Kunst trotzt Krise   

erstellt am
05. 08. 11

Kunstbericht 2010 liegt vor
Wien (pk) - "Der Kunstbericht 2010 erscheint im neuen, lesefreundlichen und mit Fotos angereicherten Layout als ein umfassendes Kompendium der Kunstförderung des Bundes. Die klare Gliederung der Förderungen nach Personen, Zweck und Höhe sowie eine Genderauswertung stellen die Ausrichtung meiner Kunstpolitik noch besser nachvollziehbar und transparent dar." Mit diesen Worten umreißt Bundesministerin Claudia Schmied den Kunstbericht 2010, der dieser Tage dem hohen Haus zugeleitet wurde.

Die frische, neue Erscheinungsform korrespondiere mit einem für die Kunst erfolgreichen Jahr 2010. Ob internationale Preise für den Film, der viel beachtete österreichische Beitrag der Architektur bei der Biennale Venedig, gut angenommene Programme der Kunstvermittlung bei vielen Festivals oder die Förderung junger KünstlerInnen sowie weitere Schritte auf dem Weg zur Internationalisierung, überall zeige sich die Handschrift einer weltoffenen, neue Entwicklungen der Kunst unterstützenden Politik, erklärt die Ministerin.

Als "Highlights" bezeichnet das Regierungsmitglied den Umstand, dass KünstlerInnen dabei unterstützt wurden, den notwendigen, ersten Schritt nach "außen" zu machen: "Die Kunstsektion bot Stipendienprogramme an, schuf Arbeitsmöglichkeiten in Auslandsateliers und trug zu Auslandsaufenthalten, Tourneen, Ausstellungen und Messeteilnahmen bei." Die Finanzierung der heimischen Filminstitutionen konnte nochmals verbessert werden. Nach der Erhöhung der Jahresförderung des Österreichischen Filminstituts im Jahr 2009 um 3 Mio. Euro sei es gelungen, 2010 eine weitere Anhebung um 1 Mio. auf 16,57 Mio. Euro zu erreichen.

Die erstmalige Verleihung der Kunstpreise 2010 in einem gemeinsamen Festakt für alle Bereiche signalisierte den hohen Respekt des Bundes für die Bedeutung der Kunst. Die Vermittlung von Kunst sei "ein wichtiges Anliegen des Hauses, bei dem wir mit den Kunsteinrichtungen eng zusammenarbeiten", so Schmied, die auch auf Verbesserungen im Rechtsbereich, die soziale Lage von KünstlerInnen betreffend, verweist.

Die Modernisierung des Schauspielergesetzes aus dem Jahr 1922 – das nunmehrige Theaterarbeitsgesetz – umfasse u.a. die Anpassung des Bühnenarbeitsrechts an heutige Gegebenheiten und die Umsetzung europäischen Rechts. Die im Jahr 2009 eingeführten zweijährigen Förderungsverträge hätten sich bestens bewährt. Sie gäben den Kulturinstitutionen längerfristige Sicherheit für ihre Planungen und stellen für beide Seiten – Fördernde wie Geförderte – eine erfreuliche Verwaltungsvereinfachung dar, so Schmied in ihrem Vorwort.

Das Kunstbudget
Trotz der von der Bundesregierung verordneten Sparmaßnahmen gelang es, das Kunstbudget weitgehend konstant zu halten. Zwar sank die Gesamtsumme der Kunstförderungen von 91,3 Mio. Euro 2009 auf nunmehr 87,8 Mio. Euro im Jahr 2010, doch war davon nur die höchstdotierte Bühnenkunst betroffen, währen Bildende Kunst, Film, Literatur und regionale Kulturinitiativen im Wesentlichen dieselben Mittel wie im Jahr zuvor zur Verfügung hatten.

Frauen im Vorwärtsgang
Bemerkenswert ist dabei die Aufgliederung der aufgewendeten Mittel nach Männern und Frauen (Gender Budgeting). Diese zeigt, dass in vielen Bereichen bereits volle Gleichberechtigung herrscht. In manchen künstlerischen Disziplinen, etwa bei der Darstellenden Kunst und bei der Fotographie, haben die Frauen bereits die Nase vorn, nur bei der Musik gibt es noch eine eindeutige männliche Dominanz. Insgesamt gingen 46 Prozent aller Förderungen an Frauen, wobei der durchschnittliche Einzelförderbetrag bei Frauen (da es ja weniger Künstlerinnen als Künstler gibt) mit 4.335 Euro bereits höher liegt als der Vergleichswert bei den Männern. Und bei den Beirats- und Jurymitgliedern der Kunstsektion haben die Frauen die Männer mit 145 gegenüber 95 Mitgliedern bereits ganz eindeutig überholt.

Große Tanker, schlanke Boote
Dennoch bleiben die großen Bühnen und Festspiele auch weiterhin der Subventionsnehmer schlechthin. "Subventionskaiser" war auch 2010 wieder die "Josefstadt" mit 6,5 Mio. Euro, gefolgt von den Salzburger Festspielen (5,4 Mio. €), dem Volkstheater (4,7 Mio. €), den Wiener Philharmonikern (2,3 Mio. €) und den Bregenzer Festspielen (2,2 Mio. €) sowie dem Theater der Jugend (1,9 Mio. €). Deutlich weniger blieb für den Literaturbetrieb, die regionalen Kulturinitiativen und für Kulturrezeption.

Insgesamt erhielt die Darstellende Kunst rund 34 Prozent aller aufgewendeten Mittel. Ein Viertel des Kunstbudgets wurde auf den Film aufgewendet, je rund 10 Prozent auf Architektur, Literatur und Musik.

Literatur
Die Förderung literarischer Vereine und Veranstaltungen nimmt mit 4,79 Mio. Euro den größten Bereich dieser Kunstsparte ein. Die Literaturabteilung fördert die Literaturhäuser in den Bundesländern und die dort ansässigen größeren literarischen Institutionen, die nicht nur wesentlich zum literarischen Leben im jeweiligen Bundesland, sondern zu einem positiven und anregenden literarischen Klima in ganz Österreich beitragen. Sie beteiligt sich aber auch an Projekten kleinerer Veranstalter und an der Finanzierung von Literaturvereinen und Literaturzeitschriften, die für junge Autorinnen und Autoren von besonderer Bedeutung sind.

Heute gibt es in Österreich ein flächendeckendes Netz von Literaturhäusern, Literaturveranstaltern und Literaturgruppen und mit dem Österreichischen P.E.N.-Club, der Grazer Autorinnen Autoren Versammlung, der Interessengemeinschaft Autorinnen Autoren und der Übersetzergemeinschaft vier repräsentative Schriftstellerverbände.

Musik
Die Förderung von Orchestern, Musikensembles und größeren Konzertveranstaltern nimmt mit 6,91 Mio. Euro den Löwenanteil in dieser Sparte ein, von dem allein die Philharmoniker 2,3 Mio. Euro erhalten. In der Bundeshauptstadt Wien befinden sich die beiden großen traditionellen Konzerthäuser (Musikverein und Konzerthaus). Die modernen Räumlichkeiten in beiden Häusern dienen vor allem als Veranstaltungsort für Programmschienen, mit denen neue Publikumskreise (Kinder, Jugendliche usw.) erschlossen werden und aktuelle musikalische Strömungen in das Angebot einbezogen werden können.

Die Zusammenarbeit mit großen Wiener Orchestern wie den Wiener Philharmonikern oder den Wiener Symphonikern und mit diversen Kammermusikformationen ermöglicht eine große Programmvielfalt. Die Programmgestaltung umfasst neben International-Renommiertem auch Österreichisch-Innovatives. Etablierte Konzertserien mit prominenten internationalen Orchestern, Dirigentinnen und Dirigenten sowie Solistinnen und Solisten und eine Anzahl von thematisch strukturierten Einzelprojekten oder spezielle Kinderprogramme runden die Programmpalette ab. Seit Jahrzehnten vorbildhaft im Bereich der Musikvermittlung tätig ist die Musikalische Jugend Österreichs (Jeunesse).

Darstellende Kunst
Die Besonderheit des Theatersystems in den deutschsprachigen Ländern besteht darin, dass es im europäischen Vergleich über eine besonders hohe Theaterdichte verfügt. Dies hat zur Folge, dass die Theaterbudgets einen Großteil der für Kultur aufgewendeten kommunalen (regionalen) Landes- oder Bundesmittel ausmachen.

Der zur Gänze von der Abteilung 2 zur Verfügung gestellte Betrag von 18,6 Mio. Euro repräsentiert fast 20 % des Budgets der Kunstsektion und liegt damit in der LIKUS-Reihung hinter dem Film an zweiter Stelle. Förderungen erhielten u.a. das Vorarlberger Landestheater, die Salzburger Elisabethbühne, das oberösterreichische Theater Phönix und in Wien folgende Bühnen: Theater in der Josefstadt, Volkstheater Wien, Theater der Jugend, Schauspielhaus und das Theater in der Drachengasse.

Film
Die Sparte Film, Kino, Video- und Medienkunst stellte 2010 mit € 22,61 Mio. bzw. 25,7 % des Budgets der Kunstsektion den größten Förderungsbereich in der LIKUSSystematik vor darstellende Kunst, Festspiele, bildende Kunst, Literatur und Musik dar. € 22,05 Mio. bzw. 97,5 % wurden durch die Abteilung 3 bereitgestellt (davon gingen an das Österreichische Filminstitut € 16,57 Mio. bzw. 73,3 % LIKUS-Anteil). Die Abteilung 1 finanzierte Projekte aus dem Bereich Video- und Medienkunst in der Höhe von ca. € 0,56 Mio. bzw. 2,5 % LIKUS-Anteil. Die mit € 130.000 dotierte Ars Electronica wird in LIKUS 11 (Großveranstaltungen) ausgewiesen.

Auch 2010 war ein sehr erfolgreiches Jahr für den österreichischen Film. Mit dem Regisseur Michael Haneke ("Das weiße Band"), dem Schauspieler Christoph Waltz ("Inglourious Basterds") und dem Kameramann Christian Berger ("Das weiße Band") waren gleich drei österreichische Künstler für den Oscar nominiert. Haneke hat mit "Das weiße Band" bereits die Goldene Palme in Cannes sowie den Golden Globe gewonnen. Waltz, der ebenfalls zuvor in Cannes und bei den Golden Globes erfolgreich war, erhielt für seine Darstellung eines sadistisch-charmanten SS-Mannes in Quentin Tarantinos "Inglourious Basterds" den Oscar für den Besten Nebendarsteller.

Während sich die Filmförderung durch das Österreichische Filminstitut (ÖFI) dem arbeitsteiligen Produktionsprozess der Filmherstellung widmet, konzentrierte sich die Filmförderung (Projektentwicklung, Herstellung, nationale und internationale Verwertung) der Abteilung 3 im Jahr 2010 mit einem Budget von ca. € 2,3 Mio. auf die Bereiche Avantgarde und innovativer Spiel-, Dokumentar- und Nachwuchsfilm. Neben dieser Filmförderung wurden auch die in der Sparte Film tätigen Verbreitungseinrichtungen und -initiativen, KünstlerInnenvereinigungen, Programmkinos, die Filmarchivierung sowie Publikationen und Präsentationen gefördert.

Kulturinitiativen
Die Sparte Kulturinitiativen stellte 2010 mit € 4,33 Mio. bzw. 4,9 % des Kunstbudgets des BMUKK nach den Sparten Film, darstellende Kunst, Festspiele, bildende Kunst, Literatur und Musik den siebentgrößten Förderungsbereich der Kunstsektion dar. Diese LIKUS-Gruppe wurde zur Gänze von der Abteilung 7 finanziert. Dabei geht mit fast € 4,08 Mio. der Großteil der Mittel in den Bereich Vereinsförderung (überwiegend für Kulturprogramme und Kulturvermittlung, aber auch für Jahrestätigkeiten, Öffentlichkeitsarbeit, Investitionen, Kunst- und Kulturprojekte sowie kleinere Festivals). Die größeren von der Abteilung 7 unterstützten Festivals mit einem Gesamtvolumen von € 0,62 Mio. werden unter LIKUS 11 (Großveranstaltungen) geführt.

Für die Personenförderung (Reise- und Projektkostenzuschüsse, Traineestipendien) wurden ca. € 183.000 ausgeschüttet. Für Preise und Prämien standen € 62.900 zur Verfügung. Die Abteilung 7 kommt dem Wunsch der Bundesländer nach mehr Verteilungsgerechtigkeit der Bundeskunstförderungsmittel – bezogen auf das Gefälle zwischen

Bundeshauptstadt und Ländern – nach, womit auch dem Kapitel Kunst und Kultur des aktuellen Regierungsprogramms entsprochen wird. Der Begriff Regionalismus hat im Rahmen der EU eine größere und auch neue Bedeutung erfahren.

Preise
Wie jedes Jahr gibt auch der vorliegende Bericht wieder einen Überblick über die heimischen Preise und Auszeichnungen. So erhielt Paul Nizon den "Staatspreis für Europäische Literatur", Paulus Hochgatterer den "Österreichischen Kunstpreis" und Peter Turrini den "Kinderbuchpreis".

Ein umfangreiches Register mit nützlichen Adressen, Gesetzestexten und Glossar rundet den Bericht ab.
     
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