Freihandelsabkommen Schweiz–EU   

erstellt am
09. 12. 11

Sitzung des Gemischten Ausschusses in Brüssel
Brüssel (evd) - Am 07.12. fand in Brüssel unter dem Vorsitz der Europäischen Union das 57. Treffen des Gemischten Ausschusses zum Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und der EU statt. Der Ausschuss stellte fest, dass das Abkommen insgesamt gut funktioniert und auch dieses Jahr ein wichtiges Instrument zur Erleichterung des Handelsaustausches zwischen der Schweiz und der EU bildete.

Das Freihandelsabkommen Schweiz–EU von 1972 liberalisiert den Handel mit Industrieprodukten und regelt mit seinem Protokoll 2 auch den Handel mit landwirtschaftlichen Verarbeitungsprodukten. Der Gemischte Ausschuss verwaltet das Abkommen und überwacht dessen Umsetzung.

Die beiden Delegationen wiesen auf die Bedeutung des Freihandelsabkommens für die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen hin. Das Handelsvolumen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union erreichte 2010 etwa 260 Milliarden Franken, was gegenüber 2009 einer Zunahme um etwa 7% entspricht. Die EU ist mit einem Exportanteil von 59% und einem Importanteil von 79% nach wie vor die wichtigste Wirtschaftspartnerin der Schweiz, während die Schweiz ihrerseits die zweitwichtigste Wirtschaftspartnerin der EU ist, wenn man den Handel mit Waren, Dienstleistungen und Investitionen gesamthaft betrachtet.

An ihrem Treffen befassten sich beiden Parteien auch mit den Herausforderungen im Zusammenhang mit der aktuellen Schuldenkrise in der Eurozone. Diese beeinträchtigt wegen der Aufwertung des Frankens gegenüber dem Euro insbesondere die Schweizer Exportindustrie und den Tourismus. Die Schweizer Delegation fasste die verschiedenen Massnahmen zusammen, die die Schweiz als Reaktion auf die Krise der Eurozone ergriffen hat, insbesondere ihre Beteiligung an den Massnahmen des Internationalen Währungsfonds (IMF) und der Schweizer Nationalbank (SNB).

Ausserdem erörterte der Gemischte Ausschuss mit mehreren Problemen im Zusammenhang mit dem gegenseitigen Zugang zu den Märkten der beiden Parteien. Die Schweiz wies dabei insbesondere auf mehrere italienische Massnahmen hin, die den Marktzugang von Schweizer Unternehmen behindern: die Verpflichtung von italienischen Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen zu Schweizer Unternehmen zur Lieferung von Informationen und Belegen für die italienischen Steuerbehörden (Decreto incentivi), die Subventionierung von Solaranlagen, mit der Schweizer Hersteller diskriminiert werden, und die Verpflichtung, halbfertige Metallwaren für den Export nach Italien auf radioaktive Strahlung kontrollieren zu lassen. Die Gespräche zur Lösung dieser Probleme werden fortgesetzt.

Die Parteien zogen auch Bilanz über den Stand der "Swissness"-Vorlage und des EU-Gesetzgebungsprojekts, das für den Import gewisser Waren in die EU obligatorisch eine Herkunftsangabe verlangt.

Anschliessend diskutierten die beiden Delegationen verschiedene Entwicklungen im Zollbereich. Die Parteien begrüssten insbesondere das bevorstehende Inkrafttreten des Regionalen Übereinkommens über Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln. Mit diesem Übereinkommen wird die Möglichkeit geschaffen, den bestehenden präferenziellen Ursprungsbezeichnungsraum der EU, der EFTA, der mediterranen Freihandelspartner und der Türkei neu auf die Westbalkanstaaten auszudehnen.

Schliesslich führte der Ausschuss einen Meinungsaustausch zur Freihandelspolitik mit Drittstaaten. Die Schweiz und die EU tauschten ihre Erfahrungen in diesem Bereich aus und bekräftigten, wie wichtig es ist, über stabile und nichtdiskriminierende Bedingungen für den Zugang zu den wichtigsten Auslandmärkten zu verfügen, da dieser den Wohlstand unserer Volkswirtschaften gewährleistet. Die Parteien sprachen zudem über den Stand der Verhandlungen in der Doha-Runde der Welthandelsorganisation (WTO).

Des Weiteren hat die EU ihre Position über gewisse kantonale Steuerregime bezüglich der Unternehmensbesteuerung sowie den sog. Code of Conduct der EU über die Unternehmensbesteuerung nochmals dargelegt. Schliesslich hat die EU Kritik an einigen Aspekten der neuen Regionalpolitik der Schweiz geäussert. Die Schweiz hat diesbezüglich ihren Standpunkt bekräftigt, wonach ihre Gesetzgebung mit dem Abkommen vereinbar ist.

Die Schweizer Delegation wurde von Botschafter Jacques de Watteville geleitet, dem Chef der Mission der Schweiz bei der Europäischen Union. Delegationschef der EU war Gianluca Grippa vom Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD).

Das nächste Treffen des Gemischten Ausschusses zum Freihandelsabkommen wird gegen Ende 2012 stattfinden.
     
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