EU-Herbstprognose 2011-2013  

erstellt am
10. 11. 11

Wachstum im Stillstand
Brüssel (eu.eupopa) - Der Aufschwung der EU-Wirtschaft ist zum Stillstand gekommen. Der drastische Vertrauenseinbruch beeinträchtigt Investitionen und Konsum, das nachlassende Weltwirtschaftswachstum bremst die Exporte und die dringend nötige Finanzkonsolidierung belastet die Binnennachfrage. Der aktuellen Prognose zufolge wird das BIP in der EU bis weit ins Jahr 2012 hinein stagnieren. Für das Gesamtjahr 2012 wird ein Wachstum von rund ½ % erwartet. 2013 soll dann wieder ein langsames Wachstum von rund 1 ½ % erzielt werden. An den Arbeitsmärkten ist real keine Verbesserung zu erwarten, und die Arbeitslosigkeit dürfte auf ihrem derzeit hohen Niveau von rund 9 ½ % verharren. Die Inflation soll in den kommenden Quartalen wieder unter die 2 %-Marke sinken. Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte soll vorangehen, wobei die öffentlichen Defizite unter der Annahme einer unveränderten Politik bis 2013 auf knapp über 3 % sinken dürften.

Dazu der für Wirtschaft und Währung zuständige Kommissionsvizepräsident Olli Rehn: „Das Wachstum in Europa ist zum Stillstand gekommen, und es besteht das Risiko einer erneuten Rezession. Auch wenn die Beschäftigung in einigen Mitgliedstaaten wächst, wird bei der Arbeitslosigkeit für die EU insgesamt doch mit keiner realen Verbesserung gerechnet. Der Schlüssel zu erneutem Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum liegt darin, das Vertrauen in die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte und in das Finanzsystem wiederherzustellen und die Reformen zur Steigerung des europäischen Wachstumspotenzials rascher voranzutreiben. Über die nötigen Politikmaßnahmen besteht ein breiter Konsens. Was wir jetzt brauchen, ist eine rigorose Umsetzung. Ich jedenfalls werde die neuen Regeln für die wirtschaftspolitische Steuerung vom ersten Tag an nutzen.“

Wirtschaftswachstum zum Stillstand gekommen
Der Wirtschaftsaufschwung ist zum Stillstand gekommen. Für das laufende und die kommenden Quartale wird nun mit einem stagnierenden BIP gerechnet. Seit dem Sommer haben sich die Aussichten verschlechtert. Die Staatsschuldenkrise der Euro-Mitgliedstaaten hat sich ausgeweitet, die Tragfähigkeit der Schulden von Industrieländern außerhalb der EU ist inzwischen ebenfalls in den Fokus der Anleger gerückt, und die Weltwirtschaft hat an Fahrt verloren. Es wird damit gerechnet, dass Firmen Investitionen aufschieben oder unterlassen, da sich die Wachstumsaussichten durch die erhöhte Unsicherheit eingetrübt haben. Die privaten Haushalte dürften Konsumzurückhaltung üben und in manchen Mitgliedstaaten auch ihre hohe Verschuldung weiter abbauen. Hinzu kommt, dass die Banken ihre Kreditvergabe voraussichtlich einschränken werden, wodurch die Investitions- und Konsumaussichten einen weiteren Dämpfer erhalten. Die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen hat an Dringlichkeit gewonnen, da sich die Bedenken hinsichtlich ihrer langfristigen Tragfähigkeit zugespitzt haben und mittlerweile auch bisher nicht beteiligte Länder betreffen. Die nachlassende Realwirtschaft, die labilen öffentlichen Finanzen und der anfällige Finanzsektor scheinen sich in einem Teufelskreis gegenseitig zu beeinträchtigen. Vertrauen und Wachstum werden erst zurückkehren, wenn diese negative Wechselwirkung durchbrochen wird.

Zusammengenommen dürften die in den letzten Monaten beschlossenen Politikmaßnahmen dazu führen, dass die durch die Staatsschulden- und Finanzmarktkrise entstandene Unsicherheit gegen Mitte 2012 abebbt, so dass zurückgestellte Investitionen und Konsumentscheidungen allmählich nachgeholt werden. Für das Jahr 2012 wird mit einem jährlichen BIP-Wachstum von 0,6 % in der EU und 0,5 % im Euroraum gerechnet. Im Jahr 2013 dürfte das Wachstum mit 1,5 % in der EU und 1,3 % im Euroraum flau bleiben. Von der erwarteten Verlangsamung wird keine Mitgliedstaatengruppe verschont, doch werden die Wachstumsraten unterschiedlich bleiben.

Wachstum reicht für Arbeitsmarktverbesserungen nicht aus
Das Beschäftigungswachstum dürfte 2012 zum Erliegen kommen. Die ab der zweiten Jahreshälfte 2012 erwartete Belebung des BIP-Wachstums ist zu verhalten, als dass sie eine kräftige Arbeitsmarktentwicklung bewirken könnte. Ein Rückgang der Arbeitslosigkeit ist im Vorausschätzungszeitraum nicht zu erwarten. Die Unterschiede in der Arbeitsmarktlage der Mitgliedstaaten bleiben groß.

Allmähliche Verbesserung der öffentlichen Finanzen setzt sich fort
Das Jahr 2011 markiert den Wendpunkt von der Stabilisierung zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen. Für 2011 wird jetzt mit einem öffentlichen Defizit von 4,7 % des BIP in der EU und 4,1 % im Euroraum gerechnet. Im Jahr 2012 soll das öffentliche Defizit in der EU bei 3,9 % und im Euroraum bei 3,4 % liegen. Weitere Konsolidierungsmaßnahmen, die zwar wahrscheinlich, aber noch nicht gesetzlich beschlossen sind, werden hierbei nicht berücksichtigt. Diese technische Annahme einer unveränderten Politik könnte bei dieser Prognose stärker ins Gewicht fallen als üblich. Unter dieser Annahme wird die aggregierte Schuldenquote in der EU im Jahr 2012 mit rund 85 % des BIP ihren Höchststand erreichen und sich 2013 stabilisieren. Im Euroraum dürfte die Schuldenquote im Vorausschätzungszeitraum weiterhin leicht steigen und 2012 die 90 %-Marke überschreiten.

Nachlassende Inflation
Die Inflation wird 2011 vor allem von den Energiepreisen getrieben. Da diese der Prognose zufolge allmählich zurückgehen werden, dürfte die Inflationsrate 2012 wieder unter 2 % sinken. Durch die fortbestehenden Kapazitätsüberhänge in der Wirtschaft wird der zugrundeliegende Preisdruck weiterhin in Grenzen gehalten, und die Löhne werden nur moderat steigen.

Risken für die Prognose stark abwärtsgerichtet
Angesichts des schwachen BIP-Wachstums, das im Basisszenario erwartet wird, ist das Risiko einer Rezession nicht zu vernachlässigen. Die Abwärtsrisiken erwachsen vor allem aus den Sorgen über die Staatsschulden, aus der Finanzbranche und aus dem Welthandel. Negative dynamische Wechselwirkungen sind möglich: Ein langsameres Wachstum träfe die Schuldenstaaten, unter deren Schwäche wiederum die Gesundheit der Finanzbranche zu leiden hätte.

Auf der anderen Seite könnte das Vertrauen aber auch schneller zurückkehren als derzeit angenommen, so dass sich Investitionen und privater Verbrauch früher erholen könnten. Das Wachstum der Weltwirtschaft könnte sich als widerstandsfähiger herausstellen als im Basisszenario unterstellt und könnte dem EU-Außenbeitrag Auftrieb geben. Zu guter Letzt könnte ein stärkerer Rückgang der Rohstoffpreise die Realeinkommen und den Verbrauch stärken.

Die Risiken für den Inflationsausblick halten sich in etwa die Waage.

 

Konjunktur weiter gedämpft
Das Wachstum der Weltwirtschaft verliert weiter an Tempo
Wien (wifo) -
Das weltwirtschaftliche Umfeld schwächt sich weiter ab. Insbesondere die Euro-Krise trägt zu einem Anstieg der Unsicherheit bei. Dies wirkt sich spürbar auf die Konjunktur in Österreich aus. Das Wachstum der Weltwirtschaft verliert weiter an Tempo. Der Welthandel stagnierte laut Centraal Planbureau (CPB) zwischen März und August weitgehend. Diese Abschwächung zeigte sich in den letzten Monaten insbesondere in den asiatischen Schwellenländern, deren Wirtschaft nach der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise der Motor der Konjunkturerholung gewesen war. Eine noch deutlichere Abwärtsdynamik verzeichnete jedoch der Euro-Raum, die Warenimporte gingen dort merklich zurück. In den USA hingegen stieg das BIP im III. Quartal mit +0,6% gegenüber dem Vorquartal überraschend stark. Die vorlaufenden Konjunkturindikatoren - in erster Linie das Konsumentenvertrauen - deuten aber auch hier auf eine Dämpfung der Konjunktur hin. Die anhaltend angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt belastet die Erwartungen. Ein günstigeres Bild zeichnen die Indikatoren für die Industrie: Auftragseingänge und Produktion stiegen zuletzt.

Für den Euro-Raum liegen noch keine Schätzungen zur BIP-Entwicklung im III. Quartal vor; allerdings zeichnet sich eine Stagnation der Wirtschaftsleistung in der zweiten Jahreshälfte ab. Die anhaltende Euro-Krise und die Eintrübung des weltwirtschaftlichen Umfeldes dämpfen die Erwartungen der Unternehmen und privaten Haushalte merklich. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt bleibt angespannt. Im September stieg die saisonbereinigte Arbeitslosenquote auf 10,2%. Überdurchschnittlich hoch war sie in den Krisenländern Spanien, Griechenland, Irland und Portugal sowie in den baltischen Ländern, der Slowakei und in Bulgarien.

In Österreich expandierte die Wirtschaftsleistung im 1. Halbjahr 2011 kräftig. In der zweiten Jahreshälfte mehren sich hingegen auch hier die Anzeichen für eine deutliche Konjunkturabkühlung. Die Abschwächung des internationalen Umfeldes wirkt sich insbesondere auf die exportorientierte Sachgütererzeugung aus. Im August wurde die Produktion noch ausgeweitet, und auch die Kapazitätsauslastung und die Auftragsbestände waren zuletzt hoch. Die Erwartungen der Unternehmen bezüglich Produktion und Geschäftslage in den nächsten Monaten sinken allerdings seit mehreren Monaten, die Produktionserwartungen waren laut WIFO-Konjunkturtest im Oktober erstmals überwiegend negativ. In der Bauwirtschaft und im Dienstleistungssektor ist ebenfalls eine merkliche Dämpfung zu erkennen.

Die Eintrübung der Konjunktur ist auf dem Arbeitsmarkt bereits spürbar. Zwar stieg die Zahl der unselbständig aktiv Beschäftigten im Oktober etwas, die Arbeitslosenquote verringerte sich aber nicht. Saisonbereinigt lag sie nach österreichischer Berechnungsmethode bei 6,9%. Die Zahl der Personen in Schulung ist hingegen stark rückläufig.

Nachdem die Energie- und Rohstoffpreise im Frühjahr kräftig gestiegen waren, sanken sie zuletzt wieder. Dadurch verringert sich der Druck auf die heimische Preisentwicklung. Im Vorjahresvergleich betrug der Preisanstieg im September gemäß nationalem VPI jedoch 3,6%. Laut HVPI betrug die Inflation 4,0%.

Methodische Hinweise und Kurzglossar

Periodenvergleiche
Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte Effekte bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen in der Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Text wird auf "saison- und arbeitstägig bereinigte Veränderungen" Bezug genommen.

Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.

Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.

Reale und nominelle Größen
Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.

Produzierender Bereich
Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.

Inflation, VPI und HVPI
Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex (VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität innerhalb der Euro-Zone ( siehe auch http://www.statistik.at/ ).

Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel und Energie zu verwenden. So werden knapp 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex (VPI 2010) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.

WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest
Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit ( http://www.itkt.at/ ). Die Indikatoren sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten Unternehmen.

Arbeitslosenquote
Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis: Umfragedaten von privaten Haushalten (Mikrozensus).

Begriffe im Zusammenhang mit der österreichischen Definition der Arbeitslosenquote
Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.

Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen auch Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenz- und Zivildiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis. Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".

 

Mitterlehner: Risiko für Unternehmen und Arbeitsplätze gestiegen
Wirtschaftsminister zu Herbstprognose der EU-Kommission: "Volumen der erp-Kredite erhöht" - "Schuldenbremse um Triple-A zu sichern"
Wien (bmwfj) - Die aktuellen Zahlen der Herbstprognose der EU-Kommission zeigen, dass das nächste Jahr für die Wirtschaft schwierig wird. "Die Prognose für Österreich ist mit 0,9 Prozent Wachstum zwar besser als die für Deutschland und die Eurozone, dennoch dürfen wir angesichts der Schuldenkrise nicht tatenlos zusehen, wie sich das Risiko für unsere Unternehmen und deren Arbeitsplätze und damit unseren Wohlstand vergrößert", sagt Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Für Deutschland nennt die EU-Kommission für 2012 nur ein Konjunkturplus von 0,8 Prozent, für die Eurozone nur 0,5 Prozent.

"Daher bieten wir den österreichischen Unternehmen über die Förderbank aws auch im nächsten Jahr ein erhöhtes Volumen für erp-Kredite von 525 Millionen Euro an, um die Investitionen anzukurbeln", so Mitterlehner weiter. Bis zur Krise 2009 waren jährlich nur 400 Millionen Euro bereit gestellt worden. Zudem steht 2012 ein KMU-Haftungsrahmen von 750 Millionen Euro und ein Garantierahmen über 2,175 Milliarden Euro bereit. "Weitere Maßnahmen wie die Kurzarbeit und die Ausweitung von Haftungen können wir jederzeit umsetzen, sollte sich das Wachstum noch weiter als jetzt prognostiziert abschwächen."

"Insbesondere die Zahlen der EU-Kommission für Italien und Griechenland zeigen auch, wie wichtig die baldige Einführung einer Schuldenbremse in Österreich ist. Denn nur damit können wir mittel- und langfristig unser Triple-A-Rating und den Wirtschaftsstandort Österreich sichern", so Mitterlehner abschließend.

 

Schieder: Staatsschulden nicht Ursache, sondern Folge der Krise
Wirtschaftskrise darf nicht zur sozialen Krise werden - Finanztransaktionssteuer durchsetzen
Wien (sk) - Österreich ist durch effiziente Gegensteuerungsmaßnahmen gut durch die Krise gekommen. Nun sei es wichtig, die richtigen Schlüsse zu ziehen, um künftige Krisen zu verhindern, betonte Finanzstaatssekretär Andreas Schieder am Abend des 09.11. bei der "Aktuellen Stunde" der SPÖ Margareten zum Thema "Verteilungsgerechtigkeit in Zeiten der Krise". "Staatsschulden sind nicht die Ursache der Krise, sondern die Krise ist die Ursache für die Staatsschulden", betonte Schieder. Eine falsche Analyse würde hier zu falschen Lösungen führen. Zudem müsse auf europäischer Ebene vor allem die hohe Jugendarbeitslosigkeit bekämpft, Wachstum gesichert und die Finanztransaktionssteuer durchgesetzt werden.

Nachdem 2008 noch mit einem Defizit von 0,9 Prozent und knapp über 60 Prozent Schuldenquote abgeschlossen werden konnte, waren es am Höhepunkt der Krise 4,5 Prozent Defizit und die Schuldenquote stieg auf über 70 Prozent. "Das zeigt: Die angestiegenen Staatsschulden sind die Folge der Krise", sagte Schieder. Es könne daher nicht davon die Rede sein, dass Staatsschulden zur Krise geführt haben.

Die Ursachen der Krise seien viel mehr im ökonomischen Ungleichgewicht der Staaten zu suchen. Diese Ungleichgewichte finden sich etwa in unterschiedlichen Handelsbilanzen, Dienstleistungsbilanzen und Produktivitätsraten. Extreme Einkommensunterschiede und Vermögensunterschiede schaffen die Voraussetzung für Spekulation mit Hochrisikoprodukten. "Das sind Effekte, die, verbunden mit einer Deregulierung der Finanzmärkte, hoch spekulativen Systemen noch mehr Anreiz gegeben haben", so Schieder.

"Durch gemeinsames Handeln - Konjunkturpakete, Arbeitsmarktpaket und Steuerentlastung für mittlere und niedrigere Einkommen - konnten der wirtschaftliche Einbruch und der Anstieg der Arbeitslosigkeit geringer gehalten werden, als befürchtet", sagte Schieder. Dennoch sei Verteilungsgerechtigkeit auch in Österreich zu thematisieren. "zehn Prozent der Österreicher verfügen über zwei Drittel des gesamten Vermögens. Das oberste Prozent über ein Drittel", so Schieder.

Dieser Ungleichverteilung wurde durch Abschaffung des Steuerprivilegs für Stock Options, Erhöhung der Stiftungsbesteuerung auf 25 Prozent und der Wertpapiersteuer von 25 Prozent auf jeden Spekulationsgewinn entgegengetreten. Trotzdem sei im Steuerbereich noch einiges zu tun. "Wir haben eine hohe Besteuerung des Faktors Arbeit und zu geringe Steuern auf den Faktor Vermögen", betonte Schieder. "Würden wir die Vermögenssteuern auf das OECD-Durchschnittsniveau erhöhen, ergäbe das rund 4,5 Milliarden Euro zusätzliche Einnahmen." Dadurch könnte die Budgetsituation wesentlich verbessert werden.

Auf europäischer Ebene bekräftigte Schieder die Forderung nach der Finanztransaktionssteuer als zusätzliche Einnahmequelle. "Vor einigen Jahren wurde die Finanztransaktionssteuer noch als linkes Hirngespinst abgetan, heute ist sie Position der Europäischen Kommission", sagte Schieder, "das ist auch ein wesentlicher Verdienst von Bundeskanzler Werner Faymann". Diese zusätzlichen Einnahmen seien besonders wichtig, um Investitionen für zukünftiges Wachstum zu ermöglichen. "Wir brauchen Wachstum und Beschäftigung in Europa. Wir können nicht zuschauen, wenn bis zu 48 Prozent Jugendarbeitslosigkeit herrscht", so Schieder. Die Ereignisse in Großbritannien seinen Alarmsignal genug, um zu sehen, dass Hoffnungslosigkeit dazu führen kann, dass aus der Wirtschaftskrise eine tiefe soziale Krise werden kann.

 

Gradauer: Schuldenbremse ist einzige Möglichkeit zur Budgetkonsolidierung
FPÖ Antrag zur Einführung einer strukturellen Schuldenbremse im September 2010 wurde von Regierungsparteien und Grünen abgelehnt
Wien (fpd) - "Hunde die bellen beißen nicht!", kommentierte der freiheitliche Budgetsprecher NAbg. Alois Gradauer die die Ankündigung von Finanzministerin Fekter, mit einer Schuldenbremse den Schuldenstand auf 60 Prozent des BIP drücken zu wollen. "Leider, denn in diesem Fall wäre es besser, wenn diese vollmundige Ankündigung zu Sparen auch endlich umgesetzt würde", so Gradauer. "Auch die von Finanzstaatssekretär Schieder beteuerte Bereitschaft zum Sparen ist nicht wirklich glaubwürdig. Angekündigt wurde von dieser Regierung schon viel, umgesetzt leider wenig", so Gradauer.

Bereits im September 2010 habe die FPÖ einen Entschließungsantrag zur strukturellen Einführung einer Schuldenbremse im Nationalrat eingebracht, der naturgemäß von den Regierungsparteien und den Grünen abgelehnt wurde. "Diese Rot-Schwarze Bundesregierung zeigt leider keine glaubwürdige Bereitschaft die dringend notwendigen Reformen in der Verwaltung, bei den Staatsstrukturen, den Pensionen und im Gesundheitsbereich umzusetzen. Rechnungshof, IHS, WIFO und OECD zeigen zwar regelmäßig die Missstände und Einsparungspotentiale auf, passieren tut aber leider nichts", kritisiert Gradauer und bekräftig seine Forderung nach Einführung einer Schuldenbremse nach Schweizer Vorbild.

In der Schweiz habe eine Volksabstimmung 2001 zu einer Verfassungsänderung geführt und 2003 sei die Schuldenbremse in Kraft getreten. Diese Schuldenbremse bewirke, dass sich die Einnahmen und Ausgaben über den Konjunkturzyklus hinweg im Gleichgewicht halten. "Das bedeutet, die Ausgaben richten sich nach den Einnahmen. Und eines sollte allen klar sein, nur so kann Budgetkonsolidierung funktionieren", so der freiheitliche Budgetsprecher.

"Zur Verdeutlichung, die Staatsverschuldung lag 2010 in der Schweiz bei 39 %. Bis 2012 dürfte sich die Schuldenquote für den gesamten Staatssektor in der Schweiz gar auf 35,9 % des BIP verringern. Davon sind wir in Österreich leider weit entfernt. Hierzulande belief sich der öffentliche Schuldenstand Ende 2010 auf 205,6 Mrd. Euro, bzw. 71,8 Prozent des BIP und für Ende 2012 sind 74,6 Prozent des BIP beantragt. Der Budgetpfad für die nächsten Jahre ist leider weiterhin ein Schuldenpfad", so Gradauer abschließend.

 

Bucher: Euro steht am Abgrund - Zahlungsstopp an Pleitestaaten!
Griechenland mit 200 Prozent Staatsverschuldung nicht mehr im Euro zu halten
Wien (bzö) - "Europa geht den Bach hinunter, aber österreichische Steuermilliarden fließen weiter ungebremst in EU-Pleitestaaten und marode Banken. Griechenland ist mit 200 Prozent Staatsverschuldung nicht mehr in der Eurozone zu halten. Es droht eine erneute Rezession und der italienische Staatsbankrott wäre das Ende des Euro. Das BZÖ verlangt den sofortigen Zahlungsstopp Österreichs an Pleitestaaten und marode Banken. Gleichzeitig dürfen nur mehr die noch halbwegs finanziell intakten Staaten im Euro bleiben, es muss eine Zweiteilung des Euro in eine Hartwährungs- und Weichwährungszone geben und Griechenland muss den Euro verlassen und zur Drachme zurückkehren, um finanziell zu überleben. Wenn SPÖ und ÖVP in Österreich jetzt nicht die Notbremse ziehen, wann dann?", so BZÖ-Chef Klubobmann Josef Bucher angesichts der dramatischen Herbstprognose der Europäischen Union.

Die Wirtschaft der Eurozone droht wegen der Schuldenkrise in eine Rezession abzurutschen. "Das Wachstum in Europa ist zum Stillstand gekommen, und es besteht das Risiko einer erneuten Rezession", musste heute EU-Währungskommissar Olli Rehn zugeben. Die Schulden Griechenlands dürften laut EU-Prognose in den nächsten Jahren völlig aus dem Ruder laufen. Die gesamtstaatliche Verschuldung werde 2012 und 2013 jeweils knapp 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen. Ein Schicksal, das laut Experten auch Italien treffen könnte! Gleichzeitig droht die EU-Kommission Belgien, Malta, Polen, Ungarn und Zypern mit Sanktionsverfahren, weil sie ihre zu hohe Staatsverschuldung nicht zügig genug abbauen.

"Es ist völlig egal, welche Regierung in Athen im Amt ist, es ist völlig egal wie viele Milliarden der Rettungsschirm noch nach Griechenland pumpt, das Land ist pleite und kann mit 200 Prozent Schuldenquote nicht im Euro überleben. Es ist im Interesse Griechenlands die Währungszone freiwillig zu verlassen und sich mittels Abwertung wieder wettbewerbsfähig zu machen und finanziell zu retten", so Bucher. Für Österreich gelte nur mehr das Prinzip zu "retten was zu retten ist, nachdem die jahrelangen Warnungen des BZÖ ignoriert wurden und SPÖ und ÖVP unsere mittlerweile zu hundert Prozent bestätigten Positionen mitleidig belächelt haben. Die gesamte Eurozone und damit auch Österreich steht am Abgrund. Mit einer Vogel-Strauß-Politik Marke Faymann und Fekter fährt Österreich mit Vollgas in diesen Abgrund". Der BZÖ-Chef verlangt erneut einen Zahlungsstopp und die Einführung einer echten Schuldenbremse, um Österreich ein griechisches Schicksal zu ersparen.

 

Leitl: Wir brauchen jetzt vor allem mehr vertrauen in Europa und den Euro
Die Integration Europas hat Wachstum und Wohlstand gebracht - Schuldenkrise bewältigen, Zukunftsinvestitionen forcieren
Wien (pwk) - Angesichts der Wirtschaftsprognose der EU-Kommission fordert Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich, Maßnahmen wie eine rasche Vollendung des Binnenmarkts, die rasche Wiederherstellung von Vertrauen in Bezug auf Finanzmärkte und Eurozone und eine Abkehr von der Schuldenpolitik bei einer Forcierung von Zukunftsinvestitionen: "Die derzeitige Krise sorgt für massive Verunsicherung nicht nur an den Börsen, sondern auch bei den europäischen Bürgerinnen und Bürgern und Betrieben. Die Regierungen müssen jetzt in enger Zusammenarbeit mit den europäischen Institutionen alles tun, um Vertrauen zu geben und entstandene Unsicherheiten zu beseitigen." Die Integration Europas habe in der Vergangenheit allen Ländern - besonders Österreich - Wachstum und Wohlstand gebracht. Die nationale und europäische Wirtschaftspolitik müsse mit den aktuellen Maßnahmen wieder dieses ursprüngliche Ziel erreichen: "Wir brauchen jetzt mutige Schritte, klare Vorgaben und vor allem ein gemeinsames Vorgehen auf nationaler und europäischer Ebene und kein Gegeneinander!"

Laut der aktuellen Prognose wird das BIP in der EU bis ins Jahr 2012 hinein stagnieren. Für das Gesamtjahr 2012 wird ein Wachstum von rund 1/2 % erwartet. 2013 soll dann wieder ein Wachstum von rund 1 1/2 % erzielt werden. Unter den derzeitigen Erwartungen der Kommission wird Österreich seinen Wachstumsvorsprung gegenüber Europa zwar voraussichtlich halten könnten (BIP-Prognose für Österreich 2012: 0,9% und 2013: 1,9%), jedoch ist die Wachstumsrate im internationalen Vergleich unzufriedenstellend gering. Das prognostizierte Wachstum ist auch zu gering, um dauerhaft das hohe Beschäftigungsniveau in Österreich zu halten und Arbeitslosigkeit abzubauen. Leitl fordert verstärkte Internationalisierungsmaßnahmen auf europäischer Ebene: "Der Außenhandel ist, trotz der weltweit herausfordernden Rahmenbedingungen, der Motor der österreichischen Wirtschaft!" Damit dies auch in Zukunft so bleibt, wurde die bewährte Internationalisierungsoffensive des Wirtschaftsministerium und der Wirtschaftskammer Österreich fortgesetzt und um neue Schwerpunkte ergänzt.

"Europa muss stärker als Europa auftreten. Die Eurozone muss für eine stabile Zukunft intensiver zusammenarbeiten", so der WKÖ-Präsident. Leitl unterstützt die Pläne für eine vertiefte Integration der Eurozone, um die wirtschaftliche Konvergenz innerhalb des Eurogebietes weiter voranzubringen, die finanzpolitische Disziplin zu verbessern und die Wirtschaftsunion zu verstärken: "Gerade wegen der großen Unterschiede kann nur ein Mehr an Europa die Lösung sein. Nur so können wir zu einer richtigen Gemeinschaft werden."
     

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