Österreichs Wirtschaft im II. Quartal noch kräftig gewachsen   

erstellt am
16. 08. 11

Wien (wifo) - Die Turbulenzen auf den internationalen Finanz- und Kapitalmärkten lösen in der Wirtschaft Unsicherheit aus. Vor diesem Hintergrund trüben sich die Aussichten der Unternehmen immer stärker ein. Dennoch konnte die Wirtschaftsleistung in Österreich im II. Quartal gegenüber der Vorperiode noch um 1% ausgeweitet werden.

Gemäß der WIFO-Schnellschätzung stieg das österreichische BIP im II. Quartal gegenüber der Vorperiode real um 1% (saison- und arbeitstagsbereinigt). Damit expandierte es etwas stärker als im I. Quartal (revidiert +0,8%). Gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal betrug der Anstieg real 3,7% (I. Quartal +4,2%). Für das 1. Halbjahr ergibt sich im Vorjahresvergleich ein reales Wachstum von 4,0%.

Abermals ging der Hauptimpuls vom Außenbeitrag aus. Zwar expandierte der Export i. w. S. im II. Quartal mit real +1,8% gegenüber der Vorperiode etwas langsamer als zuletzt (I. Quartal +2,2%), doch ließ die Dynamik des Imports (II. Quartal +0,8% nach +2,1%) noch deutlicher nach. Die Wachstumsverlangsamung im Außenhandel war durch die schwächere Ausweitung des Warenhandels bestimmt.

Auch die Expansion der Investitionen verringerte sich. Der Konjunkturimpuls scheint sich also noch immer nicht ausreichend vom Außenhandel auf die Binnenkonjunktur übertragen zu haben. Die Ausrüstungsinvestitionen wurden im II. Quartal um nur mehr 1,8% gesteigert, nach +2,2% im I. Quartal. Der jahrelange Rückgang der Bauinvestitionen scheint gestoppt zu sein, im I. und II. Quartal 2011 war eine Stagnation zu beobachten. Hinweise auf einen Aufschwung der Baunachfrage fehlen aber nach wie vor.

Der private Konsum entwickelte sich im II. Quartal - trotz der Belastung der Realeinkommen durch die hohe Inflation - recht robust und wuchs gegenüber der Vorperiode real um 0,2%, nach ebenfalls +0,2% im I. Quartal. Der öffentliche Konsum wurde im II. Quartal mit real +0,3% gegenüber der Vorperiode etwas schwächer ausgeweitet als zuvor (I. Quartal +0,4%).

Die Sachgütererzeugung steigerte ihre Wertschöpfung im II. Quartal real um 3,0%. Im I. Quartal hatte der Anstieg 2,2% betragen. Allerdings ließ die Dynamik im Quartalsverlauf deutlich nach.

Methodische Hinweise und Kurzglossar

Periodenvergleiche
Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte Effekte bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen in der Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Text wird auf "saison- und arbeitstägig bereinigte Veränderungen" Bezug genommen.

Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.

Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.

Reale und nominelle Größen
Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.

Produzierender Bereich
Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.

Inflation, VPI und HVPI
Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex (VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität innerhalb der Euro-Zone ( siehe auch http://www.statistik.at/ ).

Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel und Energie zu verwenden. So werden knapp 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex (VPI 2010) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.

WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest
Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit (http://www.itkt.at/). Die Indikatoren sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten Unternehmen.

Arbeitslosenquote
Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis: Umfragedaten von privaten Haushalten (Mikrozensus).

Begriffe im Zusammenhang mit der österreichischen Definition der Arbeitslosenquote
Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.

Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen auch Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenz- und Zivildiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis. Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".
     
zurück