

Spindelegger: "Oberstufe Neu" stellt klar, dass Leistung erhalten bleibt
EU-Finanzrahmen muss Struktur der Bio-Landwirtschaft in Österreich weiter fördern
Wien (övp-pd) - Der Ministerrat hat heute den Gesetzesentwurf zur "Oberstufe Neu" in Begutachtung geschickt. Künftig sollen Schüler mit zwei Nichtgenügend in absolvierten Modulen aufsteigen dürfen. Bei drei Nichtgenügend entscheidet die Klassenlehrerkonferenz individuell. "Wir haben uns zusammengesetzt, um den Dissens, den wir bei einem Thema hatten, in einen sehr positiven Konsens umzuwandeln und dieses Ziel haben wir erreicht", so Vizekanzler Außenminister Michael Spindelegger, und weiter: "Die Lehrer bilden das richtige Gremium, um zu beurteilen, ob man einem Schüler zumuten kann, diese Negativnoten auszubessern. Klar ist auch: Leistung muss erhalten bleiben, es wird niemandem etwas geschenkt", so Spindelegger.

Zweites wichtiges Thema im Ministerrat waren die Verhandlungen zum EU-Finanzrahmen für die Zeit nach 2014, die nächste Woche beginnen. Eines der wichtigsten Kapitel aus österreichischer Sicht wird dabei die Landwirtschaft einnehmen, wie Spindelegger ausführt: "Durch die gemeinsame Agrarpolitik gibt es derzeit keine nationalen Unterschiede und dadurch ergibt sich für die heimischen Bauern auch eine klare Abhängigkeit von den Zahlungen, die sie aus der EU bekommen." Mögliche Kürzungen der Agrarförderungen bezeichnet Spindelegger als "Alarmsignal". Österreich sei in der Vergangenheit immer gut mit der Kombination aus Direktförderungen und der Förderung der Struktur der Bio-Landwirtschaft gefahren. Spindelegger stellt daher abschließend klar: "Ländlicher Raum und kleinräumige Landwirtschaft ohne Großbetriebe ist für uns auch in Zukunft ein wichtiges Asset. Die Konsumenten schätzen die biologische Qualität unserer Lebensmittel und wir werden uns dafür einsetzen, dass diese auch zukünftig erhalten bleibt."

 

Haubner: Aufsteigen mit zwei Nicht genügend
Für BZÖ gilt "Leistung muss sich lohnen" auch in der Schule
Wien (bzö) - "Im Unterschied zur ÖVP mit ihren ständigen Schwenks und ihrem Zick-Zack-Kurs vertreten wir vom BZÖ auch im Bereich der Schule das Prinzip, Leistung muss sich lohnen. Diesem Prinzip folgend, stehen wer einem Aufsteigen mit zwei Nicht genügend sehr skeptisch bis ablehnend gegenüber." Das erklärt für das BZÖ dessen Bildungssprecherin NRAbg. Ursula Haubner in einer Stellungnahme.

"Für uns zählt, dass das Leistungsprinzip in der Schule erhalten bleiben muss und keine Nivellierung nach unten stattfindet. Ob das Modell der Bundesregierung aber dem Leistungsgedanken folgt, ist mehr als fraglich", schließt Haubner und erwartet sich, dass diesbezüglich im Laufe der parlamentarischen Debatte Klarheit geschaffen wird.

 

 Walser: Gefeilsche zum Schaden der geplanten modularen Oberstufe
Echtes Modulsystem braucht kein Sitzenbleiben
Wien (grüne) - "Herausgekommen ist ein fauler Kompromiss. Das Gefeilsche um zwei oder drei Fünfer hat dem an sich positiven Reformvorhaben modulare Oberstufe einen schweren Dämpfer verpasst", beurteilt Harald Walser, Bildungssprecher der Grünen, die heutige Einigung in der Frage, ob man künftig mit zwei oder drei Nicht genügend aufsteigen darf. Denn: Im beschlossenen Konzept werden zwei Dinge vermischt, die nichts miteinander zu tun haben. Die Regierung hat die Diskussion über die modulare Oberstufe absurderweise als Diskussion über das Sitzenbleiben geführt.

"Das ist völlig verfehlt, denn in einem wirklichen Modulsystem gibt es kein Sitzenbleiben. Was man positiv abschließt, setzt man fort, was negativ ausfällt, wiederholt man - Kurs für Kurs, Modul für Modul", betont Walser. Das System wird an den Schulen vieler Länder bereits erfolgreich praktiziert, auch in Österreich gibt es gelungene Beispiele dafür. "Nur unsere Regierung schafft das Kunststück, ein leistungsförderndes Modulsystem mit leistungsfeindlichem Sitzenbleiben zu vermischen", so Walser.

"Der vorliegende Entwurf ist jetzt stark verwässert, aber immerhin weist er nach wie vor in die richtige Richtung. Besser als nichts, denn wir müssen endlich runter von der Bildungsbremse", so Walser weiter. Nach Dutzenden von Kompromissen, Absprachen mit den Ländern und einem Nachgeben gegenüber der Lehrergewerkschaft GÖD ist ein echtes Modulsystem nur noch in Grundzügen zu erkennen.

"Hoffentlich hat Spindelegger auch brav bei den Ländern nachgefragt, ob er diesem Kompromiss zustimmen darf. Sonst setzt bald wieder das große Zurückrudern ein", so Walser. Denn in der ÖVP droht jedes Reformvorhaben am Widerstand der Länder zu scheitern.
     

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