EFSF-Aufstockung (Rettungsschirm) im Parlament  

erstellt am
30. 09. 11

 Krainer: Euro-Schutzschirm ist moralisch und ökonomisch richtig
SPÖ-Finanzsprecher: Nicht Staaten, sondern Banken und Finanzmärkte haben über ihre Verhältnisse gelebt
Wien (sk) - Der Nationalrat stimmt am 30.09. in einer Sondersitzung über die Aufstockung des Euro-Rettungsschirms EFSF ab. SPÖ-Budgetsprecher Jan Krainer betonte in der Debatte, dass "es nicht nur moralisch richtig, sondern auch ökonomisch wichtig ist", den Schutzschirm aufzuspannen. Krainer erinnerte an das Jahr 2009, als Osteuropa in Gefahr war, Opfer der Finanzkrise zu werden. Österreich sei wegen des Engagements seiner Banken in Osteuropa ebenfalls Gefahr gelaufen, "kurz vor der Pleite" zu stehen. Auch damals habe man auf die Hilfe der anderen Staaten gezählt und für die Banken und Wirtschaft einen ersten Rettungsschirm aufgespannt, sagte Krainer.

Jetzt gehe es weiters darum, die richtigen Lehren aus der Krise zu ziehen, betonte der Finanzsprecher. "Wir hören ständig, Staaten und die Bevölkerung hätten über ihre Verhältnisse gelebt. Wahr ist aber: Nicht die Staaten, sondern die Banken und Finanzmärkte haben über ihre Verhältnisse gelebt", so Krainer. Die Fakten würden zeigen, dass alle Staaten von Mitte der 90er Jahre bis zum Ausbruch der Krise ihre Ausgaben und somit die Neuverschuldung reduziert haben. Durch die Finanzkrise sei es aber notwendig geworden, Milliarden in die Hand zu nehmen, um Banken zu retten, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und Steuerausfälle zu kompensieren. Das Ergebnis in Österreich sei gewesen, dass nach 15 Jahren Konsolidierung der Schuldenstand von fast 70 auf 60 Prozent gesunken und durch die Krise innerhalb von nur zwei Jahren wieder auf über 70 Prozent des BIP angewachsen sei, so der SPÖ-Finanzsprecher.

Als Lehre aus der Krise sei es "natürlich wichtig", Schulden und das Defizit zu reduzieren, aber es gebe auch andere wichtige Kennzahlen, sage Krainer. So habe die Arbeitslosigkeit nicht den Stellenwert, den sie eigentlich haben sollte. "Wieso haben wir nicht bei der Arbeitslosigkeit dieselbe 3-Prozent-Grenze wie bei der Neuverschuldung?", fragte Krainer. Arbeitslosigkeit koste den Betroffenen Lebensqualität und müsse vom Staat finanziert werden, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit müsse daher genauso wichtig sein wie die Defizitgrenze für die Staaten.

Eine weitere Lehre aus der Krise sei die Frage, wie sich Staaten finanzieren. "Wir finanzieren unseren Staat vor allem zulasten des Faktors Arbeit. Jene, die ohnehin schon reich sind und ihr Geld für sich arbeiten lassen, leisten heute keinen adäquaten Beitrag. Daher wollen wir die Steuern auf Arbeit senken und Steuern auf Kapital und Vermögen erhöhen", betonte Krainer. Der Abgeordnete verwies auf das 5-Punkte-Programm der SPÖ, das neben einer Millionärssteuer die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, die Reform der Gruppenbesteuerung, eine steuerliche Begrenzung bei Managergehältern und Boni sowie die steuerliche Entlastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern beinhaltet.

 

Kopf: Schluss mit dem Schuldenmachen - Schuldenbremse einziehen
ÖVP-Klubobmann contra "Renationalisierung" und "mir san mir"-Mentalität
Wien (övp-pk) - "Was wir hier heute tun, ist nicht populär. Aber der Beschluss ist absolut das Richtige für den Euro und die EU. Denn der Euro ist weit mehr als eine gemeinsame Währung von 17 Ländern und die EU ist weit mehr als eine Gemeinschaft von 27 Ländern. Die Europäische Union ist ein Friedensprojekt als Konsequenz des Zweiten Weltkriegs und die EU ist die einzige Möglichkeit, dem Kontinent Frieden und Wohlstand zu sichern. Daher ist eine Auseinandersetzung mit unseren europäischen Partnern am Verhandlungstisch viel besser als auf dem Schlachtfeld", sagte ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf zur Erweiterung des Euro-Rettungsschirms in der Sondersitzung des Nationalrats.

"Griechenland ist in eine Situation geraten, wo es sich nicht mehr selbst am Kapitalmarkt finanzieren kann. Was ist die Folge, wenn wir uns von den Griechen abkehren? Dann ermöglichen wir erst den Spekulanten, auf das nächste Land loszugehen und irgendwann trifft es auch uns", betont der Klubobmann, der es zulässig findet, wenn über die Einbindung der Parlamente beim EU-Rettungsschirm diskutiert wird. Aber wenn der Rettungsschirm nicht in die Hände von Experten gegeben werde, sondern sich die nationalen Parlamente weiterhin einmischen, dann werde der Rettungsschirm nicht funktionieren. "Wenn wir zulassen, dass wir uns wirtschaftlich nach dem Motto mir san mir renationalisieren, dann ist auch die politische Renationalisierung da. Es lohnt sich allemal, für dieses Friedensprojekt Opfer zu bringen, denn alles andere wäre mit viel größerem Schaden verbunden", unterstrich Kopf die Notwendigkeit der Aufstockung des Rettungsschirms.

Der Klubobmann erinnerte auch daran, dass man die Ursache der heutigen Krise nicht aus den Augen verlieren dürfe. "Es war ein ständiges mehr ausgeben als man einnimmt, Schulden machen und über die Verhältnisse leben. So wurden wir überhaupt erst zum Opfer und Spielball der Spekulanten. Daher müssen wir in Zukunft sparen, eine Schuldenbremse einführen und Schluss machen mit dem über die Verhältnisse leben. Nur indem wir unsere Haushalte in Ordnung bringen, können wir das Problem an den Wurzeln anpacken", so Kopf, der die geschlossenen Ablehnung der Sozialdemokraten im EU-Parlament für bessere Kontrollmöglichkeiten und schärfere Strafen gegen Budgetsünder in der EU kritisierte.

Für Kopf ist es in Österreich möglich, intelligent zu sparen, ohne dass dabei die Konjunktur geschwächt oder die Gesellschaft auseinanderdividiert wird. "Ich denke dabei an die ÖBB, eine Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters, einen Generationencheck bei zukünftigen Gesetzen oder den Kampf gegen Sozialmissbrauch. Aber wir müssen auch andere Dinge zur Bändigung der Haushaltssituation tun. Die Einführung einer europaweiten Finanztransaktionssteuer ist dabei - besonders an die Kapitalmärkte - ein wichtiges Signal."

 

Strache beantragt Volksabstimmung über Euro-Haftungsschirm
SPÖ, ÖVP und Grüne leben Solidarität mit den Tätern und nicht mit den Opfern
Wien (fpd) - Gleich zu Beginn der heutigen Nationalratssitzung brachte FPÖ-Klubobmann HC Strache einen Antrag auf Durchführung einer Volksabstimmung über den Euro-Haftungs- und Knebelungsschirm ein: "Der Nationalrat wolle beschließen: Der aufgrund der Regierungsvorlage 1390 d.B. betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz geändert wird (1409 d.B.) zu fassende Gesetzesbeschluss des Nationalrates ist nach Beendigung des Verfahrens gemäß Art 42 B-VG, jedoch vor seiner Beurkundung durch den Bundespräsidenten, einer Volksabstimmung zu unterziehen."

Eine solche Volksabstimmung ist laut Strache zwingend notwendig. "Auch wenn Rote, Schwarze und die angeblich ach so basisdemokratischen Grünen das hysterisch abstreiten. Sie gehen ja vor nach dem Motto, dass das Volk zu kuschen hat vor der Brüsseler Peitsche."

Der freiheitliche Bundesparteiobmann warf den anderen Parteien auch vor, willfährig gegen die Interessen der Österreicher Politik zu betreiben. "Sie leben Solidarität mit den Tätern und nicht mit den Opfern." Die Opfer seien die europäischen Völker, die man jetzt ausplündere, anstatt die Verantwortlichen, also die Banken und Spekulanten, zur Kassa zu bitten.

 

Bucher: ÖVP-Kopf betreibt Angstpropaganda
"Grüne haben es in der Hand, eine Volksabstimmung zu bewirken"
Wien (bzö) - "Der ÖVP-Klubobmann betreibt Angstpropaganda, indem er absurde Argumente verwendet". Mit diesen Worten kritisierte BZÖ-Bündnisobmann Klubobmann Josef Bucher bei der Nationalratssitzung die Aussagen von Kopf, der bei einem finanziellen Untergang Griechenlands und anderer mediterraner Länder Ausbrüche von Kriegen befürchtet. "Solche Gedanken sind völlig absurd. Kopf soll sich von solchen dummen Gedanken distanzieren", so Bucher.

"Die Geldbombe, die nun gezündet ist und den Euro noch in sehr viele Einzelteile zerlegen wird, kommt rasant auf uns zu. Denn die Ausweitung des Rettungsschirms, die heute Rot, Schwarz und Grün beschließen werden, ist der erste Schritt Österreichs in den Untergang und in die Knechtschaft der Europäischen Union. Gemeinsam beschließen diese Parteien 29 Mrd. Euro Zahlungsverpflichtungen, das ist fast die Hälfte unseres Staatshaushaltes. Geld, das wir nicht haben und Geld, das wir nie mehr wieder sehen werden. 29 Mrd. Euro zusätzliche Schulden - diesen Schuldenberg werden die nächsten Generationen nicht mehr abbauen können", meinte Bucher.

"Wo ist da die Verantwortung in der ÖVP? Diese Partei treibt lediglich eine gewissenlose Politik voran, die die Menschen in den Untergang führt. Das ist pure Steuergeldveruntreuung, die auch die ÖVP-Finanzministerin betreibt. Das ist doch ein Wahnsinn, der da betrieben wird. Heute beginnt eine "Never-ending-Story". Es gibt nämlich keine Haftungsobergrenzen für diesen Rettungsfonds und das heißt Nachschusspflicht bei jeder Gelegenheit", erklärte Bucher.

"Würden SPÖ und ÖVP diesen Vertrag kennen, würden sie sich schämen und aus dem Hohen Haus hinauslaufen. Es wird als Konsequenz aus diesem Vertrag eine Bonitätsverschlechterung Österreichs geben, wenn nun 40 Mrd. dazukommen", so Bucher und weiter: "Auch durch höhere Zinsen werden wir pro Jahr 500 Mio. Euro mehr zahlen müssen".

"Das österreichische Volk muss daher in diese Entscheidung eingebunden werden. Seit 1994 ist das Volk nicht mehr befragt worden- es ist seit damals nur mehr betrogen worden", kritisierte Bucher, der auch einen Appell an die grüne Fraktion richtete: "Sie alleine von den Grünen haben es in der Hand, eine Volksabstimmung zu bewirken. Erinnern sie sich doch an die Anfänge ihrer Bewegung. Gehen sie mit uns den Weg in eine Volksabstimmung, denn die Österreicher haben schon Genug gezahlt für diesen maroden Unsinn", betonte Bucher.
     

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