Mitterlehner/Karl: Neues Gesetzespaket für mehr Wettbewerb in Österreich    

erstellt am
25. 01. 12

Reform des Wettbewerbs- und Kartellrechts schafft schlagkräftigere Behörden und mehr Transparenz - Eventueller Preismissbrauch bei Strom und Gas künftig leichter nachweis- und verhinderbar
Wien (bmwfj) - Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Justizministerin Beatrix Karl haben eine aus drei Gesetzen bestehende Reform des Wettbewerbs- und Kartellrechts erarbeitet. Die entsprechenden Novellen wurden am Mittwoch in die fünfwöchige Begutachtung geschickt. „Unser Gesetzespaket schafft schlagkräftigere Wettbewerbsbehörden und nützt Wirtschaft und Konsumenten. Mehr Markt, Wettbewerb und Transparenz führen zu niedrigeren Preisen“, betonte Mitterlehner bei einer Pressekonferenz mit Justizministerin Karl am 25.01. „Es geht um mehr Transparenz, mehr Durchschlagskraft des Kartellgesetzes und gleiche Rahmenbedingungen für alle Unternehmen. Das ist letztlich im Interesse aller: Es ist gut für Unternehmen, gut für Konsumenten, gut für Österreich“, so Karl.

Stärkung der BWB / Neue Kronzeugenregelung
Die Novelle des Wettbewerbsgesetzes stärkt die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) als schlagkräftige Aufgriffs- und Ermittlungsbehörde. „Ihre Ermittlungsbefugnisse werden an jene der EU-Kommission angeglichen und Auskunftsverlangen können künftig schneller, nämlich per Bescheid, durchgesetzt werden“, betont Mitterlehner. Bisher war die BWB in diesem Bereich eingeschränkt, weil eine Anrufung des Kartellgerichts notwendig war. Künftig kann die BWB auch Verwaltungsstrafen von bis zu 50.000 Euro für Auskunftsverweigerungen sowie unrichtige, irreführende oder unvollständige Auskünfte verhängen.

Mit einer weiteren Neuregelung wird ein zusätzlicher Anreiz für Kronzeugen geschaffen: Der komplette Erlass der Geldbuße für das Unternehmen ist selbst dann möglich, wenn die BWB bereits einen Verdacht hat und der Kronzeuge erst danach Beweise vorlegt, die ein Vorgehen gegen das Kartell ermöglichen. Bisher kam es in einem solchen Fall nur zu einer Minderung der später fälligen Geldbuße. Mit der jetzigen Reform erfolgt hier eine Anpassung an die auf EU-Ebene geltende Kronzeugenregelung. Darüber hinaus werden die Rechte der BWB bei Hausdurchsuchungen ausgeweitet und die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden intensiviert.

Vorgesehen ist zudem die gesetzliche Verankerung eines Wettbewerbs-Monitorings. Einen konkreten Vorschlag dafür soll nun die Wettbewerbskommission, in der neben der Bundesregierung die Sozialpartner vertreten sind, erarbeiten.
Reformen im Strom- und Gasbereich: Umkehr der Beweislast nach deutschem Vorbild

Die Novelle des Nahversorgungsgesetzes soll dafür sorgen, dass die Wettbewerbsbehörden einen eventuellen Preismissbrauch durch marktbeherrschende Versorger im Strom- und Gasbereich künftig leichter nachweisen bzw. verhindern können. „Unser Vorbild für diese Neuregelung ist Deutschland. Dort hat sich eine entsprechende Regelung, die eine Umkehr der Beweislast in Verfahren vorsieht, bewährt“, betont Mitterlehner. Künftig sollen die zuständigen Wettbewerbsbehörden nur noch den Nachweis erbringen müssen, dass die Preise höher sind als auf einem vergleichbaren Markt, und dann ein Verfahren einleiten können. Darin muss das betroffene Energieversorgungsunternehmen nachweisen, ob und inwiefern die höheren Preise auch sachlich gerechtfertigt sind. Die entsprechende Bestimmung im Nahversorgungsgesetz wird gemäß Begutachtungsentwurf von Juli 2012 bis Dezember 2016 befristet, damit eine Evaluierungsmöglichkeit gegeben ist.

Wirksamere Aufsicht, mehr Transparenz, bessere Durchsetzbarkeit
Der vorliegende Entwurf des Kartellrechts beruht auf drei wesentlichen Eckpfeilern: noch wirksamere und noch transparentere Aufsicht; mehr Transparenz für Konsumenten und Unternehmen; bessere Durchsetzbarkeit von Ansprüchen gegen Kartellrechtssünder. „Um die Aufsicht im Kartellrecht noch wirksamer zu gestalten, schließen wir bisher vorhandene Schlupflöcher“, so die Justizministerin. Bis jetzt wurden Kartelle erst vom Gesetz erfasst, wenn sie einen gewissen Schwellenwert an Marktdominanz erreicht hatten. So konnten beispielsweise Preisabsprachen in einigen Fällen nicht geahndet werden. In Zukunft können im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage keinesfalls Preisabsprachen, die Einschränkung der Erzeugung oder des Absatzes oder die Aufteilung der Märkte vom Kartellverbot ausgenommen werden.

„Um mehr Transparenz für Konsumenten und Unternehmen zu schaffen sollen künftig Entscheidungen des Kartellgerichts von Amtswegen und ohne Kostenersatz in der Ediktsdatei veröffentlicht werden. Häufig fehlten den Geschädigten bisher die notwendigen Informationen, um ihre Schadenersatzansprüche geltend zu machen. Mit dieser Regelung und einer besseren Durchsetzbarkeit von Ansprüchen schaffen wir Abhilfe“, betont Karl. Es wird eine eigene konkretisierende Bestimmung eingeführt, um ein wirksames zivilrechtliches Sanktionensystem aufzubauen.

Auch bei der Frage nach der Höhe des Schadenersatzes gibt es wesentliche Verbesserungen: Bei der Entscheidung über den Umfang des Schadens kann der anteilige Gewinn des Unternehmens berücksichtigt werden. Schon ab Eintritt des Schadens (nicht wie bisher ab Kenntnis von Schaden und Schädiger) hat das Unternehmen die Schadenersatzforderung des Geschädigten zu verzinsen. Und Schadenersatzansprüche können künftig nicht mehr durch lange Verfahren verjähren: Die Verjährung eines Schadenersatzanspruchs wird durch ein Verfahren vor dem Kartellgericht, vor der Europäischen Kommission oder vor der Wettbewerbsbehörde gehemmt. “Wir stellen mit diesem Gesetzesvorschlag einen gut funktionierenden Wettbewerb klar in den Mittelpunkt. Denn fairer Wettbewerb ist gut für Wirtschaft und Konsumenten“, schloss Karl.
     
zurück