Firmeninsolvenzstatistik 1. Halbjahr 2011: 25 Insolvenzen pro Werktag   

erstellt am
13. 10. 11

Privatinsolvenzstatistik 1. Halbjahr 2011: 45 Insolvenzen pro Werktag
Wien (creditreform) - Die endgültigen Zahlen der Creditreform Firmeninsolvenzstatistik für das 1. Halbjahr 2011 zeigen, dass die Firmeninsolvenzen nach einem Anstieg im 1. Quartal nun wieder zurückgehen. Die Unternehmensinsolvenzen sind in den ersten sechs Monaten um über 5% auf 3.149 Verfahren gesunken. Der Rückgang bei den eröffneten Verfahren beträgt fast 4% (1.654 Unternehmen). Allerdings noch stärker hat sich die Zahl der mangels Vermögen abgewiesenen Insolvenzen um beinahe 7% auf unter 1.500 Verfahren reduziert. Dies dürfte ein besonders erfreuliches Ergebnis der vor einem Jahr in Kraft getretenen Insolvenzrechtsnovelle (IRÄG 2010) sein. Denn bei diesen für die Gläubiger außerordentlich schädlichen Verfahren verfügt das schuldnerische Unternehmen nicht einmal über den Kostenvorschuss zur Eröffnung und Abwicklung eines geregelten Verfahrens. Unbesicherte Gläubiger erleiden einen Totalausfall. Schuldner sollen nun durch verschiedene positive Anreize zur rechtzeitigen Insolvenzbeantragung gebracht werden. Ebenso ein positiver Trend liegt in der Akzeptanz des neugeschaffenen Sanierungsverfahrens. Fast jedes 5. eröffnete Verfahren ist ein solches, das zur Sanierung und Fortführung des Unternehmens führen soll.

Betroffen waren in den ersten sechs Monaten etwa 50.000 Gläubiger und 10.700 Mitarbeiter. Die Insolvenzverbindlichkeiten betrugen 1,1 Mrd. Euro.

Bundesländervergleich
Der Blick auf die Bundesländer zeigt folgendes Bild: Während in allen Bundesländern die Insolvenzen zurückgingen, stiegen sie in der Steiermark (+2,1%) und in Tirol (+1,7%). Die stärksten Rückgänge verzeichneten Vorarlberg (-45,3%), Salzburg (-20,5%) und das Burgenland (-10%).

Die höchste relative Insolvenzbetroffenheit herrschte in Wien mit 12 Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen, fast jede 3. heimische Insolvenz ereignete sich in der Bundeshauptstadt. Österreichweit wurden im Durchschnitt fast 9 Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen gezählt.

Branchenvergleich
Die am stärksten betroffenen Branchen waren das Bauwesen mit über 18 Insolvenzen je 1.000 Branchenunternehmen sowie die Branche "Verkehr- und Nachrichtenübermittlung" mit fast 14 Insolvenzen je 1.000 Branchenunternehmen. Das Bauwesen verzeichnete mit 9,5% auch als einzige Branche einen Zuwachs an Insolvenzfällen. Die meisten Insolvenzen zählte man in der Branche "Unternehmensbezogene Dienstleistungen" mit rund 1.000 betroffenen Unternehmen.

Conclusio 1. Halbjahr 2011
Die kleinstrukturierte österreichische Unternehmenslandschaft hat den Vorteil, sich schnell und gut auf die sich ändernde wirtschaftliche Situationen einzustellen. Hilfreich waren in Krisenzeiten die relativ guten Eigenkapitalpolster sowie das umsichtige Verhalten der Banken. Die Ausstattung mit Eigenkapital hat sich aber verschlechtert. Zwar hat sich der Anteil der Unternehmen verringert, die als zu schwach kapitalisiert gelten und eine Eigenkapitalquote von unter 10% der Bilanzsumme ausweisen, allerdings sind gleichzeitig auch weniger Unternehmen als kapitalstark zu bezeichnen, da ihre Eigenkapitalquote die Marke von 30% übersteigt. Laut Creditreform Umfrage weisen derzeit rund 23% der Unternehmen eine Eigenkapitalquote von unter 10% ihrer Bilanzsumme auf. 2010 lag dieser Anteil noch etwas höher bei 24,1%. Ca. 35% haben eine Eigenkapitalquote von mehr als 30%, nachdem das vor einem Jahr noch auf über 38% zutraf. Jede weitere gesetzliche Maßnahme, die Eigenkapitalbildung erschwert, ist daher trotz guter Konjunkturlage nicht zu empfehlen. Neben dem Know-how eines ordentlichen Kaufmannes und einem umsichtigen Risikomanagement ist ausreichende Vorsorge mit Eigenkapital die beste Insolvenzprophylaxe und ein Grant dafür, dass sich der positive Trend mit einem Rückgang der Insolvenzen weiter fortsetzt.


Privatinsolvenzstatistik 1. Halbjahr 2011: 45 Insolvenzen pro Werktag
Über 5.500 insolvente Privatpersonen, mangelnde Ausbildung Hauptinsolvenzursache
Die endgültigen Zahlen der Creditreform Privatinsolvenzstatistik für das 1. Halbjahr 2011 zeigen weiterhin einen Anstieg der Insolvenzen von Privatpersonen: 5.532 zahlungsunfähige Private bedeuten ein Plus von knapp 5%. Die Anzahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren ist dabei um 6,7% auf über 4.900 Verfahren gestiegen, die mangels Vermögen abgewiesenen Insolvenzanträge sind hingegen um 7,6% auf 629 Verfahren gesunken. Die durchschnittliche Verschuldung beträgt ca. 80.000 Euro. Die Insolvenzpassiva belaufen sich auf über 500 Mio. Euro. Die durchschnittliche Quote für die Gläubiger beträgt rund 20%. "Die Insolvenzursachen liegen grundsätzlich im falschen und sorglosen Umgang mit Geld und im Mangel an wirtschaftlicher Bildung sowie im Konsumbedürfnis ohne Limitierungsbedenken", sagt Rainer Kubicki, Geschäftsführer von Creditreform in Österreich. Andere Faktoren, wie Scheidung, Krankheit und Jobverlust bringen das Fass dann nur noch zum Überlaufen. Je schlechter die (Aus-)Bildung, desto höher ist auch das Risiko einer Privatinsolvenz. Ein Drittel der Schuldner ist arbeitslos, ein Drittel sind gescheiterte Selbständige.

Bundesländervergleich
Mehr als 8 von 10.000 Erwachsenen sind zahlungsunfähig/über-schuldet
Ein Blick auf die einzelnen Bundesländer zeigt, dass in Niederösterreich (+19%), in der Steiermark (+13,6%) und in Salzburg (+9,8%) die Insolvenzen am stärksten angestiegen sind. Im Burgenland (-15%), Tirol (-8%) und Kärnten (-3,5%) sind sie hingegen am stärksten gesunken. Wien bleibt die "Insolvenzhauptstadt" Österreichs: Fast 40% aller Insolvenzen finden in der Bundeshauptstadt statt: 2.135 Fälle (+5%). Mit 16 Insolvenzen je 10.000 erwachsene Wiener ist auch das Insolvenzrisiko doppelt so hoch wie im Österreichdurchschnitt. Österreichweit wurden etwas mehr als 8 von 10.000 Erwachsenen zahlungsunfähig.

Conclusio 1. Halbjahr 2011
Eine Privatinsolvenz kommt nicht vom heiteren Himmel herab, sondern entwickelt sich über mehrere Jahre hinweg. Unkontrollierte Ratenvereinbarungen, Nichtbeachtung der steigenden Fixkosten und launisches Konsumieren gepaart mit der Ignoranz eines dafür eigentlich notwendigen Ansparerfolges sind hier aber nur die negativen Ausflüsse einer gesellschaftlichen Bewusstseinsänderung: wenn die ganze Welt -- siehe die fatale Vorbildwirkung durch die Überschuldung der öffentlichen Hand -- auf Pump lebt, kann ich das als Einzelner doch auch. Dem Schuldenmachen haftet auch nicht mehr der negative Odem einer gesellschaftlichen Ächtung an. Hinzu kommt die schlichte Unbildung über finanzielle Angelegenheiten. Während "financial education" im Angloamerikanischen Raum eine Selbstverständlichkeit ist wie das Lesen, Schreiben und Rechnen, wird es in den heimischen Lehrplänen nach wie vor quasi ignoriert. Erste Ansätze - wie eine Kampagne der Wirtschaftskammer, über "Kinder Cash" und andere private Initiativen für einen "Finanzführerschein" sollten daher weiter unterstützt und bundesweit auch von der Bildungspolitik aufgegriffen werden. "Ein mündiger und aufgeklärter Bürger kann sich selbst am besten vor einer finanziellen Zwangslage schützen und damit sich, den Gläubigern und der Gesamtwirtschaft einen großen Nutzen erweisen", sagt Rainer Kubicki.


Creditreform
ist seit 1889 in Österreich tätig und Teil von Europas führendem Anbieter von Wirtschaftsinformationen. Über 4.500 Mitarbeiter in 21 Ländern Europas erbringen für 165.000 Kunden professionelle Dienstleistungen "rund um den Kredit", von Wirtschaftsauskünften über das Risiko- und Forderungsmanagement (Inkasso) bis zu Marketingdatenbanken. Seit 1. Juni 2007 ist der Österreichische Verband Creditreform (ÖVC) als staatlich bevorrechteter Gläubigerschutzverband im Bereich der Insolvenzvertretungen tätig.
     
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