Kärntner Ortstafeln  

erstellt am
16. 08. 11

Faymann: Heimat ist Ort des Wohlfühlens
Festakt anlässlich der Aufstellung der zweisprachigen Ortstafeln in Bad Eisenkappel/ Zelena Kapla und Sittersdorf/ Zitara vas
Kärnten (bpd) - "Heute lacht nicht nur die Sonne, sondern auch unser Herz", sagte der Eisenkappeler Bürgermeister Franz Josef Smrtnik. "Dieser Tag wird in die Geschichte Österreichs und Kärntens eingehen, die großen Steine sind aus dem Weg geräumt, nur noch kleine Kiesel sind zu beseitigen: Wir brauchen ausreichend Bildungsmöglichkeiten für unsere Kinder und ebenso genügend Geld für Südkärnten, damit die Menschen hier bleiben und ihre Kultur pflegen können." Smritik ist nicht nur Bürgermeister von Eisenkappel, sondern auch Sänger, im Quartett mit seinen Brüdern, sang er den Schürzenjäger-Lied "Treffen ma uns in der Mittn."

Staatssekretär Ostermayer: "Das Treffen mit dem Eisenkappeller Bürgermeister war der Schlüssel zum Erfolg: Er hat zwar nicht gesungen, aber wir haben viel geredet, über die Geschichte, über die menschlichen Tragödien, die hier geschehen sind." Eisenkappel sei aber auch ein Ort mit unglaublich viel Kultur. Es wird nicht nur musiziert, auch die heurige Ingeborg-Bachmann-Preisträgerin Maja Haderlap komme aus Eisenkappel. "Nach 56 Jahren Konflikt gibt es jetzt eine Lösung als Basis für die Zukunft. Die Regelung sieht auch den Ausbau der zweisprachigen Kindergärten und Schulen vor, damit die Kultur der Vielfalt tradiert und das Zusammenleben gefördert wird."

Landeshauptmann Gerhard Dörfler dankte Bundeskanzler Werner Faymann, dass er mit Staatssekretär Josef Ostermayer "einen großen Mann nach Kärnten geschickt hat und ihm nun auch ermöglicht, den Dank der Kärntner entgegenzunehmen."

Umweltminister Nikolaus Berlakovich, selbst Burgenland-Kroate, berichte von dem großen Volksfest in seiner Heimatgemeinde Großwarasdorf, das anlässlich der Aufstellung der zweisprachigen Ortstafeln in vor elf Jahren gefeiert wurde: "Ortstafeln sind ein Symbol für den gemeinsamen Stolz auf unterschiedliche Kulturen, die friedlich zusammenleben." Die Einigung in Kärnten möchte Berlakovich auch als Auftakt zu einer modernen Volksgruppenpolitik sehen. " Es ist wichtig, dass Sprache nicht verloren geht, dass auch noch Kinder und Enkel sie beherrschen als Basis für die Kultur einer Volksgruppe."

Ministerpräsident Borut Pahor bekräftigte: "Heute haben wir einen großen Schritt in Richtung Toleranz, Kultur und gegenseitigen Respekt gesetzt. Es ist ein Meilenstein für Slowenien und Österreich. Wir sind aber noch nicht am Ende des Weges, Kulturen müssen gelebt und gepflegt werden, auch in Zukunft."

Zum Abschluss gratulierte Bundeskanzler Werner Faymann allen Verhandlern zu ihrem Mut, die Menschen zusammenzubringen und das gemeinsame vor das Trennende zu stellen. Beeindruckt von der Musikalität der Eisenkappler sagte der Kanzler: "Diese Musik ist doch etwas ganz besonderes. Modernität heißt nicht Gleichmacherei in den Städten, Modernität ist der Fortschritt der Lebensbedingungen der Menschen. Guten Lebensbedingungen findet man dort, wo sozialer Zusammenhalt und gegenseitiger Respekt gelebt wird und dabei die Vielfalt erhalten bleibt. "Oft werde ich beneidet, dass ich Bundeskanzler eines solchen Landes sein darf. Die Leute erzählen mir von Begegnungen mit wunderbaren Leuten, von schönen Seen und Bergen und oft auch vom wunderbaren Kärnten."

"Vielfalt ist schön, wir lieben die verschiedenen Trachten, die verschiedenen Sprachen und Kulturen in unserem Land. Wir begreifen dies zunehmend als einen zusätzlichen Reichtum. Denn Heimat ist der Ort des Wohlfühlens. Die Lösung der Ortstafelfrage ist ein Beispiel für ganz Österreich. So ist heute ein besonderer Tag nicht nur für Kärnten sondern für ganz Österreich", sagte der Bundeskanzler abschließend.

Zuletzt wurde die zweisprachige Ortstafel aufgestellt, ehe es nach Sittersdorf / Zitara vas ging, wo ebenso die Aufstellung der neuen zweisprachigen Ortstafeln im Rahmen eines Festaktes gefeiert und ganz besonders dem Sittersdorfer Bürgermeister Jakob Strauß für sein Engagement gedankt wurde.

 

Ortstafellösung 2011: "Durchbruch zum Aufbruch"
Eindrucksvolle Festveranstaltung im Wappensaal - Signal des guten Miteinanders
Klagenfurt (lpd) - Der 16. August 2011 ist ein historischer Tag für Kärnten, ein 56 Jahre dauernder Streit um zweisprachige Ortstafeln geht zu Ende. Vor der feierlichen Aufstellung der ersten neuen zweisprachigen Ortstafeln in Bad Eisenkappel/Zelezna Kapla und Sittersdorf/Zitara vas lud Landeshauptmann Gerhard Dörfler am 16.08. zu einem Festakt in den Großen Wappensaal des Klagenfurter Landhauses.

Der zweite Landtagspräsident Rudolf Schober begrüßte die zahlreichen Ehrengästen unter ihnen Bundeskanzler Werner Faymann, Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich und Staatssekreteär Josef Ostermayer sowie den slowenischen Ministerpräsidenten Bohut Pahor. Weiters Landeshauptmann Gerhard Dörfler, LHStv. Peter Kaiser sowie die Landesräte Josef Martinz, Harald Dobernig und Beate Prettner, den Minister für Auslandsslowenen, Bostjan Zeks, Bundesratspräsidentin Susanne Neuwirth, Diözesanbischof Alois Schwarz sowie Altlandeshauptmann Christof Zernatto und Alt-LHStv. Rudolf Gallob.

Als erster Festredner sprach Bernard Sadovnik, Obmann der Gemeinschaft der Kärntner Sloweninnen und Slowenen, von einem bewegenden Moment. "Die neuen Ortstafeln sind eine Geste der gutnachbarlichen Beziehungen und ein Zeichen einer gemeinsamen Zukunftsgestaltung." Wichtig sei der Mehrwert für das Land mit der Nutzung der kulturellen Vielfalt und Mehrsprachigkeit im Dreiländereck Italien, Slowenien und Österreich.

Hauptverhandler Ostermayer bezeichnete das Ortstafelpaket als beste Lösung, die je zustande gekommen sei. "Das Ergebnis ist ein Sieg der Vernunft, ein Erfolg für Kärnten, für Österreich und für das Verhältnis zum Nachbarland." Ostermayer dankte dem Bundeskanzler für sein Vertrauen, die strategisch klugen Vorschläge sowie die Zeit und Vizekanzler Michael Spindelegger, der ihn immer bestärkt habe, diesen Weg weiter zu gehen. Besonderer Dank ging an den Kärntner Landeshauptmann: "Ich habe ihn auf diesem Weg näher kennen gelernt, er hat Handschlagqualität bewiesen", so Ostermayer. Weiters dankte Ostermayer LHStv. Kaiser und den 24 Bürgermeistern, die das "große Ganze über Bedenken" gestellt hätten, der Konsensgruppe, den Slowenenvertretern Valentin Inzko, Bernard Sadovnik und Marjan Sturm, sowie den Heimatverbänden, Parteienvertretern und Vertretern Sloweniens. Hervorgehoben wurde auch Rudolf Gallob, der immer zur Lösung gestanden sei.

Dörfler sagte, dass der Durchbruch zum Aufbruch geschafft sei und nun eine Straße in die Zukunft gebaut werden könne. "Mit dem Ortstafelpaket bekommt keiner alles, aber alle bekommen viel", erklärte Dörfler. Die Anwesenheit des slowenischen Ministerpräsidenten Pahor bezeichnete Dörfler als hohe Auszeichnung. "Wir sind jetzt in der Lage zu zeigen, dass zwischen Kärnten und Slowenien eine vitale, friedliche Zukunft möglich ist." Die Idee der grenzüberschreitenden Dreiländer-Ski-WM "Senza Confini" solle weiterverfolgt werden. Die beste Volksgruppenförderung gebe es dann, wenn die Menschen in ihrer Heimat leben und arbeiten können, sagte Dörfler und verwies als Beispiel auf das erfolgreiche Bosch Mahle-Turboladerwerk in der Marktgemeinde Feistritz bei Bleiburg, mit 2500 Arbeitsplätzen.

Berlakovich betonte, die Ortstafeln seien ein Symbol für das friedliche Miteinander sowie ein Zeichen der Vielfalt und kein Geschenk der Mehrheit an die Minderheit. Der Umgang mit Minderheiten sei der Prüfstand für die Demokratie, so Berlakovich. Wichtig sei der Neubeginn für eine moderne Volksgruppenpolitik und erfreulich sei, dass es schon viele Projekte gebe. Besonderer Dank ging an Ostermayer und Dörfler, der "eine neue Kärntner Dimension" eröffnet habe. "Burgenland und Kärnten können als Modell für Europa herhalten", so Berlakovich.

"Wir haben Raum und Zeit verändert durch unsere Taten", so der slowenische Ministerpräsident. Diese Taten seien im Geist der Toleranz und des Zusammenlebens geschehen. "Die Erfüllung des Staatsvertrages ist ein wichtiges Zeichen für Slowenien", sagte Pahor. Nun gehe man in die richtige Richtung der guten Nachbarschaft und Toleranz. "Wir können auf diesen Tag alle stolz sein, er ist ein Tor in die Zukunft", unterstrich der Regierungschef und dankte allen an der Lösung Beteiligten.

Faymann sagte, er sei stolz Bundeskanzler in einem Land zu sein, in dem bei Konflikten positiv aufeinander zugegangen und das Gemeinsame vor das Trennende gestellt werde. "Noch nie hat es in Europa eine so große Chance für ein friedliches Zusammenleben gegeben", so Faymann. Basis dafür seien gegenseitiger Respekt und Fairness sowie das Bewusstsein, dass jeder Mensch gleich viel Wert sei. Auch der Bundeskanzler dankte allen für die konstruktive Ortstafellösung, ganz besonders aber Dörfler und Ostermayer. "Ich bin stolz auf Kärnten, auf die Entwicklung und das Zusammenleben, Kärnten ist ein Vorbild in Österreich", so Faymann.

Schlusspunkt der Veranstaltung war die Verleihung des Landesordens in Gold durch Dörfler an Ostermayer, der diesen mit Dank und als Symbol für alle, die an der historischen Lösung mitgewirkt hätten, entgegennahm. "Die Lösung war ein Gemeinschaftswerk", so Ostermayer.

Musikalisch und gesanglich umrahmt wurde die Festveranstaltung vom Bläserquartett der Polizeimusik, vom Grenzlandchor Arnoldstein und vom Sänger Ossi Huber. Jasmin Jausz und Leah Pock aus Maria Rain trugen ein Gedicht mit dem Titel "A Landle - zwa Sprochn" vor.

 

Berlakovich will moderne Volksgruppen-Politik offensiv vorantreiben
Ortstafelaufstellung, Volksgruppengesetz und Ausweitung des ORF-Programms
Kärnten (bmlfuw) - "Heute wird in Kärnten Geschichte geschrieben und Zukunft gestaltet. 56 Jahre nach Unterzeichnung des österreichischen Staatsvertrags erlebt eines der längsten politischen Projekte der zweiten Republik seine erfolgreiche Umsetzung. Die Aufstellung der Ortstafeln darf nicht ein Schlussstrich, sondern soll ein Neubeginn für ein funktionierendes Miteinander und für eine moderne Volksgruppenpolitik sein", betont Bundesminister Nikolaus Berlakovich, selbst Burgenland-Kroate und in der ÖVP-Regierungsmannschaft für die Volksgruppen zuständig, der in dieser Funktion und in Vertretung von Vizekanzler Spindelegger am 16.08. beim Festakt zur Lösung der Ortstafelfrage in Kärnten ist.

Volksgruppengesetz vorantreiben, mehr ORF-Sendezeit für Volksgruppen
"Die Volksgruppen sind Teil der Vielfalt und Identität Österreichs. Volksgruppensprachen sind eine Bereicherung und eine Chance im vereinten Europa. Deshalb gilt es, das Volksgruppengesetz, das derzeit in Arbeitsgruppen verhandelt wird, offensiv voranzutreiben. Dabei geht es unter anderem im Bereich der Bildung, um eine verstärkte Forderung der Mehrsprachigkeit vom Kindergarten bis zur Universität", so Berlakovich. "Wichtig ist, das ORF-Programm so zu gestalten, dass den einzelnen Volksgruppen mehr Sendezeit eingeräumt wird", unterstreicht der Bundesminister.

Zeit längst reif, Gemeinsames vor Trennendes zu stellen
"Der heutige Tag ist ein besonderer für Kärnten und Österreich. Die Zeit war reif, auch in diesem Bundesland das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen. Die zweisprachigen Ortstafeln sind Symbol für das friedliche Zusammenleben von Menschen verschiedener Sprache und Kultur. Vielfalt und Mehrsprachigkeit sind Bereicherung, Gewinn und Zukunftschance", so Berlakovich, der bereits im Jahre 2000 als Landtagsabgeordneter und Volksgruppensprecher der ÖVP Burgenland ganz entscheidend mitgewirkt hat, die Errichtung von zweisprachigen Ortstafeln im Burgenland durchzusetzen. Die erste dieser zweisprachigen Ortstafeln wurde übrigens in Berlakovichs Heimatgemeinde Großwarasdorf aufgestellt.

 

Bucher: Jetzt müssen die wirtschaftlichen Probleme Kärntens gelöst werden
Es gehe jetzt darum, bestehende Gräben für immer zuzuschütten.
Klagenfurt/Wien (bzö) - "Mit dem heutigen Tag ist der jahrzehntelange Streit um die Aufstellung von zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten hoffentlich endgültig beendet. Ich hoffe, dass diese Einigung den Anstoß für ein weiteres noch friedlicheres Zusammenleben beider Volksgruppen gibt", so der Kärntner BZÖ-Bündnisobmann Josef Bucher. Jetzt gehe es darum, bestehende Gräben für immer zuzuschütten. Bucher betont, dass der Streit um zweisprachige Ortstafeln seit Jahren nicht im Alltagsleben vorkomme. "Denn die Bevölkerung im zweisprachigen Gebiet lebt längst miteinander und nicht nebeneinander. Jetzt hat man nach einer langen Zeit der politischen Diskussion in einem mühevollen Prozess zueinander gefunden und eine gute Lösung für Kärnten und die Bevölkerung entwickelt", so der BZÖ-Chef.

Bucher fordert nun die Landesregierung auf, sich den wirtschaftlichen Problemen des Landes zu widmen; zeigt sich aber aufgrund des herrschenden Parteienstreits und Stillstandes sehr skeptisch. "Derzeit werden jeden Tag durch die politische Entwicklung neue Gräben aufgerissen und Blockadepolitik prägt die Landesregierung. Nachdem jetzt hoffentlich in der Ortstafelfrage Ruhe herrscht, erwarten sich die Kärntnerinnen und Kärntner, dass endlich die großen Probleme angegangen werden und für das Land gearbeitet wird", betont Bucher.
     

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