Aus dem Ministerrat  

erstellt am
25. 10. 11

Bundeskanzler Faymann präsentiert Einigung auf flächendeckende Neue Mittelschule
Reform geht in Begutachtung und bringt Verbesserung für 230.000 Schülerinnen und Schüler
Wien (sk) - Die Regierung hat sich auf die Überführung der Neuen Mittelschule ins Regelschulwesen geeinigt, die zuständige Bildungsministerin werde heute, Dienstag, das entsprechende Gesetzespaket in Begutachtung schicken. Das berichtete Bundeskanzler Werner Faymann am 25.10. im Pressefoyer nach dem Ministerrat. "Damit werden ab dem Schuljahr 2015/16 mehr als 230.000 Schülerinnen und Schüler eine gemeinsame Schule besuchen", sagte Faymann. Die Reform betreffe 70 Prozent der Schüler der Altersgruppe zwischen 10 und 14 Jahren und sei ein "wesentlicher Schritt" für Österreich, sagte Faymann. Weitere Themen im Ministerrat waren der kommende EU-Gipfel und der Bundeshaushalt in den ersten zehn Monaten 2011.

Auch die Ausgestaltung der Neuen Mittelschule (NMS) bringe wesentliche Verbesserungen, betonte der Kanzler. "Die Neue Mittelschule bringt kleinere Schulklassen, innere Leistungsdifferenzierung und zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer", sagte Faymann. Das positive Ergebnis der Verhandlungen sei ein Beweis dafür, dass die Regierung der Bildung besondere Bedeutung beimesse.

Zum für Mittwochabend anberaumten EU-Gipfel betonte Faymann: "Es ist unabdingbar, dass wir die Probleme Griechenlands lösen." Dies sei im Interesse der gesamten Eurozone, könne jedoch nur unter Einhaltung der an Griechenland gestellten Bedingungen passieren, so der Kanzler. "Die Bedingungen für den Schutzschirm und die bilateralen Hilfen muss Griechenland einhalten. Wir müssen dafür sorgen, dass negative Auswirkungen nicht in Kettenreaktionen bis zu uns kommen." Man strebe einen "freiwilligen Schuldenschnitt, bei dem auch die Privaten zu einer Beteiligung aufgefordert werden" an, so der Kanzler. Derzeit werde über einen Schuldennachlass in Höhe von 40 bis 50 Prozent verhandelt, da aber Freiwilligkeit des privaten Sektors, also der Banken und Finanzinstitutionen, die Basis einer Einigung sei, könne vorab kein genauer Prozentsatz genannt werden.

Um die Ausnutzbarkeit des Euro-Schutzschirms zu steigern, werde weiterhin auch über eine so genannte Hebelwirkung, am ehesten über eine Art Versicherungslösung, diskutiert, sagte Faymann. "Das ermöglicht, aus dem 440-Milliarden-Schutzschirm, mit einer noch bestehenden Ausnutzbarkeit von 290 Milliarden, mehr herauszuholen", so der Kanzler.

Es sei Österreich weiters gelungen, die Finanztransaktionssteuer beim europäischen Rat am Sonntag in das Wirtschaftskapitel aufzunehmen, sagte Faymann. "Eine weltweite Einführung, wie sie Gegner der Finanztransaktionssteuer fordern, kann nicht die einzige Möglichkeit sein. Wir können diesen Weg als Europäische Union vorweg als Pioniere gehen. Wir werden die österreichische Haltung zur Finanztransaktionssteuer weiter konsequent vertreten", betonte der Kanzler.

Faymann berichtete auch von positiven Entwicklungen beim Bundeshaushalt. "Die Einnahmen sind im Vergleich zum Vorjahr um 3,4 Milliarden Euro gestiegen, der Abgang wird daher sinken", sagte Faymann. Das gesamtstaatliche Defizit für 2011 werde nach den Maastricht-Kriterien demnach nach derzeitigen Prognosen bei 3,6 Prozent anstelle von 3,9 Prozent liegen, möglicherweise noch etwas niedriger.

 

Spindelegger: Gymnasium bleibt, Neue Mittelschule kommt – Massive Qualitätsaufwertung der Hauptschulen
Mit "Marke Österreich" 2013 durchstarten – Einheitliche Linie Österreichs zur Euro-Stabilisierung, EU-Vertragsänderungen aber keine Krisenlösung
Wien (övp-pd) - "Das Gymnasium bleibt. Die Neue Mittelschule, und damit eine massive Qualitätsaufwertung der Hauptschulen, kommt", so Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger im Rahmen des Ministerrates, und weiter: "Mit diesem großen Reformwerk, das wir gemeinsam als Bundesregierung umsetzen werden, machen wir Schluss mit dem Flickwerk der Schulversuche." Gleichzeitig erklärte der Vizekanzler die Diskussion um die Gesamtschule endgültig für beendet: "Mit dieser großangelegten Aufwertung unserer Hauptschulen gewährleisten wir eine einheitliche Qualität mit klaren Regeln an sämtlichen Schulstandorten und stellen sicher, dass unterschiedliche Begabungen ausreichend gefördert und auch gefordert werden", so der Vizekanzler. Unter anderem wird es sechs Stunden zusätzlich an den Mittelschulen geben, klar definierte Bildungsziele in den Lehrplänen und klare Regeln für die Berechtigung zum Übertritt in eine AHS oder BHS. "Am Ende der Schulpflicht muss stehen, dass jemand im Erwerbsleben oder an einer höheren Schule bestehen kann. Das stellen wir mit der Mittelschule sicher", so der Vizekanzler.

Auch die weitere Entwicklung der "Marke Österreich" war Thema im Ministerrat. Spindelegger: "Viele Länder gehen mittlerweile den Weg des 'Nation Branding'. Bekanntheit und Unverwechselbarkeit sind im internationalen Wettbewerb von größter Wichtigkeit. Diesen Weg wollen auch wir gehen und die vielen unterschiedlichen Aspekte, die mit Österreich assoziiert werden, zu einer Marke bündeln". Heute wurden daher zu diesem Zweck der Fahrplan und die einzelnen Arbeitsgruppen festgelegt. "2013 wollen wir dann mit der 'Marke Österreich' durchstarten", so der Vizekanzler.

Abschließend verwies Michael Spindelegger auf die derzeit laufenden Beratungen auf europäischer Ebene zur Situation in Griechenland und zur weiteren Entwicklung des Euro-Rettungsschirms. "Wir in Österreich ziehen hier als Bundesregierung an einem Strang. Das ist absolut notwendig, um etwas zu erreichen. Jetzt geht es darum, diesen Rettungsschirm so zu spannen, dass er, in welcher Variante auch immer, mit ausreichend Kraft gespannt ist. Gegenüber EU-Vertragsänderungen bleiben wir aber skeptisch, denn damit lässt sich die Krise nicht bewältigen. Einiges wird man vielleicht zukünftig ändern müssen, aber nicht als Krisenlösung für jetzt", so der Vizekanzler, und abschließend: "Ich glaube, dass wir damit auch ein klares Signal senden, wofür Österreich steht und halte das in diesem Zusammenhang für sehr wichtig."

 

Rosenkranz: Nach Hauptschulen werden auch noch Gymnasien im "Schwarzen Loch" Neue Mittelschule verschwinden
Mit Wegfall der Differenzierung im Schulsystem wird auch Jugendarbeitslosigkeit steigen
Wien (fpd) - "Die totale Umwandlung aller Hauptschulen in Neue Mittelschulen bestätigt einmal mehr die freiheitliche Kritik an den NMS", nimmt FPÖ-Bildungssprecher NAbg. Dr. Walter Rosenkranz zu den angekündigten Plänen Stellung. "Neue Mittelschulen sind nichts anderes als Hauptschulen mit neuem Namen." Dass das Ausbildungsniveau an den NMS vielfach so schlechter sei, wie in den dritten Leistungsgruppen vieler Hauptschulen, habe er, Rosenkranz sogar schon in einer eigenen parlamentarischen Anfrage (7710/J) an das BMUKK behandelt.

Als "frommen Wunsch" bezeichnet Rosenkranz hingegen die Behauptung, das Gymnasium würde aus der NMS-Epidemie unbeschadet hervorgehen. "Die Aussagen der Ministerin haben keinen Zweifel daran gelassen, dass nach den Hauptschulen als nächstes die Gymnasien im 'Schwarzen Loch' Neue Mittelschule verschwinden werden", so Rosenkranz. "Freilich wird es auch danach noch Gymnasien geben, jedoch nur mehr in Form der jetzigen Oberstufen. Wohin sich das Bildungsniveau angesichts dieser Entwicklungen bewegen wird, ist also jetzt schon abzusehen. Der größte noch vorhandene Vorteil des österreichischen Schulsystems, die Differenzierung, wird so sukzessive abgeschafft." Sollte sich diese Tendenz noch mit dem Steigbügelhalter ÖVP weiter fortsetzen, befürchtet Rosenkranz auch negative Auswirkungen auf die im internationalen Vergleich sehr niedrige Jugendarbeitslosigkeit. "Eine Kennzahl, von der zum Beispiel die Finnen nur träumen können", so Rosenkranz.

 

Haubner: Meilenstein wird Stolperstein
Neue Mittelschule kann nur ein Kompromiss sein
Wien (bzö) - "Da für SPÖ-Unterrichtsministerin Schmied weiterhin die gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen zentrales Ziel bleibt, für die ÖVP aber diese Debatte als beendet erklärt wurde, wird der heute angekündigte Meilenstein in der Bildungspolitik eher zu einem weiteren Stolperstein in dieser rot-schwarzen Koalition", kommentierte BZÖ-Bildungssprecherin Abg. Ursula Haubner die Fixierung der Neuen Mittelschule.

Grundsätzlich, so Haubner, sollte man an der gemeinsamen Schule der 10- bis 14-Jährigen als "weiteres Schulmodell" festhalten. "Die Neue Mittelschule kann hingegen nur ein Kompromiss sein", sagte Haubner.

 

 Walser: System bleibt selektiv, ungerecht und leistungsfeindlich
Grüne sehen Kompromiss ohne Ressourcen
Wien (grüne) - "Trotz neuer Kosmetik bleibt das Schulsystem in Österreich selektiv, leistungsfeindlich und ungerecht. Das Bildungsvolksbegehren muss einen Anstoß zu einer echten Reform bringen, sonst wird Österreich weiter zurückfallen", sagt Harald Walser, Bildungssprecher der Grünen zum Ministerialentwurf zur Neuen Mittelschule.

Die Grundübel unseres Schulsystems bleiben laut Walser erhalten. Denn weiterhin kommt es zur frühen Selektion mit neuneinhalb Jahren und die Bildungschancen der Kinder bleiben weiterhin abhängig vom Einkommen und dem Wohnort der Eltern. "Nur eine Gemeinsame Schule - wie auch im Bildungsvolksbegehren gefordert - bietet ein Mindestmaß an Chancengerechtigkeit über das regionale, finanzielle und soziale Umfeld der SchülerInnen hinaus", sagt Walser.

Im Budget für das Jahr 2012 wird darüber hinaus deutlich, dass noch nicht einmal der vorliegende Kompromiss der Regierungsparteien finanziell unterfüttert ist. Den Neuen Mittelschulklassen sollten sechs zusätzliche Werteinheiten zur Verfügung stehen, der Unterricht müsste von LehrerInnen der Höheren Schulen gehalten werden. Beides ist budgetär nicht abgesichert. Laut Stellenplan sinken die Zahlen der AHS- und BHS- LehrerInnen sogar. Bei den AHS-LehrerInnen sind 2012 um 240 Dienstposten weniger veranschlagt als 2010.

"Türschilder an Hauptschulen auszutauschen, ist keine Reform. Schmied und Amon präsentieren einen faulen Kompromiss", sagt Walser.

 

Tumpel: Reformschritt, dem weitere Schritte folgen müssen
AK Präsident sieht Einigung auf Umwandlung aller Hauptschulen positiv, fordert aber weiter eine Mittelstufe, in der es keine Trennung der SchülerInnen gibt
Wien (ak) - "Da wird jetzt nicht nur das Türschild ausgetauscht", sieht AK Präsident Herbert Tumpel die Einigung auf die Art und Weise der Umwandlung der Hauptschulen in Neue Mittelschulen "durchaus positiv": Wenn anstelle der Leistungsgruppen künftig Förderung der SchülerInnen je nach ihrem aktuellen Bildungsstand kommen soll, "dann geht das in die Reformrichtung, für die auch wir von der AK eintreten". Freilich kann die heutige Einigung für Tumpel "nicht das Ende der Bildungsreform sein. Sie ist ein Reformschritt, dem weitere folgen müssen." Die Arbeiterkammer tritt weiter für eine ganztägige gemeinsame Mittelstufe ein, in der es nach der Volksschule keine Trennung der SchülerInnen mehr gibt.

"Das Hauptproblem im österreichischen Bildungssystem ist, dass durch die Aufteilung bereits Zehnjähriger auf verschiedene Schultypen die Entscheidung über den Bildungsweg viel zu früh fällt", erklärt Tumpel den Standpunkt der Arbeiterkammer: "Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wollen beste Bildungsabschlüsse für ihre Kinder. Deshalb ist es für mich eine Frage der Gerechtigkeit, dass alle Familien länger Zeit haben, sich auf die beste weiterführende Bildung für die Kinder zu orientieren."

Als nächste Reformschritte will Tumpel überdies eine einheitliche Lehrerausbildung und eine Reform des Dienstrechts. "Diese Reformschritte wollen die Sozialpartner und die Industriellenvereinigung gemeinsam. Auch dafür unterstütze ich übrigens das Bildungsvolksbegehren, das ab nächster Woche zur Eintragung aufliegt."

 

Oberhauser: Neue Mittelschule ein wichtiger Schritt
Bildungsvolksbegehren soll zusätzlichen Reformschwung bringen
Wien (ögb) - "Die Übernahme der Neuen Mittelschule ins Regelschulwesen ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung", begrüßt ÖGB-Vizepräsidentin Sabine Oberhauser den vorgelegten Gesetzesentwurf. Die ÖGB-Vizepräsidentin betonte weiters, dass der ÖGB weiter die gemeinsame Schule bis zum 14. Lebensjahr zum Ziel hat. Oberhauser: "Wir müssen jetzt alles unternehmen, dass das Bildungsvolksbegehren ein Erfolg wird, um zusätzlichen Reformschwung zu bekommen."   

 

Städtebundpräsident Häupl: Noch nicht am Ende des Weges
Städtebund: Neue Mittelschule ist ein wichtiger Meilenstein für einen guten Bildungsweg
Wien (städtebund) - "Es ist ein guter nächster Schritt, aber wir sind nicht am Ende des Weges", so kommentierte Städtebundpräsident Bürgermeister Michael Häupl die erzielte Einigung auf Bundesebene betreffend den Ausbau der Neuen Mittelschule.

Der von Unterrichtsministerin Claudia Schmied vorgestellte Gesetzesentwurf, mit dem die Neue Mittelschule ins Regelschulwesen übernommen wird, wurde heute vom Österreichischen Städtebund ausdrücklich begrüßt: "Mit den Neuen Mittelschulen eröffnen die Österreichischen Städte ein innovatives Bildungsangebot, das den Schülerinnen und Schülern optimale Zukunftschancen bietet", sagte dazu Thomas Weninger, Generalsekretär des Österreichischen Städtebundes.

Die Städte und Gemeinden sind in Österreich zuständig für die Erhaltung der Pflichtschulen. Schulen sind Orte des Lernens und des Miteinanders und bilden die Grundlage für einen guten Lebens- und Bildungsweg. Umso wichtiger ist, dass die ersten Jahre der Ausbildung auch gleiche Chancen für alle eröffnet", so Städtebund-Weninger.

Und weiter: "Die Neue Mittelschule bietet die Chance, durch den Einsatz neuer Organisations- und Lehrmethoden das Unterrichtsklima angenehmer zu gestalten und im Rahmen von Team- und Kleingruppenunterricht die Möglichkeiten zur individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler zu verbessern. Neben dem Ausbau der Ganztagesschulen ist die Neue Mittelschule ein ganz wichtiger Meilenstein für ein umfassendes, zukunftsweisendes Bildungsangebot", so Weninger abschließend.

Die Verantwortung der Inhalte liegt bei den Aussendern. Die Redaktion.

 
zurück