GfK-Umfrage zu Österreichs Gesundheitssystem   

erstellt am
13. 01. 12

Bevölkerung mit Qualität zufrieden, aber Reformen nötig
Wien (sv) - Hohe Qualität, aber auch hoher Reformbedarf - auch im Jahr 2011 hat sich daran nichts geändert. Dies zeigen die Ergebnisse der "Bevölkerungsstudie des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger" - durchgeführt vom Meinungsforschungsinstitut GfK-Austria im Spätsommer des vorigen Jahres. Reformdiskussionen werden von der Bevölkerung generell mit hoher Aufmerksamkeit verfolgt. Von den insgesamt 2.000 Befragten wurden auf die Frage, ob man davon gehört hätte, die Bereiche Schule/Bildung (73 Prozent), Bundesheer (69 Prozent) am häufigsten genannt. An dritter und vierter Stelle rangieren gleichauf Pensionen und Gesundheit mit je 61 Prozent. Es folgt die Verwaltungsreform mit 40 Prozent.

Die öffentlichen Reformdiskussionen decken sich nicht unbedingt mit den Reformprioritäten der Bevölkerung. Denn da steht die Gesundheitsreform an der Spitze, gefolgt von der Öffentlichen Verwaltung. Schule/Bildung steht an dritter Stelle. Es folgen die Pensionen und zuletzt - eher abgeschlagen die Bundesheer-Reform.

Der ausgeprägte Wunsch nach einer Gesundheitsreform entspringt keinesfalls einer Unzufriedenheit mit den Leistungen und der Qualität des Angebotes. Denn die Zustimmung zur Aussage, dass Österreich im Vergleich zu anderen Ländern Westeuropas eines der besten Gesundheitssysteme hat, ist von 2010 auf 2011 sogar geringfügig gestiegen. Und dieser Aussage wird eine hohe Glaubwürdigkeit bei allen Altersgruppen, allen Bevölkerungsschichten und unabhängig vom Gesundheitszustand zugebilligt.

Knapp vier von 10 kranken Menschen leiden unter fehlender Abstimmung im Gesundheitswesen
Aber es gibt auch klare Kritikpunkte, die einen deutlichen Hinweis darauf liefern, wo Reformen wirklich als notwendig angesehen werden:

  • Eine satte Mehrheit von 86 Prozent der Befragten stuft Doppeluntersuchungen in die Kategorie "Kostentreiber" und nicht unter "Mehr Sicherheit für den Patienten" ein.
  • Mehr als drei Viertel der Befragten hat das Gefühl, dass im Gesundheitssystem die "linke Hand nicht weiß, was die rechte tut", also jede Abstimmung fehlt. Das wiederum - und da hat die Bevölkerung offensichtlich ein sehr feines Gespür - führt sehr wahrscheinlich zu "Unerwünschten Wechselwirkungen bei Arzneimitteln (82 Prozent), lässt die Qualität der Behandlung leiden (81 Prozent) und kann sogar zu lebensbedrohlichen Situationen für Patienten führen (67 Prozent). Dass im Schnitt nur 22 Prozent der Befragten selbst oder bei einem Angehörigen negative Erfahrungen aufgrund der fehlenden Abstimmung gemacht haben, relativiert keinesfalls die Notwendigkeit einer allgemein besseren Abstimmung im Gesundheitswesen. Denn bei den Befragten mit eher oder sehr schlechtem Gesundheitszustand sind es knapp vier von 10 Befragten, die negative Erfahrungen gemacht haben.


93 Prozent der Österreicher haben einen Haus-/Vertrauensarzt
Der Haus-/Vertrauensarzt hat für die Österreicher eine äußerst wichtige Funktion. 93 Prozent der Befragten haben einen Arzt in dieser Position und billigen ihm eine hohe Kompetenz in allen Gesundheitsfragen zu. Dazu gehören:

  • Die Erklärung medizinischer Zusammenhänge;
  • Nimmt sich Zeit für Gespräche und Beratung;
  • Ist ein gute Diagnostiker;
  • Informiert und motiviert zur Vorsorgeuntersuchung;
  • Ist mehr als nur ein Ansprechpartner im Notfall;
  • Ist ausreichend über den medizinischen Fortschritt informiert.

Diese hohe Zufriedenheit mit Zeit und Qualität der Gespräche mit dem praktischen Arzt zieht sich durch alle Altersgruppen durch. Sie ist im Alter tendenziell höher, ist unabhängig vom Geschlecht und der Bevölkerungsschicht. Die Grenzen des Haus-/Vertrauensarztes zeigen sich allerdings darin, dass die Zufriedenheit leicht sinkt, je schlechter der Gesundheitszustand des Befragten ist. Der Mittelwert auf einer Skala von 1 (= gar nicht zufrieden) bis 4 (= sehr zufrieden) geht von 3,5 bei den Gesunden auf 3,2 bei den Kranken zurück.

Starker Wunsch nach regelmäßiger Qualitätskontrolle und Forderung nach mehr Transparenz des ärztlichen Angebots
Vertrauen in die Kompetenz des Arztes und Zufriedenheit mit seinen Leistungen bedeutet nicht, dass nicht auch Veränderungen gewünscht werden. Eine satte Mehrheit von 89 Prozent hält eine regelmäßige Qualitätskontrolle der Ärzte für wünschenswert - ungeachtet der Altersgruppe oder ob sich die Befragten viel oder wenig Gedanken um ihre Gesundheit machen.

Ein Drittel (33 Prozent) wünscht, dass diese Kontrolle von einem unabhängigen externen Qualitätsinstitut durchgeführt wird.

Klar lässt sich der Wunsch der Bevölkerung nach mehr Transparenz des Angebotes im ärztlichen Bereich ableiten. 27 Prozent der Befragten gefällt die Idee einer öffentlichen Datenbank über die Ärzte sehr gut, 42 Prozent halten sie für eher gut.

Hier zeigen sich allerdings Altersunterschiede: je jünger die Befragten, desto positiver wird diese Idee bewertet. Der Mittelwert auf einer Skala von 1 (= gefällt mir überhaupt nicht) bis 4 (= gefällt mir sehr gut) steigt von 2,5 bei den Älteren auf 3,0 bei den Jüngeren. Angesichts der Recherche-Gewohnheiten jüngerer Menschen ist dies keine Überraschung.

Welche Antworten wünschen die Befragten auf jeden Fall in einer Datenbank zu finden:

  • 75 Prozent wollen die Bewertung nach Kompetenz
  • 61 Prozent Auskunft über die Spezialisierung innerhalb einzelner Fachbereiche
  • 42 Prozent Angaben über durchschnittliche Wartezeiten
  • 42 Prozent Auskunft über die Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen


e-Medikation - Wichtiges Informationsinstrument für den Arzt, bessere Abstimmung und mehr Sicherheit für den Patienten
Die e-Medikation genießt bei den Befragten - ungeachtet der Tatsache, dass es im Vorjahr nur Pilotversuche in drei Regionen Österreichs gegeben hat - hohe Aufmerksamkeit.
Betrachtet nach den Summen aus sehr/eher geeignet, bezeichnen sie:

  • 93 Prozent der Befragten als Informationsinstrument des Arztes
  • 91 Prozent als Instrument der besseren Abstimmung von Krankenhaus, Arzt und Apotheker
  • 90 Prozent als Instrument für die Sicherheit des Patienten.
  • 88 Prozent als Informationsinstrument für den Apotheker


Weit weniger billigt man der e-Medikation die Funktion als Kostenbremse, Patientenkontrolle oder Arztkontrolle zu. Diese Ansichten sind - so zeigen Vergleiche zwischen den Jahren 2010 und 2011 - stabil. Das gilt auch weitgehend für die Antworten auf die Frage, wer die Prüfung auf unerwünschte (Wechsel)-Wirkungen und Doppelverordnungen durchführen sollte:

  • Der niedergelassene Arzt - 2010 = 77 Prozent; 2011 = 71 Prozent
  • Der Arzt im Krankenhaus - 2010 und 2011 jeweils 43 Prozent
  • Der Apotheker - 2010 und 2011 jeweils 36 Prozent.


Die Sozialversicherung garantiert unabhängig von Alter, Einkommen, sozialer Herkunft und Bildung hochwertige Gesundheitsversorgung und eine sichere Pensionsvorsorge. Aktuell sind rund 8,2 Millionen Menschen anspruchsberechtigt (Versicherte und mitversicherte Angehörige). Der Behandlungsanspruch aus der Krankenversicherung wird beim Arzt durch das e-card-System angezeigt: Die e-card als Schlüsselkarte enthält keine medizinischen Daten, ermöglicht dem Arzt aber die Überprüfung des Versicherungsstatus eines Patienten bzw. einer Patientin und die Nutzung weiterer Services. Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ist das organisatorische Dach über der solidarischen Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung Österreichs.

     
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