Mikl-Leitner präsentiert Suchtmittelbericht 2010   

erstellt am
28. 06. 11

Mehr Anzeigen, mehr Sicherstellungen
Wien (bmi) - Am 26.06. fand der Internationale Tag gegen Drogenmissbrauch statt. Innenministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner präsentierte anlässlich dieses UNO-Welttages den Suchtmittelbericht 2010 und ihr Maßnahmenpaket zur Bekämpfung der Drogenkriminalität.

Die Bekämpfung der Drogenkriminalität erfordert mehr denn je einen sehr hohen personellen, technischen, zeitlichen und materiellen Ressourceneinsatz. Das bestätigen auch die steigenden Zahlen des Suchtmittelberichts 2010: ein Vergleich der Jahre 2008, 2009 und 2010 zeigt einen Anstieg der ermittelten Straftaten und -täter um 20 Prozent: waren es 2008 noch 20.043 und 2009 22.729 angezeigte Delikte, so wurden im Jahr 2010 insgesamt 23.853 zur Anzeige gebracht. Weiters konnte die Menge an sichergestellten Drogen in den letzten beiden Jahren um 60 Prozent erhöht werden. Alleine im vergangenen Jahr konnten illegale Suchtmittel im Schwarzmarktwert von rund 50 Millionen Euro sichergestellt werden.

"Dieser Anstieg ist das Ergebnis zahlreicher Schwerpunktaktionen, dem verstärkten Kontrolldruck auf der Straße als auch der engen internationalen Zusammenarbeit", so Innenministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner.

Sichergestellte Drogen 2008 bis 2010 (in Kilogramm):
Cannabisprodukte: 873 (2008), 1.140 (2009), 1.293 (2010)
Heroin: 103 (2008), 189 (2009), 96 (2010)
Kokain: 78 (2008), 53 (2009), 241 (2010)
Amphetamin: 13 (2008), 63 (2009), 22 (2010)

Cannabisprodukte zählten auch 2010 zu den am meisten konsumierten illegalen Suchtmitteln. Die Sicherstellungsmenge von Heroin sank zwar im Vergleich zum Vorjahr, der enorme Rückgang deutet jedoch keinesfalls auf eine allgemeine Änderung hin. Vielmehr wurden Sicherstellungen von Heroin aus ermittlungstechnischen Gründen außerhalb Österreichs Grenzen vorgenommen. Die Sicherstellungsmenge von Kokain hingegen ist um über 350 Prozent angestiegen, was auf eine Kokaineinzelsicherstellung von 206 kg zurückzuführen ist. Die Schmuggelrouten laufen aus süd- und mittelamerikanischen Ländern vor allem auf dem Luftwege mit Destination Flughafen Wien Schwechat, aber auch vermehrt über die Balkan Route.

Obwohl die sichergestellte Menge von Ecstasy im Jahr 2010 gegenüber 2009 um 24 Prozent angestiegen ist, befindet sich Ecstasy in einem europaweit spürbaren Trend seit Jahren auf Abwärtskurs. Feststellbar ist hingegen, dass synthetische Suchtgifte seit 2009 in großen Mengen durch synthetische Cathinonderivate ersetzt werden. Diese werden derzeit hauptsächlich in China hergestellt und können bei zahlreichen Internetshops bestellt werden. Zusätzlich zur leichten Verfügbarkeit werden damit auch Konflikte mit den Straf¬verfolgungs-behörden vermieden, da die meisten Substanzen in der Suchtgiftverordnung nicht angeführt sind und daher mangels gesetzlicher Bestimmungen ein Einschreiten der Polizeibehörden weder wegen Herstellung, Handel noch Konsum möglich ist.

Die sichergestellte Menge an Amphetaminen sank zwar gegenüber dem Berichtsjahr 2009 um über 65 Prozent, generell gilt aber, dass die Nachfrage nach Amphetamin ansteigt. Ebenso gesunken im Jahr 2010 ist die Sicherstellungsmenge von LSD nach einem überdurchschnittlich großen Anstieg im Vorjahr bedingt durch eine Großsicherstellung. Bei Methamphetamin sind die Aufgriffszahlen weiterhin kontinuierlich steigend. Der Konsum dieser Drogen erfolgt hauptsächlich im Rotlichtmilieu.

Das Maßnahmenpaket gegen Drogenkriminalität
Den Schwerpunkt der polizeilichen Arbeit sieht die Innenministerin einerseits in der Bekämpfung der organisierten Strukturen und der Erhöhung des Kontrolldrucks und andererseits in präventiven und repressiven Maßnahmen zu Verhinderung des Ersteinstiegs.

"Das Drogenangebot in Österreich muss weiter entscheidend reduziert werden", so die Innenministerin klar. "Um dies nachhaltig zu erreichen, muss der Drogenhandel wirksamer bekämpft werden. Das bedeutet, wir müssen uns noch stärker auf die Verfolgung der Profiteure der international operierenden Drogenkartelle konzentrieren." Wie kaum eine andere Kriminalitätsform ist die Suchtmittelkriminalität ein staatenübergreifendes Phänomen, das von weltweit agierenden Täterorganisationen geprägt ist. Das Innenministerium wird deshalb s die internationalen Intentionen verstärken, die organisierte Drogenkriminalität in ihren Operationsbasen ausfindig zu machen und in weiterer Folge zu zerschlagen. Im Dezember 2010 ist der österreichischen Polizei mit der Operation "Dirigent" ein derartiger Erfolgsschlag gelungen, bei dem nicht mehr nur die ausführenden Dealerstrukturen bekämpft, sondern gleichzeitig in einer einzigen Nacht das Management eines gefährlichen Drogenkartells am Balkan zerschlagen wurde. Nur so kann nachhaltig der Heroinnachschub nach Österreich eingedämmt werden.

"Die österreichische Polizei wird sich daher - im Rahmen von operativen Kooperationen außerhalb des Landes, vor allem am Balkan – auf die nachhaltige Bekämpfung der logistischen Zentren der Drogenkartelle konzentrieren", so die Innenministerin. Die ersten Schritte wurden bereits eingeleitet, erste operative Testversuche erfolgreich umgesetzt. Durch die Führung operativ ausgerichteter Projekte in den Ursprungs- und Transitländern einerseits und dem Aufbau polizeilicher Koordinationseinheiten unter österreichischer Führung und dem strategischen Konzept PEP (Police Equal Performance) andererseits, können die Ergebnisse wesentlich beschleunigt und qualitativ verbessert werden.

Überwachung der Transitroute Österreich
Geprägt durch unsere geografische Lage an der "Balkan Route" – der Transitverbindung aus Süd-Ost- nach Zentral- und Westeuropa – nimmt Österreich eine strategisch wichtige Position im Drogenschmuggel ein. Österreich ist daher auch als Drogentransitland einzustufen. Maßgebliche Faktoren sind der Transit aus den Quellenregionen von Heroin- und Opiatprodukten in Afghanistan über die Balkanrouten nach Europa sowie der Transit von Kokain, der mitunter über den Flughafen Wien Schwechat geführt wird.

Für Österreich ist einerseits die internationale Zusammenarbeit von hoher strategischer Bedeutung, weshalb auch das von der EU-Kommission geförderte und vom BM.I initiierte Projekt "Drug Policing Balkan – Advanced 2009-2012" einen besonderen Stellenwert einnimmt. An dem Projekt beteiligen sich insgesamt Ermittler und Experten der 27 EU-Mitgliedsstaaten sowie dreier Kandidatenländer, der Westbalkanstaaten, der Schweiz, der Ukraine, der USA, Europol, Eurojust, Interpol, EMCDDA, UNODC und EC. Durch die Involvierung der Balkanländer soll die Problematik "Drogenhandel entlang der Balkanroute" an der Wurzel erfasst und bekämpft werden.

Andererseits wird aber auch der Kontroll- und Fahndungsdruck in Österreich weiter verstärkt. "z. B. bei den drei Schwerpunktaktionen in und um Wien sowie in Oberösterreich letzte Woche konnten wiederum eine größere Anzahl von Dealern festgenommen und Suchtmittel sichergestellt werden. "Wir wollen mit derartigen Schwerpunktaktionen das subjektive Sicherheitsgefühl steigern und deutliche Signale in Richtung Szene setzen, dass sie weiter unter Druck kommen wird", so Mikl-Leitner.

Verhinderung des Ersteinstiegs unter Jugendlichen
Im letzten Jahr hat sich die Anzahl der Drogenersteinsteiger bei den 14- bis 18-Jährigen von 395 im Jahr 2009 auf 708 im Jahr 2010 beinahe verdoppelt. "Das ist ein besonderes Alarmsignal, hier geht es um besonderen Schutzbedarf für unsere Jugend", so Mikl-Leitner. Jugendliche Einsteiger in den Drogenkonsum dürfen nicht de facto sich selbst überlassen bleiben, ich habe hier meine Experten beauftragt, hier rasch wirksamere Maßnahmen zu planen, dass aus dem Erstkonsum Jugendlicher keine fatalen Drogenkarrieren werden können! Das geht uns alle an, hier geht es um ein Zusammenwirken von Gesundheitsbehörden, Jugendwohlfahrt, natürlich Elternhaus und unseren Experten der Polizei, da muss ein neues Konzept her!"
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Es ist mir wichtig, alles zu tun, damit Kinder und Jugendliche zu starken selbstbewussten und damit auch gesundheitsbewussten Persönlichkeiten heranwachsen", so die Ministerin.

Ein weiteres Phänomen sind die seit dem Jahr 2009 ansteigenden Aufgriffe von neuen Substanzen, die nicht der Suchtmittelgesetzgebung unterliegen, aber in der Suchtgiftszene in großen Mengen als Ersatz für synthetische Suchtgifte gehandelt und konsumiert werden, die so genannten "Legal Highs" oder "Research Chemicals".
Sobald eine Substanz der Suchtmittelgesetzgebung unterstellt wird – wie zum Beispiel Mephedron, das im August 2009 in die Suchtgiftverordnung aufgenommen wurde – wird diese sofort vom Markt genommen und durch eine oder mehrere andere nicht gelistete Substanzen ersetzt. Teilweise wurden derartige Substanzen (Stichwort "SPICE") dem Arzneimittelrecht unterstellt. Da die dortigen Sanktionen jedoch lediglich Verwaltungsübertretungen darstellen, die keine ausreichende Grundlage für polizeiliche Ermittlungen bieten, ist dies keine adäquate Reaktion auf das festgestellte Phänomen.

"Die enorme Gefahr, die von diesen Stoffen ausgeht, wird häufig unterschätzt. Die bisherige Vorgangsweise, einzelne Substanzen dem Suchtmittelregime zu unterstellen, scheint den Anforderungen nicht mehr zu entsprechen", so die Innenministerin. "Wir sind daher in engem Kontakt mit dem Justiz- und dem Gesundheitsministerium, um eine neue gesetzlichen Grundlage zu schaffen, die eine nachhaltige und die Jugend wirksamer schützende Lösung bringt", so die Innenministerin abschließend.
     
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