Österreichs Wirtschaft am Beginn einer Konjunkturdelle   

erstellt am
16. 11. 11

Bank Austria Konjunkturindikator rutscht im November mit 0,4 Punkten erstmals seit zwei Jahren leicht ins Minus
Wien (bank austria) - Die Abkühlung der österreichischen Konjunktur prägt sich immer deutlicher aus. „Der Bank Austria Konjunkturindikator ist im November erstmals seit September 2009 ins Minus gerutscht. Mit einem Wert von minus 0,4 Punkten hat die im Frühjahr begonnene Talfahrt des Indikators einen vorläufigen Tiefpunkt erreicht“, so Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Die seit zwei Jahren anhaltende kräftige Erholung ist zum Erliegen gekommen. „Die österreichische Wirtschaft befindet sich derzeit am Beginn einer Konjunkturdelle, die markant ausfallen und aus der sie sich nur in langsamem Tempo befreien können wird“, meint Bruckbauer.

„Das von negativen Erwartungen geprägte Umfeld trübt die Konjunkturaussichten deutlich. Im November hat sich sowohl die Stimmung der heimischen Produzenten als auch jene der Konsumenten weiter verschlechtert“, so Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Die Zuspitzung der europäischen Staatsschuldenkrise und gestiegene Konjunktursorgen erhöhten die Skepsis in Österreichs Industrie, obwohl sich die Stimmung auf europäischer Ebene nicht weiter verschlimmert hat. Darüber hinaus hat sich die Zuversicht der heimischen Konsumenten innerhalb nur weniger Monate in eine leicht pessimistische Einschätzung der zukünftigen Entwicklungen gewandelt. Nach dem spürbaren Einbruch des Erholungstempos im dritten Quartal, das mit einem Plus um 0,3 Prozent zum Vorquartal immerhin noch ein moderates Wirtschaftswachstum brachte, sind die Aussichten für das laufende Schlussquartal 2011 noch zurückhaltender. „Die hohe Verunsicherung in der Wirtschaft schlägt sich immer stärker in den realen Zahlen nieder. Für das vierte Quartal erwarten wir bestenfalls eine Stagnation der Wirtschaft, doch auch ein leichtes Minus ist bei fortgesetzter Verschlechterung der Rahmenbedingungen nicht mehr auszuschließen“, so Pudschedl.

Für die Schwäche der heimischen Wirtschaft zum Jahreswechsel ist vorrangig die weltweit abgeflaute Exportnachfrage verantwortlich, die der heimischen Industrie sogar eine kurze Rezessionsphase bescheren wird. Der fehlende Rückenwind aus dem Ausland bremst die Investitionstätigkeit weiter ein. In unsicherem Umfeld werden sowohl Neu- als auch Ersatzinvestitionen verschoben. Der private Konsum setzt seinen moderaten Wachstumspfad fort, doch der Gegenwind nimmt auch hier zu. Die Inflation bildet sich in den kommenden Monaten reallohnwirksam langsam etwas zurück, hierfür ist die nachlassende Preisdynamik im Rohstoffsektor - insbesondere bei Erdöl - verantwortlich. Doch die bereits eingesetzte Verschlechterung der Lage am Arbeitsmarkt schlägt sich negativ auf die Konsumlaune nieder. „Trotz der starken Eintrübung der Konjunktur zum Jahresende hin gehen wir für 2011 dank des kräftigen Erholungstempos in der ersten Jahreshälfte von einem Wirtschaftswachstum von 2,9 Prozent aus. Das ist immerhin die höchste Wachstumsrate seit 2007“, so Bruckbauer.

„Über dem Jahresbeginn 2012 und den ersten Monaten des neuen Jahres sind dunkle Konjunkturwolken aufgezogen. Im weiteren Jahresverlauf ist jedoch mit einer Auffrischung der wirtschaftlichen Flaute dank einer robusteren globalen Wirtschaftsentwicklung zu rechnen, wenn die Weichen für eine solidarische Lösung der europäischen Staatsschuldenkrise gestellt sind und sich die Risikoeinschätzung der Wirtschaftssubjekte normalisiert. Insgesamt gehen wir für 2012 von einem moderaten Wachstum von 1,1 Prozent aus“, sagt Bruckbauer. Nach der Exportkonjunktur werden im späteren Jahresverlauf 2012 auch die Investitionstätigkeit und der private Konsum wieder etwas an Schwung gewinnen. Doch die Aussichten bleiben zurückhaltend, denn eine erhöhte Fiskaldisziplin dämpft europaweit die Dynamik. Bedingt durch knappere Budgets bleiben die öffentlichen Investitionen verhalten, was sich auch auf Zurückhaltung im privaten Sektor niederschlagen wird. Die striktere Haushaltspolitik wird 2012 auch die Konsumentwicklung bremsen. Die Inflation wird sich dank einer gemäßigteren Roh-stoffpreisdynamik zwar abbauen und im Jahresdurchschnitt auf 2,2 Prozent sinken, doch am Arbeitsmarkt ist keine weitere Verbesserung in Sicht, was die Konsumlaune nachhaltig beeinträchtigt.

Die Lockerung der geldpolitischen Zügel wird der österreichischen Wirtschaft 2012 etwas Unterstützung bieten. Angesichts des trüben ökonomischen und finanzwirtschaftlichen Umfelds und eines bald nachlassenden Inflationsdrucks senkte die EZB Anfang November den Refinanzierungszinssatz auf 1,25 Prozent. „Um den Jahreswechsel rechnen wir mit einem weiteren Zinsschritt nach unten auf 1 Prozent. Eine erste Zinserhöhung steht nach unserer Ansicht nicht vor 2013 an“, meint Bruckbauer.
     
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