Österreich profitiert vom EU-Beitritt, dem Euro und der Ostöffnung   

erstellt am
28. 07. 11

Ohne Deutschland liegt der Exportüberschuss mit dem EU-Raum bei jährlich 3 Milliarden Euro – Dank Leistungsbilanzüberschuss ist Österreich heute kein Nettoauslandsschuldner mehr
Wien (ba) - Österreich zählt heute zu den reichsten und am höchsten entwickelten Volkswirtschaften der Welt und nimmt hinsichtlich seiner volkswirtschaftlichen Kennzahlen im internationalen Vergleich eine Spitzenposition ein. Dennoch gibt es in der Bevölkerung immer wieder Zweifel an der wirtschaft-lichen Öffnung der letzten zwanzig Jahre. Die Bank Austria hat daher den volkswirtschaftlichen Nutzen der Öffnung analysiert.

„Die österreichische Wirtschaft hat durch die verstärkte Integration in die globale Weltwirtschaft durch den EU-Beitritt 1995 einen beachtlichen Schub erfahren. Durch Globalisierung, EU-Binnenmarkt und Euroeinführung verbesserte Rahmenbedingungen haben signifikant zu einer Beschleunigung des Exporterfolges beigetragen“, so Bruckbauer, Chefvolkswirt der Bank Austria. „Der Anteil exportierter Waren und Dienstleistungen an der gesamten heimischen Wirtschaftleistung ist von 33 Prozent (vor dem EU-Beitritt) auf heute 58 Prozent angestiegen.“

Die Integration des Finanzmarktes hat sich dabei als noch spektakulärer erwiesen. So wuchs das Vermögen österreichischer Haushalte, Firmen, Banken usw. im Ausland seit 1997 um mehr als das Fünffache - von rund 150 auf heute 776 Milliarden Euro, dies entspricht fast dem dreifachen BIP (273%). Das Vermögen bzw. die Forderungen des Auslands in bzw. an Österreich sind im selben Zeitraum ebenfalls gestiegen, von rund 190 Milliarden Euro auf heute 778 Milliarden Euro. War Österreich bis vor kurzem noch Nettoschuldner gegenüber dem Ausland (mit Ende der 90er Jahre noch fast 25% des BIP), so ist heute die Position fast ausgeglichen. Der Saldo beträgt nur mehr rund 2 Mrd. Euro oder nicht einmal ein Prozent des BIP. „Dank der Trendwende bei der Leistungsbilanz mit Osteuropa und dem Euroraum ist Österreich insgesamt heute kein Nettoschuldner mehr gegenüber dem Ausland“, meint Stefan Bruckbauer.

Jährlich 3 Milliarden Euro Überschuss mit dem Euroraum
Die Trendwende der Import-Export-Relationen verdankt Österreich in hohem Maße der Integration Osteuropas in die EU - der Überschuss betrug seit 1999 55 Milliarden Euro - aber auch der Entwicklung im Euroraum selbst. Österreich hatte vor der Euro-Einführung noch ein Minus mit dem Euroraum, heute ist die Bilanz ausgeglichen. Rechnet man Deutschland heraus, mit dem Österreich nach wie vor ein Handelsdefizit - in Summe seit 1999 35 Milliarden Euro - hat, lag der jährliche Überschuss mit dem restlichen Euroraum bei rund 34 Milliarden Euro, fast 3 Milliarden Euro pro Jahr.

Auch bei der Aufteilung der Auslandsvermögen der Österreicher/innen spielt der Euroraum eine entscheidende Rolle. Ohne Berücksichtigung von Direktinvestitionen lagen Ende 2010 fast 60 Prozent des Vermögens (über 300 Milliarden Euro) im Euroraum. Lediglich ein Drittel davon(109 Milliarden Euro) in Deutschland, in etwa derselbe Betrag wie in den Ländern MOE. Lediglich 40 Milliarden Euro lagen in Amerika, 17 Milliarden Euro in Asien.

Mit 200 Milliarden war der größte Teil des Auslandsvermögens der Österreicher in Anleihen investiert, rund zwei Drittel davon im Euroraum, mehrheitlich nicht in Deutschland. Gegebene Kredite (vor allem von Banken) und Einlagen sind für 128 Milliarden bzw. 153 Milliarden der Auslandsforderungen verantwortlich. Hier war der Euroraum knapp für die Hälfte das Ziel der Investitionen. Weitere 65 Milliarden Euro liegen in Form von Aktien im Ausland, auch zwei Drittel im Euroraum (davon 1/3 in Deutschland und 2/3 im Rest).

Auch wenn bei Einlagen und Krediten mehrheitlich Banken die Besitzer der Auslandsinvestitionen waren, bei Aktien, Anleihen und Fonds im Ausland sind sie es jedoch nicht. Diese Investitionen, immerhin die Hälfte des österreichischen Auslandsvermögens, ist mehrheitlich in Besitz von privaten Haushalten oder Firmen, entweder direkt oder in Form von Fonds oder Versicherungen.

Österreich erst an 8. Stelle der EU-Nettozahler
Auch die jährlichen Nettozahlungen an die EU erscheinen angesichts der Erfolge für Österreich relativ moderat. Sie betrugen 2009 knapp über 0,4 Milliarden Euro. Mit rund 50 Euro pro Jahr und Einwohner zählt Österreich damit nicht zu den größten Nettozahlern. Allen voran liegen die Luxemburger (rund 200 Euro pro Kopf) gefolgt von den Dänen, Belgiern, Finnen, Franzosen, Italienern. Danach reihen sich die Deutschen mit rund 80 Euro pro Kopf, gefolgt von Österreich.

Da MOE zu den größten Nettoempfängern der EU zählt, kann Österreich hier durch seine starke Position profitieren.

Österreich mit zweithöchstem Einkommensniveau
„Die positive Entwicklung der österreichischen Wirtschaft in den letzten Jahren spiegelt sich auch im Einkommensniveau wider“, so Bruckbauer. „Denn es gibt nur ein Land der Welt mit einem höheren Einkommensniveau als Österreich, das eine „gleichere“ Einkommensverteilung aufweist, das Erdölland Norwegen.“

Österreich ist heute an hervorragender zehnter Stelle beim realen Medianeinkommen, was bedeutet, dass zumindest die Hälfte der Haushalte dieses Einkommen erreicht. Eine Einkommensverteilung, die die „achtgleichste“ unter den Industrieländern der Welt ist, belegt, dass das hohe Durchschnittseinkommen nicht alleine durch extreme hohe Einkommen erreicht wird. Eine gleichere Einkommensverteilung als in Österreich zeigen heute nur die drei MOE Länder Slowenien, Slowakei und Tschechien und die vier skandinavischen Länder Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland. Nach Finnland hat Österreich damit die „am wenigsten ungleiche“ Einkommensverteilung im Euroraum. Was dadurch möglich ist, dass Österreich heute nach der Schweiz, Norwegen und Süd-Korea die viertniedrigste Arbeitslosenquote eines Industrielandes aufweist und die niedrigste im Euroraum.

Last but not least rangiert Österreich unter den zehn Industrieländern der Welt mit der höchsten Beschäftigungsquote von Menschen unter 64 Jahren, obwohl in keinem Industrieland - außer Luxemburg - die Menschen so jung in Pension gehen. „Auch wenn manche Entwicklungen in den letzten Jahren negativ waren, in Summe hat Österreich enorm durch die Integration profitiert und dieser Vorteil ist auch für einen Großteil der Bevölkerung nachweisbar“, meint Bruckbauer abschließend.
     
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