Justizausschuss gibt grünes Licht für Terrorismuspräventionsgesetz   

erstellt am
06. 10. 11

Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft für Notare fällt
Wien (pk) - Der Justizausschuss gab in seiner Sitzung vom 05.10. grünes Licht für das Terrorismuspräventionsgesetz : Die diesbezügliche Regierungsvorlage wurde in der Fassung eines gesamtändernden Abänderungsantrags der Regierungsparteien in getrennter Abstimmung teils einstimmig, teils mehrheitlich angenommen, wobei man die Regierungsvorlage betreffend Ausbau des Umweltstrafrechts miterledigte. Scharfe Kritik an der Ausweitung des Verhetzungsparagraphen und der Verwendung unklarer Begrifflichkeiten übten dabei FPÖ und BZÖ. Von einer Missbrauchsanfälligkeit des vorliegenden Gesetzes sprachen aber auch die Grünen, die sich vor allem kritisch zum Tatbestand "Aufforderung zu terroristischen Straftaten und Gutheißung terroristischer Straftaten" äußerten.

Einen S-V-Entschließungsantrag betreffend die wissenschaftliche Evaluierung des §278a StGB nahm man in diesem Zusammenhang mit Stimmeneinhelligkeit an. Dem von Abgeordnetem Ewald Stadler (B) eingebrachten Abänderungsantrag, der eine Ausnahme der im Inland anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften vom Tatbestandsmerkmal der Hetze vorsieht, sofern diese nur Glaubens- und Sinnlehren wiedergeben, wurde von allen anderen Parteien abgelehnt. Ein Antrag der FPÖ auf Einholung schriftlicher Stellungnahmen zum überarbeiteten Gesetzesentwurf verfehlte ebenfalls das erforderliche Quorum.

Einstimmig angenommen wurde vom Justizausschuss aber die von SPÖ und ÖVP beantragte Änderung des Notariatsgesetzes ( 1660/A[E]): In Entsprechung eines EuGH-Urteils soll der Beruf des Notars nicht mehr österreichischen StaatsbürgerInnen vorbehalten sein, sondern auch Staatsangehörigen von EU- und EWR-Staaten sowie der Schweiz offen stehen.

Zur weiteren Beratung über den Evaluierungsbericht der Justizministerin zur Strafprozessreform setzte der Ausschuss überdies einen Unterausschuss ein.

Oppositionsparteien üben Kritik am Terrorismuspräventionsgesetz
Durchaus kontrovers gestaltete sich die Debatte zum Terrorismuspräventionsgesetz, das, wie S-Justizsprecher Johannes Jarolim skizzierte, schon seit längerer Zeit Gegenstand umfassender Diskussionen gewesen war. Dabei sei es geglückt, seine Bestimmungen zu präzisieren, um einer anderen als der vom Gesetzgeber intendierten Auslegung durch Gerichte vorzubeugen, zeigte er sich überzeugt. Jarolim brachte in diesem Zusammenhang außerdem einen S-V-Entschließungsantrag betreffend wissenschaftliche Evaluierung des §278a StBG ein.

G-Abgeordneter Albert Steinhauser hielt das Terrorismuspräventionsgesetz für missbrauchsanfällig. Zwar hätten sich die Regierungsfraktionen um seine Präzisierung bemüht, doch enthalte es nach wie vor problematische Bestimmungen, zeigte er sich überzeugt und kam in diesem Zusammenhang auf den Tatbestand "Aufforderung zu terroristischen Straftaten und Gutheißung terroristischer Straftaten" zu sprechen. Dabei äußerte Steinhauser die Befürchtung, dass allein der Verdacht auf Gutheißen einer terroristischen Straftat ausreichen werde, um Ermittlungsmaßnahmen wie den großen Lauschangriff zu legitimieren. Das ein solches Vorgehen angemessen sei, müsse man aber bezweifeln, stellte der G-Mandatar fest. Was die Bestimmungen betreffend Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat anbelange, stelle man nun auf den Vorsatz ab: Das sei richtig, konstatierte Steinhauser, in Hinblick auf die Informationsbeschaffung wäre jedoch schwer nachzuweisen, ob eine Recherche im Internet vorsätzlich vorgenommen wurde. Die zur Diskussion stehenden Bestimmungen ermöglichten so potentiell die Verfolgung aller Personen, die gewisse Medienangebote nutzten, monierte der Grüne Justizsprecher.

Auch F-Mandatar Peter Fichtenbauer übte Kritik am vorliegenden Entwurf: Da er mittels Abänderungen grundlegend verändert wurde, sei er in dieser Form auch nicht begutachtet worden, beanstandete er. Er stelle deshalb einen Antrag auf Einholung schriftlicher Stellungnahmen spezifischer Einrichtungen und Institutionen, schließlich wäre es nicht notwendig, das Gesetz unter allen Umständen heute zu verabschieden. Was in dieser Sitzung zur Debatte stehe, sei schließlich nichts anderes als das "Ende der Meinungsfreiheit", hielt Fichtenbauer in Anlehnung an einen Zeitungskommentar von Andreas Unterberger fest. Der Inhalt der gegenständlichen Norm kollidiere eindeutig mit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit, zeigte er sich überzeugt und nahm dabei vor allem auf den sogenannten Verhetzungsparagrafen Bezug. Trete der Entwurf so in Kraft, werde es schließlich auch nicht mehr möglich sein, sich über Missstände, die ihren Ursprung in einer durch das Gesetz definierten Gruppe haben, "verächtlich zu machen". Eine derartige Einschränkung sei einer Demokratie jedoch nicht würdig, stand für Fichtenbauer fest. Juristisch betrachtet habe man es außerdem mit einer Ansammlung von "Gummiausdrücken" zu tun, die gegen das Bestimmtheitsgebot im Strafrecht verstoße und "absurde Verfolgungsmöglichkeiten" eröffne.

Auch sein Fraktionskollege Herbert Stefan kritisierte das gegenständliche Gesetz: Schließlich werde das Schlagwort der Terrorismusbekämpfung nur zu gern als Vorwand für Eingriffe in die Privatsphäre der BürgerInnen gebraucht. Ob man die Meinungsfreiheit derart aushöhlen und missbrauchsanfällige Instrumente schaffen wolle, gelte es nochmals zu überdenken, mahnte er. F-Mandatar Walter Rosenkranz skizzierte, dass das Rednerpult im Parlament bald der einzige Ort sein werde, an dem man Anzeigen vor dem Hintergrund des §283 noch entkommen könne. Damit trete man die Meinungsfreiheit mit Füßen.

Abgeordneter Ewald Stadler (B) hielt fest, seine Fraktion könne der vorliegenden Ausgestaltung des Verhetzungsparagrafen nicht zustimmen. Er bedeute schließlich eine "Kriminalisierung" von Meinungen und die "Verschärfung von Denkverboten". Damit tue das vorliegende Gesetz genau das Gegenteil von dem, was es zu tun vorgebe. Was unter "Verächtlichmachung" bestimmter Gruppen verstehe, hielt der Abgeordnete außerdem für nicht hinreichend definiert. Dem politischen Missbrauch sei deshalb Tür und Tor geöffnet. Für besonders problematisch hielt der B-Mandatar außerdem die Ausweitung der taxativen Aufzählung der besonders geschützten Gruppen: Hier werden nunmehr auch auf die Kriterien Alter, Geschlecht und sexuelle Orientierung abgestellt, wodurch sogar die römisch-katholische Kirche, die in manchen Bereichen abweichende Positionen vertrete, Gefahr laufe, als potentiell kriminelle Organisation eingestuft zu werden. Außerdem sei nicht einzusehen, dass man Dinge, die man als unmoralisch empfinden könne, sogleich mit einer Strafandrohung von bis zu zwei Jahren Haft belege. Das BZÖ setze sich für einen freien, demokratischen Rechtsstaat ein, der mit derartigen Bestimmungen nicht vereinbar sei, konstatierte Stadler.

V-Abgeordnete Karin Hakl konnte die Position von FPÖ und BZÖ nicht nachvollziehen. Schließlich gehe es, was den Verhetzungsparagrafen anbelange, nicht um einfache Kritik an Gruppen, sondern um Aufrufe zu wahrnehmbarer Gewalt und feindseligen Handlungen gegen sie. Derartiges sollte, wie Hakl ausführte, in einer Demokratie ohnehin keinen Platz haben.

Auch Ausschussobmann Heribert Donnerbauer (V) wies die an die Regierungsfraktionen gerichteten Vorwürfe zurück. Einiges von dem, das die Opposition heute kritisiert habe, sei bereits Rechtsbestand. Die Begriffe, die man im Gesetz verwende, wären demzufolge auch bereits in der österreichischen Rechtstradition etabliert. Sollte es tatsächlich zu Eingriffen in Grund- und Freiheitsrechte kommen, wovon die Regierungsfraktionen nicht ausgingen, gebe es außerdem Institutionen, die diese sanktionierten, schloss Donnerbauer.

Justizministerin Beatrix Karl hielt fest, man habe die Kritik am früheren Gesetzesentwurf ernst- und entsprechende Abänderungen vorgenommen. Die Bedenken der Grünen hinsichtlich der Nachweisbarkeit des Vorsatzes der Informationsbeschaffung teilte sie nicht. Dass man über diese Schiene eine Ausweitung der Anwendung des großen Lauschangriffs plane, wies Karl außerdem strikt zurück: Diese Ermittlungsmaßnahme unterliege strengen Regulationen und komme, wie die diesbezüglichen Berichte illustrierten, nur ein bis drei Mal pro Jahr zum Einsatz. Es stimme auch nicht, dass der Gesetzesentwurf nie begutachtet worden sei: Nachfolgende Abänderungen wären aber nichts Unübliches. Was die von Abgeordnetem Stadler kritisierte Aufzählung der besonders geschützten Gruppen anbelange, orientiere man sich an internationalen Vorgaben, informierte die Ministerin. Den Vorwurf, dass die im Gesetz verwendeten Begrifflichkeiten nicht ausreichend determiniert seien, wies Karl angesichts der Tatsache, dass man seit 1975 mit ihnen operiere, zurück.

Oppositionsanträge mit S-V-Mehrheit vertagt
Auf der Tagesordnung standen weiters Anträge der Opposition betreffend Korruptionsbekämpfung, Schutz von Minderjährigen vor Missbrauch und Einsparungen im Strafrecht.

Zwei Initiativen der Grünen, in denen Abgeordneter Albert Steinhauser die Wiedereingliederung öffentlicher Unternehmen in das Korruptionsstrafrecht (1479/A(E)) bzw. die Strafbarkeit des sogenannten "Anfütterns" (1487/A(E)) fordert, wurden mit den Stimmen der Regierungsparteien unter Hinweis auf das geplante umfassende Transparenzpaket vertagt.

Ebenfalls als nicht entscheidungsreif angesehen und vertagt wurde ein Antrag des BZÖ betreffend Einführung einer uneingeschränkten Anzeigepflicht bei Verdacht des Missbrauchs von Minderjährigen (1366/A(E)). Abgeordneter Johann Maier (S) begründete die Vertagung mit Arbeiten im Gesundheitsministerium an einer weiteren Verschärfung der Informationspflichten, deren Ergebnis es abzuwarten gelte. Die Abgeordneten Herbert Scheibner und Ewald Stadler (beide B) konnten sich mit dieser Argumentation nicht abfinden und sprachen sich gegen ein "ewiges Vertagen" in einer derart sensiblen Materie aus. Stadler wies überdies auf die von Österreich ratifizierte Kinderschutzkonvention hin und meinte, das Anliegen seiner Fraktion sei Ausfluss dieser internationalen Verpflichtung.

Schließlich vertagte der Ausschuss mit S-V-Mehrheit auch einen Vorstoß (1062/A(E)) des Abgeordneten Christian Lausch (F) auf, wie es heißt, sinnvolle Budgeteinsparungen im Justizbereich, der vor allem beim Strafvollzug ansetzt und u.a. externe Betreuungen und Kosten im medizinischen Bereich ins Visier nimmt.

Abgeordneter Johann Maier (S) qualifizierte die Forderungen des Antrags als "schlichtweg falsch" und empfahl der FPÖ, ihre Vorstellungen im Rahmen der Budgetverhandlungen einzubringen, bemerkte jedoch, Zustimmung seitens der SPÖ werde sie dafür nicht erhalten.
     
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