Klaus Nüchtern mit Staatspreis für Literaturkritik 2011 ausgezeichnet   

erstellt am
09. 11. 11

"Mit Klaus Nüchtern lässt sich vieles entdecken und ihm vertrauen wir uns gerne an, denn auf sein literarisches Urteil ist Verlass," so SC Andrea Ecker
Wien (bmukk) - In Vertretung von Kulturministerin Dr. Claudia Schmied zeichnete Sektionschefin Mag. Andrea Ecker am Abend des 08.11. den Literaturkritiker, Kolumnisten und Essayisten Klaus Nüchtern mit dem Österreichischen Staatspreis für Literaturkritik 2011 aus.

"Klaus Nüchtern ist ein pointierter, international anerkannter Literaturkritiker, der uns Woche für Woche lesenswerte Neuerscheinungen ans Herz legt und immer wieder auch Titel empfiehlt, an denen wir ohne ihn vorbeigegangen wären. Mit Klaus Nüchtern lässt sich vieles entdecken und ihm vertrauen wir uns gerne an, denn auf sein literarisches Urteil ist Verlass," so Ecker.

"Mit Klaus Nüchtern zeichnen wir heute einen vielseitigen Literaturkritiker aus: einen klassischen Rezensenten einer Wochenzeitung, aber auch einen wortgewandten Kolumnisten und einen klar argumentierenden Essayisten und Diskutanten, einen aufmerksamen Beobachter des Literatur- und Kulturbetriebs, einen kritischen Analytiker der Kulturpolitik, einen profilierten Interviewer und einen begeisterten Jazzhörer," fuhr die Leiterin der Sektion Kunst fort.

Laudatorin Daniela Strigl über den Preisträger: "Klaus Nüchtern kann sich ereifern, vor allem aber: er kann sich begeistern. Ein guter Kritiker ist ja nicht an seiner Virtuosität beim Verreißen zu erkennen, sondern daran, ob er zu loben versteht." Für Daniela Strigl ist Klaus Nüchtern der Gärtner aus Liebe, in Anbetracht der Dauer seiner Pflanz- und Jät-Versuche, sieht sie ihn sogar als "constant gardener". "Der Kritiker Klaus Nüchtern lässt sich auch auf die Formel bringen: raue Schale, harter Kern. Die raue Schale besteht aus ironischer Verstellung, der harte Kern aus dem Willen und dem Mut zum Urteil," so Strigl. Weiter führte Strigl aus: "In seiner unnachahmlichen Mischung aus Esprit und Bodenständigkeit hat er vor allem den Kollegen aus Deutschland Anschauungsunterricht in Sachen Ironie gewährt und gezeigt, wie sich das anfühlt, wenn Schlagfertigkeit und Treffsicherheit zusammengehen."

Klaus Nüchtern selbst unterstrich mit seinen Worten worum es geht: "Es ist essenziell, dass sich Literaturkritiker mindestens ebenso sehr als Schreibende verstehen wie als Lesende. Auf keinen Fall sollten sie sich aus falscher Bescheidenheit davon abhalten lassen, die Leser mithilfe von Sprache zu packen, zu begeistern, zu betören, zu belustigen, von mir aus auch zu bekehren, zu bessern und zu bilden. Damit soll keineswegs dazu aufgerufen werden, dass Kritiker die ihnen gerne unterstellten schriftstellerischen Ambitionen in Buchbesprechungen ausleben mögen. Aber der entscheidende Unterschied zwischen Kritiker und Schriftsteller liegt nicht in einem grundlegend anderen Umgang mit dem Medium Sprache, sondern in den unterschiedlichen Produktionsbedingungen," so Nüchtern. Weiter formulierte er: "Der Beruf des Kritikers ist ausgesprochen unheroisch, und nichts ist peinlicher als die erschlichene Partisanenhaftigkeit, mit der sich manche Angehörige unserer Profession als ein Häuflein der letzten Aufrechten gerieren, das dem schwierigen und gefährlichen Geschäft des Rezensierens nachgeht."

Die aus Mag. Herbert Ohrlinger, Dr. Franz Schuh und Dr. Daniela Strigl bestehende Jury begründete ihre Entscheidung für Klaus Nüchtern: "Als Falter-Redakteur, vor allem aber als Rezensent hat Klaus Nüchtern ein literaturkritisches Niveau etabliert und beharrlich hoch gehalten, das der mediale Diskurs über Bücher heute nur selten erreicht. Unangekränkelt von kulturpessimistischen Selbstzweifeln, füllt er die prekär gewordene Rolle des Kritikers aus, ohne ein klares Urteil zu scheuen. Mit Lust an der Sache wie an der Sprache, mit Witz und stilistischer Brillanz wirkt Klaus Nüchtern über die Grenzen Österreichs hinaus."

Die Überreichung fand im Kreise zahlreicher KollegInnen, Literaturbegeisterter und Freunde sowie der Familie des Preisträgers im Audienzsaal des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur statt. Musikalisch wurde der Festakt von Oskar Aichinger und Franz Koglmann mit Stücken von Pianolegende Burt Bacharach umrahmt.

Der mit 8.000 Euro dotierte Staatspreis für Literaturkritik wird vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur im Zwei-Jahres-Rhythmus abwechselnd mit dem österreichischen Staatspreis für Kulturpublizistik an eine Persönlichkeit vergeben, die sich durch hervorragende Beiträge auf dem Gebiet der Literaturkritik in Zeitungen und Zeitschriften, in den audiovisuellen Medien oder in Einzelpublikationen besonders ausgezeichnet hat. Die Nominierung des Preisträgers erfolgt durch eine Jury. Zuletzt ging der Preis an Klaus Amann (2009), Franz Josef Czernin (2007), Paul Jandl (2005), Gerhard Moser (2003), Daniela Strigl (2001) und Konstanze Fliedl (1999).

Der 1961 in Linz geborene Klaus Nüchtern ist seit 1989 für die Wiener Stadtzeitung Falter tätig. Er ist stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Feuilletons. Seine populäre wöchentliche Kolumne "Nüchtern betrachtet" erscheint auch in Buchform. Er schreibt u. a. für Literaturen und ist Mitglied der Cloud Appreciation Society. 2009 erhielt Nüchtern den Preis der Stadt Wien für Publizistik. Von 2004 bis 2008 war er Juror beim Ingeborg-Bachmann-Preis. Außerdem betreibt Nüchtern das CD-Label Handsemmel Records. Das von ihm produzierte Album "c.o.d.e." (Handsemmel Records / cracked anegg) wurde 2009 in der Sparte "Album des Jahres" mit dem Hans Koller Preis ausgezeichnet.
     
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