Schnee von morgen   

erstellt am
14. 03. 12

WissenschafterInnen der Uni Graz entwickeln Szenarien für zukünftige Pistenbedingungen
Graz (universität) - Schladming ist wieder einmal im Ski-Fieber. Mit den Abfahrtsrennen startet heute das Weltcup-Finale der Saison. Damit die SkiläuferInnen Mitte März noch perfekt präparierte Pisten vorfinden, kommen zahlreiche Schneekanonen zum Einsatz. Als eine Folge des Klimawandels wird Naturschnee zunehmend zur Mangelware. Im Projekt CC-Snow entwickeln ForscherInnen der Karl-Franzens-Universität Graz gemeinsam mit KollegInnen der Uni Innsbruck Szenarien zukünftiger Pistenbedingungen. Diese sollen Tourismusbetrieben helfen, sich an die verändernden Bedingungen anzupassen und die Wintersaison unter den neuen Vorgaben bestmöglich zu nutzen.

Die Winter werden immer kürzer und schneeärmer. Ein Umstand, den Skibetriebe mit der kostspieligen Produktion größerer Mengen von Kunstschnee kompensieren müssen. Damit die Unternehmen bei saisonalen Entscheidungen möglichst wirtschaftlich agieren können, gewinnen Klimaszenarien und Schneedecken-Modelle verstärkt an Bedeutung. „Mithilfe von Simulationen untersuchen wir mögliche zukünftige Entwicklungen der Gebirgsschneedecke in der Steiermark und in Tirol“, umschreibt Univ.-Prof. Dr. Ulrich Strasser vom Institut für Geographie und Raumforschung der Karl-Franzens-Universität Graz den Inhalt des interdisziplinären Projekts CC-Snow, gefördert durch das Austrian Climate Research Programme (ACRP).

Im Projekt CC-Snow betreiben die WissenschafterInnen zwei unterschiedliche Modelle, um Aussagen über den Auf- und Abbau der alpinen Schneedecke sowie ihre räumliche Verteilung zu erhalten und Szenarien zukünftiger Pistenbedingungen zu entwickeln. Das Schneedecken-Modell AMUNDSEN (Alpine MUltiscale Numerical Distributed Simulation ENgine) wird in den Testgebieten Schladming und Kitzbühel eingesetzt und arbeitet mit einer hohen räumlichen Auflösung im Zehn-Meter-Bereich: „Das ist vor allem für die BetreiberInnen von Skigebieten interessant, da jeder Berg, jede Piste und jeder Lift in unseren Simulationen abgebildet sein wird“, erklärt Projektleiter Strasser. Die KlimafolgenforscherInnen können damit abschätzen, wie viel Wasser und Strom jede einzelne Schneekanone benötigen wird, und so in weiterer Folge ein optimales Management der technischen Schneeproduktion entwickeln. Mit AMUNDSEN lässt sich eine Vielfalt an Szenarien wie in einem Computerspiel ausprobieren.

Das zweite Modell namens SnowREG berechnet die großflächige Klima- und Schneeverteilung für die Steiermark und Tirol und verwendet als Eingabedaten die Ergebnisse von AMUNDSEN. Ein Trick, mit dem ein Fenster in die Zukunft geöffnet werden kann: „Die von AMUNDSEN modellierte Schneedecke ersetzt die fehlenden Satellitenbilder der Zukunft, die wir für die SnowREG-Simulationen brauchen. Indem wir Messdaten durch modellierte Daten ersetzen, sind wir in der Lage, auch auf der großen Skala Szenarienläufe bis ins Jahr 2050 durchzuführen“, verrät Strasser.

In der derzeit laufenden zweiten Projektphase entwickeln die ForscherInnen eine Bandbreite möglicher Szenarien der Schneebedingungen und des Pistenmanagements: Indem Indikatoren wie die Länge der Skisaison, das Datum ihrer Eröffnung oder die notwendigen Voraussetzungen für die Kunstschneeproduktion in die Berechnungen einfließen, können gemeinsam mit politischen EntscheidungsträgerInnen, Tourismus-Fachleuten sowie den LiftbetreiberInnen verschiedene Optionen für eine rentable wintersportliche Nutzung erarbeitet werden.

Wollen die Betriebe auch in Zukunft WintersportlerInnen anlocken, führt an Kunstschnee kein Weg vorbei – sofern sich die Lufttemperatur und -feuchte für den Einsatz von Schneekanonen eignen. Darüber hinaus spielen zahlreiche andere Faktoren eine Rolle: Entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg einer Saison sind auch ihr Beginn und ihre Dauer. Ein kontinuierlicher Betrieb von November bis zum geplanten Saisonende in den Osterferien setzt den intensiven Einsatz von Kunstschnee voraus. Heutzutage können sich das aber nur mehr wenige BetreiberInnen leisten, weshalb viele von ihnen Anpassungsstrategien entwickeln, wie etwa eine Verkürzung der Skisaison. Das führt zur Reduktion der Beschneiungskosten, jedoch auch zu weniger Einnahmen aufgrund sinkender Gästezahlen. Die Fragen, für welche Regionen und unter welchen Bedingungen sich Investitionen in die Wintersportinfrastruktur wie lange lohnen, müssen die einzelnen Betriebe jeden Winter aufs Neue für sich selbst beantworten.
     
Informationen: http://www.cc-snow.at    
     
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