Römische Soldaten aus Carnuntum im Marchfeld   

erstellt am
12. 10. 11

Das Österreichische Archäologische Institut erforscht ein riesiges Römerlager bei Engelhartstetten im Marchfeld
Wien (oeai) - Das Marchfeld ist für seinen Spargel, das Gemüse und die Schlösser bekannt. Die "Genussregion" und Kornkammer Österreichs bietet heute ein beschauliches, landschaftlich reizvolles Bild und ist ein beliebtes touristisches Ausflugsziel. Wer würde dabei denken, dass in der Römerzeit vor über 1800 Jahren das Marchfeld ein militärisches Aufmarschgebiet von höchster strategischer Bedeutung war?

Wir schreiben die Jahre um 166 bis 180 nach Christus. Erstmals nach Jahrzehnten des Friedens wird das römische Reich von Norden bedroht. Germanen bereiten eine Invasion entlang der Bernsteinstraße von Gebieten im heutigen Mähren (Tschechische Republik) und der Slowakei bis nach Rom vor. Als Reaktion darauf werden in Carnuntum starke Truppenverbände zusammengezogen.

Ein internationales Forscherteam, gemanagt von Dr. Stefan Groh, dem Leiter des Fachbereichs "Zentraleuropäische Archäologie" am Österreichischen Archäologischen Institut, ist dabei, die wichtigste römische Militärbasis nördlich von Carnuntum zu untersuchen. Das Projekt wird vom Land Niederösterreich gefördert. Am linken Donauufer befindet sich bei Engelhartstetten im Marchfeld ein über 47 ha großes römisches Militärlager (Größe entspricht 70 Fußballfeldern). Mit modernsten Methoden wird hier Geschichte geschrieben. Anhand von Grabungen und geophysikalischen Messungen sind Details des Lagers von Engelhartstetten erkennbar: Es ist mit einem 2700 m langen, 3 m breiten und über 1 m tiefen Graben befestigt und besitzt mehrere Tore. Alleine für die Anlage dieser Gräben mussten die römischen Soldaten über 4000 m3 Erde bewegen.

Im Römerlager von Engelhartstetten war Platz für 2 Legionen, das sind bis zu 11 000 Soldaten. Diese Soldaten setzten von Carnuntum aus über die Donau und sammelten sich im Lager von Engelhartstetten. Die Auswertung von digitalen Airborne-Laserscandaten des Landes Niederösterreich ergab sensationelle Ergebnisse: Das riesige Lager muss in der Römerzeit auf einer Insel in den Donauauen gelegen haben. Diese Position bot einen natürlichen Schutz, der Lagergraben war eine zusätzliche Befestigung.

Heute können wir sagen, dass von Engelhartstetten aus Feldzüge der Römer gegen die Germanen geplant und umgesetzt wurden. Diese strategische Basis erlaubte einen Vorstoß der römischen Truppenverbände von Carnuntum nach Norden bis zur mährischen Pforte. In Engelhartstetten lagerte man Vorräte, sammelte, versorgte und organisierte die Soldaten.

Diese Entdeckungen sind ein weiterer Beweis für archäologische Spitzenforschung, wie sie am Österreichischen Archäologischen Institut betrieben wird. Bereits 2009 konnten drei neue Römerlager im Burgenland bei Strebersdorf entdeckt werden. Im Rahmen eines internationalen Forschungsnetzwerkes mit Wissenschaftlern aus Österreich, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Slowenien und Italien werden grenzübergreifend Fragen zur historischen Entwicklung des zentraleuropäischen Kulturraumes untersucht.
     
Informationen: http://www.oeai.at/limeshinterland/    
     
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