Startschuss zur Europäischen Bürgerinitiative  

erstellt am
23. 03. 12

Ein Schritt zu mehr Demokratie in Europa
Jugend möchte mehr mitbestimmen - 96 Prozent begrüßen neues Instrument - 90 Prozent unterstützen Initiative, wenn für sie relevant - 67 Prozent zweifeln aber an politischen Folgemaßnahmen - Umfrage
Wien (ögfe) - Ab 1. April gibt es in der EU eine neue Möglichkeit der direkten Demokratie. Eine Million Staatsangehörige aus mindestens einem Viertel der EU-Mitgliedstaaten können in Zukunft die Europäische Kommisson zu einem Gesetzesvorschlag auffordern. "Die Europäische Bürgerinitiative ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung", erklärte Paul Schmidt, Leiter der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE). "84 Prozent der österreichischen Jugend, das zeigen unsere Umfragedaten, sind der Ansicht, sie bekämen durch die Europäische Bürgerinitiative mehr Mitspracherecht."

Für die EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek (Grüne) ist die aktive Beteiligung der Bürger an europäischer Politik von zentraler Bedeutung: "Dieses neue Bürgerbeteiligungsinstrument darf kein Flop, sondern muss eine Erfolgsgeschichte werden. Die Unterschriften von mehr als einer Million EuropäerInnen dürfen nicht einfach ignoriert werden."

Ein aktuelles mögliches Thema für eine europaweite Bürgerinitiative wäre nach Meinung des EU-Abgeordneten Jörg Leichtfried (SPÖ) die Einschränkung der Tiertransportzeiten auf maximal acht Stunden. "Europa muss seine BürgerInnen stärker in den Mittelpunkt stellen. So könnte es etwa beim Tierschutz notwendig werden, dass die Bevölkerung ein klares Zeichen setzt", vermutet Leichtfried.

Für die Jugendlichen stehen, gemäss OeGfE-Umfrage, die EU-weite Abschaffung der Atomkraftwerke (89 Prozent) und das Verbot von Gentechnik in Nahrungsmitteln (82 Prozent) an oberster Priorität.

Der Vizepräsident der Europäischen Parlaments Othmar Karas fordert mehr Mut ein. "Die Politik darf sich nicht vor den Bürgern fürchten. Wer ehrlich, offen und sachlich argumentiert, wird sehr wohl verstanden und macht sich den Bürger zum Freund."

Auch an ein mangelndes politisches Interesse der Jugend glaubt Karas nicht und wird darin von der ÖGfE-Studie bestätigt. Demnach sind 79 Prozent der Jugendlichen bereit, sich politisch zu engagieren. Allerdings sehen 67 Prozent keine ausreichenden politischen Mitbestimmungsmöglichkeiten in der EU für sich. "Ideen für mehr Mitbestimmung der Jugend in Europa sind heute notwendiger denn je, etwa in Form einer Jugendquote oder eines Jugendombudsmannes", schlägt Schmidt vor.

Bis dahin bedarf es allerdings noch einiger Informationsarbeit, denn mehr als Dreiviertel der SchülerInnen hat bisher noch nichts von der Europäischen Bürgerinitiatve gehört.

Insgesamt ist die Meinung zur Europäischen Bürgerinitiative unter Österreichs Jugend sehr positiv. 96 Prozent der Befragten begrüßen ihre Einführung, 90 Prozent planen sie zu nutzen, wenn ihnen das Thema wichtig ist, selbst wenn sie politische Folgemaßnahmen für unwahrscheinlich halten. Außerdem fordern 64 Prozent der Befragten, dass auch in anderen EU-Ländern schon Jugendliche ab 16 Jahre eine Europäische Bürgerinitiative unterschreiben dürfen. Bislang ist das nur in Österreich möglich.

Hintergrund
Die Österreichische Gesellschaft für Europapolitik hat im Oktober/November 2011 eine schriftliche Umfrage unter österreichweit 1296 SchülerInnen durchgeführt. Befragt wurden Jugendliche im Alter zwischen 16 und 20 Jahre aus 23 Schulen unterschiedlicher Schultypen (BG, BRG, BORG, HAK, HTL, HLW, Fachschule, Handelsschule, Berufsschule) in allen österreichischen Bundesländern.

Informationen: http://www.oegfe.at

 

Leichtfried: Mehr Demokratie ab 1. April
SPÖ-EU-Delegationsleiter begrüßt neues Instrument des europaweiten Volksbegehrens - eine Million Unterschriften erforderlich
Wien (sk) - Am 1. April 2012 fällt der Startschuss für Möglichkeit zu einer europaweiten Bürgerinitiative. Jörg Leichtfried, Delegationsleiter der SPÖ-Europaabgeordneten, begrüßt diesen Schritt: "Der Vertrag von Lissabon ermöglicht nun erstmals die direkte Einbindung der Europäerinnen und Europäer in die Gesetzgebung. Wir Sozialdemokraten im EU-Parlament haben uns für einen unbürokratischen und einfachen Zugang zu diesem wichtigen und neuen Instrument direkter Demokratie eingesetzt." Drei Monate nach Einreichen der Unterschriften ist die EU-Kommission zu einer politischen und rechtlichen Einschätzung verpflichtet, ebenso zu einem medienwirksamen öffentlichen Hearing im Europäischen Parlament.

Konkret sind eine Million Unterschriften aus mindestens einem Viertel der Mitgliedsstaaten notwendig - somit aus sieben Staaten. In jedem EU-Staat muss dafür eine bestimmte Mindestanzahl an Unterschriften gesammelt werden - für Österreich sind es 12.750 Stimmen. Beteiligen können sich alle europäischen Bürgerinnen und Bürger, die das Wahlalter im jeweiligen Land erreicht haben - in Österreich liegt dies derzeit bei 16 Jahren. Leichtfried: "Besonders erfreulich ist hier das Ergebnis der ÖGfE-Studie, wonach neun von zehn österreichische SchülerInnen und Lehrlinge dieses neue Instrument nutzen möchten, sofern das politische Thema von Interesse ist."

Als konkretes Beispiel für eine europäische Bürgerinitiative nennt Jörg Leichtfried den Tierschutz. Bereits jetzt wurden auf europäischer Ebene über eine Million Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern gesammelt, die von der Kommission verlangen, rechtliche Schritte zu setzen, um Tiertransporte auf maximal acht Stunden zu begrenzen. Leichtfried: "Europa muss seine Bürgerinnen und Bürger stärker in den Mittelpunkt stellen. Grundvoraussetzung dafür ist, dass deren Anliegen auf europäischer Ebene gehört werden. Mit der Bürgerinitiative gibt es nun ein Instrument, um dies auch einzufordern. So könnte es etwa beim Tierschutz notwendig werden, dass die Bevölkerung ein klares Zeichen setzt, um die Kommission endlich zum Handeln aufzufordern."

Weitere Informationen zur Bürgerinitiative: http://joerg-leichtfried.at

 

Karas: Politik darf sich nicht vor Bürgern fürchten
Vizepräsident des EU-Parlaments will, dass Jugendliche sich die EU mit Bürgerinitiative "zu eigen machen"
Brüssel (övp-pd) - Der Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Othmar Karas, begrüßt, dass ab dem 1. April 2012 das neue Instrument der Europäischen Bürgerinitiative zur Verfügung steht. Mindestens eine Million Staatsangehörige aus mindestens einem Viertel der EU-Mitgliedstaaten können in Zukunft die Europäische Kommission zu einem Gesetzesvorschlag auffordern. Bedingung ist, dass es sich um ein Gesetz handeln muss, das in die Zuständigkeit der EU fällt. "Damit ist die Schwelle für eine EU-Bürgerinitiative relativ niedriger als für ein österreichisches Volksbegehren", betont Karas. Er wünsche sich, dass gerade junge Menschen und jene, die die EU weiterentwickeln wollen, sich mit diesem neuen Instrument "die EU zu eigen machen". "Die EU ist in den letzten Jahrzehnten immer mehr von einem Projekt der nationalen Regierungen zu einem Projekt der Bürgerinnen und Bürger geworden. Die mittlerweile fast volle Mitsprache des Europäischen Parlaments, der direkt gewählten Bürgerkammer der EU, und die neue Bürgerinitiative sind ein Ausdruck davon", so Karas.

"Die Politik darf sich nicht vor den Bürgern fürchten", fordert Karas. "Zu oft haben Politiker den Reflex, Umfragewerten hinterherzulaufen, anstatt für eigene Überzeugungen einzutreten und zu werben. Wer ehrlich, offen und sachlich argumentiert, wird sehr wohl verstanden und macht sich die Bürger zum Freund", so Karas. Elemente von direkter Demokratie wie die Bürgerinitiative seien unerlässlich, gleichzeitig dürfe aber kein Zweifel bestehen, dass es eine Lehre aus der Geschichte sei, "dass wir in einer funktionierenden repräsentativen, parlamentarischen Demokratie gut aufgehoben sind", erinnert Karas. "Direkte Demokratie ist nicht besser als repräsentative Demokratie, sondern ergänzt diese. Ersetzen kann sie diese nicht", so Karas.

Dass 90 Prozent der österreichischen Schülerinnen und Schüler ab 16 Jahre planen, die Europäische Bürgerinitiative als neues politisches Mitspracherecht zu nützen, so ein Umfrageergebnis der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE), findet der Vizepräsident des Europäischen Parlaments "vielversprechend". "Ich denke, den Jugendlichen mangelt es mehrheitlich nicht an Interesse und Verantwortungsgefühl, sondern am Glauben, dass sie sich einbringen können und ihre Stimme gehört wird." Deshalb sei die Europäische Bürgerinitiative ein "so wichtiger Schritt der EU auf die Menschen zu", so Karas. Jetzt liege es in den Händen der Bürgerinnen und Bürger, dieses neue Instrument zu nutzen. "Die europäische Demokratie hat noch viel Wachstumspotential. Ich fordere eine Verbesserung des Wahlrechts bei den Europawahlen, europaweite Volksabstimmungen, die Direktwahl des Kommissionspräsidenten und die Umsetzung des Prinzips, dass keine europäische Entscheidung ohne demokratische Legitimierung durch das Europaparlament geschehen darf", so Karas abschließend.
     

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