Österreichischer Gemeindebund fordert Aktualisierung der Einheitswerte und Maßnahmen
zur Bauland-Mobilisierung
Wien (gemeindebund) - Mit dem Spar- bzw. Reformpaket hat die Bundesregierung ein ambitioniertes Programm
zur Sanierung der Staatsfinanzen vorgelegt. "Viele der angekündigten Maßnahmen werden die Gemeinden
vor gewaltige Herausforderungen und Probleme stellen", weiß Gemeindebund-Präsident Bgm. Helmut
Mödlhammer. "Allein der Wegfall der Vorsteuer-Regelung wird die Investitionstätigkeit der Gemeinden
bei Infrastruktur-Projekten massiv einschränken und zu Mehrkosten von 20 Prozent führen", befürchtet
der Gemeindebund-Chef. "Die Gemeinden sind freilich die größten öffentlichen Investoren des
Landes, wenn sie diese Rolle nicht mehr ausfüllen können, sind tausende Arbeitsplätze in der Wirtschaft
in Gefahr."
Bauprojekte kosten den Gemeinden um 20 Prozent mehr
Vizepräsident Alfred Riedl schlägt in die gleiche Kerbe: "Bislang haben viele Gemeinden ihre Infrastrukturprojekte
in KGs oder andere Rechtsformen ausgelagert, um 20 Prozent Vorsteuer zu sparen", berichtet Riedl, der selbst
auch Bürgermeister der NÖ-Gemeinde Grafenwörth ist. "Mit dem Wegfall dieser Möglichkeit
verteuert sich ein Großteil der Bauprojekte um zumindest 20 Prozent. Es ist im Grunde auch nicht zumutbar,
dass Gemeinden, die unter den bisherigen Bedingungen geplant oder sogar schon zu bauen begonnen haben, nun umkalkulieren
müssen. Da stecken ja komplexe Finanzierungsfragen und auch Darlehen dahinter, eine Preissteigerung von 20
Prozent von heute auf morgen ist da kaum zu verkraften."
Gemeinsam fordern Mödlhammer und Riedl daher eine längere Übergangszeit. "Für jene Gemeinden,
die Projekte schon konkret geplant haben oder gerade in der Umsetzung sind, darf die neue Regelung nicht gelten",
fordern die Gemeindevertreter. "Wir fordern hier, dass die neuen Bestimmungen erst mit Anfang des nächsten
Jahres in Kraft treten, damit die Rechtssicherheit gewahrt bleibt." Schon jetzt würden sich im Gemeindebund
die Anfragen von Kommunen häufen, die mitten in der Endplanung stecken und keine 20 Prozent an Mehrkosten
budgetiert haben.
Drastische Verteuerung des öffentlichen Nahverkehrs
Eine weitere höchst umstrittene Maßnahme des Sparpakets ist der Wegfall der Vergünstigungen
für Busse, Schienenfahrzeuge und Agrardiesel bei der Mineralölsteuer. "Das soll dem Bund insgesamt
zwischen 70 und 80 Mio. Euro pro Jahr an Mehreinnahmen bringen, betrifft aber praktisch alle im Ortslinienverkehr
eingesetzten Fahrzeuge", wissen die Gemeindevertreter. "Damit wird der öffentliche Nahverkehr mittelfristig
deutlich teurer werden", so Mödlhammer. "Für viele Gemeinden im ländlichen Raum und entlegenen
Gebieten ist der Nahverkehr aber eine der wichtigsten Lebensadern. Dazu kommt, dass immer mehr infrastrukturelle
Einrichtungen in ländlichen Gebieten, wie etwa Postämter oder nun auch Bezirksgerichte, geschlossen werden.
Wenn es da keinen funktionierenden öffentlichen Nahverkehr mehr gibt, dann ist das ein Todesstoß für
den ländlichen Raum."
Konkret sind von dieser Maßnahme nicht nur Nahverkehrsunternehmen betroffen, sondern auch die Gemeinden direkt.
Alfred Riedl: "In vielen Gegenden hat die Gemeinde selbst schon die Schülertransporte übernommen,
weil gar keine öffentlichen Busse mehr fahren. Auch das soll nun deutlich teurer werden."
Gemeindebund fordert Aktualisierung der Einheitswerte
In einer vom Bundesvorstand des Gemeindebundes beschlossenen Resolution an die Bundesregierung fordern die Gemeindevertreter
nun die Aktualisierung der Einheitswerte. "Diese Werte sind seit Jahrzehnten nicht mehr aktualisiert worden,
sind aber die Basis für die Einhebung der Grundsteuer", kritisiert Rupert Dworak, zweiter Vizepräsident
des Gemeindebundes. ?Damit erhöht sich mit jedem Jahr die Abhängigkeit der Gemeinden von ihren Anteilen
an den Bundessteuern, den so genannten Ertragsanteilen. "Die Höhe der Grundsteuer stagniert seit vielen
Jahren und erreicht nicht einmal ein inflationsbereinigtes Niveau."
Im Reformpaket der Bundesregierung ist bislang nur von einer Neubewertung landwirtschaftlicher Flächen die
Rede. "Dauerhaft wird es nicht ausreichend sein, diese Neubewertung nur für Landwirte durchzuführen",
so Dworak. Weiters bestehen die Gemeindevertreter darauf, dass die Grundsteuer weiterhin eine reine Gemeindeabgabe
sein soll. "Ersten Begehrlichkeiten zu einer Verländerung der Grundsteuer lehnen wir aus tiefstem Herzen
ab", so Dworak.
Der Bund, konkret das Finanzministerium, werde dringend dazu aufgefordert, eine Neubewertung der Grundstücke
und damit eine Aktualisierung der Einheitswerte, offensiv anzugehen.
Maßnahmen zur Mobilisierung von Bauland sind nötig
Ein weiterer Dorn im Auge ist den Gemeindevertretern das Fehlen bundeseinheitlicher Regeln für die Planungskosten,
die bei Flächenwidmungen entstehen und in der Regel bei den Gemeinden hängen bleiben. "Wir brauchen
Regeln, mit denen die Planungskosten, die im Zuge der Änderung von Flächenwidmungen entstehen, den begünstigten
Bauwerbern vorgeschrieben werden können", so Dworak. "Das ist in manchen Bundesländern schon
jetzt möglich, aber eben nicht flächendeckend. Eine einheitliche Bundesregelung wäre hier sehr wünschenswert."
Das ist auch deshalb von Bedeutung, weil es in Österreich unzählige als Bauland gewidmete Flächen
gibt, auf denen seit Jahrzehnten nicht gebaut wird. "Damit werden umgekehrt die Baulandreserven knapp, weil
keine Gemeinde unbegrenzt Flächen auf Bauland umwidmen darf. Dem steht richtigerweise die Raumordnung entgegen.
Es muss uns also gelingen, mehr von vorhandenem Bauland für die tatsächliche Bebauung zu mobilisieren",
so Dworak.
Insgesamt anerkennen die Gemeindevertreter die Bemühungen der Regierung, den Staatshaushalt in Ordnung zu
bringen. "Niemand kann auf Dauer mehr Geld ausgeben, als er einnimmt", so Mödlhammer. "Man
muss aber schon darauf achten, dass die Lasten gerecht verteilt sind. Wir haben dafür zu sorgen, dass die
Gemeinden nicht zum wiederholten Male einseitig belastet werden", so Mödlhammer, Riedl und Dworak unisono.
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