Nationalrat: "Strafgelder" könnten künftig für mehr Disziplin sorgen   

erstellt am
18. 10. 11

Prammer will Fraktionen für Regelung nach deutschem Vorbild gewinnen
Wien (pk) - "Strafgelder" könnten künftig für mehr Disziplin bei Sitzungen des Nationalrats sorgen. Wie Nationalratspräsidentin Barbara Prammer bei einem Pressegespräch mitteilte, haben sich alle Fraktionen in der Präsidialkonferenz darauf verständigt, die Einführung solcher Strafsanktionen zu prüfen. Vorbild soll der Deutsche Bundestag sein, wo in Hinkunft im Falle der Verletzung der "Würde des Hauses" Ordnungsstrafen von bis zu 1.000 € verhängt werden können.

Prammer betonte, dass sich die Präsidiale in ihrer letzten Sitzung intensiv mit der Frage der Sitzungsdisziplin beschäftigt habe, nachdem sich in letzter Zeit die Kritik an der Art der Debatten im Nationalrat gehäuft hatte. Sie hat nun in Absprache mit den Fraktionen die Parlamentsdirektion beauftragt, rechtliche Recherchen durchzuführen, um die Frage der Zulässigkeit von Strafzahlungen für Abgeordnete zu klären. Ihr zufolge wäre jedenfalls eine Änderung der Geschäftsordnung des Nationalrats erforderlich, gegebenenfalls sogar eine Änderung der Verfassung. Überlegt werden müsste außerdem das Procedere, in Deutschland sind etwa Einspruchsmöglichkeiten vorgesehen. Für Prammer wären Strafgelder statt der derzeit vielfach ignorierten Ordnungsrufe in jedem Fall "ein gutes Signal nach außen".

Was die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu den aktuell diskutierten Korruptionsaffären betrifft, rechnet Prammer damit, dass es am Donnerstag zu einem Beschluss im Nationalrat kommen wird, auch wenn derzeit noch einige Fragen offen sind. Die Parlamentsdirektion sei jedenfalls schon dabei, entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Um die Diskussion um den Vorsitz zu entschärfen, regt Prammer an, den Vorsitz im Untersuchungsausschuss generell so zu handhaben, wie den Vorsitz bei Nationalratssitzungen: will man selbst Fragen stellen oder sich zu Wort melden, sollte man den Vorsitz der Stellvertreterin bzw. dem Stellvertreter überlassen.

Der geplante Untersuchungsausschuss sei bereits ihr fünfter, hielt Prammer fest. Die Abgeordneten hätten, so die Präsidentin, "eine weitere Chance zu zeigen, dass Untersuchungsausschüsse ein wichtiges Instrument des Parlaments sind".

In Zusammenhang mit dem EU-Informationsgesetz, das morgen auf der Tagesordnung des Nationalrats steht, ist nach Auskunft Prammers die Einrichtung einer neuen EU-Datenbank in Aussicht genommen. EU-Dokumente sollen benutzerfreundlicher als bisher aufbereitet werden. Durch die notwendige Ausschreibung wird es aber einer gewissen Vorlaufzeit bedürfen.

Angesprochen auf das Lobbying-Gesetz, unterstrich Prammer, man dürfe das zentrale Ziel des gesamten Transparenzpakets, nämlich Korruption bestmöglich zu verhindern und in allen Ausformungen unter Strafe zu stellen, nicht aus den Augen verlieren. Ihrer Ansicht nach muss daher gleichzeitig mit dem Lobbying-Gesetz ein ganzes Bündel von Maßnahmen beschlossen werden, etwa was die Neuregelung der Unvereinbarkeitsbestimmungen, die Transparenz von Politikereinkommen und "gläserne Parteikassen" betrifft. Ohne Sanktionen, etwa bei Verletzung der Meldepflicht von Nebeneinkünften von Abgeordneten, werde es dabei nicht gehen, zeigte sich die Präsidentin überzeugt. Sie wolle nicht verhehlen, dass sie schon etwas ungeduldig sei, sagte Prammer, sie hofft aber nach wie vor auf einen Beschluss noch in diesem Jahr.

Ausdrücklich klarstellen wollte Prammer, dass weder Lobbying noch Parteispenden "etwas Unanständiges" seien. Es sei nicht schlecht, für Ideen oder Vorhaben zu werben oder Parteien zu unterstützen, die einem nahestehen, bekräftigte sie. Problematisch werde es nur, wenn damit Korruption verbunden sei.

Am Nationalfeiertag lädt das Parlament wieder zu einem "Tag der offenen Tür". Einen Tag später, am 27. Oktober, wird in der Säulenhalle des Hohen Hauses eine Ausstellung über den Rechnungshof, der sein 250-jähriges Jubiläum feiert, eröffnet.
     
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