Wiener Industrie: 1550 neue Jobs in den nächsten Jahren   

erstellt am
02. 02. 12

Industrie-Umfrage: Beschäftigungswachstum von drei Prozent in drei bis fünf Jahren erwartet - Personalverantwortliche registrieren Abrutschen des Bildungsniveaus
Wien (wk-wien) - "Gesund, flexibel und leistungsorientiert - die Wiener Industrie beweist ihre Stärke auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Verschlechtern sich die Rahmenbedingungen nicht dramatisch, werden 1550 neue Jobs geschaffen. Daran sollte die Politik denken, wenn Gebühren und Abgaben zu Lasten des Wirtschaftsstandortes erhöht werden", erklärte Brigitte Jank, Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien, am 02.02. bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Industrie-Spartenobmann Stefan Ehrlich-Adám. Präsentiert wurde die alle zwei Jahre stattfindende Umfrage zum Arbeitskräftebedarf unter den Personalverantwortlichen der 170 größten Industriebetriebe Wiens, die gemeinsam rund 55.000 Mitarbeiter beschäftigen.

Bedarf an hochqualifizierten Mitarbeitern steigt überdurchschnittlich
"Lehre mit Matura, HTL, technisches FH-Studium oder Uni-Studium bieten die besten Chancen auf eine steile Karriere in einem Wiener Industriebetrieb. Den Karriereturbo zündet man mit einer Kombination aus Allgemeinbildung und technischer Ausbildung", analysiert Stefan Ehrlich-Adám. Denn die Wiener Industrie hat in den nächsten Jahren insgesamt 840 Stellen allein an Akademiker zu vergeben. Betriebswirte werden jedoch seltener gesucht, während die Nachfrage für Technik-Absolventen zunimmt. Glänzende Aussichten auf eine goldene Karriere haben Absolventen von Studienrichtungen wie Maschinenbau, Elektrotechnik oder Mechatronik. Ebenfalls hoch im Kurs der Personalverantwortlichen stehen nach wie vor HTL-Absolventen - 500 werden in den nächsten Jahren nur für Industrie-Jobs in der Bundeshauptstadt gesucht. Besonders positiv bewerten die Personalisten die Lehre mit Matura - 91 Prozent der Befragten sehen für junge Menschen mit dieser Doppelqualifizierung hervorragende Zukunftschancen.

Schlechtes Zeugnis für Schulsystem
Ein Bild in grau und schwarz malen die Personalchefs über die Qualität der Pflichtschule. Insbesondere mit den Leistungen der Polytechnischen Schulen können die Personalisten wenig anfangen. 84 Prozent der Befragten beurteilen das Ausbildungsniveau der Lehrstellenbewerber mit polytechnischem Schulabschluss mit mangelhaft bis schlecht. 76 Prozent registrieren ein insgesamt schwächeres Bildungsniveau der Lehrstellenbewerber als in den Jahren zuvor - 2006 waren es "erst" 57 Prozent. Außerdem sind für die überwiegende Mehrheit der Befragten die schulischen Qualifikationen bei den Wiener Lehrstellenbewerbern geringer als bei Jugendlichen aus den Bundesländern. Es gibt allerdings auch Erfreuliches zur Industrie-Lehrausbildung zu berichten: 81 Prozent der Betriebe haben gute Erfahrungen mit Mädchen in technischen Berufen gemacht. Die Zufriedenheit mit Lehrlingen mit Migrationshintergrund liegt überhaupt bei 93 Prozent. Insgesamt gibt es einen steigenden Bedarf an Fachkräften, die aus einem Lehrberuf kommen. Deshalb ist es umso dramatischer, dass in rund einem Viertel der Wiener Industriebetriebe nicht alle offenen Lehrstellen besetzt werden konnten; besonders in den Bereichen Elektrotechnik/Elektronik, Metalltechnik und Maschinenbau.

Kampagne Industrielehre 2012 - Erfolg von Anfang an
Österreich hat ein veritables Fachkräfteproblem: Derzeit beginnen 40 Prozent der 15-Jährigen eine Lehre, in fünf Jahren werden es nur mehr 30 Prozent sein - Tendenz sinkend. Um das Image der 42 Lehrberufe in der Wiener Industrie aufzuwerten, stellt die Wirtschaftskammer ihre diesjährige Industrie-Lehrlingskampagne unter das Motto "Mach mehr aus dir!". Denn eine Industrielehre bietet eine fundierte Ausbildung mit Option auf die Matura, beste Jobaussichten und ein gutes Einkommen von Anfang an. Das sind keine Marketingüberschriften, sondern nachweislich belegbare Fakten: 48 Prozent der Industriebetriebe in Wien beschäftigen ehemalige Lehrlinge in Führungspositionen. Außerdem sind Industrie-Lehrlinge die Spitzenverdiener unter den Auszubildenden - ein Lehrling in der Bauindustrie verdient im vierten Lehrjahr 1.830 Euro pro Monat. "Es ist ein beinharter Kampf um die besten Lehrlinge entbrannt. Deshalb müssen wir auch klar und deutlich kommunizieren, dass eine Industrie-Lehre das Tor zu einem erfüllten Berufsleben weit öffnet", erklärt Ehrlich-Adám.

Berufsorientierung muss Schwerpunktthema werden
"Der Berufseinstieg darf heute keine Reise mehr ins Ungewisse sein. Die Berufsorientierung muss daher rasch fixer Bestandteil des Lehrplans werden", fordert Jank. So könnte ein praxisnahes Pflichtfach "Beruf und Wirtschaft" quer über alle Schulformen in der 7. Schulstufe innerhalb kürzester Zeit dazu beitragen, junge Menschen auf die Realitäten der Arbeitswelt besser vorzubereiten. "Die Wiener Industrie und auch alle anderen Branchen benötigen dringend motivierte und qualifizierte Fachkräfte. Das marode Bildungssystem kann aber diese Nachfrage kaum decken. Die Zeit des Zaudern und Zögerns ist abgelaufen, die Politik muss Handeln und das Bildungssystem reformieren. Sonst ist es zu spät."
     
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