Stift Klosterneuburg: Gebeine des Heiligen Leopold erforscht   

erstellt am
20. 12. 11

Klosterneuburg (stift) - Es ist fast eine CSI-Klosterneuburg-Geschichte: Das Institut für Gerichtliche Medizin in Innsbruck unterzog die Gebeine des Landesheiligen, seiner Frau Agnes und seines Sohnes Adalbert einer DNA-Untersuchung, um die Verwandtschaft festzustellen.

DNA-Analyse für die Geschichtsschreibung
Seit Jahrzehnten diskutierten Historiker – unter Anführung verschiedener Argumente – ob Adalbert der älteste Sohn von Leopold und Agnes oder aus einer ersten Ehe des Markgrafen wäre, wobei die meisten von der Auffassung ausgingen, Adalbert stamme aus der ersten Ehe des Markgrafen: Er wurde zwar zum Vogt der kirchlichen Besitzungen in der Mark bestimmt – und dies war ein überaus gewichtiger Posten – aber nicht zum Nachfolger seines Vaters als Herr über die Mark. Adalbert starb 1138 – also nur zwei Jahre nach seinem Vater –, sein Geburtsjahr ist hingegen unbekannt und wurde allgemein mit „vor 1104“ angegeben.

Anlässlich der Entnahme von Reliquien des Heiligen Leopold aus dem Schrein über dem Verduner Altar wurden auch Proben für eine DNA-Untersuchung entnommen. Ebenso auch aus den Gräbern von Agnes und Adalbert und die Forscher in Innsbruck konnten nun eindeutig feststellen, dass „es sich hierbei um eine Familie im biologischen Sinn handelt“, Adalbert wäre also tatsächlich ein Sohn der beiden.

Allerdings besteht eine Unklarheit: Die Gebeine Leopolds wurden anlässlich der Heiligsprechung sorgsam umgebettet, die der Agnes blieben unverändert. Die Gebeine Adalberts befinden sich aber in einer späteren Holzkiste – und in Heiligenkreuz gibt es auch ein Grab, in dem laut Inschrift Adalbert und sein Bruder Ernst begraben sein sollen. Und dort befindet sich eine ähnliche Holzkiste mit den Gebeinen eines einzigen Menschen.

1240 sollten nämlich die meisten verstorbenen Babenberger in Heiligenkreuz bestattet werden – daher auch die Holzkisten. Offenbar wurde aber nur einer der beiden Brüder nach Heiligenkreuz gebracht, der andere blieb in Klosterneuburg – nur welcher? Adalbert oder Ernst? Erst eine DNA-Analyse der Gebeine in Heiligenkreuz könnte Gewissheit schaffen. Noch müssen also die Geschichtsbücher nicht umgeschrieben werden.

Nicht im Bericht erwähnt, aber eine Folgerung daraus: Die Gebeine sind alle echt und wurden fast 900 Jahre lang sorgfältig bewahrt. Außerdem lässt sich nun jede Leopold-Reliquie auf Echtheit überprüfen und manchmal von Besuchern geäußerte Meinungen, wie „Wer weiß, ob die echt sind…“ sind damit endgültig entkräftet.

Neues Jahrbuch des Stiftes mit interessanten Forschungsergebnissen
Das renommierte „Jahrbuch des Stiftes Klosterneuburg“ dessen 30. Band der Gesamtreihe nun vorliegt, stellt nun dieses Forschungsergebnis der Öffentlichkeit vor.

Das Jahrbuch wurde 1908 begründet, musste 1919 – nach 9 Bänden – aus wirtschaftlichen Gründen sein Erscheinen einstellen und konnte erst 1961 mit der „Neuen Folge“ wieder erscheinen. Es ist auch ein Publikationsorgan der oft sehr umfangreichen Forschungsarbeiten, die am Stiftsarchiv durchgeführt werden: Denn das Stiftsarchiv besitzt durch seinen riesigen Bestand nicht nur für das Stift Klosterneuburg, sondern für ganz Niederösterreich und Wien und die österreichischen Augustiner Chorherren-Stifte wichtige Quellen.

So enthält dieser Band etwa zwei Artikel über das 1786 aufgelöste Dorotheer-Stift in Wien, dessen Archiv dem Stift Klosterneuburg übertragen wurde.

Zwei weitere Artikel behandeln die Baugeschichte von Gebäuden am Klosterneuburger Rathausplatz, und je einer über einen längst verschwundenen „Lustgarten“ des Fürsten de Ligne im Bereich Albrechtstraße/Ziegelofengasse und das kaiserliche Schloss auf dem Leopoldsberg.

Zwei weitere Artikel behandeln die Stiftsbibliothek – immerhin die größte nichtstaatliche Bibliothek Österreichs und die numismatische Sammlung, die 1942 von den NS-Machthabern nach Linz gebracht wurde und nur fragmentarisch (von 169 Goldmünzen waren nur 15 übrig geblieben) und ungeordnet zurückkehrte. Inzwischen konnte das Institut für Numismatik der Wiener Universität einen Großteil der Münzen bestimmen und ordnen.

Neuerscheinung im Dezember 2011: Jahrbuch des Stiftes Klosterneuburg. Neue Folge Band 21.
Schriftleitung: Karl Holubar – 431 Seiten, zahlreiche, z.T. färbige Abbildungen, 1 Beilage, fest gebunden, € 34,80 – ab sofort im Shop erhältlich.
     
Informationen: http://www.stift-klosterneuburg.at    
     
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