Mödlhammer: Zusammenarbeit mit Betrieben und untereinander ist entscheidend   

erstellt am
27. 03. 12

Auch Tourismus-Gemeinden stehen mitten in einem Strukturwandel
Wien (gemeindebund) - Im Rahmen einer Pressekonferenz stellten Gemeindebund- Präsident Helmut Mödlhammer, Tourismusforscher Peter Zellmann und der Bürgermeister von Lech am Arlberg, Ludwig Muxel, am 27.03. ein Strategiepapier vor, das Diskussionsgrundlage für die Entwicklung von Tourismusgemeinden sein soll. "Die Gemeinden stecken mitten in einem Strukturwandel", betonte Mödlhammer. Das wirke sich auch massiv auf die Tourismusgemeinden aus. "Für manche wird der Tourismus nicht die Rettung sein, für viele Gemeinden ist er aber natürlich auch eine Hoffnung, es bedarf hier vieler Investitionen, die auch von Gemeinden zu tätigen sind."

Entscheidend dabei sei, so Mödlhammer, die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden und den Tourismusbetrieben, aber auch die interkommunale Kooperation. "Es nützt nichts, wenn jede Gemeinde selbst versucht, Konzepte und Strategien zu erarbeiten. Erfolgreiche Markenbildung funktioniert immer nur gemeindeübergreifend."

Der Tourismus spielt für die österreichische Wirtschaft eine bedeutende Rolle. Die gesamte Wertschöpfung aus Tourismus- und Freizeitwirtschaft beläuft sich auf jährlich rund 40 Mrd. Euro, jeder fünfte Arbeitsplatz hängt direkt oder indirekt von diesen beiden Branchen ab. Für die 2.357 Gemeinden ist dieser Bereich besonders wichtig, sowohl hinsichtlich der Steuereinnahmen, vor allem aber auch, weil ein Großteil dieser Arbeitsplätze in regionalen Klein- und Mittelbetrieben besteht. 70 Prozent aller Nächtigungen entfallen auf Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern, erfolgreicher Tourismus ist also (nicht nur) in Ballungsräumen ein Faktor. Für erfolgreichen Fremdenverkehr und funktionierende Freizeitwirtschaft ist exzellente Infrastruktur nötig, die in der Regel von den Gemeinden bereitgestellt wird. 330 Mio. Euro wenden die Gemeinden für diesen Teil der Infrastruktur jährlich auf.

Dem entsprechend intensiv befasst sich die Arbeitsgruppe "Tourismus" des Gemeindebundes seit Jahren mit relevanten Zukunftsfragen für die Tourismusgemeinden, zu denen nicht nur Nobel-Skiorte oder Badesee-Gemeinden zählen. "Wir haben in den letzten Jahren mehrere Grundsatzpapiere erarbeitet und veröffentlicht, in denen wir uns mit den Problemen und Anliegen der Tourismusgemeinden auseinandergesetzt haben", berichtet Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer. Dafür hat der Gemeindebund auch den Top-Experten Peter Zellmann, ein Fachmann in der Tourismus- und Freizeitforschung, als Begleiter engagiert. "Gemeinsam haben wir etwa die Tourismus-Modellregion Neusiedlersee umgesetzt."

Getränkesteuer: Die "neverending story"
Gerade angesichts dieser vielfältigen Bemühungen sei es besonders ärgerlich, dass es einige Punkte gibt, die seit Jahren nicht erfolgreich abgeschlossen werden können, sagt Mödlhammer. Dazu zählt unter anderem die Getränkesteuer. "Diese Steuer wurde im Jahr 2000 als EU-rechtswidrig aufgehoben", erinnert Mödlhammer. "Seitdem verhandeln wir um dauerhafte Ersatzlösungen, ohne, dass es zu tragfähigen Ergebnissen kommt. Immer, wenn wir dem Ziel nahe sind, gibt es dann doch wieder Einwände und Blockadehaltungen", beschwert sich Mödlhammer. "Man hat den Gemeinden, darunter natürlich auch vielen kleinen Gemeinden, eine faire Ersatzlösung versprochen. Im Moment scheint der Karren aber verfahren, das was am Tisch liegt ist eine latente Bevorzugung der Ballungsräume, die in vielerlei Hinsicht einfach nicht fair ist."

Das Gesamtvolumen der Ausgleichszahlungen ist erheblich: "Hier geht's es um insgesamt 420 bis 440 Mio. Euro jährlich", so Mödlhammer. "Davon sollen, so der Vorschlag des Gemeindebundes, rund 54 Prozent an die Gemeinden unter 10.000 EW und 46 Prozent an die Gemeinden über 10.000 EW gehen." Dauerhaft spricht sich der Gemeindebund für den Erhalt des Getränkesteuerausgleichs aus, die Basis für die Zuteilung der Mittel soll eine Umsatzerhebung sein.

"Faktum ist, dass dieser Themenkomplex endlich gelöst werden muss, er bindet viele Ressourcen und nach 12 Jahren der Diskussion kann man schon ein Ergebnis verlangen", so Mödlhammer.

Masterplan für Infrastruktur auch für den Tourismus notwendig
Eine in den letzten Jahren wiederholt gestellte Forderung erneuerte Mödlhammer umso eindringlicher: "In der Raumordnung und Infrastrukturpolitik herrscht ein Dilettantismus, der bemerkenswert ist", ärgert sich Mödlhammer. "Kein Plan, keine Struktur, kein Konzept. So muss man das leider zusammenfassen." Einrichtungen wie Postämter, Bezirksgerichte, Bahnhöfe, Bahnlinien, Buslinien, u.v.m. würden reduziert und umgeschichtet werden, "ohne, dass jemand einmal den Blick auf das Ganze richtet. Wir brauchen einen Masterplan für Infrastruktur, der klipp und klar definiert, welche Einrichtungen wir an welchen Stellen in welchen Regionen brauchen. Das ist notwendig, um eine Minimalversorgung und eine Planbarkeit sicherzustellen", so Mödlhammer. "Das ist auch für den Tourismus ein wichtiges Thema."

"Es ist bedauerlich, dass wir ein Ministerium für Infrastruktur haben, das sich um das Thema Infrastruktur sichtlich zu wenig kümmert", so Mödlhammer. "Dieser Bereich besteht nämlich nicht nur daraus, sich zu überlegen, ob man zwei Tunnelprojekte braucht oder nicht. Er besteht auch nicht daraus, dass man Eisenbahnkreuzungsverordnungen bastelt, die die Gemeinden hunderte Millionen Euro kosten."

Sichtlich verschnupft ist Mödlhammer auch angesichts der Tatsache, "dass hier auch in der Raumordnungskonferenz ÖROK seit Jahren nichts weitergeht". Der Gemeindebund arbeite engagiert in dieser Einrichtung mit, "es gelingt uns aber leider nicht, uns mit den relevanten Fragestellungen durchzusetzen."
     
Informationen: http://www.gemeindebund.at    
     
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