Abwärtsfahrt der österreichischen Industrie bremst sich ein   

erstellt am
29. 12. 11

Bank Austria EinkaufsManagerIndex steigt erstmals seit 10 Monaten wieder um 1,4 Punkte, aktueller Wert liegt mit 49 Punkten noch immer unter Wachstumsmarke
Wien (bank austria) - Die im Frühjahr 2011 begonnene Talfahrt der österreichischen Industrie hat mit Ende des Jahres gestoppt. „Der Bank Austria EinkaufsManagerIndex hat im Dezember gegenüber dem Vormonat erstmals seit zehn Monaten wieder zugelegt und erreicht aktuell 49 Punkte“, sagt Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Damit liegt der Indikator, der das Ergebnis der Umfrage unter österreichischen Einkaufsmanagern zur Konjunktur in der heimischen Industrie in einem Wert widerspiegelt, aber trotzdem den vierten Monat infolge unterhalb der Wachstumsmarke von 50 Punkten, deutet jedoch mit seinem jüngsten Anstieg auf eine Stabilisierung der Lage hin. „Die Durchbrechung der rasanten Talfahrt zeigt sich auf breiter Basis“, analysiert Bruckbauer weiter. „Der Rückgang der Neuaufträge, der Einkaufsmenge, der Auftragspolster und der Produktionsleistung hat sich verlangsamt und der Beschäftigungsaufbau hat sich sogar beschleunigt.“

Aufgrund der anhaltenden Investitionszurückhaltung der Kunden waren die österreichischen Industriebetriebe jedoch abermals mit einer rückläufigen Auftragsentwicklung konfrontiert. Der Mangel an Neu- und Folgeaufträgen schlug sich sehr stark bei Herstellern von Vorleistungs-gütern nieder. „Vor allem bei Bestellungen aus dem Ausland war ein hohes Auftragsminus zu verzeichnen. Trotz der zweiten Verbesserung des Index infolge waren die Auftragsverluste im Dezember abermals beachtlich“, so Bruckbauer. Zudem sorgten die ungünstigen Konjunktur-aussichten für die bereits sechste Rücknahme der monatlichen Produktionsleistung hintereinander, wenn auch nur noch sehr geringfügig.

Im aktuellen Geschäftsumfeld verringerten die Betriebe erneut die Einkaufsmenge, wenngleich nicht mehr so drastisch, wie in den Vormonaten. „Auch die Lagertrends spiegeln die weiterhin zurückhaltende Nachfragelage wider. Sowohl der Abbau der Vormateriallager, als auch der Anstieg der Verkaufslager der vergangenen Monate setzten sich im Dezember fort“, meint Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.

Ungeachtet der Auftrags- und Produktionsrückgänge hat die österreichische Industrie wieder Beschäftigung aufgebaut. Der Zuwachs an neuen Jobs im Sektor beschleunigte sich im Dezember sogar. „Das deutet darauf hin, dass die Betriebe die aktuelle wirtschaftliche Schwäche als temporär ansehen und sich mit dem Aufbau neuer Kapazitäten, die mit der Entwicklung neuer Produkte begründet werden, für den kommenden Aufschwung wappnen“, zieht Pudschedl Schlüsse aus den aktuellen Zahlen. Bereits seit Herbst 2009 ist der Sektor die Jobmaschine der heimischen Wirtschaft. Im Gesamtjahr 2011 hat sich die Anzahl der Jobs in der heimischen Industrie um rund 10.000 oder 1,8 Prozent auf durchschnittlich mehr als 573.000 erhöht.

Im Zuge der nachfragebedingten Verbilligung einiger Rohstoffe und Vormaterialien, darunter Metalle und Kunststoffe, standen die österreichischen Industriebetriebe im Dezember spürbar sinkenden Einkaufspreisen gegenüber. Dagegen stiegen die durchschnittlichen Verkaufspreise erstmals seit drei Monaten wieder ganz leicht an, wobei bei fast 90 Prozent der befragten Betriebe die Verkaufspreise gegenüber dem Vormonat konstant blieben. Erstmals seit Mitte 2009 hat sich im Dezember die Schere zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis ausgeweitet. „Angesichts der nachlassenden Nachfrage werden die heimischen Industrieunternehmen zukünftig nur begrenzt in der Lage sein gestiegene Kosten auf Kunden zu überwälzen, mit anhaltend negativen Konsequenzen auf Kosten- und Ertragssituation im nächsten Jahr“, so Pudschedl.

Alle Komponenten des Bank Austria EinkaufsManagerIndex zeigen im Dezember eine deutliche Verlangsamung der Talfahrt der heimischen Industrie an. Auf eine endgültige Trendwende lässt die aktuelle Aufwärtsentwicklung des Gesamtindikators noch nicht schließen. Die vorliegenden Daten stützen zumindest die Erwartung einer einsetzenden Stabilisierung der Industrie-konjunktur. Insbesondere zeigt das sich seit zwei Monaten leicht verbessernde Verhältnis zwischen Auftrags- und Lagertrends, das bisher stets ein verlässlicher Indikator für die kurzfristige zukünftige Entwicklung war, dass in den kommenden Monaten kein rasanter Absturz droht. „Die jüngste Umfrage unter den heimischen Industrieunternehmen bestärkt unsere Erwartungen, dass der starke Abwärtstrend der vergangenen Monate in der Industrie nur eine vorübergehende Erscheinung war und sich ein wirtschaftlicher Einbruch, wie im Herbst 2008, nicht wiederholen wird. Tatsächlich scheint die österreichische Industrie nur darauf zu warten, unter stabilen Rahmenbedingungen den kräftigen Aufwärtstrend der vergangenen Monate fortsetzen zu können. Als unabdingbare Voraussetzung für eine nachhaltige Trendumkehr in der Industrie gilt daher, die Verunsicherung in der Wirtschaft durch eine dauerhafte Lösung der akuten Eurokrise zu beseitigen“, meint Bruckbauer.

Nach einem Anstieg um 8,4 Prozent in den ersten zehn Monaten des Jahres 2011 erwarten die Ökonomen der Bank Austria ein Industriewachstum von rund 7 Prozent real für das Gesamtjahr. Das bedeutet, dass die Sachgüterindustrie bei einem Wertschöpfungsanteil von etwa 20 Prozent 2011 für mehr als 40 Prozent des gesamtwirtschaftlichen Wachstums von 3,3 Prozent gesorgt hat. Sofern die belastenden Faktoren aus dem Weg geräumt werden können, ist für 2012 ein Anstieg der Industrieproduktion um rund 3 Prozent in Reichweite. Die Industrie wird damit auch im kommenden Jahr einen überdurchschnittlich starken Beitrag zum Wachstum der österreichischen Wirtschaft von 0,8 Prozent liefern können.
     
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