Schuldenbremse / EU-Gipfeltreffen  

erstellt am
09. 12. 11

Schuldenbremse nur für Euro-Länder
Gesamtvertragsänderung gescheitert
Wien (oe1.orf.at) - Wie der ORF-Radiosender "Ö1" in der Sendung "Morgenjournal" am 09.12. meldete, hat sich der EU-Gipfel in der Nacht grundsätzlich auf einen neuen Haushaltspakt für die Euroländer geeinigt. Der Versuch, eine Vertragsänderung unter allen 27 Staaten zu erzielen, scheiterte zwar. Doch nun wollen die 17 Euroländer und weitere sechs EU-Staaten einen separaten Vertrag für mehr Haushaltsdisziplin schließen.

Die 17 Euro-Länder werden die strikteren Regeln zur Haushaltskontrolle mit einem eigenständigen Vertrag statt einer EU-Vertragsänderung in die Tat umsetzen. "Wir hätten eine Vertragsänderung zu 27 bevorzugt, aber das war nicht möglich", sagte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy am Freitagmorgen nach dem ersten Tag des EU-Gipfels in Brüssel.

 

Erklärung der Staats- und Regierungschefs des Eurowährungsgebiets
Brüssel (consilium.europa.eu) - Die Europäische Union und das Euro-Währungsgebiet haben in den letzten achtzehn Monaten viel getan, um die wirtschaftspolitische Steuerung zu verbessern und neue Maßnahmen als Reaktion auf die Staatsschuldenkrise zu treffen. Allerdings haben die Spannungen an den Märkten im Euro- Währungsgebiet zugenommen und wir müssen somit unsere Anstrengungen verstärken, um die derzeitigen Herausforderungen zu bewältigen. Heute (08.12., Anm.) haben wir vereinbart, Schritte in Richtung auf eine stärkere Wirtschaftsunion zu unternehmen. Dies beinhaltet Handeln in zwei Richtungen:

  • einen neuen fiskalpolitischen Pakt und eine verstärkte wirtschaftspolitische Koordinierung;
  • die Weiterentwicklung unserer Stabilisierungsinstrumente, um kurzfristigen Herausforderungen begegnen zu können.


Eine verstärkte Architektur für die Wirtschafts- und Währungsunion

1. Stabilität und Einheit der Wirtschafts- und Währungsunion und der Europäischen Union insgesamt erfordern eine rasche und energische Durchführung der bereits vereinbarten Maßnahmen ebenso wie weitere inhaltliche Schritte hin zu einer echten "fiskalpolitischen Stabilitätsunion" im Euro-Währungsgebiet. Neben der einheitlichen Währung ist eine starke wirtschaftliche Säule unerlässlich. Um haushaltspolitische Disziplin und eine vertiefte Integration des Binnenmarkts sowie ein stärkeres Wachstum, eine größere Wettbewerbs- fähigkeit und einen stärkeren sozialen Zusammenhalt zu fördern, bedarf es als Grundlage einer verstärkten Steuerung. Zur Verwirklichung dieses Ziels werden wir auf den Leistungen der vergangenen achtzehn Monaten aufbauen und diese fortführen: den verstärkten Stabilitäts- und Wachstumspakt, die Durchführung des in diesem Monat beginnenden Europäischen Semesters, das neue Verfahren bei makroökonomischen Ungleichgewichten und den Euro- Plus-Pakt.

2. Eingedenk dieses übergreifenden Zieles und in der festen Entschlossenheit, gemeinsam die derzeitigen Schwierigkeiten zu überwinden, haben wir heute einen neuen "fiskalpolitischen Pakt" und eine erheblich stärkere Koordinierung der Wirtschaftspolitik in Bereichen von gemeinsamem Interesse vereinbart.

3. Dazu wird eine neue Abmachung zwischen den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets erforderlich sein, die in gemeinsamen, ehrgeizigen Regeln zu verankern ist, mit denen das starke politische Engagement dieser Mitgliedstaaten in einen neuen Rechtsrahmen überführt wird.

Ein neuer fiskalpolitischer Pakt

4. Wir verpflichten uns, eine neue Haushaltsvorschrift mit den folgenden Bestandteilen einzuführen:

  • Die staatlichen Haushalte müssen ausgeglichen sein oder einen Überschuss aufweisen. Dieser Grundsatz gilt als eingehalten, wenn das jährliche strukturelle Defizit generell 0,5 % des nominellen BIP nicht übersteigt.
  • Diese Regel wird zudem - auf Verfassungsebene oder vergleichbarer Ebene - in die einzelstaatlichen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten aufgenommen. Sie wird einen automatischen Korrekturmechanismus enthalten, der im Falle von Abweichungen auszulösen ist. Sie wird von jedem Mitgliedstaat nach den von der Kommission vorgeschlagenen Grundsätzen festgelegt. Wir erkennen an, dass der Gerichtshof die Zuständigkeit besitzt, die Umsetzung dieser Regel auf nationaler Ebene zu überwachen.
  • Die Mitgliedstaaten haben ihren jeweiligen Referenzwert nach einem von der Kommission vorgeschlagenen Zeitplan zu erreichen.
  • Mitgliedstaaten, die sich in einem Defizitverfahren befinden, legen der Kommission und dem Rat ein Wirtschaftspartnerschaftsprogramm zur Billigung vor, in dem die notwendigen Strukturreformen beschrieben sind, mit denen sie eine wirklich dauerhafte Korrektur ihres übermäßigen Defizits erreichen wollen. Die Durchführung des Programms und die entsprechende jährliche Haushaltsplanung werden von der Kommission und vom Rat überwacht.
  • Es wird ein Verfahren eingeführt, nach dem die Mitgliedstaaten vorab über die von ihnen geplanten nationalen Emissionen berichten.


5. Die Vorschriften für das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit (Artikel 126 AEUV) werden für die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets verschärft. Sobald die Kommission festgestellt hat, dass ein Mitgliedstaat die 3-%-Schwelle überschritten hat, erfolgen automatisch Konsequenzen, es sei denn, die Mitgliedstaaten des Euro-Währungs- gebiets sprechen sich mit qualifizierter Mehrheit dagegen aus. Die von der Kommission vorgeschlagenen oder empfohlenen Schritte und Sanktionen werden angenommen, es sei denn, die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets sprechen sich mit qualifizierter Mehrheit dagegen aus. In den neuen Bestimmungen muss auch verankert werden, dass das Schulden- kriterium für die Mitgliedstaaten mit einer Schuldenquote von mehr als 60 % des BIP in Form eines numerischen Richtwerts für den Schuldenabbau (1:20-Regel) festgelegt wird.

6. Wir werden die von der Kommission am 23. November 2011 vorgeschlagenen neuen Vorschriften i) zur Überwachung und Bewertung der Übersichten über die gesamtstaatliche Haushaltsplanung und zur Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitglied- staaten des Euro-Währungsgebiets und ii) über den Ausbau der wirtschafts- und haushalts- politischen Überwachung von Mitgliedstaaten, die von gravierenden Schwierigkeiten in Bezug auf ihre finanzielle Stabilität im Euro-Währungsgebiet betroffen oder bedroht sind, zügig prüfen. Wir fordern den Rat und das Europäische Parlament auf, diese Verordnungen so rasch wie möglich zu prüfen, so dass sie beim nächsten Haushaltszyklus in Kraft sind. Nach diesem neuen Rechtsrahmen wird die Kommission insbesondere die wichtigsten Parameter für den fiskalpolitischen Kurs der Übersichten über die gesamtstaatliche Haushaltsplanung prüfen und erforderlichenfalls eine Stellungnahme dazu abgeben. Stellt die Kommission besonders schwerwiegende Verstöße gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt fest, so fordert sie eine überarbeitete Übersicht über die Haushaltsplanung an.

7. Auf längere Sicht werden wir weiter darüber beraten, wie wir die fiskalpolitische Integration weiter vertiefen können, damit sie dem Ausmaß unserer gegenseitigen Abhängigkeit besser entspricht. Diese Fragen werden Gegenstand des Berichts sein, den der Präsident des Europäischen Rates gemeinsam mit dem Präsidenten der Kommission und dem Präsidenten der Euro-Gruppe im März vorlegen wird. Darin werden sie auch auf die Beziehungen zwischen der EU und dem Euro-Währungsgebiet eingehen. Engere politische Koordinierung und verstärkte Steuerung

8. Wir kommen überein, bei Fragen, die für ein reibungsloses Funktionieren des Euro- Währungsgebiets entscheidend sind, konsequenter auf die Verstärkte Zusammenarbeit zurückzugreifen, ohne jedoch den Binnenmarkt zu auszuhöhlen.

9. Wir verpflichten uns, auf eine gemeinsame Wirtschaftspolitik hinzuarbeiten. Es wird ein Verfahren eingeführt, das sicherstellt, dass alle wichtigen wirtschaftspolitischen Reformpläne der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets auf Ebene des Euro-Währungsgebiets erörtert und abgestimmt werden, um Benchmarks für vorbildliche Vorgehensweisen festzulegen.

10. Die Steuerungsstrukturen des Euro-Währungsgebiets werden, wie es auf dem Euro-Gipfel vom 26. Oktober beschlossen worden war, verstärkt. Insbesondere werden mindestens zweimal im Jahr reguläre Tagungen des Euro-Gipfels abgehalten. Ausbau der Stabilisierungsinstrumente

11. Längerfristige Reformen, wie die oben skizzierten, müssen mit Sofortmaßnahmen einhergehen, um den aktuellen Spannungen an den Märkten energisch zu begegnen.

12. Der Hebel der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) mit den beiden konkreten Optionen, über die sich die Euro-Gruppe am 29. November geeinigt hat, wird zügig eingesetzt werden. Wir begrüßen, dass die EZB bereit ist, 04bei den Marktinterventionen der EFSF als Vermittler aufzutreten.

13. Wir sind uns einig, dass das Inkrafttreten des Vertrags zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) beschleunigt werden muss. Der Vertrag tritt in Kraft, sobald er von Mitgliedstaaten ratifiziert wurde, deren Kapitalverpflichtungen 90 % des Kapitals ausmachen. Unser gemeinsames Ziel ist es, dass der ESM im Juli 2012 in Kraft tritt.

14. In Bezug auf die finanzielle Ausstattung treffen wir folgende Vereinbarungen:

  • Die EFSF wird, wie im Rahmenvertrag festgelegt, Programme finanzieren, die bis Mitte 2013 angelaufen sind; bei Bedarf wird sie die Finanzierung der laufenden Programme weiter gewährleisten.
  • Wir werden im März 2012 überprüfen, inwieweit die Gesamtausstattung der EFSF bzw. des ESM in Höhe von 500 Milliarden EUR (670 Milliarden USD) ausreichend ist.
  • Wir sind bereit, in der Phase, in der der Kapitalstock gebildet wird, die Kapitalzahlungen zu beschleunigen, damit das Verhältnis zwischen eingezahltem Kapital und ausstehendem Betrag an ESM-Anleiheemissionen stets mindestens 15 % beträgt und eine effektive Gesamtdarlehenskapazität von 500 Milliarden EUR gewährleistet wird.
  • Die dem Euro-Währungsgebiet angehörenden und andere Mitgliedstaaten werden prüfen, ob für den IWF zusätzliche Mittel in Höhe von bis zu 200 Milliarden EUR (270 Milliarden USD) in Form von bilateralen Darlehen bereitgestellt werden, um sicherzustellen, dass der IWF über ausreichende Mittel zur Bewältigung der Krise verfügt, und sich dazu binnen zehn Tagen äußern. Wir erwarten, dass die internationale Gemeinschaft parallel Beiträge leisteten wird.

15. Wir vereinbaren, den ESM-Vertrag folgendermaßen anzupassen, um seine Wirksamkeit zu erhöhen:

  • Im Hinblick auf die Beteiligung des privaten Sektors werden wir strikt an den bewährten Grundsätzen und Verfahren des IWF festhalten. Dies wird in der Präambel des Vertrags unmissverständlich zum Ausdruck kommen. Wir bekräftigen klar und deutlich, dass die Beschlüsse, die am 21. Juli und am 26./27. Oktober 2011 zu den griechischen Schulden gefasst wurden, eine einmalige Ausnahme darstellen. Standardisierte und identische Umschuldungsklauseln in einer die Marktliquidität wahrenden Form werden in die Vertragsbedingungen aller neuen Staatsanleihen des Euro-Währungsgebiets aufgenommen.
  • Damit gewährleistet ist, dass der ESM unter allen Umständen die erforderlichen Entscheidungen treffen kann, werden die Abstimmungsregeln des ESM um ein Dringlichkeitsverfahren erweitert. Die Regel des gegenseitigen Einvernehmens wird durch eine qualifizierte Mehrheit von 85 % ersetzt, falls die Kommission und die EZB zu dem Schluss gelangen, dass eine dringende Entscheidung über eine Finanzhilfe erforderlich ist, wenn die finanzielle und wirtschaftliche Tragfähigkeit des Euro-Währungsgebiets gefährdet ist.1 Vorbehaltlich der Bestätigung durch das finnische Parlament.


16. Wir begrüßen die von Italien ergriffenen Maßnahmen; ebenso begrüßen wir das von allen Parteien getragene Engagement der neuen griechischen Regierung, ihr Programm uneingeschränkt umzusetzen, sowie die beträchtlichen Fortschritte, die Irland und Portugal bei der Umsetzung ihrer Programme erzielt haben.

* * *

Einige der eingangs dargelegten Maßnahmen können im Wege des Sekundärrechts beschlossen werden. Die Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets sind der Auffassung, dass die anderen Maßnahmen Bestandteil des Primärrechts sein sollten. In Anbetracht der Tatsache, dass unter den EU-Mitgliedstaaten kein Einvernehmen herrscht, haben sie beschlossen, sie im Rahmen einer zwischenstaatlichen Übereinkunft anzunehmen, die im März 2012 oder früher unterzeichnet werden soll. Ziel bleibt es nach wie vor, diese Bestimmungen so bald wie möglich in die EU-Verträge aufzunehmen. Die Staats- und Regierungschefs Bulgariens, Dänemarks, Lettlands, Litauens, Polens und Rumäniens haben ihre Absicht bekundet, sich an diesem Verfahren zu beteiligen. Die Staats- und Regierungschefs der Tschechischen Republik und Schwedens konsultieren ihre Parlamente, bevor sie eine Entscheidung treffen.  


 

Spindelegger: Gestärkt in die Zukunft
Die EU-Staaten schaffen neue Hilfsinstrumente, um die EU vor der Krise besser absichern zu können. Michael Spindelegger sucht weiterhin das Gespräch mit der Opposition.
Wien (övp-pd) - Es ist zwar nicht der große Wurf geworden, aber doch ein wichtiges Zeichen für die Weltgemeinschaft, dass Europa in Zukunft noch näher zusammenrücken wird. Bundesparteiobmann Michael Spindelegger zeigt sich nach dem EU-Gipfel jedoch vom Verhalten Großbritanniens enttäuscht: "Das halte ich für sehr bedauerlich und bedenklich. Es segeln zwar im Windschatten einige andere auch mit Großbritannien mit, aber im Grunde ist es dieses eine Land, das immer noch nicht erkennt, wie dramatisch die Situation ist." Die Briten versuchen ungeachtet der Krise nach wie vor Vorteile für sich herauszuschlagen.

Alle EU-Staaten müssen ihre Hausaufgaben machen
Die Veränderungen im Zuge der Schaffung neuer Hilfsinstrumente werden nach derzeitigem Stand keinen Eingriff in nationale Instanzen notwendig machen, wodurch es auch zu keiner Gesamtänderung der Bundesverfassung kommen wird. Eine Änderung hätte der Bundesparteiobmann jedoch noch gerne in der Verfassung verankert – die Schuldenbremse. Nach dem einfach-gesetzlichen Beschluss werden nun noch einmal Gespräche mit der Opposition gesucht. Das wäre ein starkes Zeichen nach außen und würde Budgetsicherheit über nachfolgende Regierungen hinaus gewährleisten.

Spindelegger zum "Kurier": "Ich werde noch einmal mit der Opposition und mit den einzelnen Parteien der Opposition Tacheles reden, damit auch dort das Verständnis dafür, dass man das gemeinsam schaffen muss, geweckt wird."

 

Leichtfried/Swoboda: Europa benötigt wieder die Gemeinschaftsmethode
SPÖ-Europaabgeordnete wollen demokratisch legitimierte Gesamtlösung
Wien (sk) - "Die Debatten beim derzeit laufenden EU-Gipfel zeigen vor allem eines: Es fehlt an echtem Zusammenhalt und vor allem an der Anwendung der Gemeinschaftsmethode, die Europa stark gemacht hat", sagt Jörg Leichtfried, Delegationsleiter der SPÖ-Europaabgeordneten. Er will tragfähige Entscheidungen unter Einbindung der EU-Institutionen, also auch des vom Volk direkt gewählten Europaparlaments. "Statt einzelstaatlicher Vorschläge müssen wir endlich zu einem demokratisch legitimierten Gesamtprogramm kommen", macht Leichtfried klar.

Der Vizepräsident der sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament, Hannes Swoboda, bedauert, dass Eurobonds beim Gipfel auch diesmal wieder kein ernsthafter Diskussionsgegenstand waren. "Die kategorische Ablehnung der Eurobonds oder einer stärkeren Rolle der Europäischen Zentralbank zeigen Mutlosigkeit. Vielmehr gilt es zu überlegen, ob und wie Eurobonds und/oder eine stärkere Rolle der Zentralbank zur mehr Budgetdisziplin und Wettbewerbsfähigkeit beitragen können", sagt Swoboda. Gleichzeitig brauche es eine intensivere Regulierung der Finanzmärkte und der Ratingagenturen. Letztere hätten einen wirklichen Machtkampf in Europa begonnen, so Leichtfried und Swoboda. Darüber hinaus müsse man auf Wachstum und Beschäftigung achten, nur so werde es möglich sein, die Budgets wieder langfristig in Balance zu bringen.

In Bezug auf den britischen Premierminister David Cameron kritisiert Leichtfried: "Die Finanzlobby diktiert den Briten den Weg in die falsche Richtung. Cameron muss endlich Lehren aus der Krise ziehen. Wenn er Großbritannien nicht in der EU haben will, soll er das deutlich formulieren. Das derzeitige Herumlavieren führt allerdings in die Sackgasse."

 

Mölzer: Auch über zwischenstaatlichen Euro-Rettungsvertrag muss das Volk abstimmen
Beschluss auf EU-Gipfel bedeutet massive Änderungen für die Euroländer - Großbritannien ist offenbar Werkzeug des internationalen Finanzkapitalismus
Wien (fpd) - Die Europäische Union sei wieder einmal auf halbem Wege stehen geblieben, sagte der freiheitliche Delegationsleiter im Europäischen Parlament, Andreas Mölzer, zum Ergebnis des Gipfels der EU-Staats- und Regierungschefs, wonach es künftig eine strengere Kontrolle der Staatsfinanzen nur in der Eurozone geben werde. "In Europa gibt es nach wie vor starke nationale Eigeninteressen, die nur sehr schwer unter einen Hut zu bringen sind", fügte Mölzer hinzu.

Zur Rolle Großbritanniens, an dessen Widerstand eine EU-weite Regelung gescheitert war, meinte der freiheitliche EU-Mandatar, dass für London Europa keinen besonderen Wert habe. "Für die Briten sind offenbar die Vorgaben der internationalen Finanzindustrie und die Sicherung des Finanzplatzes London wichtiger als Solidarität mit den Europäern. Oder anders ausgedrückt: Großbritannien ist Werkzeug des internationalen Finanzkapitalismus", kritisierte Mölzer.

Weiters wies der freiheitliche Europaabgeordnete darauf hin, dass die für die Eurozone beschlossenen zwischenstaatlichen Regelungen massive Veränderungen bedeuten und daher sehr wohl einer Volksabstimmung unterzogen werden müssen. "Wenn statt der Drei-Prozent-Maastricht-Kriterien nun eine Defizitgrenze von 0,5 Prozent gelten soll, dann ist das kein Klacks. Und wenn Verfahren gegen Defizitsünder mit qualifizierter Mehrheit eingeleitet werden sollen, bedeutet dies de facto einen Verlust der Budgethoheit der Euroländer", betonte Mölzer.

Daher forderte der freiheitliche Europaparlamentarier Bundeskanzler Werner Faymann auf, sich nicht hinter formaljuristischen Argumenten zu verstecken. "Es kommt nicht darauf an, ob die geänderten Regelungen im EU-Vertrag oder in einem gesonderten Vertrag stehen. Was zählt, sind einzig und allein die tatsächlichen Auswirkungen auf unser Land. Und weil diese gravierend sind, müssen die Österreicher das letzte Wort haben", schloss Mölzer.

 

Bucher: Zeit ist gekommen, wichtige Reformen in Angriff zu nehmen
Reformen im System statt Bürgerinnen und Bürgern noch mehr zu belasten
Wien (bzö) - "Jetzt ist die Zeit gekommen, wichtige Reformen in Angriff zu nehmen", kommentiert BZÖ-Bündnis- und Klubobmann Josef Bucher den Beschluss am EU-Gipfel, in 23 Ländern eine Schuldenbremse einzuführen. Faymann und Spindelegger erinnert Bucher: "Das BZÖ ist immer ein konstruktiver Partner wenn es darum geht, das Budget ausgabenseitig zu sanieren." Seine Forderungen sind aber unumstößlich, "für Steuererhöhungen sind wir nicht zu haben!"

Einer Schuldenbremse im Verfassungsrang werde das BZÖ nur zustimmen, wenn auch Sanktionen bei der Nichteinhaltung der Schuldenbremse vorgesehen sind. Beispielsweise soll ein Drittel der Abgeordneten im Hohen Haus gegenüber dem Finanzminister eine Verfassungsklage einbringen können, der dann zurücktreten müsste, wenn die Defizitgrenze überschritten würde. Zusätzlich fordert das BZÖ eine Verankerung der Steuer- und Abgabenquote von nicht mehr als 42 Prozent und langfristig unter 40 Prozent in der Verfassung. "Diese Position ist bekannt und wir werden sie keinen Millimeter verlassen", stellt Bucher klar. Es sei in den Verhandlungen bereits ein Entgegenkommen des BZÖ gewesen, eine Deckelung der Steuer- und Abgabenquote erst ab 2017 zu verlangen.

Der BZÖ-Chef erinnert Faymann, Spindelegger und auch Finanzministerin Fekter an das aktuelle Positionspapier des Rechnungshofes mit 599 konkreten Vorschlägen für eine schlankere und effizientere Verwaltung, die auch vom BZÖ gefordert und unterstützt werden. "Diese Vorschläge weisen den Weg, wie Reformen im System erfolgen können, statt die Bürgerinnen und Bürgern noch mehr zu belasten", mahnt Bucher.

 

Glawischnig: Ergebnisse sind herbe Enttäuschung
Europa muss gemeinsam den Finanzmärkten etwas entgegensetzen
Wien (grüne) - "Die vorläufigen Ergebnisse des Europäischen Rates sind ein herbe Enttäuschung. Sie bedrohen die gemeinsame Zukunft der Europäischen Union. Von der notwendigen großen Antwort auf die zugespitzte Krise ist nichts zu sehen, stattdessen wird die Einheit der Union auf das Spiel gesetzt. Die Staats- und Regierungschefs beweisen einmal mehr die fehlende politische Handlungsfähigkeit und verschärfen dadurch die Krise noch mehr", kritisiert die Parteiobfrau der Grünen, Eva Glawischnig.

Finanztransaktionssteuer gefordert
"Europa muss gemeinsam den Finanzmärkten etwas entgegensetzen. Wir brauchen neben einer aktiven Intervention der EZB, gemeinsame Instrumente, wie die Finanztransaktionssteuer und gemeinsame europäische Anleihen, um die Euro-Zone zu stabilisieren."

Es braucht vernünftige und strategische Investitionen, etwa in erneuerbare Energien und Energieeffizienz als ersten und wichtigen Schritt zur Wiederbelebung der europäischen Wirtschaft. "Wenn alle gleichzeitig nur blind sparen und es keine derartigen Investitionen gibt, droht ganz Europa eine Rezession", warnt Glawischnig.

Grüne Meinung zur Schuldenbremse ist fix
Zu den Ankündigungen von Bundeskanzler und Vizekanzler, einen weiteren Anlauf zur Festschreibung der Schuldenbremse in der Verfassung zu unternehmen, stellt Glawischnig klar: "Die Haltung der Grünen ist unverändert. Für das bloße Festschreiben einer Überschrift sind wir nicht zu haben. Wenn die Regierung, insbesondere die ÖVP, bereit ist, im Sinne der Steuergerechtigkeit die Blockadehaltung bei der Diskussion über Vermögenssteuern aufzugeben, sind die Grünen zu Verhandlungen bereit."

 

 Leitl fordert rasche Umsetzung der verstärkten Haushaltsdisziplin
Langfristig kann nur eine echte Stabilitäts- und Fiskalunion die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in Europa wiederherstellen
Wien (pwk) - "Der Beschluss der 23 Mitgliedstaaten ist der erste Schritt in Richtung einer wirklichen Fiskalunion. Wir müssen wieder das Vertrauen der Finanzmärkte und der internationalen Staatenwelt zu Europa erringen. Jeder Schritt in diese Richtung ist positiv", begrüßte Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich, die ersten Ergebnisse des Gipfeltreffens der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel. Leitl drückte aber gleichzeitig sein "großes Bedauern" aus, dass nach bisherigen Gipfelergebnissen keine "große" Lösung unter Einbeziehung aller 27 EU-Mitgliedstaaten zustande gebracht worden ist: "Ein Beschluss aller 27 EU-Staaten wäre ein klares Bekenntnis für ein geeintes Europa und ein starkes Signal an die Finanzmärkte und die Bürger Europas gewesen. Aber besser die jetzige Lösung als ein fauler Kompromiss. Wer nicht mitziehen will, soll nicht gezwungen werden, aber die, die wollen, sollen nicht gehindert werden."

23 Mitgliedstaaten wollen sich laut Gipfelbeschluss mit einem zwischenstaatlichen Vertrag zu verbindlicher Haushaltdisziplin verpflichten. Leitl mahnt nun die rasche Umsetzung der Beschlüsse - inklusive Schuldenbremsen im Verfassungsrang und automatischen Sanktionen gegen Defizitsünder - ein: "Die EU hat schon mehrmals neue Regeln zu verstärkter Budgetdisziplin aufgestellt - aber Regeln beschließen alleine bewirkt noch nichts, wie die Vergangenheit gezeigt hat. Die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen der Finanzmärkte und der europäischen Bürger gewinnen wir nur zurück, wenn wir sie jetzt auch endlich konsequent umsetzen und Defizitsünder wirklich sanktionieren." Eine rasche und effiziente Umsetzung sei der Schlüssel zum Erfolg und bringt Europa einer "Stabilitätsunion" näher. In Amerika sei Europa und die Euro-Krise Thema Nummer ist, sagt Leitl, der sich derzeit zu wirtschaftspolitischen Gesprächen in den USA befindet. Es gebe - so wie auch in China - eine wirkliche Sorge, weil auch die US-Wirtschaft leide, sollte die Konjunktur in Europa aufgrund der Schulden- und Währungskrise noch stärker unter Druck geraten.

Der nächste Schritt der EU-Staaten müsse eine engere Kooperation in Richtung eines einigen Europa sein. Neben den monatlichen Treffen der Staats- und Regierungs-Chefs sollten künftig auch wöchentlich die Präsidenten von EU-Rat, Kommission, Parlament, EZB und Eurozone die aktuelle Situation beraten und gemeinsame Vorgangsweisen beschließen. Leitl: "Damit ist neben dem EU-Rat eine abgestimmte Handlung in der laufenden Tagesarbeit möglich - als Zeichen für eine größere Handlungsfähigkeit und -willigkeit Europas."

Leitl richtete erneut einen Appell an die verantwortlichen Politiker in Österreich: "Auch Österreich muss sich an die von ihm unterzeichneten Beschlüsse halten. Nun ist Handeln angesagt: Wir müssen bei Verwaltung, Pensionen und Gesundheit Erneuerungsprozesse einleiten. Zugleich müssen wir aber auch Wachstum mit Investitionen in Zukunftsbereiche wie Bildung, Forschung, Innovation und Energie fördern."

 

 Sorger: Nationale Sparanstrengungen noch weiter verstärken
Keine Zeit zu verlieren - Kanzler-Aussagen zu Schuldenbremse in Verfassung zu begrüßen - EU-Beitrittsvertrag mit Kroatien sehr positiv
Wien (pdi) - Als "klaren Aufruf, die nationalen Anstrengungen für Strukturreformen und zum Sparen noch weiter zu verstärken", bezeichnete der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Dr. Veit Sorger, die jüngsten Beschlüsse des Europäischen Rates. Die Lage sei ernst, daher sei keine Zeit zu verlieren. "Vor diesem Hintergrund ist auch die Aussage von Bundeskanzler Werner Faymann zu begrüßen, einen neuen Anlauf zur Verankerung der Schuldenbremse in der Verfassung zu machen", so Sorger. Wesentlich sei jetzt, auf nationaler wie auf europäischer Ebene Leadership zu zeigen und Handlungswilligkeit zu beweisen. Ein wesentliches Element sei dabei die beschlossene weitere Verstärkung des Stabilitätspaktes.

Sehr positiv wertet die österreichische Industrie die Unterzeichnung des EU-Beitrittsvertrages mit Kroatien. "Ein EU-Beitritt Kroatiens wird die Chancen und die Rechtssicherheit für die österreichischen Unternehmen im Land noch weiter erhöhen", erklärte der IV-Präsident. Seit 1993 hätten heimische Betriebe in Kroatien über sechs Milliarden Euro investiert, das sind mehr als ein Viertel aller ausländischen Investitionen im Land in diesem Zeitraum. "Österreich ist der mit Abstand größte ausländische Investor, der EU-Beitritt daher gerade für uns sehr wichtig", so Sorger. Auf Basis der Fakten sowie der engen historischen Verbindung habe die österreichische Industrie die Reformbemühungen und Beitrittsabsichten Kroatiens stets unterstützt.

Die Industriellenvereinigung arbeitet seit Jahren an der Unterstützung und der Intensivierung der wirtschaftlichen Kontakte nach Kroatien. Mit einem bilateralen Kooperationsabkommen sind die IV und der kroatische Industrieverband HUP bereits seit 1997 Partner. Im Rahmen der 2005 gegründeten Mitteleuropa-Kooperation der IV mit Industrieverbänden aus Tschechien, der Slowakei, Slowenien, Ungarn, Bulgarien, Rumänien und Kroatien wurde die Zusammenarbeit in der Region vertieft, mit dem Ziel Europa gemeinsam wettbewerbsfähiger zu machen.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament vertretenen Parteien –
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